Hermann Wenzel (Wirtschaftsführer)

Hermann Wenzel (Wirtschaftsführer)

Hermann Wenzel (* 12. März 1882 in Wiesbaden[1]; † 15. Juli 1954 in Düsseldorf) war ein deutscher Wirtschaftsführer im Bereich der Montanindustrie des Ruhrgebietes, einer der sogenannten "Ruhrindustriellen". Er hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Vorstands- und Aufsichtsratsposten in verschiedenen Montanunternehmen inne, darunter als bedeutendsten den des Vorsitzenden der Vereinigten Stahlwerke (VSt / Vestag).[2]

Leben und Wirken

Nach der Schulausbildung absolvierte der aus Wiesbaden gebürtige Wenzel ein Studium des Bergfaches, unter anderem an der Universität Freiburg, wo er Mitglied im Corps Suevia Freiburg[3] wurde. Das Studium schloß er als Bergassessor ab und war zunächst kurz als Bergbeamter tätig.

Nach dem Wechsel in die Privatwirtschaft stieg Wenzel bei der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten-AG (Deutsch-Lux) in leitende Position auf; ab 1910 erhielt er Prokura[4], ab 1916 war er Vorstandsmitglied[5] und hier insbesondere für die Abteilung Dortmunder Union verantwortlich[6]

Als die Deutsch-Lux 1926 per Fusion in der Vereinigten Stahlwerke AG aufging, wechselte Wenzel gemeinsam mit dem Vorsitzenden Albert Vögler in den Vorstand der VSt. In dieser Zeit hatte Wenzel zahlreiche Vorstands- und Aufsichtsratsposten in Unternehmen inne, an denen die Vereinigten Stahlwerke Besitzanteile hielten, u.a. bei den Geisweider Eisenwerken[7], der Gelsenkirchener Bergwerks AG, den Rheinisch-Westfälischen Kalkwerken, den Westdeutschen Kalk- und Portlandzementwerken, der Westfälischen Transport AG[8] und der Seereederei Frigga[9].

Zur Politik der Nationalsozialistischen Regierung verhielt Wenzel sich ambivalent: Einerseits gehörte er über seine Kontakte zu Albert Vögler zeitweise zum erweiterten Keppler-Kreis[2] und blieb bis zum Ende des NS-Regimes in leitender Position eines für die deutsche Rüstungsindustrie wichtigsten Unternehmens. Andererseits lehnte er es nach Aussage von Ernst Poensgen aber ab, die sogenannte "Industrielleneingabe" von 1932 (eine Petition deutscher Unternehmer an den Reichspräsidenten Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen) zu unterschreiben[2]. Auch in der "Entnazifizierung" nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er als unbelastet eingestuft. Die Alliierten befanden Wenzel für vertrauenswürdig und setzten ihn ab 1945 als Aufsichtsratsvorsitzende der VSt wieder ein. Gemeinsam mit Hans-Günther Sohl war er Mitgestalter der "Entflechtung" des Stahlvereins durch die Alliierten.[10]

Neben seinen Unternehmensämtern war Wenzel führendes Mitglied des Westfälischen Industrieklubs; 1934 saß er im Beirat, bei der Neugründung 1948 im Vorstand[11]

Ende 1953 erkrankte Wenzel schwer und legt die meisten seiner Ämter nieder.

Ehrungen

Die Universität Freiburg verlieh Wenzel bereits 1928 den Ehrendoktortitel Dr. phil. h.c.

Im April 1952 erhielt Wenzel für seine Verdienste das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen[12] Zu diesem Zeitpunkt war er wohnhaft in Rüthen.

Nach Wenzels Tod im Juli 1954 wurde ihm zu Ehren ein neues Kraftwerk auf dem VSt-Gelände in Duisburg-Ruhrort in Kraftwerk Hermann Wenzel benannt.

Einzelnachweise

  1. Meldung im Hamburger Abendblatt vom 11. März 1952 anlässlich von Wenzels 70. Geburtstag
  2. a b c Ernst Poensgen: Hitler and the Ruhr Industrialists. A retrospect by Ernst Poensgen. In: Europe speaks, Heft 61, 26. September 1945, online auf fes.de (englischsprachig)
  3. Bedeutende Corpsbrüder auf www.suevia-freiburg.de
  4. Memorial des Großherzogtums Luxemburg, 11. Januar 1913
  5. Johannes Bähr, Axel Drecoll, Bernhard Gotto: Der Flick-Konzern im Dritten Reich, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, 2008
  6. Klaus-Dieter Walter Pomiluek: Heinrich Wilhelm Beukenberg. Ein Montanindustrieller seiner Zeit. Dissertation an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Düsseldorf, 2002
  7. Geisweider Eisenwerke AG auf www.albert-gieseler.de
  8. Zeit Online: Unternehmungen (4. März 1954) auf www.zeit.de
  9. Seereederei Frigga: Historische Dokumente
  10. Paul Erker, Toni Pierenkemper: Deutsche Unternehmer zwischen Kriegswirtschaft und Wiederaufbau, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, 1999
  11. Geschichte (des Westfälischen Industrieklubs) auf www.westf-industrieklub.de
  12. Pritzkoleit, Kurt: Die neuen Herren. Die Mächtigen in Staat und Wirtschaft. Wien-München-Basel, 1955 (zitiert in: Stefan Klemp: "Richtige Nazis hat es hier nicht gegeben", LIT Verlag, Münster, 2000)

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