Office of Strategic Services

Office of Strategic Services
Office of Strategic Services
— OSS —
Ärmelabzeichen des OSS, Vorbild für das spätere Abzeichen des SOCOM
Staatliche Ebene Bund
Stellung der Behörde Militärnachrichtendienst
Aufsichtsbehörde(n) Kriegsministerium der Vereinigten Staaten
Gründung 1942
Behördenleitung Major General William Joseph Donovan
Anzahl der Bediensteten 13.000 (Schätzung)
Website

Das Office of Strategic Services (OSS), deutsch: Amt für strategische Dienste, war ein Nachrichtendienst des Kriegsministeriums der Vereinigten Staaten von 1942 bis 1945.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Die Aufgabengebiete des OSS umfasste die operative Beschaffung von Informationen, Desinformation, psychologische Kriegführung, Partisanen-Unterstützung, Asymmetrische Kriegführung, Sabotage und Spionageabwehr.

Organisation

Das OSS unterstand direkt den Vereinigten Stabschefs des Kriegsministeriums und arbeitete ihnen zu. Damit stand es in direkter Konkurrenz zum G-2 (Heeresnachrichtendienst) der Army. Obwohl zuständig für die Aufklärung im Ausland, gab es Regionen, in denen das OSS nicht aktiv war. So z.B. Lateinamerika, wo das FBI für die Auslandsspionage verantwortlich zeichnete. Gleichzeitig wurden die Aktivitäten vom militärischen Nachrichtendienst G-2 und dem Marinenachrichtendienst argwöhnisch beobachtet und die zuständigen Stellen versuchten eifersüchtig, ihre Zuständigkeitbereiche zu verteidigen, da es etliche Überschneidungen und Parallelaufgaben gab.

Rekrutierung und Ausbildung

Der Leiter des OSS Major General Donovan war anfangs Mitglied des Room gewesen, einer monatlich konspirativ tagenden Geheimloge führender US-Industrieller, die diskret Wirtschaftsinformationen aus dem Ausland austauschten. Die Söhne seiner Geschäftsfreunde, die sich vom OSS Ruhm versprachen, wurden bevorzugt rekrutiert.

Das Personal des OSS empfand sich als elitär und war mehrheitlich rechtskonservativ eingestellt.

Bekannte Mitarbeiter

Der Philosoph Herbert Marcuse arbeitete in den 1940er Jahren für das OSS. Andere bekannte Persönlichkeiten waren der marxistische Ökonom Paul Sweezy und der Historiker Barrington Moore Jr..

siehe auch

Kategorie:Person (Office of Strategic Services)

Ausrüstung

Da eines der Hauptätigkeitsfelder die konspirative Nachrichtenbeschaffung und die Partisanenunterstützung war, experimentierte Major General Donovan hauptsächlich mit technischen Neuentwicklungen im Bereich getarnter Waffen (Stich- und Schusswaffen sowie Schalldämpfer) und Ausrüstungsgegenstände, deren eigentliche Funktion nicht gleich erkenntlich sein sollte und die so den Agenten bei einer Kontrolle hinter den feindlichen Linien nicht verraten würde. Auch Techniken der nachrichtendienstlichen Kommunikation und Informationsweitergabe (Geheimtinte etc.) wurden genutzt und stetig weiterentwickelt.

Geschichte

Gründung

Das am 11. Juli 1941 von Präsident Franklin D. Roosevelt ins Leben gerufene, zunächst zivile Office of the Coordinator of Information (COI) wurde am 13. Juni 1942 in das Office of Strategic Services umgewandelt[1]. Er war ein operativ arbeitender Nachrichtendienst, der den Vereinigten Stabschefs im Kriegsministerium direkt unterstand und zuarbeitete. Alle Abteilungen bestanden bereits im COI. Bei der Gründung des OSS stand der britische Auslandsnachrichtendienst MI6 Pate.

Erster und einziger Leiter des OSS war der reaktivierte Kriegsveteran und Wallstreet-Anwalt „Wild Bill” Donovan (1883–1959), ein Freund des Präsidenten, der bereits als Colonel den Vorläufer der Behörde geleitet hatte und Ende 1944 zum Major General befördert wurde. Viele Pläne erwiesen sich als praxisuntauglich und man musste erst einen hohen Blutzoll (einschließlich des einheimischen Widerstandes) leisten, um die notwendige Erfahrung zu sammeln, wie ein Kampf hinter feindlichen Linien optimal zu führen war.

