- Kopftuch
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Ein Kopftuch ist ein dreieckiges oder zu einem Dreieck gefaltetes Stück Stoff, mit dem der Kopf bedeckt wird. Es kann auf verschiedene Arten (mit Kreuzknoten oder Altweiberknoten unter dem Kinn, im Genick, unter dem Kinn gekreuzt und im Nacken geknotet oder auch ohne Knoten) auf dem Kopf getragen werden. Für das Tragen eines Kopftuches gibt es vielfältige Gründe: Schutz vor der Witterung (Kälte, Hitze, Wind, Sonne), aus religiösen bzw. kulturellen oder hygienischen Gründen (letzteres vor allem in Küchen und Krankenhäusern), damit die Haare bei der Arbeit nicht stören (teilweise auch als vorgeschriebener Arbeitsschutz), um diese vor Verschmutzung (durch Staub etc.) zu schützen, zur Abdeckung der Haare, als Zierde oder als modisches Accessoire. Zu vielen Frauentrachten gehört ein Kopftuch.
Vorrangig werden Kopftücher von Frauen und Kindern getragen, aber es gibt auch Kopftücher für Männer. Besonders bei kleinen Kindern steht die Schutzfunktion eines Kopftuchs oder einer anderen Kopfbedeckung im Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
Kopftücher für Frauen
Das Tragen von Kopftüchern war in Europa vor allem in den ländlichen Gebieten bis in die 1970er und 1980er Jahre allgemein üblich, entsprach der Mode und auch den herrschenden Konventionen. Zur selben Zeit war es völlig selbstverständlich, dass Männer niemals ohne Hut in die Öffentlichkeit gingen. In der schwäbisch-alemannischen Fastnacht gehört ein Kopftuch zur traditionellen Kostümierung vieler Narren bei den Umzügen.
Die Akzeptanz und damit Nutzung des Kopftuches sank zuerst in den Städten und später auch im ländlichen Raum. Es wurde von anderen Kleidungsstücken wie zum Beispiel Hüten oder Mützen, seit dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhundert auch durch Baseballkappen, weitgehend verdrängt, großteils ist es heute aber auch allgemein üblich, keine Kopfbedeckung zu tragen. Heute werden Kopftücher vorrangig aus religiösen und traditionellen, aber auch aus praktischen Gründen (Cabrio-Fahrerinnen, Feldarbeit) getragen. In Bereichen, in dem die Bedeckung der Haare zwingend vorgeschrieben ist (beispielsweise aus hygienischen Gründen im Lebensmittelbereich oder als Arbeitsschutz), werden Kopftücher auch heute noch regelmäßig benutzt, oft aber auch in einer Variante aus speziellem Papier, das nach einmaliger Benutzung entsorgt wird.
Besonders verbreitet war das Tragen eines Kopftuches in der Nachkriegszeit (Stichwort Trümmerfrauen), sowohl um die Haare vor Schmutz zu schützen als auch die umständehalber oft nicht besonders gepflegten Haare zu verbergen.
Üblich sind Kopftücher auch heute noch in vielen osteuropäischen, aber auch mittel- und südeuropäischen Ländern. Dort wird es regelmäßig beim Gottesdienst, aber vielfach auch im Alltag, insbesondere von älteren Frauen benutzt.
Zum Verdrängen des Kopftuchs trug bei, dass viele Frauen aus modischen Gründen auf Kopfbedeckungen jeglicher Art, selbst bei starker Sonne oder großer Kälte, verzichteten, was durch verbesserte Möglichkeiten der Haarpflege (zunehmende Ausstattung von Wohnungen mit eigenem Badezimmer) möglich wurde. Auch wurde das Kopftuch vielfach als Zeichen von Rückständigkeit angesehen, was sich u .a. in Witzen niederschlug.
Judentum
Im orthodoxen Judentum bedecken verheiratete Frauen ihr Haar mit einem Tuch oder einer Perücke. Bereits der Tanach berichtet von einer Verschleierung der Frauen: So verschleiert sich Rebekka, die zukünftige Frau Isaaks (Gen 24,51).
