Kastell Tokod

Kastell Tokod
Kastell Tokod
Limes Pannonischer Limes
Abschnitt 1
Datierung (Belegung) valentinianisch
bis spätestens ins frühe 5. Jahrhundert
Größe 122 × 140 × 115× 145 m
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand Die auf freier Flur liegenden Fundamente der Steinbauten sind weitgehend konserviert.
Ort Tokod
Geographische Lage 47° 43′ 37,1″ N, 18° 40′ 35,8″ O47.72698055555618.676602777778134Koordinaten: 47° 43′ 37,1″ N, 18° 40′ 35,8″ O
Höhe 134 m
Vorhergehend Kastell Nyergesújfalu (Crumerum)(nordwestlich)
Anschließend Kastell Esztergom (Solva)(nördlich)
Odiavum (nordöstlich)
Die konservierten und teilrekonstruierten Reste des Kastells

Das Kastell Tokod war ein spätrömisches Militärlager, dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am pannonischen Donaulimes zuständig war. Der Strom bildete in weiten Abschnitten die römische Reichsgrenze. Die rund 2,5 Kilometer südlich der Donau entdeckten Reste des Kastells liegen heute auf einer zum nordungarischen Dorf Tokod gehörenden Flur im Komitat Komárom-Esztergom. Die Anlage ist ein Musterbeispiel für den spätantiken Festungsbau. Hier konnte erstmals in Ungarn das Fortleben der teilweise romanisierten Bevölkerung bis in das 5. Jahrhundert beobachtet werden.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das in Steinbauweise errichtete Kastell wurde südöstlich eines Kreuzungspunktes der entlang der Donau verlaufenden Limesstraße errichtet. Deren sehr gut ausgebaute Trasse verband die Wehranlagen entlang der römischen Reichsgrenze und wurde als Heer- und Handelsweg genutzt. An der Kreuzung, die zwischen den direkt am Fluss gegründeten Kastellen Nyergesújfalu (Crumerum) und Esztergom (Solva) lag, stieß eine von Südosten aus Budapest (Aquincum) herabkommende Verbindungsstraße an die Donau, welche das östlich von Tokod liegende Pilisgebirge im Süden umging und damit die Strecke für Fernreisende verkürzte, da sich diese den Weg über das Donauknie ersparen konnten. Die Fortifikation von Tokod wurde auf einer leichten, sich nach Norden senkenden Geländeerhebung errichtet. Im Winkel von Nordwesten nach Osten konnte die Kastellbesatzung das Gelände zum nördlich verlaufenden Fluss hin gut überblicken. Unmittelbar südlich der Befestigung hob sich das Land zum 455 Meter hohen Gete, der mit seinen teils steilen Hängen eine weithin sichtbare Landmarkierung darstellt.

Östlich des Kastells liegt ein südöstlich-nordwestlich gerichtetes Tal. Hier bestand bis zum Ende der 1970er Jahre eine Quelle, die einen Bach speiste. Durch den in Tokod betriebenen Bergbau ist dieser Bach seither ausgetrocknet.[2]

Forschungsgeschichte

Vor der Entstehung der zivilen römischen Siedlung von Tokod hatten sich hier bereits in der Jungsteinzeit und erneut in der Späteisenzeit Menschen niedergelassen, zuletzt auch eine Gruppe von Kelten.[3] Das Gebiet von Tokod ist bereits seit dem 19. Jahrhundert für seine römischen Funde bekannt. 1894 erfolgte die erste bekannte, allerdings undokumentierte Grabung im Kastellbereich.[4] Da es hier jedoch nicht nur eine spätantike Festung, sondern auch die wesentlich früher gegründete zivile Siedlung mit einem Gräberfeld gegeben hat, sind die einstigen Fundorte dieser meist sehr schlecht dokumentierten, spärlichen frühen Fundstücke nur noch sehr schwer zu bestimmen.[2] Eine Bedrohung für die Forschung war der anhaltende bergmännische Abbau der Tokoder Braunkohlenflöze, dem unter Anderem auch antike Gebäude zum Opfer fielen. Die ersten Untersuchungen erfolgten 1924 bis 1926 sowie 1959. In der Folge wurde das Kastell von dem Archäologen András Mócsy zwischen 1960 und 1969[4] vollständig ergaben.[5] Nach den Grabungen wurden die steinernen Überreste weitgehend für die Nachwelt konserviert und sind frei zugänglich. Eine am Ende des 19. Jahrhunderts über die Westecke der Festung geschüttete Abraumhalde aus dem Bergbau hat die Freilegung dieses Abschnitts unmöglich gemacht.[6] Das Fehlen des Kastells von Tokod in der Truppenliste der Notitia Dignitatum, einem römischen Staatshandbuch, könnte laut Mócsy daran liegen, dass diese Anlage während des Abfassens der Schrift noch nicht fertiggestellt war.[7]