Einsätze

Partisanenunterstützungseinsätze

Die reine Aufklärungsarbeit war weniger erfolgreich, da die Hauptlast der Informationsgewinnung durch die Luftaufklärung der US Army Air Force (durch Luftbildauswertung) getragen wurde. Dagegen erzielte das OSS recht gute Ergebnisse mit der Ausbildung, Ausrüstung und Führung einheimischer Partisanengruppen hinter den feindlichen Linien und führte Operationen in Italien, Griechenland, Jugoslawien, Norwegen und Frankreich durch.

Vorbereitungen für D-Day

So sprangen in den Monaten vor der alliierten Landung in der Normandie (Operation Overlord) etliche 3-Mann-Teams, die so genannten Jedburgh Teams (benannt nach ihrem schottischen Ausbildungsort Jedburgh), im deutsch-besetzten Frankreich ab, um Kontakt mit der Résistance aufzunehmen und sie im Partisanenkampf und in der Vorbereitung der Invasion zu unterstützen. Die nächstgrößere Einheit war die Operational Group (OG) mit 34 Mann, die sich aber auch bei Bedarf in zwei 17-Mann-Teams aufteilen konnte. Die OSS-OGs waren die direkten Vorläufer der Special Forces der Green Berets Detachments.

Pazifik

General William J. Donovan bei einer Inspektion von Einsatzkräften in Bethesda, Maryland 1945

Das OSS war trotz der Ablehnung durch General Douglas MacArthur, dem Oberbefehlshaber des pazifischen Kriegsschauplatzes, der die Arbeit des G-2 bevorzugte, dennoch auch im südostasiatischen und pazifischen Raum aktiv, in dem es Mao Zedongs Rote Armee im Guerillakampf unterstützte.

Nachrichtendienstliche Einsätze

Ertragreichster OSS-Agent war Allen Dulles, der im neutralen Bern eine nahezu ungetarnte Anlaufstelle für Überläufer unterhielt, wo u. a. Fritz Kolbe vorstellig wurde und Vermittler von Karl Wolff die Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Italien verhandelten. Erfolgreicher waren Operationen der psychologischen Kriegführung mit Flugblatt- und Radiokampagnen, die den Feind demoralisieren sollten. Bekannteste OSS-Partnerin war Marlene Dietrich, die neben Fronttheater auch über den Hörfunk an die Deutschen zur Kapitulation appellierte.

Mitarbeiter des OSS waren u. a. auch der deutsche Philosoph Herbert Marcuse, zeitweilig Chef der Europa-Sektion des Dienstes, sowie der Schriftsteller Klaus Mann. Dieser verfasste einige Monate nach der alliierten Landung auf Sizilien, welche das OSS unter dem Decknamen Operation Husky zusammen mit dem Marinenachrichtendienst (ONI) vorbereitet hatte, für die nach Norden vorrückende 5. US-Armee Flugblätter zum Abwurf hinter den deutschen Linien und Texte für Grabenlautsprecher. Er verhörte während des Italien-Feldzuges auch deutsche Kriegsgefangene, damit die Stimmung in der Truppe genauer analysiert werden konnte.[2]

1944 nahm das Londoner Büro des OSS Kontakte zur Freien Deutschen Bewegung in Großbritannien auf, um aus ihren Reihen geeignete Kandidaten anzuwerben. Die Kontaktaufnahme erfolgte über Jürgen Kuczynski, den damaligen Leiter der Freien Deutschen Bewegung, und Erich Henschke aus der Leitung der KPD-Emigrantenorganisation für das Vereinigte Königreich. Die Kandidatenliste wurde von Seiten der deutschen Emigranten mit der GRU abgestimmt. Die sieben ausgewählten Kandidaten sollten per Fallschirm hinter den deutschen Linien abspringen.[3] Drei der Agenten, Anton Ruh, Paul Lindner und Kurt Gruber, wurden 2006 postum von der Regierung der USA mit dem Silver Star gewürdigt.[4] [5] Der Historiker Brian Nelson Macpherson hob in seiner Dissertation hervor: „Keine andere Quelle des Nachrichtendienstes war so hilfreich in der zuverlässigen Wahrnehmung von Einzelheiten während der letzten Kriegsmonate.“ Dieser Einsatz wurde auch als Operation Hammer bezeichnet.