„Und Rebekka hob ihre Augen auf und sah Isaak; da stieg sie eilends vom Kamel und sprach zu dem Knecht: Wer ist der Mann, der uns entgegenkommt auf dem Felde? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich. “
Christentum
Im Christentum wird das Kopftuch heute hauptsächlich von Frauen ländlicher Gegenden im Bereich der Orthodoxen Kirchen sowie von Frauen mennonitscher bzw. täuferischer Gemeinschaften, wie etwa den Hutterern, getragen.
Das aus der Bibel abgeleitete Gebot der Kopfbedeckung für Frauen während des Gebets und des Gottesdienstes wird auch heute noch in christlichen Kirchen, vor allem in Ost- und Südeuropa praktiziert. Auch in vereinzelten Brüdergemeinden, in Pfingstgemeinden, Norweger-Gemeinden und in den Gemeinden der baptistischen Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion bedecken viele Frauen bis heute ihren Kopf beim Gebet und beziehen sich hierbei auf eine biblische Aussage des Apostels Paulus:
„Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. Sie unterscheidet sich dann in keiner Weise von einer Geschorenen.“
– Bibel, Einheitsübersetzung: 1. Korinther 11,5
Islam
- Dieser Abschnitt behandelt nur das Kopftuch im Islam; zu Kleidervorschriften für muslimische Frauen siehe Hidschab.
- Ebenso behandelt dieser Abschnitt nur die Gründe und Motive muslimischer Frauen, ein Kopftuch zu tragen; zum gesellschaftlich-politischen Streit darüber siehe Kopftuchstreit.
Die Motivation, ein Kopftuch zu tragen, ist unter muslimischen Frauen sehr vielfältig: Gepflogenheit, religiöses Selbstverständnis, religiöse Emanzipation, individueller Selbstausdruck (Kopftuch als Mode-Accessoire [1]), Vorschrift (z.B. aufgrund von Gesetzen in einigen islamischen Ländern wie dem Iran), Druck aus dem sozialen Umfeld [2], Symbol der Gruppenzugehörigkeit, und (in seltenen Fällen) Ausdruck des Protestes (Vollverschleierung in der Schule [3]).
Viele konservative oder aus traditionellen Familien stammende muslimische Frauen tragen ein Kopftuch oder auch einen so genannten Tschador (persisch) oder Hidschab bzw. Hijab (arabisch) als Teil ihrer Glaubenspraxis nicht nur beim Moscheebesuch, sondern auch im Alltag, wann immer ein Kontakt mit Männern in Frage kommt, zum Beispiel beim Verlassen des Hauses.
Häufig wird als Grund für das Tragen eines Kopftuchs auf den Koran verwiesen. In Frage kommen hierbei drei Verse, die alle aus medinesischen Suren stammen. Diese werden von traditioneller Seite als die drei Koran-Stellen angeführt, die zum Tragen eines Kopftuchs anleiten sollen.
- Die erste dieser drei Stellen ist Sure 24, 31. Sie betrifft Männer und Frauen und zielt auf Schicklichkeit. Frauen wird hierbei nahegelegt, eine Art Schal (himar) zu tragen, der ihren Schmuck verdeckt, bis auf das, was bei Wahrung der Keuschheit sichtbar sein darf. Frauen mit Schmuck wurde somit nahegelegt, ihren Schmuck mit Zurückhaltung zu tragen. Dieser Vers richtet sich gewissermaßen gegen Protzerei. Aus dieser Stelle lässt sich nicht die Verdeckung des gesamten Gesichts oder das ständige Tragen einer Verdeckung jedweder Art ableiten.
- Die zweite dieser drei Stellen ist Sure 33, 59. Hierin wird erwähnt, dass der Prophet den Frauen („Frauen und Töchter des Propheten und Frauen eines Gläubigen“) sagen soll, dass sie ein Gewand (gilbab) tragen sollen, damit sie „erkannt“ und nicht belästigt werden.[4]
- Die dritte Stelle ist Sure 33, 53. Sie bezieht sich lediglich auf die Frauen des Propheten. Hier wird gefordert, dass Gäste im Hause des Propheten, wenn sie dessen Frauen um etwas bitten, dies hinter einer Abschirmung (higab) tun sollen. Hierunter war eine Trennwand zu verstehen und keineswegs ein Kleidungsstück. Dies wird auch an anderen Stellen im Koran im Sinne einer Trennwand erwähnt.
