Numan Kurtulmuş

Numan Kurtulmuş
Numan Kurtulmuş in der Großen Moschee in Bursa

Numan Kurtulmuş (* 1959 in Ordu) ist ein türkischer Politiker und Anhänger der Milli Görüş-Bewegung. 2010 trennte er sich von der islamistischen Saadet Partisi und war Mitbegründer der Has Parti.

Leben

Numan Kurtulmuş wurde 1959 an der Schwarzmeerküste in Ordu geboren. Nach eigenen Angaben war er bereits im Alter von zehn Jahren ein Bewunderer des islamistischen Politikers Necmettin Erbakan.[1] Nach dem Schulabschluss an einer İmam-Hatip-Schule in Istanbul studierte er an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Istanbul (Abschluss 1982)[2] Von 1988-1989 war er in den USA an der "Temple University School of Business & Management" und von 1990-1993 an der "Cornell University New York State School of Industrial & Labor Relations". 1994 wurde er Dozent an der Universität Istanbul. 1996 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel "Sanayi Ötesi Dönüşüm".[3][1] 2004 wurde er Professor an der 2001 gegründeten privaten "Handelsuniversität Istanbul" (İstanbul Ticaret Üniversitesi).

Seine Ehefrau Sevgi Kurtulmuş hat ebenfalls an der "Cornell University New York State School of Industrial & Labor Relations" studiert und in Istanbul unterrichtet und wurde 1998 von Dekan Kemal Alemdaroğlu wegen Tragen eines Kopftuchs nach Abmahnungen entlassen.[4] Ihre Beschwerde gegen die Entlassung wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgelehnt.[5] Sie ist Gründungsmitglied des Verbands AKDER (Ayrimciliga Karsi Kadin Haklari Dernegi, Verband für Frauenrechte gegen Diskriminierung), der sich insbesondere für die Aufhebung des Kopftuchverbots einsetzt und an vorderster Front in die Arbeit für die Ziele der Milli Görüş-Bewegung eingebunden ist.[2]

Politisches Leben

Numan Kurtulmuş war 1998 der Fazilet Partisi beigetreten und dort der Vorsitzende der Partei für Istanbul.[1] Nach dem Verbot der FP trat er der Saadet Partisi (SP) bei und war dort der Vorsitzende der Partei für Istanbul und gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender für die Partei. Er galt als ein führender Funktionär der jüngeren Generation und als „Kronprinz Erbakans“.[2] Als Hauptquelle der Probleme der heutigen Zeit identifiziert Kurtulmuş die modernen westlichen Werte.[6] Für "das wichtigste soziale Projekt in der Geschichte der türkischen Republik" hält er die Imam-Hatip-Schulen[7] und arbeitet mit der Vereinigung der Imam-Hatip Schulen Absolventen Önder zusammen.[8]

Beim Parteitag am 26. Oktober 2008 wurde Kurtulmuş mit 924 von 946 Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt als Nachfolger von Recai Kutan. Zur Mobilisierung von Anhängern setzt Kurtulmuş auf Proteste und Demonstrationen, beispielsweise gegen die dänischen Karikaturen des Propheten, gegen das amerikanische "Massaker in Falludscha" und gegen den "Genozid in Gaza".[9][1]

In den Kommunalwahlen vom 29. März 2009 errang die Saadet Partisi landesweit 5,2 Prozent der Stimmen, im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2004 hat die SP somit ihr Ergebnis verbessert. Laut Wahlanalysten gab es einen beachtlichen Anteil von Wählern, die von der AKP zur SP gewandert sind. Dies wurde vor allem auf das vergleichsweise „modernere“ Image des neuen Parteivorsitzenden zurückgeführt.[10]

Bei einem Parteitag im Juli 2010 wurde Kurtulmuş zum Parteivorsitzenden wiedergewählt. Es kam jedoch zu einem Konflikt mit Erbakan, da Kurtulmuş Familienmitglieder und Freunde Erbakans nicht auf seiner Wahlliste zum Parteivorstand aufstellte. Bei dem Parteitag waren 1250 Delegierte anwesend. Erst nach der dritten Wahlperiode konnte Kurtulmus mit 310 Stimmen zum Parteivorsitzenden wiedergewählt werden. Die meisten delegierten enthielten sich ihrer Stimme und verweigerten Kurtulmus ihre Unterstützung.[11][12] Der parteiinterne Streit eskalierte im August mit körperlichen Auseinandersetzungen bei einem Iftar-Festessen von Kurtulmus und einem Gerichtsverfahren, welches der SP Neuwahlen verordnete.[13] Am 1. Oktober 2010 gab Kurtulmuş offiziell bekannt, dass er als Vorsitzender der Saadet Partisi und gleichzeitig als Mitglied zurück tritt.[14] Am 1. November 2010 gründete er seine Partei Halkın Sesi Partisi (Partei der Stimme des Volkes).

Einzelnachweise

  1. a b c d Felicity Party’s new leader Kurtulmuş says materialism cannot last YONCA POYRAZ DOĞAN, Today's Zaman 3. November 2008
  2. a b c Spekulationen um möglichen Nachfolger ERBAKANs LANDESAMT FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ Baden-Württemberg 07/2005
  3. Kurtulmuş Numan: Sanayi Ötesi Dönüşüm, İz Yayıncılık, İstanbul, 1996 (Beyond Industrie Transformation) ISBN 975-355-133-9
  4. "Memorandum to the Turkish Government on Human Rights Watch’s Concerns with Regard to Academic Freedom in Higher Education, and Access to Higher Education for Women who Wear the Headscarf" Human Rights Watch Briefing Paper, June 29, 2004 (Impact of the headscarf ban on university staff)
  5. Kurtulmuş v. Türkei, Nr. 65500/01 (französisch) EGMR Urteil vom 24. Januar 2006
  6. POLITICAL ISLAM AND EUROPEAN FOREIGN POLICY PERSPECTIVES FROM MUSLIM DEMOCRATS OF THE MEDITERRANEAN Centre for European Policy Studies. 2007 ISBN 978-92-9079-711-1 (speech of SP Vice President Numan Kurtuluş, delivered at Memur-Sen, published on the SP website 24. November 2006)
  7. The Rise of Religious Parties in Israel and Turkey: A Comparative Study by Yusuf Sarfati, Ohio State University, 2009
  8. ÖNDER Olma Hikayesi Zümrüt Sönmez
  9. Turkish mass rallies demand Israeli boycott ALİ ASLAN KILIÇ, Today's Zaman 1. Januar 2009
  10. Ergebnisse und Konsequenzen der Kommunalwahlen am 29. März 2009, Friedrich-Ebert-Stiftung Fokus Türkei Nr. 12/ 2009
  11. [1] habervaktim 12. Juli 2010
  12. Winds of change blow in SP with Numan Kurtulmuş Today's Zaman 13. Juli 2010
  13. SP iftar turns into brawl in İstanbul Today's Zaman 23. August 2010
  14. Kurtulmuş resigns as Saadet leader in Turkey Hürriyet Daily News and Economic Review, 1. Oktober 2010

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