Husarenquartier

Husarenquartier
Husarenquartier Lechenich
Vor St. Kilian

Das Husarenquartier in Erftstadt-Lechenich war von 1765 bis 1794 Standquartier der ersten von Kurfürst Clemens August 1751 aufgestellten kurkölnischen Polizei, einer berittenen Landgendarmerie, genannt „Husarenkompanie“. Die Husarenkompanie war von hier aus für den gesamten, überwiegend linksrheinischen Teil des Kurfürstentums Köln, das Erzstift, zuständig. Nach der Franzosenzeit war das Husarenquartier bis zur Verlegung der Kreisverwaltung nach Euskirchen 1827 Landratsamt.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Bedeutung

Das „Husarenquartier“ liegt wenige Meter vom zentralen Markt der Stadt Lechenich entfernt an der zur Landesburg führenden Schloßstraße. Das historische Gebäude wurde 1765 errichtet und gehört als Kulturdenkmal zu deren Sehenswürdigkeiten. Es wurde im August 1982 als Denkmal eingetragen.[1]

Geschichte

Kurfürst Clemens August

Die Bevölkerung der ländlichen Gebiete im Kurköln des 18. Jahrhunderts litt unter Drangsalierungen, Einbrüchen und Räubereien umherziehender Landstreicher und Banden. Dies war Anlass für den Kurfürsten Clemens August, eine Landgendarmerie (gens d’armes) aufzustellen, deren Aufgabe die Gewährleistung von Sicherheit, Ruhe und Ordnung im Erzstift werden sollte.

Nach Bewilligung des entsprechenden Etats durch die Landstände wurde 1751 durch den Kurfürsten die berittene Landgendarmerie, auch Husarenkompanie genannt, aufgestellt. Die „ministeriale“ Leitung dieser Neuerung übertrug Clemens August dem zu dieser Zeit auf seinem Schloss in Rösberg residierenden „Oberstjägermeister Clemens August Freiherr von und zu Weichs zu Rösberg“.

Die Husaren hatten zunächst (1751) zwei Standorte, diese waren Hersel, heute der Stadt Bornheim zugehörig, und Hülchrath bei Neuss. Anfang des Jahres 1754 wurde das Standquartier in Hersel aufgelöst und die Husaren bezogen Quartier in Lechenich. Vorerst waren sie dort bei dem Bürger „Hilbrandt“ einquartiert, der jährlich 25 Reichstaler Miete erhielt.

Die Kompanie war nun für die innere Sicherheit des Erzstiftes zuständig. Eine kurfürstliche Order wies die Beamten und Unterherren an, den Husaren jedwede Unterstützung zu gewähren. Dazu gehörten: Hinweise auf verdächtige Personen oder Vorgänge zu geben, aber auch Verpflegung und Unterkunft für Mann und Reittier zur Verfügung zu stellen. Bedingt durch die Größe des zu beaufsichtigenden Gebietes kehrten die ausgerückten Husaren oft erst nach einigen Tagen in ihr Quartier Lechenich zurück.

Die Husarenkompanie bestand aus angeworbenen jungen Männern, die freiwillig in den Dienst des Kurfürsten getreten waren. Sie waren uniformiert, bewaffnet und wurden regelmäßig besoldet, waren jedoch keine militärische Einheit. Sie waren vielmehr die den Landständen unterstellte Polizei. Ihre Hauptaufgabe als Gendarme bestand darin, verdächtige Personen, „Diebs- und Bettelgesindel“ aufzuspüren, dingfest zu machen, um sie bis zur Aburteilung durch die örtlichen Schöffen ins Gefängnis, im Gebiet Lechenich ein Turm der Landesburg, einzuliefern.[2]

Besitzverhältnisse des Standquartiers

Das Haus und die dazugehörigen Gebäude wurden im Jahre 1765 von Husarenoberst „Szentivani“, dem Kommandanten der kurkölnischen Husarenkompanie, und seiner Frau, einer geborenen „Gräfin von Wittgenstein“, errichtet. Am 25. Juli 1765 vermietete der Oberst das Gebäude mitsamt Scheune und Stallungen den kurkölnischen Landständen (Vertreter des Landtages). Der Vertrag lief auf 12 Jahre zu einem jährlichen Zins von 80 Reichstalern für die Unterbringung der Husarenkompanie.[3] 1767 schenkte Oberst Szentivani die Hälfte des Hauses seiner Frau, die andere Hälfte vermachte er dem Erzstift, das nach seinem Tode 1769 die andere Hälfte des Hauses von seiner Witwe in Erbpacht erwarb.[4]