Zusammenfassend bietet keine der drei in Frage kommenden Koranverse einen eindeutigen Anhaltspunkt, dass Frauen ein Kopftuch oder einen gesichtsverhüllenden Schleier tragen sollen[5], jedoch beharren viele klassische Koraninterpreten darauf, dass es eine religiöse Pflicht für Musliminnen zum Tragen eines Kopftuches oder einer anderen Verschleierung (Hijab) gebe.[6]
Hinduismus
Frauen aus dem indischen Raum (Hindus) tragen oft einen Sari, wobei ebenfalls die Haare mit einem langen Stück Stoff bedeckt werden.
Kopftücher für Männer
Männer der Saharavölker wie der Tuareg, Peul, Tukulor und Mauretanier, bedecken den Kopf mit Tuch und Gesichtsschleier – oft in Turbanform. Der Turban der Tuareg, die als Berbervolk nomadisch in den Staaten Algerien, Libyen, Tunesien, Niger, Mali, Burkina Faso und Nigeria leben, wird Schesch genannt. Er besteht aus einer rechteckigen Stoffbahn, die zwischen vier und zehn Metern lang ist. Im Gegensatz zu den weiblichen Verschleierungen durch Burka und Tschador ist in der Gesellschaft der Tuareg nur das Gesicht des Mannes vermummt. Kunstvoll wird der Gesichtsschleier um den Kopf gewickelt – lediglich die Augen bleiben frei. Die Kopfbedeckung schützt vor Sonne, Wind und Sand, hat jedoch auch die Funktion, den Mund als unreine Körperöffnung zu verdecken.
Im arabischen Raum tragen Männer als übliche Kopfbedeckungen die Kufiya in rotweiß oder schwarzweiß gemusterter oder einfarbiger Art und Weise. Im Oman wird ein Tuch um den Kopf in einer besonderen Technik gewickelt, die an einen Turban erinnert.[7]
In westlichen Ländern ist das Kopftuch für Männer traditionell als Kopfbedeckung von Piraten überliefert, wobei allerdings nicht abschließend gesichert ist, was daran Tatsache und was Legende ist. Heute findet sich bei Männern gelegentlich das Bandana oder Bandanna (von Hindi bandhana, dt. „binden“) als modisches Accessoire oder als Schutz vor Sonnenstrahlung, das in der Art eines Piraten-Kopftuchs getragen wird, teilweise wird damit auch eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit signalisiert. Allerdings ist das Bandana regelmäßig kleiner (meist nur 50 bis 60 Zentimeter Kantenlänge) als ein „normales“ Kopftuch.
In den USA der 1990er Jahre galt in vielen Problembezirken (beispielsweise Compton/Los Angeles) von Großstädten das farbige Bandana-Kopftuch als Identifikationsmerkmal von afroamerikanischen Straßengangs. Die wohl bekanntesten Gangs dieser Art sind die Crips (blau) und Bloods (rot) aus Los Angeles, welche ganze Straßenzüge beherrschten. Allein das Tragen eines Kopftuches der falschen Farbe konnte dazu führen, erschossen zu werden.
Kopftuch und Kultur
Es sind hauptsächlich praktische (zum Beispiel auf dem Klima beruhende), kulturelle und religiöse Hintergründe, die als Motivation für das Tragen eines Kopftuchs sprechen, aus unterschiedlichen Motiven, aber als Teil der Identität der Träger und Trägerinnen. Ähnliches kennt man von den männlichen Sikhs und ihrem obligatorischen Turban.
In Deutschland trugen bis vor kurzer Zeit viele Frauen das Kopftuch aus Tradition. Ein Kopftuch, schwarz, farbig, oft auch prachtvoll bestickt, gehörte zu vielen traditionellen Trachten. Die derzeit weltweit wohl bekannteste Frau, die regelmäßig ein Kopftuch trägt, dürfte die Queen (Königin des Vereinigten Königreiches) sein, die dafür sogar von der britischen Vogue schon lobend erwähnt wurde.
Kulturell unterlag die Bedeutung des Kopftuchs bzw. des Schleiers in allen Teilen der Welt einem starken Wandel. Neben dem praktischen Nutzen diente es auch der Abgrenzung zwischen Gesellschaftsschichten und der Darstellung der Lebenssituation.
Derzeit wird versucht, das Kopftuch als politisches Symbol zu instrumentalisieren, siehe dazu den Artikel Kopftuchstreit.
