Kastelle von Pilismarót

Kastelle von Pilismarót
Der Limes Pannonicus am Pilisgebirge

Die Kastelle von Pilismarót sind zwei ehemalige römische Militärlager, die als spätantike Grenzfestungen für die Bewachung eines Donauabschnitts des pannonischen Limes zuständig waren. Der Strom bildete in weiten Abschnitten die römische Reichsgrenze. Sie liegen auf den Fluren des Dorfes Pilismarót, im Komitat Komárom-Esztergom in Ungarn.

Inhaltsverzeichnis

Kleinkastell Pilismarót–Malompatak

Georeferenzierung Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder Bing
Kleinkastell Pilismarót–Malompatak
(Burgus Solva 19)
Limes Pannonischer Limes
Abschnitt 2
Datierung (Belegung) valentinianisch
bis um 425 n. Chr.
Typ Kleinkastell
Größe 29,70 × 37,40 m
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand Reste im Gelände sichtbar
Ort Pilismarót
Geographische Lage 47° 47′ 26,1″ N, 18° 54′ 6,2″ O47.79058333333318.901727777778102
Höhe 102 m
Vorhergehend Burgus Szob (nordnordwestlich)
Kastell Esztergom–Hideglelőskereszt (nordwestlich)
Anschließend Kastell Visegrád–Gizellamajor (südöstlich)
Das Kleinkastell nach den Forschungen von S. Soproni.

Das Kleinkastell Pilismarót–Malompatak, deutsch Pilismarót-Mühlenbach, direkt am Donauufer gelegen, ist heute noch im Gelände sichtbar. Es war mit dem etwas rückwärtiger errichteten und älteren Kastell Pilismarót durch eine Straße verbunden. Der pannonische Donaulimes wird in der ungarischen Forschung häufig „Ripa“ (lateinisch für „Ufer“) genannt. Bekannt wurde die Anlage insbesondere durch ihre spätantiken Keramikfunde.

Lage und Forschungsgeschichte

Die kleine Befestigung liegt kurz nach dem Beginn einer großen, nach Süden ausholenden Donauschleife am Westufer des Flusses. In ihrem Rücken steigt westlich und südlich das Pilisgebirge auf. Das heutige Dorf Pilismarót liegt etwas südwestlich. Hier befand sich, direkt an der Talsohle des Gebirges, das wesentlich größere Hilfstruppenkastell Castra ad Herculem. Nördlich der kleinen Anlage befindet sich heute eine Ansiedlung von Wochenendhäusern.

Die Donau-Fortifikation wurde von Sándor Soproni (1926–1995) im Jahr 1959 vollständig ausgegraben und erforscht.[1]

Baugeschichte

Während der Regierungszeit des in Pannonien geborenen Kaisers Valentinian I. (364–375) wurde dem wahrscheinlich noch aus dem späten 3. Jahrhundert stammenden Kastell Ad Herculem, das von je einer Einheit, Auxilia (Infanterie-Hilfstruppen) und Equites (Kavallerie) belegt gewesen ist, eine kleine, 29,70 × 37,40 Meter[1] große, rechteckige Festung unmittelbar an der Donau vorgelagert. Diese gehörte zu einem umfangreichen Bauprogramm, dass der Kaiser nach verheerenden Germaneneinfällen auflegte. Dazu zählten größeren und kleineren Befestigungen (castra et castella) entlang der Reichsgrenzen an Rhein und Donau. Sie entstanden ab 369 am Hochrhein, an der Fernverbindung Brigantium (Bregenz) – Cambodunum (Kempten) – Caelius Mons (Kellmünz) sowie an der oberen und mittleren Donau. Die Umwehrung des quadratischen, genau in Nord-Südrichtung angelegten Kleinkastells wird von einem 1,8 bis 2,3 m tiefen Graben umgeben, der die Mauer in einer Entfernung von 10,5 bis 13,5 m umlief und an der Südseite, nahe seiner Südwestecke, aussetzte. Dieser Graben ist mit Teilen des Kastells im Osten von der Donau abgeschwemmt worden. Fast gegenüber dem Grabenübergang befand sich in der Wehrmauer ein kleiner, türgroßer Einlass. Die Mitte der Festung wurden von einem mächtigen quadratischen Turm mit den Innenmaßen 12,35 × 12,25 Meter dominiert, dessen 1,4 Meter starke Grundmauern ergraben werden konnten.[1] Sein Zugang befand sich ebenerdig an der Westseite. An ihrer Ostseite war die Wehrmauer mittig geöffnet. Hier trat ein Anbau heraus, der mit seiner Umwehrung ein beheizbares Wohngebäude umschloss, von dem noch drei Räume erhalten waren. Den Rest hatte die Donau fortgespült.

