Inannas Gang in die Unterwelt

Inannas Gang in die Unterwelt

Inannas Gang in die Unterwelt ist eine altorientalische Erzählung der Sumerer und wurde in sumerischer Sprache verfasst. Für diese Erzählung, in der Inanna versucht ihren Machtbereich auf die Unterwelt auszudehnen, sind zahlreiche Textvertreter aus unterschiedlichen Epochen der mesopotamischen Hochkultur gefunden worden, von denen keiner vollständig ist. Dennoch konnte der Text fast lückenlos rekonstruiert werden.

Die Erzählung erlebte eine lange Rezeptionsgeschichte im Alten Orient und war Vorlage für die akkadische Erzählung Ištars Fahrt in die Unterwelt. In der heutigen Religionswissenschaft kann für den viel diskutierten Mythos Inannas Gang in die Unterwelt kein eindeutiges Motiv dargestellt werden[1], was aus dem bis heute ungenügenden Vergleich der frühdynastischen und neusumerische Götterwelt resultiert[2].

In der Neuzeit wurde der in die Unterwelt gesandte Dumuzi oft als ein jährlich sterbender und auferstehender Gott bezeichnete, wofür die babylonische Überlieferung allerdings keinerlei Anhaltspunkte gibt.[3], lediglich auf einer fragmentarischen Version aus Ur kann für die sumerische Zeit ein derartiger "Demeterzyklus" beobachtet werden.[4].

Inhaltsverzeichnis

Inannas Gang in die Unterwelt

Aufbruch zur Unterwelt

Inanna war die Königin des Himmels, aber sie wollte auch die Unterwelt beherrschen. Sie gab ihre Tempel auf und machte sich fertig für die Reise. Sie nahm die sieben MEbänder mit. Bevor sie ging, schärft sie ihrer treuesten Dienerin Ninšubur ein, dass sie Hilfe holen sollte, wenn Inanna nicht zurückkehrt. So gerüstet ging Inanna zum Tor der Unterwelt und begehrte Einlass, sie bat nicht, sie befahl. Sie erzählte dem Torwächter Neti, dass sie gekommen sei, um mit ihrer Schwester Ereškigal, der Herrscherin der Unterwelt um deren kürzlich verstorbenen Gatten Gugalanna zu trauern. Sie wurde eingelassen, wurde aber an den sieben Toren jeweils eines ihrer Machtsymbole beraubt (Diadem, Lapislazulistein, Eierperlen, Brustschmuck, Armschmuck, Messstab und Messleine und Herrschaftsgewand). Obwohl nun nackt und ohne Macht, kannte sie keine Demut und begehrt den Thron der Unterwelt, der ihr aber von den sieben Unterweltrichtern (Anunnaki) verwehrt wurde. Stattdessen wurde sie zu Tode verurteilt und landete als fahles Stück Fleisch an einem Haken.

Wiedererweckung von Inanna

Drei Tage und drei Nächte wartete Ninšubura auf die Rückkehr ihrer Herrin, doch nichts geschah. Daher ging sie nacheinander zu den Göttern Enlil, Nanna und Enki, um um Hilfe zu bitten. Jedoch nur Enki erhörte sie und konnte mit einer List den Leichnam von Inanna wiederbeleben.

Der Fluch der Anunnaki

Doch verfügen die sieben Richter der Unterwelt, dass jemand Anderes den Platz von Inanna einnehmen musste. Da Dumuzi, der Ehemann von Inanna, am wenigsten um sie getrauert hatte, sucht Inanna ihn aus. Was sie nicht bedacht hatte, war, dass nun, da der Gott des Getreides und des Bieres gestorben war, auf der Erde kein Getreide wachsen und kein Bier gebraut werden konnte. Inanna trauerte mittlerweile sehr um ihren Geliebten und eines Tages entschied sie, sich gegen Dumuzi einzutauschen. Ein halbes Jahr solle Dumuzi in der Unterwelt leben und ein halbes Jahr sie selber. [5]

