- Heinrich Eugen Marcard
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Heinrich Eugen Marcard (* 4. Januar 1806 in Oldenburg; † 27. November 1883 in Berlin) war Angehöriger des preußischen Militärjustizdienstes, Abgeordneter und früher Antisemit.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bückeburg und dem Alumnat im Kloster Loccum studierte er in Göttingen und Halle an der Saale Rechtswissenschaften. In Göttingen war er Mitglied des Guestphalia Göttingen, in Halle Mitglied des Corps Guestphalia Halle.[1] Nach Beendigung seiner Studien trat er 1828 in den preußischen Justizdienst ein. Er wechselte 1838 in die Militärjustiz und war Garnisons-Auditeur in Minden. Zwischen 1846 und 1853 war Marcard Divisions-Auditeur in Danzig. Danach war er bis 1856 Auditeur des V. Armeekorps in Posen und danach des III. Armeekorps in Berlin. Im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 war er Oberauditeur des 1. kombinierten Armeekorps. Im Deutschen Krieg von 1866 war Marcard Feldoberauditeur des III. Armeekorps. Im Jahr 1875 trat Macard in den Ruhestand.
Zwischen 1855 und 1858 war er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis Lübbecke-Herford. Seit 1877 gehörte er bis zu seinem Tode dem Reichstag an als Abgeordneter des Wahlkreises Minden 3 Bielefeld-Wiedenbrück. Er war Mitglied der Fraktion derDeutschkonservativen Partei.[2]
Marcard hat viele Jahre für konservative Zeitungen geschrieben. Außerdem veröffentlichte er, teilweise anonym bzw. unter Pseudonym, verschiedene Schriften. Marcard zählte zu den frühen Antisemiten in Deutschland. Im Jahr 1843/44 hat er sich in seiner Schrift „Ueber die Möglichkeit der Judenemanzipation im christlich-germanischen Staat“ als einer der ersten über eine Antisemitenpartei Gedanken gemacht. Er hat für ein kleinbürgerliches Publikum eine erste antisemitische Programmatik abgefasst[3], worauf der Staat ihn zunächst nach Danzig versetzte.
Schriften (Auswahl)
- (Pseudonym: Treumund Wahrlich)[4]: Ueber die Möglichkeit der Judenemanzipation im christlich-germanischen Staat. Minden & Leipzig 1843
- dsb. (gl. Pseud.): Darf ein Jude Mitglied einer Obrigkeit sein, die über christliche Unterthanen gesetzt ist? Ein freundliches, schlichtes Wort zu dem deutschen Bürger und Landmann gesprochen. Minden 1843
- Der Bauernschinder. Eine Erzählung. 1844
- Ein Literatenleben. 1846
- Vermischte Schriften. 1852
- Französische und Russische Sünden gegen Deutschland. 1854
- Pyrmont. Landschaftlich und geschichtlich. 1856
- Achtzehnhundert und dreißig. Ein Totentanz am Teutoburger Wald (Gedicht), 1869 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
- Das Schwarze Buch in Frankreich. 1870
- Das Verhältnis der Konservativen zu den Katholiken, im Anschluss an Herrn von Gerlachs Schrift: "Kaiser und Papst." 1873
Einzelnachweise
- ↑ Kösener Corpslisten 1960, 116, 612
- ↑ Fritz Specht / Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Aufl. Berlin: Verlag Carl Heymann, 1904, S. 137; vgl. auch A. Phillips (Hg.): Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1883. Statistik der Wahlen zum Konstituierenden und Norddeutschen Reichstage, zum Zollparlament, sowie zu den fünf ersten Legislatur-Perioden des Deutschen Reichstages. Berlin: Verlag Louis Gerschel, 1883, S. 87; vergleiche auch Kurzbiographie in: Georg Hirth (Hg.): Deutscher Parlaments-Almanach. 14. Ausgabe vom November 1881. Leipzig & München: Verlag Georg Hirth, 1881, S. 182
- ↑ Herzig 1992, S. 10
- ↑ Pseud. zus. mit einem sonst wenig bek. "Hauptmann von Scheele", Person archivalisch nachweisbar 1858 in Archivaliensammlung des Bomann-Museums
Literatur
- Arno Herzig: Judenhaß und Antisemitismus bei den Unterschichten und in der frühen Arbeiterbewegung. In Ludger Heid & Arnold Paucker: Juden und deutsche Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien and religiös-kulturelle Traditionen. Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo-Baeck-Instituts Bd. 49. Mohr-Siebeck, Tübingen 1992 ISBN 9783161460166 (Online lesbar bei Google)
- dsb.: Brandstifter im Biedermeier. Wie man in Minden und andernorts den Hass auf die Juden schürte und die Epoche zur Ursprungszeit des modernen Antisemitismus in Deutschland wurde. Die Zeit Nr. 4, 21. Jan. 2010, S. 78
Weblinks
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