- Albert Hahl
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Albert Hahl (* 10. September 1868 in Gern; † 25. Dezember 1945 ebenda) war ein deutscher Kolonialbeamter und Gouverneur von Deutsch-Neuguinea.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Albert Hahl war der Sohn eines protestantischen Brauers. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Freising studierte er ab 1887 in Würzburg Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft. Nach seiner Ernennung zum Regierungsassessor 1894 arbeitete er im bayrischen Innenministerium in Bayreuth. 1895 kam Hahl in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes. Von Januar 1896 bis Dezember 1898 war er kaiserlicher Richter und Beamter im Bismarck-Archipel (Herbertshöhe), sowie gleichzeitig Verwaltungsbeamter in Stephansort im damaligen „Schutzgebiet“ der Neuguinea-Kompagnie. Nach dem plötzlichen Tod von Curt von Hagen amtierte Albert Hahl vom 15. August 1897 bis 11. September 1897 als geschäftsführender kommissarischer Landeshauptmann der Neuguinea-Kompagnie. Nach kurzer Beschäftigung in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts wurde er 1899 als Vizegouverneur der Ostkarolinen mit Sitz in Ponape mit der Verwaltung des mit dem Deutsch-Spanischen Vertrag 1899 neu erworbenen Inselgebiets Deutsch-Mikronesien östlich des 148. Längengrads einschließlich der Marshallinseln und Nauru betraut.
Nach dem Rücktritt Rudolf von Bennigsens versah Albert Hahl zunächst ab 10. Juli 1901 das Gouverneursamt als stellvertretender Gouverneur kommissarisch. Er kehrte im Juni 1902 wegen einer Erkrankung am Schwarzwasserfieber nach Deutschland zurück, wo er am 20. November 1902 endgültig zum Gouverneur von Deutsch-Neuguinea bestellt wurde. Er übte dieses Amt bis zum 13. April 1914 aus. Hahl beteiligte sich an der Erforschung des Landes und durchquerte 1908 in Begleitung zweier anderer Europäer zuerst Bougainville. Bereits kurz nach seiner Ankunft in Neuguinea hatte er unter dem Volk der Tolai gelebt und ihre Sprache erlernt.
Während seiner Zeit als Gouverneur in Neuguinea führte Hahl eine Beziehung mit einer einheimischen Frau der Tolai, mit der er ein gemeinsames Kind hatte.[1]
Luluai-System
Um eine effektiver und konfliktfreier Verwaltung einzuführen, ernannte Hahl indigene Ortsvorsteher („Luluai“), die die Brücke zwischen deutscher Verwaltung und den Einheimischen darstellen sollten. Den Luluai oblag die lokale Verwaltungstätigkeit. Rechtsprechungen zu Landfragen etc. fanden nur durch die kaiserlichen Richter statt. Die Luluai verdienten bis zu 300 Mark im Monat. Als Gegenleistung hatten sie Quoten von unbezahlter Arbeit zu erfüllen und die Kopfsteuer (seit 1906) einzusammeln, von der sie 10% für sich verwenden durften. [2] Durch diese Form der indirekten Verwaltung wurde der Einfluss traditioneller Mächte reduziert und die einheimische Bevölkerung an das koloniale Wirtschaftssystem gebunden. Das Luluai-System konnte aber wegen seiner Privilegien für Einzelne und der Außerkraftsetzung der vormaligen dörflichen Ordnung nicht ohne Konflikte betrieben werden. Bei der Etablierung halfen u.a. Herz-Jesu-Missionare, die wegen ihrer Landeskenntnisse dem Prozess der Kolonisierung dienlich sein konnten, dabei aber auch in Konflikt mit Einheimischen gerieten, was unter andere zum „Baining-Massaker“ 1904 führte. Die spätere Ergänzung des Luluai-Systems durch mehrere Regierungsstationen, sollten Strafexpeditionen wie sie bei Hahls Vorgänger Rudolf von Bennigsen üblich waren, vermindern.[3]
Landbesitzrechte und Wirtschaftspolitik
Hahl hatte bereits 1899 dafür gesorgt, dass das Recht, Land von den lokalen Dorfgemeinschaften zu erwerben oder unbewohntes Gebiet einfach in Besitz zu nehmen, ausschließlich beim Gouvernement lag, das beim Weiterverkauf genau darauf achtete, dass keine Besitzrechte der Einheimischen verletzt wurden. Seit 1903 wurden darüber hinaus die bestehenden Besitzverhältnisse auf ihre Richtigkeit überprüft. So wurden zwischen 1903 und 1914 über 5.740 ha, die bereits in den Besitz europäischer Pflanzer übergegangen waren, wieder an die Dorfgemeinschaften zurückgegeben und insgesamt 70 unveräußerliche Reservate mit einer Gesamtgröße von 13.115 ha geschaffen. Eigentliches Konfliktpotenzial lag aber bei den riesigen Gebieten, die durch die Neuguinea-Kompagnie erworbene worden waren und die nie offiziell vermessen wurden oder bewertet wurde, inwiefern die Erwerbung Einheimischenrechte beschnitten hatte.