Im Inneren des Kleinkastells wurde an der Nordwestecke ein an der Wehrmauer errichtetes kleines Gebäude aufgedeckt, das zwei Räume besessen hat. Der Ausgräber identifizierte es als Bad. Der westliche Raum (2,37 × 2,32 m) konnte nicht beheizt werden. Dieser Raum wurde im Süden durch einen rund 1,42 m breiten Eingang betreten. Im Anschluß gelangte man in den mittels Hypokaustanlage beheizbaren zweite Raum (2,25 x 3,92 m), im östlichen Teil befand sich das Präfurnium. Die Heizraumsohle lag etwa 0,70 m unter dem heutigen Bodenniveau. Die Wasserzufuhr erfolgte wohl mit einem Eisenrohr, das durch einen östlich des Badegebäudes liegenden Brunnen gespeist wurde.[2]

Im 9. Jahrhundert war die Wehranlage möglicherweise schon so stark verfallen, daß sie keinen Anreiz für eine Wiederbesiedlung mehr bot.[3]

Fundgut

Als Fundmaterial trat neben Militaria, wie eine Bronzeblechfibel,[4] unter anderem Münzen der Kaiser Konstantinus II. (337–360), Valentinian I. (2 Stück) und des Gratian (367–383) auf. Daneben wurden die für eine zeitliche Einordnung interessanten Ziegelstempel des Frigeridus dux sowie der Tribunen Terentianus und Olimpus entdeckt. Funde, beispielsweise von zwei Wachtürmen zwischen Pilismarót und dem Kastell Visegrád–Sibrik legen nahe, dass Frigeridus zwischen 371 und 373 n. Chr. das Amt des Dux Valeriae ripensis[5] in der Provinz Valeria übernahm.[6][1]

Als weiteres wichtiges Fundgut konnte unter anderem eingeglättete nachvalentinianische Keramik in Vergesellschaftung mit glasierten Waren geborgen werden.[7] Beide Keramikarten stammen aus zwei späten, runden Brennöfen, welche sich im Nordteil des Kleinkastells befanden und nach Soproni gleichzeitig hergestellt wurden. Das gemeinsame Vorkommen von eingeglätteten und glasierten Stücken ist für viele spätrömische Siedlungsplätze und Gräberfelder in Ungarn charakteristisch. Während die in Pilismarót nachgewiesene Einglättkeramik jedoch eindeutig der Spätzeit zugeordnet werden kann, sind die allgemeinen Diskussionen um eine genaue Altersbestimmung der einglättverzierten Ware noch im Gange, da diese Produkte insgesamt bereits in die ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts datieren.[8] Der Unterschied zwischen den frühen und späten Stücken lässt sich an ihrer Herkunft ausmachen. Anfangs zeigt sich noch provinzialrömisches Formengut, die anschließenden Stücke, ab 430/435, tragen dagegen in Dekor und Form eine ganz eigene Handschrift, deren Ursprung bisher unbekannt ist. Mehrere Völker in einem sehr großen Kulturraum haben in der römischen Spätzeit vom 4. bis 5. Jahrhunderts die Mode der eingeglättete Keramik aufgegriffen. Daher sind heute die Theorien über eingeglättete Keramik vielfältig und sehr umstritten.[7] Frühere Werke, wie die von Herbert Mitscha-Märheim, in denen noch als reiner sogenannter Foederatenkeramik gesprochen wird,[9] gelten als überholt. Somit ist auch die in der Vergangenheit mehrfach wiederholte Überlegung, dass germanische foederati[10] die Brennöfen in Pilismarót-Mühlenbach betrieben hätten, zumindest strittig. Als Foederati bezeichnet die Forschung zumeist germanische Söldner, denen in der Spät- und Endzeit des Limes vielfach die Grenzsicherung oblag. Mit dem Fundgut lässt sich trotzdem belegen, dass noch um 420 Soldaten im Kleinkastell wohnten.[10]

