Karl Pflaumer

Karl Pflaumer
Karl Pflaumer, 1934

Karl Pflaumer (* 27. Juli 1896 in Rauenberg; † 3. Mai 1971 in Rastatt) war Innenminister des Landes Baden zur Zeit des Nationalsozialismus, Mitglied des Reichstags und SS-Brigadeführer (1940).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Pflaumer, Sohn eines Oberlehrers, absolvierte die Volks- und Mittelschule. Von 1910 bis 1914 besuchte er in Tauberbischofsheim und Ettlingen ein Lehrerseminar, das er jedoch nicht abschloss. Stattdessen meldete er sich bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges freiwillig zur Deutschen Armee und war zunächst bei der Infanterie eingesetzt. Im August 1917 wechselte er zur Luftwaffe. Nachdem er im Luftkampf abgeschossen wurde, geriet er in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er am 2. Februar 1920 entlassen wurde. Er verließ die Armee als Oberleutnant der Reserve. Pflaumer, seit 1920 verheiratet und Vater dreier Kinder, zog 1920 von Wertheim nach Heidelberg.[1]

Ab April 1920 verrichtete er Polizeidienst − seit 1922 als Oberleutnant − bei der Badischen Schutzpolizei. Anfang März 1929 wurde Pflaumer angeblich wegen nationalsozialistischer Betätigung aus dem Polizeidienst entlassen. Hintergrund der Entlassung Pflaumers aus dem Polizeidienst war seine Teilnahme an einer geschlossenen Versammlung der NSDAP am 5. März 1928 in Heidelberg. Die Mitgliedschaft in dieser Partei war badischen Beamten jedoch verboten. Aufgrund dessen wurden gegen ihn Ermittlungen aufgenommen. Pflaumer gab an, zu diesem Zeitpunkt nicht der NSDAP, sondern der Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung, einer Partei der Inflationsgeschädigten, angehört zu haben. Daraufhin erfolgte seine Versetzung vom Bereitschafts- zum Revierdienst. Pflaumer meldete sich schließlich krank und wurde krankheitsbedingt aus dem Polizeidienst entlassen, da bei ihm eine Endogene Depression diagnostiziert wurde.[2]

Der SA trat er spätestens 1929 bei, er war ab diesem Zeitpunkt als SA-Standartenführer hauptamtlich Gauredner sowie Kreispropaganda- und stellvertretender Kreisleiter der NSDAP. Pflaumer war seit 1930 Mitglied der NSDAP. Im Oktober 1929 wurde er zu einer vierwöchigen Haftstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt, da er den Innenminister des Landes Baden, Adam Remmele, öffentlich durch eine Kampagne beleidigt hatte. Er wechselte am 1. Juni 1932 von der SA zur SS über.[2] Pflaumer wurde 1933 noch Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und 1938 des Lebensborn.[1]

Von November 1930 bis Anfang Mai 1933 war er Stadtrat in Heidelberg und gehörte ab dem 9. März 1933 kommissarisch − zur besonderen Verfügung − dem Kabinett Wagner an. Vom 6. Mai 1933 bis April 1945 war er Innenminister im Kabinett Köhler.[2] Pflaumer setzte in seiner Funktion als Innenminister die „Gleichschaltung“ der Verwaltung, insbesondere der Polizei, in Baden um. Nachdem Heinrich Himmler 1936 Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei wurde und 1943 zudem auch noch Reichsinnenminister, wurde Pflaumers Kompetenzbereich aufgrund der Zentralisierung der Innenpolitik jedoch kontinuierlich eingeschränkt.[3]

Im Zusammenhang mit der 1935 aufgekommenen Spielbankaffäre in Baden-Baden fiel auch Pflaumers Name. Pflaumer soll regelmäßig in der Spielbank Baden-Baden verkehrt und den „jüdischen“ Besitzer gegen den kostenfreien Erhalt von Spielmarken vor deutschen Zollrazzien gewarnt haben. Da Pflaumer jedoch nichts nachgewiesen werden konnte, wurden die Ermittlungen gegen ihn schließlich eingestellt.[3]

