Joseph Freiherr von und zu Franckenstein

Joseph Freiherr von und zu Franckenstein

Joseph Maria Casimir Konrad Michael Benedictus Maurus Placidus Freiherr von und zu Franckenstein (* 30. September 1910 auf Schloss Traunegg (Thalheim bei Wels); † 7. Oktober 1963 in San Francisco war ein deutsch-österreichischer Altphilologe, Dissident und Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten.

Leben

Franckenstein war der Enkel des Gutsbesitzers und Herrn auf Traunegg Heinrich Maria Friedrich Karl Freiherr von und zu Franckenstein (1826–1883) und der Helene Gräfin von Arco-Zinneberg (1837–1897).

Nach dem Studium der Altphilologie und der darauf folgenden Promotion verdingte er sich in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten und politischen Wirren nach dem 1. Weltkrieg in Österreich als Gelegenheitsjournalist und Bergsteiger. Kurz nach dem „Anschluss“ 1938 begann er als entschiedener Nazigegner, gegen das Regime offen zu opponieren. Dies brachte ihm eine Internierung im KZ Mauthausen ein, aus dem er 1939 fliehen konnte. Sein älterer Bruder Heinrich, der bereits 1934 Deutschland verlassen hatte und in die Türkei emigriert war, sowie sein Vetter Georg Albert von und zu Franckenstein unterstützten ihn dabei.

Im Herbst 1940 lernte er im französischen Megeve die US-amerikanische Schriftstellerin Kay Boyle kennen, deren Kinder aus erster Ehe er als Hauslehrer unterwies. Nach der Scheidung von ihrem zweitem Mann heiratete Franckenstein 1943 Kay Boyle und arbeitete nun als amerikanischer Staatsbürger im US State Department als Offizier im Nachrichtendienst. Durch unermüdliche Unterstützung seiner Frau wurde er schließlich 1944 in das Office of Strategic Services (OSS) versetzt und konnte auf eigenen Wunsch aktiv als Agent in Frankreich zur Unterstützung der Résistance gegen die Nationalsozialisten kämpfen. Nach Festnahme durch die Waffen-SS und Verurteilung zum Tod konnte er erneut fliehen und sich wieder nach England durchschlagen.

Als Presseoffizier der Militärregierung kehrte er 1946 nach Deutschland zurück, während Kay Boyle als Auslandskorrespondentin für den The New Yorker die Aufgabe hatte, Erzählungen aus Deutschland zu schreiben. Sie weigerte sich allerdings zunächst, in Deutschland zu leben, und ging mit der Familie zunächst nach Paris, von wo aus sie zu Recherchereisen nach Deutschland fuhr. Erst im Mai 1948 übersiedelte sie mit ihren drei jüngsten Kindern zu ihrem Mann ins hessische Marburg. Ende 1948 folgte ein weiterer Umzug, diesmal nach Frankfurt am Main, wo Franckenstein Die Neue Zeitung, eine deutschsprachige Zeitung der Amerikaner, herausgab.

1953, mitten im Kalten Krieg, machte die Kommunistenhatz des US-Senators Joseph McCarthy auch vor hochdekorierten Kriegshelden keinen Halt und Franckenstein wurde von einem Untersuchungsausschuss zu Fragen der Loyalität und Sicherheit verhört. Die Anklagen blieben vage, allerdings mochten die Menschenrechtsaktivitäten und das schriftstellerisches Engagement von Kay Boyle zu seiner Vorladung beigetragen haben. Er wurde in allen Anklagepunkten freigesprochen, kurz darauf jedoch entlassen und Kay Boyle die Akkreditierung durch den New Yorker entzogen.

Nach ihrer Rückkehr in die USA ließ sich die Familie in Connecticut nieder und Joseph Freiherr von und zu Franckenstein unterrichtete an einer Mädchenuniversität. Wie viele missliebige amerikanische Intellektuelle jener Zeit – darunter Nazi-Gegner und Exilanten wie Bertolt Brecht und Albert Einstein, aber auch US-Amerikaner wie der Schauspieler und Bürgerrechtler Paul Robeson – wurden sie in den 1950er Jahren unamerikanischer Aktivitäten verdächtigt, überwacht und boykottiert, was bei Franckenstein besonders tiefe finanzielle und persönliche Spuren hinterließ. 1960 wurde Joseph von Franckenstein Kulturattaché in Teheran, musste aber aufgrund der Folgen einer schweren Krankheit 1963 in die USA zurückkehren, wo er am 7. Oktober in San Francisco starb.

Nachlass

  • Kay Boyle and Joseph Franckenstein correspondence, 1940-1963ID: 1/1/MSS 184Repository: Manuscripts

Literatur


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