Kopftücher
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Frau mit Bandana
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Chèche-Turban, wie er von Männern und Frauen getragen wird
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Narren bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht
Literatur
- Monika Höglinger: Verschleierte Lebenswelten, Edition Roesner, 2002, 2. Auflage 2003, ISBN 3-902300-03-5
- Peter Kühn: Das Kopftuch im Diskurs der Kulturen. Nordhausen: Bautz 2008, ISBN 978-3-88309-221-8
Weblinks
Wikiquote: Kopftuch – ZitateCommons: Kopftuch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Islamische Tradition, politische, kulturelle und religiöse Aspekte- Studie zur Motivation von Kopftuchträgerinnen, Konrad-Adenauer-Stiftung, 2006, zur Kritik siehe [2]
- Erklärung der Christlich-Islamischen Gesellschaft zum Verbot von Kopftüchern für muslimische Lehrerinnen in NRW
- Initiative für Selbstbestimmung in Glaube und Gesellschaft, isgg.de - Informationen zum Kopftuchverbot in NRW
- Webseite der Initiative „Mein Kopftuch“
- bpb Dossier Kopftuch
- Begegnungen mit dem Kopftuch, von Nora Räthzel
- Interkultureller Rat in Deutschland e.V.: Thesen zum Kopftuch (PDF-Datei; 201 kB)
- Das Kopftuch kommt nach Cankaya
- Stellungnahmen von Weltreligionen
- Land „Berlin verbietet alle sichtbaren religiösen Symbole“, Katholische Kirche in Deutschland, Portal zur Kopftuchdebatte
- „Das Kopftuch ist selbstverständlich erlaubt“, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), 2004
- Presse-Artikel
- „Kopftuchgründe“, taz, 18. Juli 2003, von Prof. Birgit Rommelspacher und LeserInnenbriefe
- „Christen werfen Nebelkerzen“, taz, 11. Oktober 2003, Kommentar von Heide Oestreich
- „Ein Stück Identität“, Freitag, Nr. 4, 16. Januar 2004, von Prof. Mohssen Massarrat
- „Kopftuch ist wie gelber Stern“, taz, 24. Januar 2004, Interview mit Chahdortt Djavann
- „Die Lüge von der Freiheit der Frau unterm Kopftuch“, Hamburger Abendblatt, 27. März 2006
- „Kopftuchmode: Das Accessoire des Islam“, FAZ, 25. April 2006
- „Die Islamisten meinen es so ernst wie Hitler“, FAZ, 4. Juli 2006, Alice Schwarzer im Interview
- „Der Fall Deligöz und die Folgen. Wer darf sprechen?“ Rheinischer Merkur, 9. November 2006
- Ich bin eine Muslima und Punkt. Sie sind jung, Akademikerinnen, tragen das Kopftuch und verstehen das als Emanzipation. Ein Gespräch mit Pinar Cetin, Hasibe Özaslan und Kathrin Klausing., Berliner Zeitung vom 2. Juni 2007
- Das Kopftuch: Der Stoff, aus dem Vorurteile sind, Die Presse, 16. Januar 2010, von Ingrid Thurner
- Rechte von Musliminnen: Wille zur Hülle, Süddeutsche Zeitung, Nr. 227, 1. Oktober 2010, S. 15.
Trachten
- „Trachten in Bayern - Oberpfälzer Trachten“, Bayerischer Rundfunk - Die Abendschau, 14. März 2006
- Tänze, Trachten und Traditionen auf Kreta, griechenland-travel
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ (Kreative Variationen zum Thema Verschleierung - Qantara),
Baden im Burkini (Deutschlandradio),
Kopftuchmode: Das Accessoire des Islam (FAZ),
Integration: Die schönen Töchter Kreuzbergs (FAZ) - ↑ Staat muss neutral sein, Ehrhart Körting, Berliner Morgenpost, 11. März 2004 ([1])
- ↑ Verhüllte Schülerinnen (Spiegel)
- ↑ http://islam.de/1382.php
- ↑ Vgl. Hartmut Bobzin: Der Koran. Eine Einführung. 5. Aufl. 2004. S. 79f und die genannten Suren.
- ↑ http://www.bpb.de/themen/Z6AZOL,0,0,Das_Kopftuch.html%7CStellungnahme des Zentralrats der Muslime.
- ↑ How to wear a Shmagh-Youtube–Video
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