Kastell Pilismarót

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Kastell Pilismarót
Alternativname Castra ad Herculem
Limes Pannonischer Limes
Abschnitt 2
Datierung (Belegung) Ende 3. Jahrhundert
bis spätestens um 433 n. Chr.
Typ Spätantike Festung
Einheit Auxilia Herculensia mit Equites Dalmatae
Größe 133 × 340 m
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand Reste im Gelände gut sichtbar
Ort Pilismarót
Geographische Lage 47° 46′ 54,2″ N, 18° 52′ 45,5″ O47.78171666666718.879316666667141
Höhe 141 m
Vorhergehend Burgus Szob (nordnordwestlich)
Kastell Esztergom–Hideglelőskereszt (nordwestlich)
Anschließend Kastell Visegrád–Gizellamajor (südöstlich)
Das rückwärtige Limeskastell Castra ad Herculem

Das Kastell Pilismarót, in der Antike Castra ad Herculem genannt, war eine spätantike Festung, die nahe der Donau zur Grenzverteidigung und Überwachung auf dem Kishegy (Kleiner Berg) im Ortsgebiet von Pilismarot errichtet worden war. In der Fortifikation war eine aus zwei Einheiten bestehende, teilberittene Besatzung stationiert.

Lage und Forschungsgeschichte

Die Wehranlage wurde rund 1300 Meter südlich der Donau auf dem Kishegy genannten, ovalen Hügel[11] am Fuße des Pilisgebirges errichtet und lag an einer wichtigen, zum Kastell Budapest (Castra Aquincum) führenden Fernstraße. Die Trasse durch das heutige Dorf Pilismarót, in deren Südosten der Militärstützpunkt lag, folgt noch immer dem antiken Weg. Von Ad Herculem aus hatte die Besatzung Sichtverbindung zu einigen direkt an der Donau stehenden mittelkaiserzeitlichen und spätrömischen Wachtürmen. Nach der Errichtung der kleinen nahegelegenen nordöstlichen valentinianischen Donaufestung Pilismarót–Malompatak konnte auch mit dieser Verbindung aufgenommen werden.

1906 fanden erste Grabungen unter Gábor Finály statt. Bis heute wurde die Festung aber nicht vollständig freigelegt.

Baugeschichte

Die rund 133 × 340 m große und oval-längliche Festung besitzt den für spätantike römische Militärbauten typischen unruhigen Grundriss und wurde wohl noch im ausgehenden 3. Jahrhundert,[12] möglicherweise während der ersten Regierungsjahre des Kaisers Diokletian (284 bis 305), angelegt. Diese Überlegung stützt sich auf die Festlegung, dass die Erwähnung der Festung im Itinerarium Antonini, einem Reichsstraßenverzeichnis, das unter Diokletian zwischen 285 bis 290 n. Chr. entstand, keine spätere Ergänzung ist. Einige Forscher haben eingewandt, dass das Ad Herculem der Diokletianszeit nicht mit den heute sichtbaren Ruinen identisch sein könnte und regten eine spätere Datierung an.[11]