Mit der Operation Sunrise etablierte das OSS bereits früh eine amerikanische Zusammenarbeit mit Personen des späteren Bundesnachrichtendienstes. Generalmajor Reinhard Gehlen leitete von 1942 bis 1945 im Generalstab des Heeres die Spionageabteilung Fremde Heere Ost. Unmittelbar nach dem Krieg wurden Gehlen und seine gesamte Organisation (die vor allem aus SS-, SD- und Abwehr-Leuten bestand) in den Dienst des amerikanischen Geheimdienstes gestellt. Gehlen wurde damit beauftragt, einen deutschen Auslandsnachrichtendienst aufzubauen, der sich vor allem gegen die Sowjetunion richten sollte. Die Organisation Gehlen wurde später durch die CIA übernommen.

Für die Spionageabwehr war während des Krieges die Abteilung X-2 zuständig.

Persönlichkeitsprofil Hitlers

Donovan beauftragte den Harvard-Psychoanalytiker Walter C. Langer, ein Profil über Adolf Hitlers Persönlichkeit zu erstellen.[6] Langer befragte hierfür Personen, die aus dem Deutschen Reich in die Staaten gekommen waren. So zum Beispiel Eduard Bloch, den Arzt von Klara Hitler, Ernst Hanfstaengl, den ehemaligen Auslandspressechef der Nationalsozialisten und William Patrick Hitler. Der Bericht aus dem Jahr 1943 schildert unter anderem „Hitlers wahrscheinliches Verhalten in der Zukunft“:

„1. Hitler könnte eines natürlichen Todes sterben. Das ist nur eine ganz entfernte Möglichkeit, denn, soweit wir wissen, ist er ganz guter Gesundheit, außer bei seinen Magenbeschwerden, die wahrscheinlich psychosomatische Ursachen haben.
2. Hitler könnte Asyl in einem neutralen Land suchen. Das ist extrem unwahrscheinlich im Hinblick auf seine großen Sorgen um seine Unsterblichkeit. Nichts würde den Mythos wirkungsvoller zerstören als ein Führer, der im kritischen Moment davonrennt.
3. Hitler könnte in einer Schlacht getötet werden. Das ist eine reale Möglichkeit. Wenn er überzeugt ist, dass er nicht gewinnen kann, könnte er seine Truppen in die Schlacht führen und sich als furchtloser und fanatischer Führer stilisieren. Das wäre von unserem Standpunkt aus das am wenigsten Wünschenswerte, weil sein Tod als Beispiel für seine Nachfolger dienen würde, ebenfalls mit fanatischer, todesverachtender Entschlossenheit bis zum bitteren Ende zu kämpfen.
4. Hitler könnte ermordet werden. Obwohl Hitler extrem gut geschützt wird, besteht die Möglichkeit, dass ihn jemand ermordet. Hitler fürchtet diese Möglichkeit […] Sie ist ebenfalls von unserem Blickwinkel aus nicht wünschenswert, weil sie einen Märtyrer aus ihm machen würde und die Legende stärkt.
5. Hitler könnte krank werden. Hitler hat viele Charakteristika, die an der Grenze zur Schizophrenie sind. Es ist möglich, dass seine Psyche zusammenbricht, wenn er mit der Niederlage konfrontiert ist. Das wäre eventuell aus unserer Sicht wünschenswert, denn es würde viel dazu beitragen, die Hitler-Legende in den Köpfen des deutschen Volkes zu unterminieren.
6. Das deutsche Militär könnte revoltieren und ihn entmachten. Das scheint mit Blick auf die einzigartige Stellung, die Hitler im Bewusstsein des deutschen Volkes hat, unwahrscheinlich … Das deutsche Militär könnte aber im Angesicht der Niederlage beschließen, dass es weiser wäre, Hitler zu entthronen und eine Marionettenregierung für Friedensverhandlungen einzusetzen. Das würde wahrscheinlich große interne Zwistigkeiten in Deutschland hervorrufen.
7. Hitler könnte in unsere Hände fallen. Das ist die unwahrscheinlichste Variante überhaupt.
8. Hitler könnte Selbstmord begehen. Das ist das plausibelste Resultat. Er hat mehrmals gedroht, sich umzubringen; nach allem, was wir über seine Psyche wissen, ist dies die wahrscheinlichste Möglichkeit …
Was auch passiert, wir dürfen relativ sicher sein, dass Hitler immer neurotischer werden wird, je mehr Niederlagen Deutschland einstecken muss. Jede Niederlage wird sein Selbstvertrauen erschüttern und seine Möglichkeiten begrenzen, sich seine eigene Größe zu beweisen. Als Konsequenz wird er sich gegenüber Angriffen aus den Reihen seiner Verbündeten mehr und mehr verletzlich zeigen und seine Wutanfälle werden sich häufen. Er wird vermutlich versuchen, seine Angreifbarkeit mit zunehmender Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit zu kompensieren. Seine öffentlichen Auftritte werden immer seltener, weil er unfähig ist, eine kritische Zuhörerschaft zu ertragen …
In jedem Fall wird sich sein geistiger Zustand weiter verschlechtern. Er wird so lange kämpfen wie er kann, mit jeder nur erdenklichen Waffe oder Technik, die ihm geeignet erscheint, den drohenden Untergang aufzuhalten. Der Kurs, dem er folgt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einer, der ihm den Weg in die Unsterblichkeit ebnet und zur selben Zeit die Welt in Flammen aufgehen lässt.“