Baugeschichte

Das Kastell aus südöstlicher Richtung mit dem U-förmigen großen Turm an der Dekumanseite.

Mócsy stellte fest, dass unter den spätrömischen Schichten des Kastells keine ältere Befestigung gestanden hat.[1] Seiner Meinung nach war es jedoch wahrscheinlich, im Umfeld der frührömischen zivilen Ansiedlung eine zumindest provisorische Militäranlage zu suchen. Sie soll nach seinen Angaben in die Zeit gegen Ende des 1. beziehungsweise in die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts datieren. Dies könnten einige wenige Ziegelstempel belegen. Zu diesen gehört ein singulärer Stempel der Legio XI Claudia, die kurzfristig zwischen 101 bis 106/107 n. Chr. im westlich gelegenen Brigetio kaserniert war, sowie zwei Stempel der Ala I Flavia Britannica, die nach 92 in der Gegend um Brigetio lag.[8]

Für die Errichtung der ein unregelmäßiges Viereck bildenden Anlage (122 × 140 × 115× 145 Meter) wurden ältere, nicht mehr benötigte Grabsteine und Inschriften aus dem Umland herangeschafft, um als Spolien verbaut zu werden. Um diese gebrauchten Steine als Bauelemente besser verwenden zu können, wurden zunächst abstehenden Zierelemente wie die Altargesimse abgeschlagen. Das mit seiner Prätorialfront nordwestlich orientierte Kastell hatte keine eigentlichen Grenzaufgaben zu erfüllen, sondern war als rückwärtige Anlage für die Unterstützung der eigentlichen Limestruppen zuständig.[5] Wie bei einer großen Zahl von spätantiken Garnisonen üblich, besaß Tokod nur an dieser Prätorialfront in der Mitte einen einspurigen Zugang, der von zwei rechteckigen, aus dem Verband der 1,65 Meter starken Wehrmauer hervortretenden Tortürmen aus grauen Sandsteinblöcken flankiert wurden.[9] Ähnliche Tore gehörten in der Prinzipatszeit zur regulären Ausstattung der in Steinbauweise errichteten Kastelle. Im Eingangsbereich konnte noch die aus zwei Stufen bestehende Schwelle in situ angetroffen werden. Diese bestand aus ehemaligen Grabsteinen des zweiten und dritten Jahrhunderts, bei denen die beschriftete Seite nicht sichtbar zum Boden zeigte. In die Steine gegrabene Wagenspuren[10] deuteten auf eine längere Nutzung des Tores hin. Aus dem Schutt am Tor wurde auch eine roh gehauene rötliche 0,70 ×0,85 ×0,12 Meter große Marmorplatte geborgen, die vielleicht als Tür- oder Fenstersturz gedient hatte. Der Marmor stammte aus den nahen Vorkommen bei Piszke.[11] An den Flanken der Anlage, dort wo sich bei den wesentlich stärker genormten Fortifikationen der mittleren Kaiserzeit die Porta principalis sinistra und die Porta principalis dextra befunden hatten, gab es in Tokod nur zwei gegenüberliegende, kleine Schlupfpforten.[9] Auf ein rückwärtiges Tor an der Südostmauer hatten die Erbauer ganz verzichtet. Statt dem befand sich dort der mächtigste Turm des Kastells, der U-förmig aus der Wehrmauer herausragte. In jeder der vier Ecken der Anlage stand je ein ovaler Turm, dessen schmalseitige Wölbung sich gleichfalls weit aus dem Mauerverband hervorschob. Der Zugang zu diesen Türmen befand sich dieser Wölbung gegenüberliegend im Inneren der Fortifikation. Neben diesen Türmen besaß die Festung von Tokod noch jeweils zwei U-förmige Zwischentürme an den beiden Flanken. Wie auch an anderen spätantiken Kastellorten beobachtet, wurden als Fixpunkte zunächst die rund 1,1 Meter starken Türme errichtet und im Anschluss die dazwischenliegende Wehrmauer hochgezogen.[9] Der Fußboden dieser Türme war in Terrazzotechnik ausgeführt. Der besonders große rückwärtige Turm, der zugleich am höchsten Punkt (140 Höhenmeter) der nach Norden fast 10 Meter abfallenden Garnison lag, besaß mittig in seinem Inneren einen Pfeiler, der das Dach trug.[10] Ein solch mächtiger Turm konnte in anderer Bauausführung auch am Kastell Visegrád–Sibrik beobachtet werden. Als Annäherungshindernis besaß Tokod einen 7 Meter breiten und 2,5 bis 3 Meter tiefen Graben, der sich in einem Abstand von 21 Metern um das Kastell zog und dessen Ränder mit Steinen befestigt waren.[5]