Pflaumer, der sich später im Entnazifizierungsverfahren selbst als Antisemiten bezeichnete, war regional verantwortlich für die 1935 angeordnete Zusammenstellung einer Judenkartei, welche die Basis für die Erfassung von jüdischen Mitbürgern zur Deportation in die Vernichtungslager schuf. Zudem setzte er 1940 eine Verordnung um, durch die das Vermögen deportierter Juden dem Staat zufiel.[2] In Einzelfällen verhalf er Juden jedoch zur Ausstellung von Pässen für die Emigration und bewahrte in einem Fall auch die Großmutter eines Mitarbeiters vor der Deportation nach Theresienstadt. Andererseits ließ er sich den Anfang Mai in das KZ Kislau verschleppten und dort ermordeten Ludwig Marum vorführen und ihn demütigen; Marum war Rechtsanwalt von Remmele gewesen, der von Pflaumer beleidigt worden war.[2]

Ab der 9. Wahlperiode im November 1933 war Pflaumer für den Wahlkreis 32 (Baden) durchgehend bis Frühjahr 1945 Mitglied des Reichstages.[4] Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nahm er als Major der Reserve der Luftwaffe 1940 am Westfeldzug teil. Danach wurde er zusätzlich zu seinen sonstigen Ämtern Leiter der Verwaltungs- und Polizeiabteilung in Straßburg beim Leiter der Elsässer Zivilverwaltung. Er soll dort WagnersVolkstumspolitik“ nicht sonderlich unterstützt haben.[5]

Pflaumer kam im März 1941 gemeinsam mit weiteren deutschen Beratern, darunter Gustav Richter, nach Rumänien. Bis März 1942 beriet er die rumänische Regierung in Verwaltungsfragen und forcierte dabei auch antijüdische Maßnahmen. So war Pflaumer bei der Einrichtung des Czernowitzer Ghettos im September 1941 anwesend.[6] Nach dem Ende seiner Beratertätigkeit in Rumänien nahm Pflaumer wieder seine Tätigkeit als Leiter der Verwaltungs- und Polizeiabteilung in Straßburg (bis Ende November 1944) und seinen Posten im badischen Innenressort wieder auf. Kriegsbedingt verlegte er im März 1945 seinen Dienstsitz kurzzeitig von Karlsruhe nach Baden-Baden. Im April 1945 wurde Pflaumer bei seinem Versuch, sich in die Schweiz abzusetzen, von der französischen Armee gefangengenommen.[5]

Pflaumer wurde durch die französische Besatzungsmacht interniert und Ende Mai 1948 aus der Haft entlassen.[7] Danach war er im Gerichtsgefängnis in Karlsruhe und schließlich vom 2. bis zum 12. August 1948 im Internierungslager Ludwigsburg. Pflaumer war später zeitweilig als Handelsvertreter tätig. Bei seinem Entnazifizierungsverfahren in Karlsruhe wurde er Mitte Januar 1950 als Belasteter eingestuft und zu einer Geldstrafe verurteilt. Er erhielt später auf dem Gnadenweg eine Pension, die sich ab Ende der 1950er Jahre aus der Tätigkeit als Polizeibeamter und teilweise auch durch die Führung des badischen Innenressorts zusammensetzte.[5]

Literatur

  • Norma Pralle: Zwischen Partei, Amt, und persönlichen Interessen. Karl Pflaumer, Badischer Innenminister. In: Michael Kißener, Joachim Scholtysek (Hrsg.): Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg. Universitäts-Verlag Konstanz, Konstanz 1997, ISBN 3-87940-566-2 (Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus. Band 2), S. 539−566
  • Horst Ferdinand: Pflaumer, Karl, NS-Politiker, badischer Innenminister (1933−1945). In: Bernd Ottnad (Hrsg.): Baden-Württembergische Biographien. Band 1. Kohlhammer, Stuttgart 1994, ISBN 3-17-012207-X, S. 266−271
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Aktualisierte 2. Auflage. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1.
  • Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934–1944. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Norma Pralle: Zwischen Partei, Amt, und persönlichen Interessen. Karl Pflaumer, Badischer Innenminister, S. 539f.
  2. a b c d e Horst Ferdinand: Pflaumer, Karl, NS-Politiker, badischer Innenminister (1933−1945), S. 266f.
  3. a b Norma Pralle: Zwischen Partei, Amt, und persönlichen Interessen. Karl Pflaumer, Badischer Innenminister, S. 556f.
  4. Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich, S. 322
  5. a b c Norma Pralle: Zwischen Partei, Amt, und persönlichen Interessen. Karl Pflaumer, Badischer Innenminister, S. 559ff.
  6. Christoph Dieckmann, Babette Quinkert, Tatjana Tönsmeyer: Kooperation und Verbrechen. Formen der „Kollaboration“ im östlichen Europa 1939–1945. Wallstein Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-690-3 (Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus. Band 19), S. 96f.
  7. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, S. 459f.

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