Die Festung folgt der Form des Hügels, auf dem sie steht, einen Wehrgraben hat es nicht gegeben. Wie sich die Befundlage an einem längeren Wehrmauerabschnitt für Finály darstellte, wurde die Anlage erst nachträglich mit einer größeren Zahl an Zwischentürmen in valentinianischer Zeit bestückt. Der Grundriss dieser Türme springt halbkreisförmig aus der Wehrmauer hervor, während er hinter der Mauer rechtwinkelig ausgeformt ist und nur gering in das Kastellinnere ragt. Die Flanken der Türme von Pilismarot sind daher als relativ kurz zu bezeichnen, was dem Grundriss ein sehr kompaktes Erscheinungsbild gibt. Diese Art von Zwischentürmen bezeichnet die Forschung auch als Hufeisentürme.[13] Da bei den Grabungen Finalys keine Spuren älterer Vorgängertürme beobachtet wurden, was möglicherweise auf die grabungstechnischen Möglichkeiten um 1900 zurückzuführen ist, bleiben für die Wissenschaft wesentliche Ansätze und Fragen einer genaueren Datierung des Kastells offen und nähren im Vergleich mit anderen spätantiken Festungen auch Zweifel an der zeitlichen Zuordnung der Zwischentürme durch die alten Grabungen.[14] An dem von Finály überprüften, teilweise noch 2 bis 3 m hoch erhaltenem Mauerstück, das 1,8 m stark gewesen ist, legte der Ausgräber acht Zwischentürme frei. Ziegelstempel, die während dieser Ausgrabung gefunden wurden, zeugen von Baumaßnahmen unter Valentinian I.[12]

Innenausbauten konnten für die Gründungszeit der Anlage nicht festgestellt werden. Sie bestanden wahrscheinlich aus Holz. Erst im ausgehenden 4. Jahrhundert wurde ein rechteckiger, 33 × 27 m großer Speicherbau (Horreum) mit den typischen Steinständern nahe der Nordmauer im Inneren des Kastells errichtet. Die Wände dieses Gebäudes waren 1,16 m dick. An die Ostmauer dieses Horreums waren zwei kleinere, hintereinanderliegende Räume angelehnt, an die sich ein längliches Einraumgebäude anschloss, das wie alle aufgefundenen Bauten im Kastellinneren genau in Nord-Südrichtung ausgerichtet war. An der nördlichen Stirnseite dieses Baues war eine Apsis angebaut. Nur wenige Meter östlich befand sich eine etwas kleinere, weitere Halle mit Apsis. Den Nachweis für die zeitliche Stellung dieses sogar typischen Gesamtgebäudekomplexes konnten die Archäologen Laszlo Barkóczi und Ágnes Salamon erbringen. Weitere spätrömische Garnisonen mit der Gruppierung eines Horreums und zwei Apsidenhallen sind das Limeskastell Tokod sowie die Binnenfestung Keszthely-Fenékpuszta am Südufer des Plattensees.[12]

Mangels vollständiger Freilegung ist bis heute kein Tor der Anlage bekannt, so dass auch keine Aussage über die Zahl der Einlässe gemacht werden kann.[15]

Spätrömisches Gräberfeld

In dem nur teilweise angeschnittenem Gräberfeld konnte eine Goldmünze aus der Zeit des Kaisers Honorius, die in die letzten Jahre des 4. Jahrhunderts datiert, aufgefunden werden.[12] Ein Fundgegenstand des täglichen Gebrauchs war ein bronzenes Webereiutensil, der ebenfalls aus dem späten 4. Jahrhundert stammte und den Barkóczi als „Raspel“ beschrieb.[16]

Truppe

In Castra ad Herculem lagen die Reiterschwadron der equites Dalmatae zusammen mit den auxilia Herculensia, einer Infanterie-Hilfstruppe. Beide Einheiten werden in der Notitia dignitatum, einem vermutlich zwischen 425 und 433 entstandenen römischen Staatshandbuch für Ad Herculem erwähnt. Einen weiteren inschriftlichen Nachweis vor Ort lieferte ein ehemals in Pilismarót aufgestellter Altar der equites Dalmatae,[11] der heute im Depot des Balassa Bálint Múzeums in Esztergom verwahrt wird.[17]

[D]eo Mart[i]
pro salute dd(ominorum) nn(ostrorum)
Aauugg(ustorum) et Caess(arum)
eqq(uites) Dalmat(a)e
s(ub) c(ura) Luciani pr(a)ep(ositi)
v(otum) p(osuerunt)

Übersetzung:

Für Gott Mars, zum Heil unserer Herren, den Augusti und Caesaren, hat die dalmatinische Schwadron unter der Führung ihres Kommandeurs, dem Praepositus Lucianus, ihrem Gelübde folgend diesen Altar errichtet.

