- Cauchy-Riemannsche partielle Differentialgleichungen
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Die Cauchy-Riemannschen partiellen Differentialgleichungen (nach Augustin Louis Cauchy und Bernhard Riemann) sind ein Begriff aus der Funktionentheorie und ein Kriterium für komplexe Differenzierbarkeit. Die Gleichungen wurden das erste Mal 1814 von Cauchy in seinem Aufsatz Sur les intégrales définies aufgeschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung in einer Veränderlichen
Konventionen
Sei offen und eine komplexwertige Funktion einer komplexen Variablen. Diese Funktion f kann man als f(z) = u(z) + iv(z) darstellen, wobei zwei entsprechende, reellwertige Funktionen sind. In kanonischer Weise kann man eine komplexe Zahl mit identifizieren. Sei das entsprechende Pendant zu U. Entsprechend kann man ein Pendant zu f durch mit definieren. In der mathematischen Literatur wird meistens nicht zwischen f und unterschieden.
Definition
Sei . Dann ist in U eine Lösung der (homogenen, eindimensionalen) Cauchy-Riemann'schen Differentialgleichung, falls
und
gilt.
Eigenschaften
- Eine Funktion ist genau dann eine Lösung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen, wenn sie komplex differenzierbar ist. Man nennt komplex differenzierbare Funktionen holomorph.
- Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen klären also den Zusammenhang zwischen der komplexen Differenzierbarkeit von f und der (reellen) Differenzierbarkeit von .
- Mit Hilfe der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen kann man zeigen, dass u und v harmonische Funktionen sind, sofern f holomorph ist.
Polarkoordinaten
Natürlich kann man die Cauchy-Riemann'schen Differentialgleichungen auch in anderen Koordinaten als den kartesischen darstellen. Im Folgenden wird erklärt wie die Darstellung in Polarkoordinaten aussieht. Eine komplexe Zahl wird nun als z = reiφ dargestellt. Dies führt dazu, dass man die partiellen Ableitungen von f nach r beziehungsweise ϕ zu betrachten hat. Für diese gilt
Daraus folgt mit f = u + iv:
Da beide Klammern verschwinden müssen, gilt:
und
Dies sind die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen in Polarkoordinaten.
Herleitung
Wenn f in U komplex differenzierbar ist, dann existiert
für jedes . Wir können die partiellen Ableitungen nach x bzw. y mittels Kettenregel auf Ableitungen nach z = x + iy zurückführen:
Aus diesen beiden Beziehungen folgt:
Setze nun f = u + iv ein:
Beide Klammern müssen null ergeben; somit erhält man die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen:
Interpretation und alternative Betrachtungen
Konforme Abbildungen
Die komplexe Darstellung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen ist
Diese Form der Gleichung entspricht der Forderung, dass in der Matrixdarstellung der komplexen Zahlen die Jacobi-Matrix die folgende Struktur hat
Die zu diesen Matrizen gehörenden linearen Abbildungen sind, sofern a und b nicht beide null sind, Drehstreckungen im Raum , dabei ist und , wobei der Skalierungsfaktor und ϕ der Drehwinkel ist. Diese Abbildung ist somit winkeltreu; das heißt der Winkel zwischen zwei Kurven in der Ebene bleibt erhalten. Funktionen, die die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllen, sind also konform.
Unabhängigkeit der komplex konjugierten Variable
Wir wollen eine alternative Interpretation der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen motivieren. Eine komplexe Zahl z und ihre komplex konjugierte hängen mit Realteil x und Imaginärteil y zusammen über:
Damit können wir folgende Differentialoperatoren definieren (siehe auch Wirtinger-Kalkül):
Der Operator heißt Cauchy-Riemann-Operator. Von oben kennen wir die komplexe Darstellung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen:
Hier konnte die partielle Ableitung nach der komplex konjugierten Variable identifiziert werden. Die Gleichung bzw.
ist eine alternative Darstellung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen und bedeutet, dass wenn f holomorph ist, es unabhängig von sein muss. Somit können analytische Funktionen als wirkliche Funktionen einer komplexen Variable anstatt einer komplexen Funktion von zwei reellen Variablen angesehen werden.
Physikalische Interpretation
Diese Interpretation verwendet nicht direkt komplexe Variablen. Es sei eine Funktion f gegeben mit f = u − iv. Die skalaren Felder u und v sollen die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllen (beachte andere Vorzeichenkonvention):
Betrachte nun das Vektorfeld als reeller zweikomponentiger Vektor:
Dann beschreibt die erste Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung die Quellenfreiheit:
und die zweite Gleichung beschreibt die Rotationsfreiheit:
Somit ist quellenfrei und besitzt ein Potential. In der Hydrodynamik beschreibt solch ein Feld eine Potentialströmung.
Inhomogene Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung in einer Veränderlichen
Definition
Die inhomogene Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung hat die Darstellung
dabei ist der Cauchy-Riemann-Operator, f ist eine gegebene Funktion und u ist die gesuchte Lösung. Dass den oben definierten homogenen Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen entspricht, wird weiter oben im Artikel schon angesprochen. Die Theorie der inhomogenen Cauchy-Riemannschen Differentialgleichung ist für Lösungen in und Lösung in mit n > 1 eine Andere und wird hier in zwei unterschiedlichen Abschnitten angerissen.
Fundamentallösung
Für Dimension n = 1 ist die Fundamentallösung des Cauchy-Riemann-Operators durch gegeben. Das heißt die durch die Funktion erzeugte Distribution löst die Gleichung , wobei δ die Delta-Distribution ist. Sei eine glatte Testfunktion mit kompaktem Träger, dann sieht man die Gültigkeit der Aussage aufgrund
Integraldarstellung
Für mit erhält man mit
eine Lösung der inhomogenen cauchy-riemannschen Differentialgleichung mit .
Inhomogene Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung in mehreren Veränderlichen
Im Folgenden sei die Dimension des zugrundeliegenden Raum beziehungsweise die Anzahl der Komponenten einer Funktion.
Definition
Die inhomogene Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung hat in mehreren Veränderlichen ebenfalls die Darstellung
dabei ist der Dolbeault-Quer-Operator, ist eine gegebene (0,1)-komplexe Differentialform mit kompaktem Träger und u ist die gesuchte Lösung. Explizit bedeutet dies, dass das System
von partiellen Differentialgleichungen für gelöst werden muss. Der Differentialoperator ist der Cauchy-Riemann-Operator.
Notwendige Bedingung
Für n > 1 ist die Voraussetzung notwendig. Man sieht dies, wenn man auf beiden Seiten der Gleichung den Dolbeault-Quer-Operator anwendet. So erhält man nämlich , da für den Dolbeault-Operator auf Differentialformen gilt, muss gelten. Da f eine (0,1)-Form ist, bedeutet nicht, dass f eine holomorphe Differentialform ist, denn nur (p,0)-Formen, die diese Gleichung erfüllen, heißen holomorph.
Existenzaussage
Sei eine (0,1)-Form mit und . Dann existiert eine Funktion , so dass die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung erfüllt ist.
Literatur
- Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie. 1. Band. 3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-540-67641-4 (Springer-Lehrbuch).
- Lars Hörmander: An Introduction to Complex Analysis in Several Variables. 2. revised edition. North-Holland Pub. Co. u. a., Amsterdam u. a. 1973, ISBN 0-7204-2450-X (North-Holland mathematical Library 7).
Kategorien:- Funktionentheorie
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