- Liste der Klassischen Philologen an der Deutschen Universität Prag
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Die Klassischen Philologen an der Deutschen Universität Prag vertraten die Fächer der Altertumswissenschaft, besonders Latinistik und Gräzistik.
Geschichte
Bedingt durch die Reform des österreichischen Bildungswesens im Jahr 1848 wurden an der Karl-Ferdinands-Universität ab 1849 außerordentliche (später ordentliche) Professuren für Klassische Philologie eingerichtet, die den akademischen Nachwuchs und die Gymnasiallehrer ausbildeten. Die zwei (zeitweilig drei) Lehrstühle waren größtenteils von deutschsprachigen Dozenten besetzt. Nach der Annexion Tschechiens durch das Deutsche Reich im Jahr 1939 wurden fast alle bisherigen Dozenten und Professoren entlassen und deportiert (die sogenannte Sonderaktion Prag). Ihre deutschen Nachfolger wirkten noch bis zum Kriegsende an der Universität. Nach der Besetzung Tschechiens durch die Rote Armee 1945 wurde das Institut für Klassische Philologie zusammen mit der Deutschen Universität Prag geschlossen.
Angegeben sind in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Deutschen Universität Prag erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Seminar. In der letzten Spalte stehen Bilder der Dozenten, sofern welche vorhanden sind.
Liste der Klassischen Philologen
Wissenschaftler von bis Funktionen Bemerkungen Bild Georg Curtius (1820–1885) 1849 1854 Ordinarius Professor der Klassischen Literatur, Vorreiter der griechischen Sprachforschung (Griechische Schulgrammatik, 1852), hielt Vorlesungen über vergleichende Formenlehre; 1851 Ordinarius; wechselte 1854 nach Kiel, 1861 nach Leipzig Georg Bippart (1816–1892) 1852 1883 Extraordinarius Pindar- und Horaz-Forscher; 1883 emeritiert Ludwig Lange (1825–1885) 1855 1859 Ordinarius Nachfolger Curtius’, Sprachwissenschaftler und Historiker, hielt Vorlesungen über vergleichende Syntax; wechselte als Ordinarius nach Gießen Franz Hochegger (1815–1875) 1859 1860 Ordinarius Nachfolger Langes, trieb die Gymnasialreform voran; wurde 1860 Direktor des Akademischen Gymnasiums in Wien Alfred Ludwig (1832–1912) 1860 1871 Extraordinarius Nachfolger Hocheggers, Sprachforscher, Begründer der Indologie in Österreich; Professor für Klassische Philologie und Vergleichende Sprachenkunde, ab 1871 exklusiv für Vergleichende Sprachwissenschaft Jan Kvíčala (1834–1908) 1861 1882 Ordinarius Prager Curtius-Schüler, erster Professor tschechischer Nation; 1861 als Inhaber einer dritten (außerordentlichen) Professur berufen, 1867 zum Ordinarius ernannt; ging bei der Teilung der Universität 1882 an die tschechische Gustav Linker (1827–1881) 1871 1881 Ordinarius Nachfolger Ludwigs; Sallust- und Cicero-Forscher Otto Keller (1838–1927) 1881 1909 Ordinarius Nachfolger Linkers, Historiker und Philologe, forschte zur Metrik und Naturwissenschaft der Römer; 1909 emeritiert Carl Holzinger (1849–1935) 1883 1921 Ordinarius Nachfolger Bipparts, nicht habilitiert; zunächst Extraordinarius, 1887 Ordinarius; Aristophanes-Forscher Alois Rzach (1850–1935) 1876 1923 Ordinarius Nachfolger Kvíčalas; zunächst Privatdozent, 1883 auf Wirken Kellers und Holzingers Extraordinarius, 1887 Ordinarius, 1923 emeritiert, weitere Lehrtätigkeit als Honorarprofessor; Hesiod-, Epen- und Orakelforscher Siegfried Reiter (1863–1943) 1901 1938 Ordinarius 1901 in Prag habilitiert, 1913 Extraordinarius, 1922 Nachfolger Holzingers, 1933 emeritiert; Spezialist für hellenistische und