Mencke-Expedition

Mencke-Expedition

Die Mencke-Expedition war eine private Forschungs- und Sammelreise nach Deutsch-Neuguinea und zum Bismarck-Archipel. Von Bruno Mencke, dem Initiator, Finanzier und Leiter der Unternehmung, wurde sie zur Ersten Deutschen Südsee-Expedition erklärt.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund und Vorbereitungen

Das Vermögen seines Vaters Eberhard Mencke, eines wohlhabenden Besitzers von Schokoladen- und Zuckerfabriken in Braunschweig,[1] versetzte den im Jahre 1901 29-jährigen Forscher und Abenteurer Bruno Mencke in die Lage, eine groß angelegte Expedition zu planen. Mencke rüstete das Forschungsschiff Eberhard für eine zweijährige Reise aus. Die als Dreimast-Toppsegelschoner getakelte Dampfyacht war unter dem Namen Princesse Alice (I) im Besitz des Fürsten Albert I. von Monaco gewesen und für zoologische Tiefseeforschungen benutzt worden. Das Schiff war mit den damals modernsten wissenschaftlichen Laboren, Netzen und Fangapparaten ausgestattet.

Als Naturforscher begleiteten Mencke, der hauptsächlich ethnologische Interessen verfolgte, der Zoologe Oskar Heinroth, Georg Duncker als Experte für marine Zoologie und der Präparator P. Kothe. Duncker verließ die Expedition unmittelbar nach der Ankunft in Herbertshöhe, Kothe erkrankte und trat im April 1901 die Heimreise an. Weitere Teilnehmer der Expedition waren Menckes Sekretär Herr Caro und der Seemann Krebs. Der 29 Jahre alte Caro war als Sekretär des Gouverneurs von Deutsch-Neuguinea, Rudolf von Bennigsen tätig gewesen, bevor er sich Menckes Expedition anschloss.[2]

Anreise und Einrichtung des Lagers

Im Juli 1900 verließ die Eberhard den Hafen von Hamburg. Über Neapel, Port Said, das Rote Meer und Aden kamen die Forschungsreisenden am 8. September 1900 nach Colombo. Hier machte Mencke und Heinroth eine mehrtägige Exkursion bis an die Nordostküste Ceylons. Am 29. September erreichte die Dampfyacht Singapur. Vom 1. Oktober bis 28. Oktober 1900 wurden mehrere Ausflüge unternommen und Sammlungen gemacht. Im Dezember 1900 traf die Expedition in Herbertshöhe auf Neupommern ein.[3]

Mitte März 1901 landeten die Forscher mit 40 Einheimischen, darunter zwölf Polizeisoldaten[4] auf Mussau, der Hauptinsel der St.-Matthias-Inseln. Auf einer Anhöhe an der Südküste[5] wurde ein Lager aufgeschlagen. Während die Expeditionsteilnehmer eine Rundfahrt um die Insel unternahmen, beseitigten die Polizisten in einem Umkreis von 100 m um das Lager die Vegetation, dabei wurden auch mehrere Kokospalmen gefällt oder beschädigt.[6] Einige Tage nach der Ankunft der Expedition fuhr die Eberhard nach Herbertshöhe, um Kohle zu bunkern und weitere Ausrüstungsgegenstände zu holen.[5]

Dramatisches Ende

Am 30. März abends befahl Caro die Reinigung aller Mauser-Gewehre.[5] Als die Einheimischen das Lager am Morgen des 1. April 1901 angriffen, waren die Waffen nicht einsatzbereit, da sie von den Polizisten zerlegt worden waren. Mencke und Caro schliefen noch in ihrem Zelt, während Heinroth schon aufgestanden war. Der Unteroffizier Tapitan weckte Mencke,[6] um ihm mitzuteilen, dass Insulaner in der Nähe des Lagers gesehen wurden. Mencke verkannte den Ernst der Situation, beschwichtigte Tapitan und legte sich wieder hin. Unmittelbar danach griffen die Einheimischen das Zelt der Europäer mit Speeren an. Caro wurde getötet, Mencke schwer verletzt. Heinroth verteidigte sich trotz einer Beinverletzung mit seiner Pistole, Krebs, der ebenfalls verwundet wurde, konnte Mencke zum Strand tragen und in eines der Boote legen.[5] Die Polizisten, die inzwischen ihre Gewehre schussbereit machen konnten, deckten den Rückzug der Expedition, bei dem die Leichen von Caro und zwei Polizeisoldaten zurück gelassen werden mussten. Unter den Angreifern gab es etwa 17 Verletzte. [4][6] In Kaleu,[5] einer Handelsstation auf einer benachbarten Insel,[4] erlag Mencke am 2. April 1901 seinen Verletzungen. Er wurde in unmittelbarer Nähe der Station beerdigt. Tapitan, der mit einigen Polizisten am selben Tag zum Lager zurückkehrte, musste feststellen, dass die drei Leichen verschwunden waren. Nach zeitgenössischen Ansichten muss davon ausgegangen werden, dass sie verzehrt wurden,[6] ein Beweis und damit die letzte Gewisskeit fehlen jedoch. Nach der Rückkehr der Eberhard verließ Heinroth die Insel. Die Forschungsreise hatte ein vorzeitiges Ende gefunden.[5]

