Komplexe Differentialform

Komplexe Differentialform

Eine komplexe Differentialform ist ein mathematisches Objekt aus der komplexen Geometrie. Eine komplexe Differentialform verallgemeinert das Konzept der Differentialformen auf komplexe Mannigfaltigkeiten. Eine wichtige Rolle spielt dieses Kalkül in der Hodge-Theorie.

Inhaltsverzeichnis

Komplexe Differentialformen

Sei M eine komplexe Mannigfaltigkeit der (komplexen) Dimension n. Wähle

\{\mathrm{d} z^j = dx^j+idy^j,\ \mathrm{d}\bar{z}^j=dx^j-idy^j;\ 1 \leq j \leq n\}

als eine lokale Basis des (komplexifizierten) Kotangentialraums. Die Kovektoren haben die lokale Darstellung

\sum_{j=1}^n f_j \mathrm{d} z^j + g_j \mathrm{d} \overline{z}^j.

Die Räume in denen nur Basisvektoren der Form \textstyle \mathrm{d} z^j vorkommen werden mit \mathcal{A}^{1,0}(M) bezeichnet. Analog dazu ist \mathcal{A}^{0,1}(M) der Raum der Kovektoren, welche nur Basisvektoren der Form \textstyle \mathrm{d} \overline{z}^j haben. Diese beiden Räume sind stabil, das heißt unter holomorphen Koordinatenwechseln werden diese Räume in sich selbst abgebildet. Aus diesem Grund sind die Räume \mathcal{A}^{1,0}(M) und \mathcal{A}^{0,1}(M) komplexe Vektorbündel über M.

Mit Hilfe des äußeren Produktes von komplexen Differentialformen, welches genauso wie für reelle Differentialformen definiert ist, kann man nun die Räume der (p,q)-Formen durch

\mathcal{A}^{p,q}(M) := \bigwedge_{j=1}^p \mathcal{A}^{1,0}(M) \wedge \bigwedge_{j=1}^q \mathcal{A}^{0,1}(M)

definieren. Weiter definiert man noch den Raum \mathcal{E}^r(M) als die direkte Summe

\mathcal{E}^r(M) := \bigoplus_{p+q = r}\mathcal{A}^{p,q}(M)

der (p,q)-Formen mit r = p + q. Dies ist Isomorph zur direkten Summe \mathcal{E}^r(M) \cong \mathcal{A}^r(M) \oplus i\mathcal{A}^r(M) der Räume der reellen Differentialräumen. Außerdem ist für p + q = r eine Projektion

\pi_{p,q} : \mathcal{A}^r(M) \to \mathcal{A}^{p,q}(M)

definiert, welche jeder komplexen Differentialform vom Grad r ihre (p,q)-Zerlegung zuordnet.

Eine (p,q)-Form hat also in lokalen Koordinaten z_1, \ldots , z_n die eindeutig Darstellung

\omega = \sum_{\stackrel{1\leq i_1<\ldots<i_p\leq p}{1\leq j_1<\ldots<j_q\leq q}} f_{i_1, \ldots i_p, j_1, \ldots j_q} \mathrm{d}z_{i_1} \wedge \cdots \wedge \mathrm{d}z_{i_p} \wedge \mathrm{d} \overline{z}_{j_1} \wedge \cdots \wedge \mathrm{d} \overline{z}_{j_q}.

Da diese Darstellung doch sehr lange ist, ist es üblich die Kurzschreibweise

 \sum_{I,J} f_{I,J} \mathrm{d} z_I \wedge \mathrm{d} \overline{z}_J := \sum^{}_{\stackrel{1\leq i_1<\ldots<i_p\leq p}{1\leq j_1<\ldots<j_q\leq q}} f_{i_1, \ldots i_p, j_1, \ldots j_q} \mathrm{d}z_{i_1} \wedge \cdots \wedge \mathrm{d}z_{i_p} \wedge \mathrm{d} \overline{z}_{j_1} \wedge \cdots \wedge \mathrm{d} \overline{z}_{j_q}

zu vereinbaren.

