L. & C. Steinmüller

L. & C. Steinmüller
L. & C. Steinmüller
Rechtsform GmbH
Gründung 1855
Auflösung 2002
Auflösungsgrund Folge der Insolvenz der Mutter Deutsche Babcock
Sitz Gummersbach
Branche Energietechnik

Die L. & C. Steinmüller GmbH (LCS) war ein bedeutendes, international tätiges Unternehmen des Dampfkessel- und Anlagenbaus / Umwelttechnik mit Stammsitz in Gummersbach.

Zu ihrer Blütezeit in den 1970er Jahren beschäftigte LCS einschließlich ihrer Beteiligungsgesellschaften und Tochterunternehmen in Finnland und Südafrika über 5000 Mitarbeiter. In Südafrika wurde ein Großteil der Dampfkessel für Kraftwerke mit einer Leistung von 500 bzw. 600 MW von LCS hergestellt.

1998/99 wurde LCS an Babcock Borsig verkauft und ging mit dieser im Jahr 2002 in die Insolvenz. Im Zuge der Insolvenz wurde das Firmengelände von LCS im Stadtzentrum von Gummersbach für vier Millionen Euro von der Stadt Gummersbach erworben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen L. & C. Steinmüller (LCS) hat seine Wurzeln in der 1855 von dem Musiklehrer Peter Wilhelm Eberhard Steinmüller zusammen mit seinen drei Söhnen Wilhelm, Lebrecht und Carl in Gummersbach gegründeten Papierfabrik zur Herstellung von Wachs- und Glaspapier. Während sich der älteste Sohn Wilhelm als Textilkaufmann selbstständig machte, übernahmen Lebrecht und Carl 1864 das Unternehmen und gaben ihm den Namen Papierfabrik L&C Steinmüller.

In den 1870er Jahren wurde in England eine Lokomobile für den Straßenverkehr erworben, um den Transportanforderungen der steigenden Produktion gerecht zu werden. Die Lokomobile basierte auf dem Funktionsprinzip des Großwasserraumkessels. Daher konnte der Wasserstand beim Fahrbetrieb in dem hügeligen Gelände um Gummersbach nicht konstant gehalten werden, was zu zahlreichen Ausfällen führte. Die Lösung dieser Probleme und die Zusage Lebrechts an seinen Schwiegervater, den Druckereibesitzer Friedrich Luyken, ihm für seine Druckerei einen Dampfkessel zu bauen, führte zur Produktion von Dampferzeugern nach dem Funktionsprinzip der Wasserrohrkessel, die 1873 in das Produktionsprogramm aufgenommen wurden. Seitdem nannte sich die Firma Papier-, Kesselfabrik und Eisengießerei von L&C Steinmüller (LCS). 1874 wurde in der Druckerei Friedrich Luyken der erste Steinmüller-Dampferzeuger in Betrieb genommen. Er lieferte dort bis 1883 Dampf für die Dampfmaschine und wird seit 1924 im Deutschen Museum in München ausgestellt [1]. 1902 baut Steinmüller als erste deutsche Kesselfabrik Economiser. 1930 wurde der erste Steinmüller-Kessel mit Kohlenstaubfeuerung gebaut und 1953 der erste Kessel mit Stufenschmelzkammer. 1954 wurde der erste Steinmüller-Zwangsdurchlaufkessel gebaut, der zum damaligen Zeitpunkt der größte der Welt war. 1968 wurde der zur damaligen Zeit größte Schmelzkessel mit einer Leistung von 1000 t/h errichtet.

Die Anzahl der Mitarbeiter stieg von 650 im Jahre 1909 auf 2386 im Jahr 1937. Mitte der 1970er Jahre war die Belegschaft auf weltweit 5000 Mitarbeiter angewachsen. Die Papierproduktion wurde 1959 aufgegeben. LCS blieb bis 1990 ein konzernfreies Unternehmen im Familienbesitz und wurde dann an den Baukonzern Philipp Holzmann (74,9 %) und die VEW in Dortmund (25,1 %) verkauft.

1999 ging die Philipp Holzmann AG in Konkurs und ihre Anteile wurden für 340 Mio. DM von der Deutschen Babcock AG (später Babcock Borsig AG ) übernommen. Danach wurde die Fertigung in Gummersbach geschlossen und die Energietechnik nach Oberhausen verlegt. Die Umwelttechnik wurde zunächst unter dem Namen Babcock-Steinmüller Environment und ab November 1999 unter der Bezeichnung Babcock Borsig Power Environment in Gummersbach fortgeführt. Es folgten der Aufkauf der Noell KRC Energie- und Umwelttechnik GmbH im September 2000 sowie der Aufkauf der SWR Steinmüller Rompf Wassertechnik GmbH im Juni 2002.

Als Teil der Babcock Borsig AG ging die LCS 2002 mit dieser in die Insolvenz.

Nach der Insolvenz

Der neue Campus Gummersbach der FH Köln von einer der Steinmüller-Hallen gesehen.