Die meisten Bauten im Inneren, die wohl ein fundamentloses Trockenmauerwerk besessen haben, sind ohne Spuren zu hinterlassen verschwunden. Etwas solider gebaut war ein längliches, Gebäude, das in der Ecke zwischen dem Ostturm und der Nordostmauer errichtet worden war. Dieser Bau aus kleinen gelben Standsteinbruchstücken besaß allerdings ebenfalls kein Fundament.[11] Mócsy ging davon aus, dass diese nicht sehr soliden Innenbauten einer späteren Periode angehören, und schrieb sie der Bevölkerung des 5. Jahrhunderts zu.[4]

Das massivste und bestgebaute Gebäude im Kastellinneren war das rechteckige, 15,20 × 24,80/25,60 Meter große Horreum (Speicherbau), das in der vorderen Lagerhälfte an die nordöstliche Kastellmauer angebaut war. Der starke Mörtel des 0,60 Meter tief gegründeten Bauwerks glich dem der Umwehrung. Acht mit Sandsteinquadern verschalte, 1 ×1 Meter umfassende Pfeiler waren im Inneren in zwei Reihen nebeneinander errichtet worden.[11] Sie trugen einst den Dielenboden.

Das Kastell wurde nach einer großen Brandkatastrophe in nachvalentinianischer Zeit wiedererrichtet. Damals wurden die Terrazzofußböden der beiden Tortürme erneuert und die beiden Schlupfpforten in schlechter Qualität zugemauert.[9]

Ziegelstempel

Der Epigraphiker Barnabás Lőrincz analysierte das gestempelte Ziegelmaterial aus dem Kastell. Dies ließ einige wichtige Aussagen zur Erbauungszeit beziehungsweise zur zeitlichen Stellung der Bauphasen zu. Die Stempel zeigen deutlich, dass Tokod zum umfassenden Bauprogramm des Kaisers Valentinian I. (364–375) gehörte, der die römische Rhein- und Donaugrenze in einem außergewöhnlich hohen Tempo mit einer fast unüberschaubaren Zahl an unterschiedlichen, oft mehr oder minder standardisierter Befestigungen und militärischen Stationen massiv ausbauen ließ. Zum generalstabsmäßig umgesetzten Bauprogramm zählte auch eine Vielzahl von zivilen Herstellern, lokalen Beamten, Offizieren und Vexillationen militärischer Einheiten, die teilweise für die Herstellung von Baumaterial zuständig waren. Diese Hersteller versahen ihre Bau- und Dachziegel vielfach mit einer eigenen Prägemarke. Im Kastell wurden Stempel des auch von anderen pannonischen Militärplätzen – zum Beispiel vom Burgus Dunakeszi – bekannten Militärtribuns Lupicinius gefunden, der in der Zeit nach 368 bzw. vor 377 n. Chr. tätig war. Noch deutlicher lässt sich das Ziegelmaterial des Dux Frigeridus zuordnen. Frigeridus war höchstwahrscheinlich von 371 bis zu seiner intrigierten Amtsenthebung 373/374 als Oberbefehlshaber der spätantiken pannonischen Provinz Valeria tätig.[12][13][14] Neben den Ziegeln deuten auch die Münzfunde auf eine Errichtung des Kastells zwischen 368 und 375 hin.