Strafexpedition

Im Sommer 1901 richteten Angehörige der Polizeitruppe und eine Landungsabteilung des Kreuzers SMS Cormoran unter dem Kommandanten Korvettenkapitän Max Grapow auf Mussau ein Massaker unter den Bewohnern der Insel an. Sie trieben zahlreiche Menschen in ein Höhlensystem und erschossen jeden, der versuchte, die Höhlen zu verlassen. 81 Einheimische, darunter viele Frauen und Kinder, wurden getötet.

Als Gouverneur Albert Hahl im September 1903 die Insel besuchte, fand er das Grab Menckes geöffnet vor. Die sterblichen Überreste des Forschers waren entfernt worden. Nur ein Oberkieferknochen mit Backenzähnen konnte noch gefunden werden. Anhand der Goldfüllungen wurde Mencke identifiziert.[5]

Ergebnisse

Oskar Heinroth kehrte im Oktober 1901 mit wichtigen zoologischen Sammlungen nach Deutschland zurück. Im Journal für Ornithologie Nr. 50 veröffentlichte er 1902 den Beitrag: Ornithologische Ergebnisse der I. Deutschen Südsee Expedition von Br. Mencke.

Literatur

  • Oskar Heinroth: Ornithologische Ergebnisse der I. Deutschen Südsee Expedition von Br. Mencke. Journal für Ornithologie 50, 1902, S. 390–457

Einzelnachweise

  1. Nachrichten Ornithologische Monatsberichte, R. Friedländer & Sohn, Berlin 1901, Bd. 9 S. 95
  2. New Britain Massacre Poverty Bay Herald, Gisborne, 10. Mai 1901
  3. Oskar Heinroth: Über den bisherigen Verlauf der Südsee-Expedition von B. MenckeOrnithologische Monatsberichte, R. Friedländer & Sohn, Berlin 1901, Bd. 9 S. 31
  4. a b c P. Kothe: Über den Untergang des Menckeschen Forschungsunternehmens Ornithologische Monatsberichte, R. Friedländer & Sohn, Berlin 1901, Bd. 9 S. 111
  5. a b c d e f g Richard Parkinson, Kenneth John Dennison, John Peter White: Thirty years in the South Seas: Land and People, Customs and Traditions in the Bismarck Archipelago and on the German Solomon Islands University of Hawaii Press, 1999, S. 139/ S. 140, ISBN 0-8248-2245-5
  6. a b c d Simon Haberberger: Kolonialismus und Kannibalismus. Fälle aus Deutsch-Neuguinea und Britisch-Neuguinea 1884-1914 Quellen und Forschungen zur Südsee. Reihe B. Forschungen 3. Harrassowitz, Wiesbaden 2007. S. 74/S. 75 ISBN 3-447-05578-2

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Oskar Heinroth — Berliner Gedenktafel in Berlin Tiergarten (Budapester Straße 32) Oskar Heinroth (* 1. März 1871 in Kastel; † 31. Mai 1945 in Berlin) war ein deutscher Zoologe. Internationale wissenschaftliche Bedeutung erlangte er durch seine grundlegenden… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste frühmoderner Zeitschriften — Die Liste frühmoderner Zeitschriften soll Orientierung im Angebot von Periodika (ohne Zeitungen) für den Zeitraum von Beginn des Drucks bis 1800 geben. Eine arbiträre Entscheidung ist dabei, was ein Journal, eine Zeitschrift, ist. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • August II. — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • August II. der Starke — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • August II. der Starke von Polen — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • August II. von Polen — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • August der Starke — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich August I. der Starke von Sachsen — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich August der Starke — Friedrich August I., häufig genannt August der Starke (* 12. Mai 1670 in Dresden; † 1. Februar 1733 in Warschau); aus der albertinischen Linie des Fürstengeschlechts der Wettiner stammender Kurfürst von Sachsen (als Friedrich August I.) sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Duncker — (* 6. Mai 1870 in Hamburg; † 28. Juli 1953 in Ahrensburg), war Ichthyologe und in dieser Eigenschaft Kustos und Zoologe am Zoologischen Museum Hamburg. Lebensweg Georg Duncker wurde als Sohn eines vermögenden hamburgischen Kaufmanns geboren. Er… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”