Aus der Babcock Borsig AG gingen mit der Steinmüller Serviceleistungen GmbH in Gummersbach und der Steinmüller Instandsetzung Kraftwerke (einer 100-prozentigen Tochter von Babcock Borsig mit Sitz im Kraftwerk Jänschwalde) zwei Unternehmen hervor, die ihre Wurzeln bei der L. & C. Steinmüller GmbH haben.

Darüber hinaus wurde der Service-Bereich der südafrikanischen LCS-Tochter im Jahr 2003 von der Deutsche Beteiligungs AG unter dem Dach der Babcock Borsig Service GmbH übernommen. Er firmiert heute unter Steinmüller Engineering Services und führt damit die traditionsreichen Kesselbauaktivitäten der LCS in Südafrika fort.[1] Im April 2005 wurde die Babcock Borsig Service GmbH von der Steinmüller Engineering Services von Bilfinger Berger übernommen und dort der Bilfinger Berger Power Services GmbH zugeordnet. [2]

2003 wurde in Gummersbach die Steinmüller Engineering GmbH gegründet, die nicht die Rechtsnachfolge der LCS angetreten hat, bei der aber einige LCS-Ingenieure beschäftigt sind.

Die Umwelttechnik am Standort Gummersbach wurde weitergeführt und im April 2003 zu 100 % von Fisia Italimplanti S.p.A. übernommen. Sie firmiert nun unter Fisia Babcock Environment.[3]

Nach dem Kauf durch die Stadt Gummersbach wird das Gelände im Zuge des Strukturprogrammes Regionale 2010 städtebaulich entwickelt. Ein großer Teil der Fabrikhallen des Steinmüllergeländes wurden abgerissen. Diese Flächen und erhaltene Hallen sind nun übergangsweise eine Industriebrache.

Am 2. November 2007 wurde der Campus Gummersbach der Fachhochschule Köln eröffnet. Am 14. Juni 2008 fand der Erste Spatenstich für den Neubau der Firmenzentrale von Ferchau statt. Ebenfalls im Juni 2008 wurde das geplante Einkaufszentrum EU-weit ausgeschrieben. Es soll eine Verkaufsfläche von 15.000 m² haben und das bereits bestehende Einzelhandelsangebot der Innenstadt sinnvoll ergänzen. Weiterhin ist eine Sport- und Veranstaltungshalle mit ca. 4000 Sitzplätzen vornehmlich für den VfL Gummersbach in Planung.

Bedeutende Kesselbauten der LCS

  • Kraftwerk Gustav Knepper (Steinkohle), Deutschland, 300 MW, 1969
  • Niederaußem (Braunkohle), Deutschland, 600 MW, 1972
  • Scholven (Öl), Deutschland, 714 MW, 1972
  • Weiher III (Steinkohle), Deutschland, 707 MW, 1974
  • Mehrum (Steinkohle), Deutschland, 700 MW, 1979
  • Kriel Power Station, Südafrika, 6 x 500 MW[4]
  • Duvha Power Station, Südafrika, 6 x 600 MW, 1979 - 1984[5]
  • Matla Power Station, Südafrika, 6 x 600 MW, 1979 - 1983
  • Lethabo Power Station, Südafrika, 6 x 617 MW, 1985 - 1990
  • Tutuka Power Station, Südafrika, 6 x 609 MW, 1985 - 1990

Steinmüller-Taschenbücher

In der Branche begehrt waren die Steinmüller-Taschenbücher, die vom Vulkan Verlag verlegt wurden. Es sind kleine handliche Taschenbücher, in denen das Fachwissen konzentriert zusammengestellt war. Insgesamt wurden 4 Taschenbücher aufgelegt.

  • Steinmüller Taschenbuch Kraftwerks- und Anlagenbau von Obering. W.E. Fuchs
  • Steinmüller Taschenbuch Dampferzeugertechnik von Dr.-Ing. Ulrich Witte
  • Steinmüller Taschenbuch Rohrleitungstechnik von Prof. Dr.-Ing. Dieter Schmidt
  • Steinmüller Taschenbuch Wasserchemie von Dr. rer. nat. Günter Wieland, J. Frenzel

Frühere Ausgaben ohne Verlagsbezeichnung:

  • Steinmüller Kesseltechnisches Taschenbuch erweiterte 22. Folge von 1963
  • Steinmüller Wasserchemisches Taschenbuch 2. verbesserte Auflage von 1951; Dr. A. Volk

Quellen

  1. http://www.babcock-borsig-service.de/index.php?id=51 Pressearchiv 2003
  2. http://www.babcock-borsig-service.de/index.php?id=321
  3. http://www.fisia-babcock.com/newssys.php?id=9&cat=12&newsstart=0
  4. http://www.eskom.co.za/live/content.php?Item_ID=177
  5. http://www.carbon-power.de/south_african_power_plants.htm

Weblinks


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