Spätrömische Keramik

Tokoder Ware

Zwar nicht nur in Tokod gefunden, wird ein bestimmter spätantiker grauer Keramiktyp als Tokoder Ware, Tokod-Gruppe oder Typ Tokod bezeichnet. Diese Keramik aus dünnwandigem, blaugrauem Ton war sehr gut gebrannt und wurde ab der Mitte des 4. Jahrhunderts erzeugt. Tokod, in dem großen Mengen dieser Ware gefunden wurden, gilt hierbei als ein bedeutendes spätantikes Töpferzentrum, das von den örtlichen guten Tonfunden profitierte. Die Produktion der Keramik spielte im Leben der damaligen Bevölkerung eine besonders große Rolle und sicherte ihr die Existenz.[3] Die Veröffentlichung der grauen Keramikfunde übernahm die Archäologin Vera Lányi.[15] Auch aus der Humusplanierschicht, die vor Errichtung des Kastells entstand, stammt unter anderem späte Keramik[4] dieses Typs.

Glasierte Keramik

Zur vorgefundenen Keramik zählten in wesentlich geringerem Maß auch grüne bleiglasierte Stücke. Die Archäologin Gabriella Nádorfi hat das früheste Vorkommen dieser glasierten Keramik in pannonischen Gräbern für die Jahre 320 bis 330 ermittelt.[16] Dieser Zeitpunkt ließ sich auch an anderen Fundplätzen, zum Beispiel am niedergermanischen Limeskastell Krefeld-Gellep (Gelduba),[17] nachweisen. Wie die Archäologin Éva B. Bónis bei ihrer Zusammenstellung dieses Keramiktyps aus Tokod feststellte, setzte die Produktion der glasierten Keramik hier erst um 370 – während der Zeit des Kastellbaus unter dem Dux Frigeridus – ein, kam jedoch erst nach 378 zur vollen Entfaltung.[18] Das Produktionsende dieser Waren in Pannonien ist noch nicht ermittelt, wurde aber – wie die graue Keramik[19] – teilweise an den Beginn des 5. Jahrhunderts gesetzt. Am rätischen Fundort Künzing (Quintana) ließ sich grünglasierte Keramik noch für das späte 5. Jahrhundert belegen.[20] Und auch in der spätantike norischen Höhensiedlung Hemmaberg fand sich dieser Keramiktyp noch für das frühe 6. Jahrhundert – verschwindet dann aber aus dem Fundspektrum.[21]

Zivile Ansiedlung

Der Ursprung der zivilen Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Tokod lässt sich mit einigen wenigen Funden in des 1. Jahrhundert n. Chr. datieren. Ein Terra-Sigillata-Schälchen aus einem durch den Bergbau vor der archäologischen Untersuchung abgeschlämmten Objekt wird dieser Zeit zugeordnet. Auch ein anderer Bau kann aufgrund der Beifunde auf das Ende des 1. Jahrhunderts datiert werden. Während des ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts begann die Siedlung aufzublühen.[22] Einen Nachweis dafür bietet das massenhafte Auftreten von Sigillaten aus gallischen Werkstätten, die Vielfalt der italischen, padanischen und sonstigen Keramikimporte – darunter auch Rheinzaberner und Westerndorfer Produkte[19] – sowie vor Ort hergestellte verzierte Keramik. Die geographischen Gegebenheiten, darunter die Nähe der Donau, das an Quellen reiche Land, der für den Hausbau notwendige Kalkstein und das ausgebaute Wegenetz im Grenzland unterstützten das Wachstum.[22] Während seiner Blütezeit besaß das antike Tokod ansehnliche steinerne Gebäude, die teilweise mit Hypokaustheizungen ausgestattet waren und Wandmalereien beziehungsweise Marmorausstattungen besaßen.[23] Die Gesamtausdehnung der Siedlung nach Norden und Osten ist bisher unbekannt.[22] Mit den Markomannenkriegen (166–180) kam erstmals Tod und Zerstörung in den Ort, doch wurden die Gebäude anschließend wiederaufgebaut.[8] Neben der schon genannten spätantiken Töpferindustrie könnten hier höchstwahrscheinlich auch Glasbläser[24] tätig gewesen sein. Die Gesamtausdehnung der Siedlung nach Norden und Osten ist bisher unbekannt.[22] Von der Zivilsiedlung, die im 4. Jahrhundert unterging, ist heute nichts mehr zu sehen, ein Großteil der Bauten fiel der Abschlämmung zum Opfer.