Ein weiteres Inschriftenbruchstück aus Andesit mit einer Widmung für Jupiter, das 1934 im Kastell entdeckt wurde, befindet sich heute im Depot des Ungarischen Nationalmuseums in Budapest.[18]

Legionsziegelei Dömös

Während der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts wurde in Dömös am Donauknie, wenig westlich von Pilismarot, eine Ziegelei der Legio I Adiutrix eingerichtet, die in der Antoninenzeit von den Soldaten betrieben wurde. Erzeugnisse aus dieser Ziegelei fanden sich in der südwestlich gelegenen Stadt Drostdorf-Hosszúrétek, die sich südlich von Gran befindet.[19]

Limesverlauf zwischen den Kastellen von Pilismarót bis zum Kastell Visegrád–Gizellamajor

Spuren der Limesbauwerke zwischen Pilismarót und dem zu Visegrád gehörenden Ortsteil Gizellamajor.
Strecke[A 1] Name/Ort Beschreibung/Zustand
2 Dömös-Tófenék (Burgus Solva 20) Bei Dömös-Tófenék wurden 1964 von Ibolya Sellye (1913-1995) die bereits teilweise durch die Donau zerstörten Reste des mittelrömischen Wachturms (auch Dömös-Tófenék dűlő oder in früheren Zählungen Wachtturm 18 genannt) in unmittelbarer Ufernähe teiluntersucht. An die erhaltene 16 Meter lange westliche Mauer waren zwei Räume angeschlossen. Das Fundgut, Keramik, war der Zeit des 2. bis 3. Jahrhunderts zuzuordnen. Möglicherweise fand die Erbauung zur Regierungszeit des Kaisers Commodus (180–192.) statt.[20][21] Heute ist an dieser Stelle nichts mehr zu sehen.
2 Dömös-Köves-Bach (Burgus Solva 21) Wie das unter dem römischen Horizont liegende Fundmaterial der näheren und weiteren Umgebung zeigte, gab es an diesem Platz bereits in der frühen Eisenzeit eine Besiedlung und ein Grab. Der römische Burgus 21, damals 20 Meter von der Mündung des Köves-Baches bei Dömös-Kövespatak in die Donau entfernt gelegen, konnte 1959 vollständig ergraben werden. Er besaß einen quadratischen Grundriß. Seine Maße betrugen (lichte Weite in Klammern) an der Südostwand 10,90 (8,87) Meter, an der Nordostwand 10,90 (8,90) Meter, an der Nordwestwand 10,95 (8,86) Meter sowie an der Südwestwand 10,95 (8,95) Meter. Die Mauerstärke lag bei einem Meter, das Fundament war fünf bis zehn Zentimeter stärker ausgelegt und besaß eine Höhe von 0,98 bis einem Meter. Nach einer untersten Fundamentschicht aus Trockenmauerwerk folgte eine 0,45 Meter starke Schicht aus Gußmauerwerk (Opus caementitium) dessen Seitenflächem einen Mörtelverputz besaßen. Der darüberliegende Mauerteil aus grauem Andesit wurde ohne Verputz in Opus incertum ausgeführt. Der ebenerdige Eingang lag an der donauabgekehrten Südwestseite. Von ihm hatten sich bei der Grabung in einer Länge von 1,50 Metern noch die Abdrücke von zwei Schwellensteinen erhalten. Das mit Brandschutt und Resten des verkohlten Dachstuhles gefüllte Turminnere