christliche Autoren Otto Plasberg (1869–1924) 1909 1911 Ordinarius Nachfolger Kellers, Cicero-Forscher; wechselte 1911 nach Straßburg Alfred Klotz (1874–1956) 1911 1920 Ordinarius Nachfolger Plasbergs, Spezialist zur römischen Prosaliteratur; wechselte nach Erlangen Theodor Hopfner (1886–1946) 1919 1945 Ordinarius 1919 Privatdozent, 1923 als Extraordinarius Nachfolger Rzachs, 1928 Ordinarius; Religionswissenschaftler und Orientalist; starb 1946 im Internierungslager in Prag-Růdzyně Edgar Martini (1871–1932) 1922 1932 Ordinarius Nachfolger Klotz’; Textkritiker und Photios-Forscher Maximilian Adler (1884–1944) 1933 1939 Extraordinarius Lehrstuhlvertreter nach Martinis Tod, 1937 Extraordinarius; 1939 entlassen, 1942 nach Theresienstadt deportiert, 1944 in Auschwitz ermordet; Spezialist zur griechischen Philosophie (besonders der Stoa) Artur Biedl (1904–1950) 1931 1938 Assistent Spezialist zur römischen Geschichtsschreibung, hielt Lehrveranstaltungen über griechische und römische Themen ab, ging 1939 als Gymnasiallehrer nach Teplitz Anton Blaschka (1892–1970) 1939 1944 Privatdozent Mittellateiner, 1939 zur Unterstützung von Hopfner eingestellt; 1944 zur Wehrmacht eingezogen Viktor Stegemann (1902–1948) 1940 1945 Ordinarius Nachfolger Reiters, Religionswissenschaftler; floh 1945 nach München und starb dort 1948 Viktor Pöschl (1910–1997) 1940 1942 Privatdozent Latinist; wurde 1942 zur Wehrmacht eingezogen Erster Lehrstuhl (Ordinariat):
- 1849–1854: Georg Curtius
- 1855–1859: Ludwig Lange
- 1859–1860: Franz Hochegger
- 1860–1871: Alfred Ludwig (Extraordinarius)
- 1871–1881: Gustav Linker
- 1881–1909: Otto Keller
- 1909–1911: Otto Plasberg
- 1911–1920: Alfred Klotz
- 1922–1932: Edgar Martini
- 1933–1939: Maximilian Adler (Lehrstuhlvertreter)
Zweiter Lehrstuhl (Extraordinariat, später Ordinariat):
- 1852–1883: Georg Bippart
- 1883–1921: Carl Holzinger (1887 Ordinarius)
- 1922–1933: Siegfried Reiter (Ordinarius)
- 1943–1945: Victor Stegemann (Ordinarius)
Dritter Lehrstuhl (Extraordinariat, später Ordinariat):
- 1861–1882: Jan Kvíčala (1867 Ordinarius)
- 1883–1923: Alois Rzach (1887 Ordinarius)
- 1923–1945: Theodor Hopfner (1928 Ordinarius)
Literatur
- Franz Brunhölzl: Theodor Hopfner (1886–1945), Viktor Stegemann (1902–1948), Albert Rehm (1871–1949). In: Eikasmós 4, 1993, S. 203–216.
- Hugo Rokyta: Georg Bippart und die Anfänge des Stifterkultes in Böhmen. In: Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich. Vierteljahrsschrift 21, 1972, S. 41–44.
- Martin Sicherl: Erinnerungen an Prag (1933–1937). In: Eikasmós 4, 1993, S. 85–94.
- Martin Sicherl: Die Klassische Philologie an der Prager deutschen Univerersität 1849-1945. In: Schriften der Sudentendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste 20, 1999, S. 285–337 (gekürzte Fassung in: Eikasmós 14, 2003, S. 393–419).
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Deutschen Universität PragErster Lehrstuhl: Georg Curtius (1849–1854) | Ludwig Lange (1855–1859) | Franz Hochegger (1859–1860) | Alfred Ludwig (1860–1871) | Gustav Linker (1871–1881) | Otto Keller (1881–1909) | Otto Plasberg (1909–1911) | Alfred Klotz (1911–1920) | Edgar Martini (1922–1932) | Maximilian Adler (1937–1939) | Viktor Stegemann (1943–1945)
Zweiter Lehrstuhl: Georg Bippart (1852–1883) | Carl Holzinger (1883–1921) | Siegfried Reiter (1922–1933)
Dritter Lehrstuhl: Jan Kvíčala (1861–1882) | Alois Rzach (1883–1923) | Theodor Hopfner (1923–1945)
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