Jedem Neuguineer musste mindestens ein Hektar Land zum Siedeln und Bebauen zur Verfügung stehen. Auf diesem Land sollte dann vornehmlich sogenannte „Cash Crops“, v.a. Kokosnusspalmen, angebaut werden. Auf diese Weise wollte Hahl erreichen, dass die Neuguineer selbst am kolonialen Wirtschaftssystem teilhaben konnten und nicht gezwungen waren, auf europäischen Plantagen zu arbeiten. 1914 kam fast die Hälfte des Kopra-Exportes aus Anbau der Einheimischen von der Gazelle-Halbinsel, während die Festland-Bevölkerung um Madang durch den Verlust ihrer Ländereien zur Arbeit auf den Plantagen der Neuguinea-Kompagnie gezwungen waren.
Hahl konnte jedoch die detaillierten Bestimmungen welche für einheimische Arbeiter hinsichtlich Lohn, Dauer der Arbeit und medizinischer Versorgung aufgestellt worden waren, sowie die Abschaffung weiblicher Zwangsarbeit, gegenüber der Neuguinea-Kompagnie und anderen deutschen Plantagenbesitzern, nie vollständig durchsetzten. [4]
Bildung und Medizinische Versorgung
Unter Hahls Regierungszeit entstanden drei Regierungs- und zwei Missionshospitäler, in denen neben der Versorgung der Bevölkerung junge Einheimische eine medizinische Grundausbildung erhielten und nach einigen Monaten als medizinische Luluais in ihre Dörfer zurückkehrten.
Auch das Bildungswesen wuchs stark und als Hahl 1914 Neuguinea verließ, gab es über 600 Grundschulen, sechs Handwerkerschulen und eine Dolmetscherschule. Die Einschulungsrate von 3,2 % war höher als in den meisten afrikanischen Kolonien.[5]
Pensionierung
Nach seiner Pensionierung wurde er 1918 Direktor der Neuguinea-Kompagnie, nach dem Verlust der Kolonien durch den Ersten Weltkrieg eine eher formale Position.
In der Zeit der Weimarer Republik war Hahl ein starker Vertreter des Kolonial-Revisionismus. In der Zeit des Nationalsozialismus unterhielt Hahl Kontakt zum Solf-Kreis, der sich um die Witwe des ehemaligen Gouverneurs von Deutsch-Samoa, Wilhelm Solf, gebildet hatte und dem Widerstand zuzuordnen ist. Der NSDAP schloss sich Hahl nie an.
Schriften
- Deutsch-Neuguinea, Berlin 1936
- Gouverneursjahre in Neuguinea. Berlin 1937
Literatur
- Stewart Firth: New Guinea under Germans. Melbourne University Press, 1983, ISBN 978-0522842203
- Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien. Schöningh 5. Auflage, Paderborn 2004, ISBN 3-8252-1332-3
- Peter J. Hempenstall: Pacific Islanders under German Rule. Australian National University Presses; Canberra 1978
- Hermann Joseph Hiery (Hrsg.): Die Deutsche Südsee 1884–1914. 2. Auflage. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2001, ISBN 3-506-73912-3
- Clive Moore; Jacqueline Leckie; Doug Munro (Hgr.): Labour in the South Pacific. James Cook University, Townsville 1990
- Gerdi Kempfler: Gern - Neuguinea und zurück: Dr. Albert Hahl - Kaiserlicher Richter und Gouverneur 1896 - 1914, Eigenverlag, Gern 2002.
Weblinks
- Literatur von und über Albert Hahl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gouverneur Hahl mit einheimischer Frau und Kind (Foto)
Einzelnachweise
- ↑ Guido Knopp: Das Weltreich der Deutschen. München/Zürich: Piper-Verlag, 2011, S. 179f., ISBN 978-3-492-26489-1.
- ↑ W. Westphal: Geschichte der deutschen Kolonien. Lizenzausgabe für Gondrom Verlag, C. Bertelsmann, 1991, ISBN 3-8112-0905-1
- ↑ Gründer, S. 173
- ↑ Gründer, S. 174
- ↑ Gründer, S. 177
Gustav von Oertzen (Reichskommissar) | Freiherr von Schleinitz | Reinhold Kraetke | Fritz Rose (Reichskommissar) | Georg Schmiele | Hugo Rüdiger | Curt von Hagen | Albert Hahl (provisorisch) | Hugo Skopnik | Rudolf von Bennigsen | Albert Hahl | Eduard Haber (provisorisch)
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