- Hilchenhaus
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Das Hilchenhaus ist ein Steinhaus aus dem 16. Jahrhundert in Lorch im Rheingau. Es gilt als bedeutendster Renaissance-Bau im Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal. [1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Feldmarschall Johann Hilchen († 1548), der dem bedeutendsten Adelsgeschlecht von Lorch entstammte, ließ das Haus kurz vor seinem Tod zwischen 1546 und 1548 errichten. Fertiggestellt wurde es 1573 mit Vollendung des Giebels. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Steinbau mit monumentaler Schaufassade zum Rhein hin, der im Gegensatz zu der für die Region charakteristischen Fachwerkbauweise steht. Zwei kräftige Säulen tragen einen zweistöckigen Erker. Der Balkon um den Erker im ersten Stock verlief ursprünglich über die ganze Rheinfront. Der vierstöckige Staffelgiebel mit Lünetten und Voluten schließt die Rheinfront ab. Die zwei- und dreiteiligen Fenster sind mit reichen Sandsteinbauteilen versehen. Auf der Seite befindet sich ein quadratischer Treppenturm, der auf das Jahr 1548 datiert ist.
1926 ging der Besitz auf Graf von Kanitz über, der Haus und Weinkeller für sein Weingut nutzte. Nach starker Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde das Hilchenhaus in den 1960er Jahren wieder aufgebaut und als Ausschank des Weingutes genutzt.
Ende der 1990er Jahre entstanden Bemühungen, das Mittelrheintal in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufnehmen zu lassen. Das seit einigen Jahren leerstehende Hilchenhaus wurde dadurch zum Spekulationsobjekt für potentielle Investoren. Ein ostwestfälischer Unternehmer wollte das Hilchenhaus umnutzen und durch zwei Ergänzungsbauten erweitern. Entstehen sollte ein Vier-Sterne-Hotel mit Wellnessabteilung. Nachdem ein viergeschossiger Rohbau hinter dem Hilchenhaus gebaut war, für die eine wertvolle Zehntscheune aus dem 18. Jahrhundert mit Genehmigung des Denkmalschutzes weichen musste, ging der Investor in Konkurs. Übriggeblieben war von den hochfliegenden Plänen der Rohbau, der die Sicht auf Lorchs gotische Pfarrkirche St. Martin in empfindlicher Weise störte, sowie das völlig entkernte Hilchenhaus, das mittlerweile als einsturzgefährdet galt und vom Rheingau-Taunus-Kreis provisorisch abgesichert wurde. [2]
Heutige Situation
Aufgeschreckt durch die desolate Situation ist u.a. durch Bemühungen einer Bürgerinitiative eine grundlegende Sanierung des Hilchenhauses im Gange.
Im Jahre 2009 wird das Hilchenhaus durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn in das Investitionsprogramm Nationale UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. [3] 5,2 Mio EUR werden dort für die Sanierung des Hilchenhauses bereit gestellt, das Land Hessen unterstützt die Sanierung mit weiteren 500.000 EUR. [4] Einen Eigenanteil i.H.v. 656.000 EUR stellt die Stadt Lorch. [5]
Im November 2009 schließt die Stadt Lorch mit dem bisherigen Eigentümer Graf von Kanitz einen Erbpachtvertrag, nach dem das Hilchenhaus der Stadt für 99 Jahre überlassen wird.
Anfang 2010 wird in einem ersten Teilprojekt der Rückbau der Hotelruine sowie die Sicherung des unter dem Rohbau liegenden historischen Weinkellers des Weingutes Graf von Kanitz begonnen. Die hierfür veranschlagten Kosten liegen bei knapp 500.000 EUR. Rückbau und Sicherung sind mittlerweile völlig abgeschlossen.
Ein zweites Teilprojekt sieht die Sanierung des historischen Gebäudes vor. Im Juni 2010 wird bei einer europaweiten Ausschreibung die Architektenleistungen für die Modernisierung, Instandsetzung und den Umbau des historischen Hilchenhauses an das Architekturbüro smp aus Oestrich-Winkel vergeben, welches die höchste Punktzahl bei der Ausschreibung erreicht hatte. Die Sanierung befindet sich in der Ausführung. (Stand: 01.09.2011)
Ein drittes Teilprojekt wird sich mit der Außengestaltung, ein viertes mit der Umfeldgestaltung befassen.
Ein Konzept der Stadt Lorch sieht nach Abschluss der Sanierungsarbeiten folgende Nutzung vor:
- Erdgeschoss: Hilchenkeller und Küchenbereich für gastronomische Nutzungen
- 1.Obergeschoss: Rittersaal für öffentliche Sitzungen, private und kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen, Standesamt „Heiraten im Welterbe“, Tourist Info, Lagerraum, Hochterrasse für gastronomische Nutzungen im Zusammenhang mit dem Hilchenkeller.
- 2.Obergeschoss: Museum (z. B. naturkundliche und geologische Ausstellungen, Flora und Fauna, Ritter und Burgen, historischer Freistaat Flaschenhals), Welterberaum
- Dachgeschoss: Lager
Einzelnachweise
- ↑ Hessen will Bundesgeld für Welterbestätten Frankfurter Rundschau vom 31.03.2009
- ↑ Hilchenhaus - Erst mal abreißen, DIE ZEIT vom 04.08.2005
- ↑ Lorch: Hilchenhaus Investitionsprogramm Nationale UNESCO-Welterbestätten beim BBSR
- ↑ Sanierung Hilchenhaus Lorch Das Hilchenhaus auf der Homepage der Stadt Lorch
- ↑ “Rettung für Renaissance-Denkmal“ Wiesbadener Kurier vom 08.06.2009
Literatur
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler - Hessen, Deutscher Kunstverlag, München 1982, ISBN 3-422-00380-0
- Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln. DuMont Buchverlag, Köln 1995, ISBN 3-7701-1142-7
- Reclams Kunstführer, Deutschland III, Rheinlande und Westfalen, 1975, ISBN 3-15-008401-6
Weblinks
Commons: Hilchenhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- www.stadt-lorch-rheingau.de Offizielle Internetzpräsenz der Stadt Lorch.
- Hilchenhaus Lorch Unesco Weltkulturerbe Referenz des Architekturbüros smp
50.0432019983337.8044986725Koordinaten: 50° 2′ 35,5″ N, 7° 48′ 16,2″ OKategorien:- Lorch (Rheingau)
- Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal
- Renaissancebauwerk in Hessen
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