bestand aus einem gestampften, verbrannten Boden, der ursprünglich einen Belag aus einem Terrazzoboden minderer Qualität besessen hat. In der Nordosthälfte des Turminneren fanden sich 2 bis 2,5 Meter von der Nordmauer entfernt, die Reste einer 1,90 Meter langen und 5 bis 10 Zentimeter starken, stark zerstörten Lehmmauer. Vor dem spätantiken Bauwerk lag in 10,32–12,6 Metern Entfernung ein 4,2–4,92 Meter breiter und 2 Meter tiefer wassergefüllter Graben mit abgerundeten Ecken. Einglättverzierte Keramik fehlte ebenso wie gestempelte Ziegel. Zum spärlichen Fundmaterial gehörte ein stark abgegriffener Centenionalis des Kaisers Valentinians I., graue Keramikscherben des 4. Jahrhunderts und das Fragment eines grünglasierten Kruges sowie Eisennägel. Die Nägel wurden in der Mitte des Burgus gefunden und gaben einen Hinweis auf die Konstruktion des Daches. Dieses muß als Zeltdach über dem quadratischen Turm gestaltet gewesen sein, wobei die Eisennägel die pyramidenförmige Spitze zusammengehalten hatten. Über dem Schutt des verbrannten Burgus wurden nachrömische Gefäßkeramikscherben mit Wellenbandverzierung gefunden, die aus der Völkerwanderungszeit stammen.[20][22][23]
2 Dömös-Fähre (Burgus Solva 22)
Im Vordergrund Dömös, am anderen Ufer, im Barbaricum, der Sankt-Michaels-Berg. Rechts am südlichen Ufersaum lag der Burgus nahe der Schiffsstation.
Sándor Soproni führte bei Dömös-Alsóföldek, südwestlich der Schiffsstation (Hajóállomás) und 20 Meter westlich der Bundesstraße 11, an der Mündung des Szőkeforrás-Baches am spätantiken Wachturm 22 im November 1955 kleinere Probegrabungen durch. Freigelegt wurde damals der äußere Rand der Südmauer des Burgus in einer Länge von zwei Metern. Der römische Laufhorizont in der Spätantike wurde in einer Tiefe von 0,95 Metern erreicht. Der antike Boden war stark verbrannt und von einer sehr starken Schicht aus Dachziegeln und Bauschutt überhäuft. Das Mauerwerk aus Opus incertum bestand aus dem örtlich anstehenden Andesit und hochwertigem Mörtel. Soproni beurteilte die Turmgröße nach dem vorhandenen Bauschutt mit etwa 10 × 10 Metern. Es fanden sich valentinianische Ziegelstempelfragmente des Terentianus tribunus, des Lupicinus tribunus, des Olimpus tribunus sowie ein vierter Stempel, der die verschwommenen Buchstaben I und P trug, aber keine einglättverzierte Keramik. Der Name des Tribuns Olimpus ist auf dem Ziegel retrograd zu lesen.[24][25][26]
2 Visegrád–Gizellamajor[A 2] Südöstlich des letzten Burgus liegen die Reste des zu besichtigenden Kastells Visegrád–Gizellamajor.


Denkmalschutz

Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Die Kastelle von Pilismarót sowie alle anderen Limesanlagen gehört als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[27]