Nutzung des Quartiers

Im Sommer 1765 wurde das Haus als Standquartier von der Husarenkompanie bezogen. Sie bestand inklusive der Führungskräfte aus 32 Personen. Davon waren 28 oder 29 einfache Husaren, die übrigen Unteroffiziere oder Korporäle. Alle, Mannschaften Offiziere und Kommandant, bewohnten gemeinsam das Hauptgebäude, in dem Räume unterschiedlicher Größe eingerichtet waren. Die Mannschaftsräume waren sehr einfach eingerichtet. Den Husaren dienten mit Matratzen oder Strohsäcken belegte Bettgestelle als Schlaflager. Auch die sanitären Einrichtungen, wie Waschgelegenheiten oder Latrinen, dürften in dieser Zeit sehr einfach ausgestattet gewesen sein. So wird von Visitationen durch Vertreter der Landstände berichtet, die vieles bemängelten.[5]

Das Lechenicher Quartier der Husaren wurde von diesen bis zum Einmarsch der französischen Revolutionsarmee genutzt. Im Herbst 1794 wurden 12 Husaren als Polizeitruppe ins Vest Recklinghausen verlegt, wo sie, 1798 in Landdragoner umbenannt, als Landpolizisten Dienst verrichteten.[6]

Französisches Gendarmeriegebäude

Lageplan (1800 - 1815)

Das ehemalige Husarenquartier wurde zunächst durch die französische Verwaltung verpachtet.Die Gebäude des Standquartiers waren nicht vom Verkauf in der Säkularisation betroffen, da die französische Verwaltung sie als Gendarmerigebäude nutzte. Seit 1800 wohnten in dem Gendarmeriehaus ein Brigadier und drei Gendarme mitsamt ihren Familien.[7][8] [9] Nach 1815 war das Gebäude im Besitz der Gemeinde.

Verwendung in Preußischer Zeit

Nach dem Ende der Franzosenzeit wurde das Haus von 1816 bis 1827 das Landratsamt des neu geschaffenen aus dem Kanton Lechenich und dem Kanton Zülpich hervor gegangenen Kreises Lechenich. Auch jetzt behielt das Gebäude seine Doppelfunktion als Amts- und Wohnhaus bei. Die ersten beiden Landräte des Kreises, Landrat Bärsch und Landrat Weichs, sowie der Kreissekretär arbeiteten und wohnten in dem Gebäude.

Nach der Verlegung der Kreisverwaltung nach Euskirchen im Jahr 1827 vermietete die Gemeinde das Haus an die Nachkommen des Jakob Cahen.[10] Nach einer Eintragung im Protokollbuch der Gemeinde Lechenich ist das Haus 1847 verkauft worden. Reste eines Plakates mit der Bekanntmachung der Versteigerung fand man bei der Restaurierung im Jahre 1980 unter dem Putz der Außenwand.

Baubeschreibung

Haus und Grund des Husarenquartiers liegen gegenüber der Chorseite der alten Pfarrkirche St. Kilian. Das Grundstück erstreckt sich, beginnend an der Schloßstraße, als schmaler Streifen entlang der dort beginnenden Steinstraße nach Osten. Im Vergleich zu einem Lageplan des Jahres 1800 befanden sich auf dem Areal außer dem Wohnhaus und den Pferdeställen mit zugehörigen Magazinräumen weitere alte Gebäude. Von dieser Bebauung blieb das heutige mit seiner Breitseite an der Straßenfront stehende Hotel–Restaurant sowie der an der Südseite des Grundstücks errichtete Längstrakt der ehemaligen Stallungen (heute oft als „alte Scheune“ bezeichnet), die nach ihrer Sanierung in jüngerer Zeit als Büroräume genutzt werden. Die Restfläche wurde zum Parkplatz und in einem kleinen Bereich zur Aussengastronomie an der Rückfront des Husarenquartiers.