Dolbeault-Operatoren

Definition

Die äußere Ableitung

\mathrm{d} : \mathcal{E}^{r}(M) \to \mathcal{E}^{r+1}(M),

was gleichbedeutend ist mit

\mathrm{d} : \bigoplus_{p+q = r}\mathcal{A}^{p,q}(M) \to \bigoplus_{p+q = r}\mathcal{A}^{p+1,q}(M) \oplus \bigoplus_{p+q = r}\mathcal{A}^{p,q+1}(M),

kann in \mathrm{d} = \partial + \overline{\partial} aufgespalten werden. Die Dolbeault-Operatoren

\partial : \mathcal{A}^{p,q}(M) \to \mathcal{A}^{p+1,q}(M)

und

\overline{\partial} : \mathcal{A}^{p,q}(M) \to \mathcal{A}^{p,q+1}(M)

sind definiert durch

\begin{align}
\partial &:= \pi_{p+1,q} \circ \mathrm{d}\\
\overline{\partial} &:= \pi_{p,q+1} \circ \mathrm{d}.
\end{align}

In lokalen Koordinaten bedeutet dies

 \partial \left(\sum_{I,J} f_{I,J} \mathrm{d} z^I \wedge \mathrm{d} \overline{z}^J\right) = \sum_{I,J} \sum_{l=1}^n \frac{\partial f_{I,J}}{\partial z^l} \mathrm{d} z^l \wedge \mathrm{d} z^I \wedge \mathrm{d} \overline{z}^J

und

 \overline{\partial} \left(\sum_{I,J} f_{I,J} \mathrm{d} z^I \wedge \mathrm{d} \overline{z}^J\right) = \sum_{I,J} \sum_{l=1}^n \frac{\partial f_{I,J}}{\partial \overline{z}^l} \mathrm{d} \overline{z}^l \wedge \mathrm{d} z^I \wedge \mathrm{d} \overline{z}^J.

Dabei sind \partial und \overline{\partial} auf den rechten Seiten der Gleichung die normalen Dolbeault-Operatoren.

Holomorphe Differentialformen

Erfüllt eine Differentialform \omega \in \mathcal{E}^{p,0}(M) die Gleichung \overline{\partial}\omega = 0, so spricht man von einer holomorphen Differentialform. In lokalen Koordinaten kann man diese Formen durch

fIdzI
I

darstellen, wobei fI holomorphe Funktionen sind. Der Vektorraum der holomorphen p-Formen auf M wird mit Ωp(M) notiert.

Eigenschaften

  1. Für diese Operatoren gilt eine Leibniz-Regel. Seien \omega \in \mathcal{E}^{p,q} und \nu \in \mathcal{E}^{r,s}, dann gilt
    \partial(\omega \wedge \nu) = \partial \omega \wedge \nu + (-1)^{p+q}\, \omega \wedge \partial \nu
    und
    \overline{\partial}(\omega \wedge \nu) = \overline{\partial} \omega \wedge \nu + (-1)^{p+q}\, \omega \wedge \overline{\partial} \nu .
  2. Aus der Identität
    0 = \mathrm{d}^2 = (\partial + \overline{\partial})^2 = \partial^2 + (\overline{\partial} \partial + \partial \overline{\partial}) + \overline{\partial}^2
    folgt \partial^2 = 0, \partial \overline{\partial} + \overline{\partial} \partial = 0 und \overline{\partial}^2 = 0, denn alle drei Terme sind von unterschiedlichem Grad. Die Operatoren \partial und \overline{\partial} eignen sich also für eine Kohomologietheorie. Diese trägt den Namen Dolbeault-Kohomologie.
  3. Sei (M,g) eine Kählermannigfaltigkeit, also eine komplexe Mannigfaltigkeit mit einer verträglichen Riemann'schen Metrik g, so kann man den adjungierten Dolbeault-Quer-Operator \overline{\partial}^* bezüglich dieser Metrik bilden. Der Operator \Delta := \overline{\partial}\, \overline{\partial}^* + \overline{\partial}^*\overline{\partial} ist dann ein verallgemeinerter Laplace-Operator. Anwendung findet dieser Operator in der (komplexen) Hodge-Theorie.

Literatur

  • Wells, R.O.: Differential analysis on complex manifolds. 1973, Springer-Verlag ISBN 0-387-90419-0
  • Lars Hörmander: An Introduction to Complex Analysis in Several Variables. North-Holland Pub. Co., Amsterdam; American Elsevier Pub. Co., New York 1973, ISBN 9780444105233.

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