Frührömisches Gräberfeld

Nördlich der zivilen römischen Ansiedlung entstand kurz nach Ankunft der ersten Siedler ein Gräberfeld, das 1953 beim Ausheben einer Grube für Ölschlacke auf dem Gelände des damaligen Holzimprägnierwerks der ungarischen Staatsbahn MÁV angeschnitten wurde. Damals kamen zwei zu einem frührömischen Urnengrab gehörende Gefäße ans Licht. Südwestlich dieser für die Forschung unzugänglichen Stelle, am Fundort eines Militärdiploms aus dem Jahr 110 – östlich einer alten Schlämmgrube – versuchte Mócsy 1958 dieser Begräbnisstätte näherzukommen, fand jedoch nur noch einige zerwühlte Skelettgräber unsicheren Alters.[25]

Spätrömisches Gräberfeld

An der Westflanke der antiken Siedlung lag der vom 4. bis 5. Jahrhundert belegte spätrömische Friedhof.[19] Mócsy barg hier 137 Skelette in 115 untersuchten Grablegen, von denen 22 Gräber mehrfach – teilweise auf- und nebeneinander – verwendet wurden.[26] Die bestatteten Männer und Frauen wiesen in ihren Trachten, dem Schmuck und den allerdings ungewöhnlich wenigen geborgenen Münzen keine sonstigen bedeutende Abweichungen zu anderen Grablegen des 4. Jahrhunderts in der Umgebung auf. Auch die Platzierung der Beigaben entsprach dem in Pannonien üblichen Brauch.[27] Lőrincz stellte auch das aus dem spätrömischen Gräberfeld geborgene Ziegelmaterial zusammen. Dabei fanden sich auch Ziegelstempel des bereits aus dem Festung Tokod bekannten Militärtribuns Lupicinius.[13]

Endzeit und nachrömische Entwicklung

Für Mócsy war das wichtigste Ergebnis der Grabungen, dass sich sowohl in der Festung als auch im spätrömischen Gräberfeld Spuren des Fortlebens einer kleinen romanisierten Bevölkerungsgruppe im 5. Jahrhundert nachweisen ließen,[28] wobei insbesondere die Töpfereien das lange Überleben der Zivilsiedlung sicherten. Awarisches Fundgut in der Siedlung und im Kastell könnte die Vernichtung des Ortes durch dieses Volk andeuten. In diesem Fall hätte die Siedlung noch bis in das frühe 6. Jahrhundert existiert. Erst mit den Árpáden entstand in Tokod erneut eine kleine Ansiedlung, die nach dem Tatarensturm jedoch nicht wieder entstand.[3]

In der Neuzeit wurde nahe des östlichen Eckturms an der Wehrmauer der Festung wahrscheinlich ein Kalkbrennofen errichtet, der in dem damals noch stehenden, aber schrittweise von der Bevölkerung als billiger Steinbruch benutzten Kastell zum Kalkbrennen verwendet wurde, was zur weiteren Zerstörung der Anlage beitrug.[11]

Denkmalschutz

Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Das Kastell Tokod sowie alle anderen Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[29]