Walter C. Langer, 1943.[7]

Auflösung

Das von Präsident Harry S. Truman von Anfang an mit Argwohn bedachte OSS wurde nach dem Zweiten Weltkrieg am 20. September 1945 wieder aufgelöst. Die direkte Nachfolge-Organisation des OSS war die SSU (Strategic Services Unit); deren Hauptquartier in Deutschland war in Wiesbaden, von wo aus auch die ersten erfolgreichen Versuche gestartet wurden, deutsche NKWD-Agenten zu Doppelspionen umzufunktionieren.[8].

Einige Veteranen installierten einen OSS-Mythos durch eine Vielzahl entsprechender Abenteuerromane, Comics und Spielfilme. Die Übernahme der ehemaligen OSS-Agenten in die 1947 gegründete Central Intelligence Agency oder das American Committee for a United Europe verlief jedoch keineswegs automatisch: viele verweigerten sich und suchten nach anderen Betätigungsfeldern. Die ehemalige Mitgliedschaft im OSS erwies sich zwar für manche als Sprungbrett für wirtschaftliche Karrieren - andere sahen nach Kriegsende eher kritisch auf die historische Rolle des OSS zurück.[9]

Die Akten des OSS wurden teilweise in den 1970er und 1980er Jahren freigegeben. Im August 2008 veröffentlichte das Nationalarchiv der USA 35.000 weitere Personalakten sowie Dokumente über geheime Einsätze.[10]

Mediale Rezeption

Literatur

  • Christof Mauch: Schattenkrieg gegen Hitler. Das Dritte Reich im Visier der amerikanischen Geheimdienste 1941 bis 1945. Deutsche Verlags-Anstalt DVA, München 1999, ISBN 3-421-05196-8
  • Richard Cutler: Counterspy. Memoirs of a Counterintelligence Officer in World War II and the Cold War, Brassey's, Dulles 2004, ISBN 1-57488-839-0 (engl.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Poster des CIA-Museums zum 60sten Jahrestag (PDF) - Die Abbildung zeigt Donovan in der Uniform eines US-Brigadegenerals (Major General).
  2. Uwe Naumann: Klaus Mann. RoRoRo, Hamburg 1984, ISBN 3-499-50332-8, S.114 ff.
  3. Das Vermächtnis des US-Offiziers Gould. Auf: drafd.de, der Homepage des Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland“ e.V.
  4. Junge Welt, 13. Juni 2006. Vgl. Falsche Freunde. In: Der Spiegel. Nr. 45, 2004 (30. Oktober 2004, online).
  5. Erinnerung an einen "German Miner"
  6. Wiedergegeben auf nizkor.org: A Psychological Analysis of Adolph Hitler. His Life and Legend.
  7. Walter C. Langer: „OSS-Geheimbericht über Adolf Hitler“. Washington D.C. 1943, Supplement S.1. Zitiert nach: Wolfgang Zdral: Die Hitlers. Die unbekannte Familie des Führers. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-593-37457-4, S. 192–194.
  8. siehe R. Cutler: Counterspy. Memoirs of a Counterintelligence Officer in World War II and the Cold War, S.71ff
  9. Max Corvo: O.S.S. in Italy 1942–1945: A Personal Memoir of the Fight for Freedom: 1943–1945. Enigma Books, New York 2005, ISBN 1-929631-45-6
  10. „Das Who is Who berühmter US-Spione“, Süddeutsche Zeitung, 14. August 2008.

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