Eine akkadische Variante mit einem alternativem Ende

Eine etwas weniger bekannte Variante aus Fragmenten aus Ur erzählt das Ende anders.[6]

Dumuzi muss in der Unterwelt schreckliche Qualen leiden. Er bittet darum den Gott Utu seine Arme und Beine in Schlangen zu verwandeln, um ihm so die Schmerzen der Folter zu ersparen. Als seine Schwester Geštinanna von diesen Qualen hört, bittet sie Inanna ihm zu helfen. Jedoch tauscht sich nicht Inanna selber für Dumzi ein, sondern sie verfügt, dass seine Schwester Geštinanna diese Bürde auf sich nehmen muss. Da Dumuzi der Gott des Getreides ist, verwelken nach seinem Tod alle Getreide und das Bier wird schal. Nur durch die Errettung durch seine Schwester kommt das Getreide wieder. Jedoch verdorren nun nach dem Tausch mit Geštinanna alle Früchte und der Wein wird sauer, da Geštinanna die Göttin der Früchte und des Weines ist. Also verfügt Inanna, dass Dumuzi und Geštinanna sich im Halbjahresrhythmus abwechseln müssen und so die verschiedenen Jahreszeiten entstehen.

Ishtars Höllenfahrt

Die babylonische Variante[7], die in assyrischen Kopien im Archiv des Aššur-bani-apli in Niniveh erhalten geblieben ist, lehnt sich unverkennbar an die ursprünglich sumerische Erzählung an. Jedoch hat die Göttin Ištar, welche die Rolle der Inanna einnimmt, andere, der Zeit und Kultur angepasste Insignien der Macht, die sie an den sieben Toren abgeben muss: Diadem, Ohrringe, Halskette, Gewandnadel, Gürtel mit Geburtssteinen, Arm- und Fußreifen und Gewand.

Ištar droht als Kriegsgöttin, die Tore der Unterwelt einzureißen, wenn man ihr kein Einlass gewährt, worauf Namtar sie einlässt, ihr die Insignien an den Toren abnimmt und sie später auf Geheiß von Eriškigal mit 60 Krankheiten belegt, an denen sie stirbt.

Da die Liebesgöttin Ištar nun aber nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen kann, pflanzen sich weder Tiere noch Menschen fort. Daher erschafft der Gott Ea den Lustknaben Aṣu-šu-namir (‚sein Aufgehen ist Leuchten‘), der Ereškigal betören soll und so die Leiche von Ištar, deren Haut inzwischen zu einem Wassersack verarbeitet worden ist, aus der Unterwelt stehlen soll. Aṣu-šu-namir stiehlt die Leiche, er jedoch wird von Ereškigal für seinen Verrat verflucht und kastriert. Eriškigal belebt danach Ištar wieder mit dem Wasser des Lebens, verbietet ihr aber jemals wieder ihr Reich zu betreten. Ištar muss ihren Hochmut eingestehen und steigt wieder in den Himmel auf.

Die Teil mit Dumuzi/Tamuz und dem Tauschhandel mit der Unterwelt fehlt in der babylonischen Version. Lediglich, dass Tamuz Ištars Wiederkehr feiert, wird erwähnt. Jedoch kann man aus Erwähnungen anderer Keilschrifttexte aus babylonischer Zeit schließen, dass die Babylonier auch den Tauschhandel von Tamuz und Ivtar kannten oder ihn zumindest mit Inanna und Dumuzi verglichen.

Einzelnachweise

  1. Wolfram von Soden, Propyläen Weltgeschichte Band 1, S. 560
  2. Wolfram von Soden, Propyläen Weltgeschichte Band 1, S. 562
  3. Wolfram von Soden, Propyläen Weltgeschichte Band 1, S. 562
  4. S. N. Kramer, Anatolian Studies 30, London 1980, S. 5ff
  5. Otto Kaiser (Hrsg.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Gütersloh 1982-1997
  6. Thorkild Jacobsen: The Harps that Once...: Sumerian Poetry in Translation.Yale 1997
  7. Otto Kaiser (Hrsg.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Gütersloh 1982-1997

Literatur

Weblinks


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