Das Husarenquartier ist ein rechteckiger, zweigeschossiger Backsteinbau mit einem schiefergedeckten, abgewalmten Mansarddach. Das nach dem ältesten dokumentierten Farbton des Hauses in einem oxidrot getünchte Bauwerk gliedert sich durch in Sandstein gefasste Fenster und hat jeweils einen Eingang auf der Vorder- und Rückseite. Die Fenster des überwiegend freistehenden Gebäudes wurden nach dessen umfassender Restaurierung wieder in der früheren Sprossenform gehalten. Erhaltene historische Substanz des grundlegend entkernten und neu ausgebauten Hauses ist ein unter dem rechten Gebäudeteil liegender tonnengewölbter Keller. An der Hauswand zur Steinstraße ist an der linken Seite des Erdgeschosses ein Ausgussstein im Mauerwerk belassen worden. Es soll der ehemalige Abfluss der dort lokalisierten Küche mit ihrem steinernen Spülbecken gewesen sein.[11]

Tische und Bänke der rückwärtigen Außengastronomie gruppieren sich um einen in jüngerer Zeit errichteten Brunnen. Auf dessen Säulenkapitell wurde die Bronze eines Pferdes aufgebracht. Sie erinnert jedoch nicht an die Pferde der berittenen Husarenkompanie, sondern an die Zucht von Kaltblütern in Lechenich, die von der Familie Kretz betrieben wurde. Diese ist auch Eigentümer der Immobilie.

Heutige Nutzung

Restaurant HusarenQuartuer

Heute wird das Husarenquartier als Restaurant von dem Sternekoch Herbert Brockel geleitet. Es ist eines der bekanntesten Restaurants in Erftstadt. Es wurde als bestes Restaurant des Rhein-Erft-Kreises durch den Restaurantkritiker Joachim Römer in Römers Restaurant Report Köln und Umgebung 2007 bewertet und steht auf Platz 68 der bundesweiten Gastrotel Bestenliste.[12] In allen Jahren 2000 bis 2009 erhielt es einen Michelinstern und dazu drei Bestecke. Im gleichen Jahr erhielt es drei blaue Sterne und drei rote Varta-Tipps im Varta-Führer. Der Feinschmecker bewertete das Restaurant mit 3F und spricht von einem „Aufschwung im Husarenquartier“. Der Aral-Schlemmeratlas vergab 3,5 Bestecke und sein Weinsymbol. Vom Gault-Millau bekamen Herbert Brockel und seine Equipe im Jahr 2009 insgesamt 17 Punkte verliehen.

Literatur

  • Frank Kretzschmar: Mühlen, Bauten und versteckte Winkel im Rhein-Erft-Kreis. Verlag J. P. Bachem, Köln 2004. ISBN 3-7616-1834-4
  • A. Reiche: Vom bewaffneten Hausmann zu Polizisten. Jülich 1997. ISBN 3-930808072
  • K. und H. Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt. Bd. 5. Erftstadt 1998. ISBN 3-9805019-2-2
  • Karl Stommel: Die französischen Einwohnerlisten aus Erftstadt von 1799 bis 1801. Erftstadt 1988.
  • H. und C. Bormann: Heimat an der Erft. Erftstadt 1992. ISBN 3-9802650-3-X

Quellverweise

  1. nach Denkmälerverzeichnis der Stadt Erftstadt vom 1. Januar 1991
  2. HSTAD Kurköln II 3290 und 3291
  3. HSTAD Kurköln XIII 664 Bl. 31-32
  4. Archiv Gracht Akte Nr.10, Husarenkompanie (Landgedarmerie), veröffentlicht in Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt N. 2942
  5. Archiv Gracht Akte Nr. 10, veröffentlicht in Stommel, Quellen V Nr. 2920
  6. A. Reiche: Vom bewaffneten Hausmann zu Polizisten, S. 279
  7. Karl Stommel, Einwohnerlisten von 1799 bis 1801 S. 329
  8. Laut Registerauszug des Domänenliquidationsbüros von 1822 über das Gendarmeriegebäude in Lechenich war das Haus für Gendarmeriedienste hergegeben worden und 1822 im Besitz der Gemeinde.
  9. HSTAD Renteien Köln/Aachen Nr. 855
  10. Bormann, Heimat an der Erft Seite 245-246
  11. Frank Kretzschmar: Mühlen, Bauten und versteckte Winkel im Rhein-Erft-Kreis, S. 9697
  12. http://www.gwverlag.de/fileadmin/Pdf/bestenliste-2009.pdf

Weblinks

50.800656.767374

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