Siehe auch

Literatur

  • László Barkóczi: Késõrómai temetõ Pilismaróton (Ein spätrömisches Gräberfeld in Pilismarót.). In Folia Archaeologica 12, 1960, S. 111–132 (in ungarischer Sprache).
  • Ulrich Brandl: Karte 6: Ziegelstempeldistribution der Legio II Adiutrix. In: Untersuchungen zu den Ziegelstempeln römischer Legionen in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum. Katalog der Sammlung Julius B. Fritzemeier. S. 68. Nr. 7.
  • István Erdélyi, Ágnes Salamon: Bericht über die Ausgrabungen in Pilismarót, Öregek-dülő (1973–1974). In: Mitt. Arch. Inst. Ungar. Akad. 10/11, 1980/81. S. 147–161.
  • Gábor Finály: Castra ad Herculem. In: Arch. Ért. XXVII (Archaeologiai Értesítő), Budapest 1907, S. 45–47 (in ungarischer Sprache).
  • Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976.
  • Katalin Ottományi: Eine Töpferwerkstatt der spätrömischen Keramik mit Glättverzierung in Pilismarót-Malompatak. In: ActaArchHung Nr. 48, 1996, S. 71–133.
  • I. Pap: Untersuchung des römischen und awarenzeitlichen anthropologischen Materials im Gräberfeld Pilismarót, Öregek-dűlő (1973–1974). In: Mitt. Arch. Inst. Ungar. Akad. 10/11, 1980/81. S. 163–182.
  • Manfred Philipp: Kastellbäder in den nördlichen Provinzen des römischen Reiches, Dissertation, Textband I, Innsbruck 1999, S. 235.
  • Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532.
  • Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072.
  • Zsolt Visy, Endre Tóth, Denes Gabler, Lazlo Kocsis, Peter Kovacs u.a.: Von Augustus bis Attila – Leben am ungarischen Donaulimes. Schriften des Landesmuseums Aalen 53. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000. ISBN 3806215413.
  • Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888.

Einzelnachweise

  1. a b c d Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532, S. 29.
  2. Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 38.
  3. Ágnes Sós: Die slawische Bevölkerung Westungarns im 9. Jahrhundert. C.H. Beck Verlag, München 1973, ISBN 340600492X. S. 156.
  4. Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532, S. 62.
  5. Notitia Dignitatum, IN PARTIBUS OCCIDENTIS, XXXIII
  6. Barnabás Lőrinc: A későrómai hídfőállások bélyeges téglái Valeriában. In: Attila Gaál (Hrsg.): Pannoniai kutatások. A Soproni Sándor emlékkonferencia előadásai (Bölcske, 1998. október 7.). Szekszárd 1999, S. 53–68.
  7. a b Friderika Horváth: Bemerkungen zum spätantiken Keramikmaterial aus der Festung von Keszthely-Fenékpuszta – Erste Ergebnisse. Workshop Leipzig, 8.-9.2.2008. Archäologisches Institut der UAdW.
  8. Katalin Ottományi: Késő római besimított kerámia Nagykanizsán. In: Zalai Gyűjtemény Nr. 18, 1982-83. S. 45–58. (in ungarischer Sprache)
  9. Herbert Mitscha-Märheim: Dunkler Jahrhunderte goldene Spuren (Die Völkerwanderungszeit in Österreich). Verlag Wollzeilen, Wien 1963.
  10. a b Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988. ISBN 3-8062-0488-8. S. 71.
  11. a b c Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. In Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009. S. 42.
  12. a b c d Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888. S. 71.
  13. Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. In Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009. S. 35, Fußnote.
  14. Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. In Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009. S. 43.
  15. Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. In Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009. S. 50.
  16. Lazslo Barkóczi: Késõrómai temetõ Pilismaróton (Ein spätrömisches Gräberfeld in Pilismarót.). In Folia Archaeologica 12, 1960, S. 113. (in ungarischer Sprache)
  17. AE 1990, 00822
  18. Literatur: RIU 3 Nr. 802
  19. Márta H. Kelemen: A legio I adiutrix téglavetõje Dömösön – Die Ziegelei der legio I Adiutrix in Dömös. In Archaeologiai Értesitő 121–122. 1994–1995. S. 97–114.
  20. a b Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976. S. 61
  21. Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 38.
  22. Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 49–50.
  23. Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532, S. 44.
  24. Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532, S. 30 u. 44.
  25. Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C. H. Beck, München 1985, ISBN 3406304532, S. 50.
  26. Zsolt Visy: The ripa Pannonica in Hungary. Akadémiai Kiadó, Budapest 2003. ISBN 9630579804. S. 51.
  27. Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal

Anmerkungen

  1. Strecke = Nummerierung folgt Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn (Theiss 1988) sowie Zsolt Visy: The ripa Pannonica in Hungary. (Akadémiai Kiadó 2003)
  2. Bei 47° 45′ 39,3″ N, 18° 55′ 50,09″ O47.76091666666718.930580555556.

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