Siehe auch

Literatur

  • Éva B. Bónis: Glasierte Keramik der Spätrömerzeit aus Tokod. In: Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae. 43. Akadémiai Kiadó, Budapest 1991, S. 87–150.
  • Éva B. Bónis: Ritzzeichnungen auf Frühkaiserzeitlichen Gefäßfragmenten aus Tokod. In: Folia archaeologica. 25. Budapest 1974, S. 87–98.
  • András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752
  • András Mócsy in: Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976.
  • Gabriella Nádorfi: Glasierte Keramik in den spätrömischen Gräberfeldern Pannoniens. In: Zsuzsanna Bánki (Hrsg.): Glasierte Keramik in Pannonien. Ausstellungskatalog, König Sankt Stephan Museum, Szekesfehervar 1992, S. 45–51.
  • Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888, S. 65–66.

Einzelnachweise

  1. a b Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 65.
  2. a b András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 13.
  3. a b c András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 21.
  4. a b c d András Mócsy in: Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976, S. 47.
  5. a b c Márta Kelemen: Tokod fortress. In: Zsolt Visy (Hrsg.): The Roman army in Pannonia. Teleki Lázló Foundation 2003, ISBN 963-86388-2-6, S. 84.
  6. András Mócsy: Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3515061037, S. 253.
  7. András Mócsy: Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3515061037, S. 259.
  8. a b András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 20.
  9. a b c d Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 66.
  10. a b Márta Kelemen: Tokod fortress. In: Zsolt Visy (Hrsg.): The Roman army in Pannonia. Teleki Lázló Foundation 2003, ISBN 963-86388-2-6, S. 85.
  11. a b c d András Mócsy: Die spätrömische Festung. In: András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 37 ff., hier: S. 40.
  12. Zsolt Mráv: Archäologische Forschungen 2000–2001 im Gebiet der spätrömischen Festung von Göd-Bócsaújtelep (Vorbericht) 2002. In: Communicationes archeologicae Hungariae 2003. Népművelési Propaganda Iroda, Budapest 2003, S. 101.
  13. a b Barnabás Lőrincz: Gestempelte Ziegel aus Tokod. In: András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 121 ff., hier: S. 127.
  14. Barnabás Lőrinc: A későrómai hídfőállások bélyeges téglái Valeriában. In: Attila Gaál (Hrsg.): Pannoniai kutatások. A Soproni Sándor emlékkonferencia előadásai (Bölcske, 1998. október 7.). Szekszárd 1999, S. 53–68, Fußnote 12.
  15. Vera Lányi: Die graue spätrömische Keramik von Tokod. In: András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 73ff.
  16. Gabriella Nádorfi: Glasierte Keramik in den spätrömischen Gräberfeldern Pannoniens. In: Zsuzsanna Bánki (Hrsg.): Glasierte Keramik in Pannonien. Ausstellungskatalog, König Sankt Stephan Museum, Szekesfehervar 1992, S. 45–51.
  17. Renate Pirling: Glasierte Ware. In: Kurt Böhner (Hrsg.): Die Funde aus den römischen Gräbern von Krefeld-Gellep. Katalog der Gräber S. 37.
  18. Éva B. Bónis: Glasierte Keramik der Spätrömerzeit aus Tokod. In: Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae. 43. Akadémiai Kiadó, Budapest 1991, S. 87–150.
  19. a b c András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 19.
  20. Harald von Petrikovits: Beiträge zur römischen Geschichte und Archäologie. Band 2. Rheinland-Verlag, Köln 1991, ISBN 3-7927-1222-9, S. 241.
  21. Gerhard Forstenpointner, Sabine Ladstätter, Roman Sauer, Ursula Thanheiser: Fernab der Pilger. Zum Alltagsleben in der spätantiken Siedlung auf dem Hemmaberg. In: Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts in Wien. Band 71/2002. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3142-9, S. 48.
  22. a b c d András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 22.
  23. András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 16.
  24. András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 15.
  25. Barnabás Lőrincz: Gestempelte Ziegel aus Tokod. In: András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 121 ff., hier: S. 22.
  26. András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 182.
  27. András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 187.
  28. András Mócsy (Hrsg.): Die Spätrömische Festung und das Gräberfeld von Tokod. Akadémiai Kiadó, Budapest 1981, ISBN 9630523752, S. 7.
  29. Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal

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