Muhre (Havel)

Muhre (Havel)
Die Muhre bei Teerofen
Die Muhre bei Teerofen

Die Muhre, auch Muhrgraben genannt, (von "Modra" = elbslawisch für „die Blaue“) ist ein Bach im nordöstlichen Havelland.

Vor dem Beginn der großen Luchmelioration 1718–1724 unter König Friedrich Wilhelm I. verfügte die Muhre über einen zusammenhängenden und weitgehend natürlichen Lauf mit einer Vielzahl von Mäandern im Ober- und Mittellauf. Quellgebiet und Mündung des ursprünglichen Bachlaufs lassen sich heute nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren. Nachvollziehbar ist dessen Nord-Süd-Verlauf parallel zur Havel aus dem Hohen Bruch bzw. vom Waldgebiet Sarnow nordwestlich Oranienburg, durch das Leege Bruch bis hin zum Waldgebiet Staritz nordwestlich Spandau. Im Bereich der heutigen Berliner Stadt- und Landesgrenze (Eiskeller) erfolgte eine 90°-Kehrung in westliche Richtung. Nach der Passage von Alt Brieselang verlieren sich die Spuren der Ur-Muhre nördlich von Nauen in den Weiten des Havelländischen Luchs. Infolge umfangreicher Meliorations- und Kanalbauarbeiten ist die Muhre heute komplett kanalisiert und besteht aus einem Ober- und einem Unterlauf, die in keinem direkten Zusammenhang mehr stehen.

Der Oberlauf (meist als Muhre bezeichnet), beginnt im Bereich Oranienburg-Tiergartensiedlung unterhalb des Ruppiner Kanals. Er fließt zwischen Leegebruch und Pinnow durch ein sich bis zur Havel erstreckendes Grabensystem, zu dem u.a. der so genannte Dossgraben gehört. Letztlich mündet er am Veltener Hafen in den Veltener Stichkanal, einen künstlichen Seitenarm der Havel.

Der Unterlauf (meist als Muhrgraben bezeichnet), nimmt seinen Ausgang im Bereich Velten-Hohenschöpping, unterhalb des Veltener Stichkanals. Vom Glien her wird er durch den Siebgraben und aus dem Mittelbruch vom Rieslakengraben gespeist. In einem Düker unterquert er den Havelkanal, bevor er sich nordöstlich Schönwalde-Siedlung mit dem Nieder Neuendorfer Kanal vereinigt, über den er in den Havelkanal entwässert.

Name

Für den gesamten Lauf der Muhre ist noch im 18. Jahrhundert der Name Moder oder Muder belegt. Die lautliche Umgestaltung in Muhr bzw. Muhre erklärt sich aus dem Ausfall des zwischenvokalischen d in der märkischen Mundart.

Ein Seitenarm, der bei Pinnow südlich Oranienburg in die Havel floss, trug den Namen Dosse (Lehnitzer Dosse), der teilweise auf den gesamten Oberlauf übertragen wurde. Weitere überlieferte oder rekonstruierte Namensformen dieses Abschnittes lauten Dossow, Massow(e) und Malsow. Die Lehnitzer Dosse darf nicht mit dem Fluss Dosse in Prignitz und Ruppin verwechselt werden.

Johann Christoph Bekmann nennt Muhre und Dosse im 1751 erschienenen ersten Band seines Werks Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg, im Zusammenhang mit der Schilderung des Verlaufs der Havel: Diese fließe "... auf Oranienburg, allwo sie mit einer brükke den weg nach Pinnow hin beleget ist, einen aus dem Schweizergraben herkommenden graben die Dosse oder Muhre genannt zu sich nimmt, und so auf Spandow ...". Der erwähnte Schweizergraben ist der Vorläufer des 1787-1791 in begradigter Linienführung angelegten Ruppiner Kanals.

Für den vermuteten historischen Unterlauf der Muhre, dessen Spuren sich nordwestlich Nauen im Havelländischen Luch (in einigen historischen Dokumenten "Langer Peen moor" oder "Lange Peen Moer" genannt) verlieren, wird von einigen Historikern und Linguisten als Name Peene diskutiert. Aufgrund des Fehlens sicherer älterer Quellen muss diese Diskussion jedoch einstweilen als spekulativ eingeschätzt werden. Die so rekonstruierte havelländische Peene wäre wiederum von der pommerschen Peene zu unterscheiden.

Geschichte

Das Gebiet an der Muhre war bereits zu slawischer Zeit besiedelt. Auf Inseln in der Muhre befanden sich ein kleinerer frühslawischer Burgwall südöstlich von Leegebruch und ein größerer, der so genannte Bussenwall, nordöstlich von Nauen, westlich Alt Brieselang.

In der zweiten Hälfte des 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts bildete der Oberlauf der Muhre westlich des heutigen Oranienburg die Grenze zwischen den bereits unter Albrecht dem Bären unter askanische Hoheit gekommenen Gebieten des Havellands und den seinerzeit noch unter pommerschem Einfluss stehenden Gebieten des Barnims. Davon zeugt die Nennung der "Massow" im Merseburger Vergleich von 1238, in dem die Grenze zwischen den alten und den neuen Landen der Diözese Brandenburg beschrieben wird.

Später bildete derselbe Abschnitt der Muhre die Grenze zwischen dem Havelländischen bzw. von 1660 bis 1816 dem Glien-Löwenbergischen und dem Niederbarnimschen Kreis.

Literatur

  • Fritz Curschmann: Über den Lauf der Massowe. In: Die Diözese Brandenburg - Untersuchungen zur historischen Geographie und Verfassungsgeschichte eines ostdeutschen Kolonialbistums. Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 385–388.
  • Hans Siemon: Die Kultivierung und Besiedlung des Havelländischen und Rhinluches. Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin 1925.
  • Heinz-Dieter Krausch: Die Gewässerverhältnisse um Bötzow im Mittelalter und der Verlauf der Grenze zwischen den Alten und den Neuen Landen. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. Jahrgang 41, 1990, S. 69–75.
  • Hermann Wille: Der ältere Rhinlauf. In: Brandenburgia. Jahrgang 50, 1942, S. 66–70.
  • Manfred Kluger: Zur Ur- und Frühgeschichte des Kreises Nauen (östliches Havelland), Teil IV: Die frühslawische Zeit (um 600 bis nach 800 u.Z.). In: Wanderungen durch den Kreis Nauen. Heft 5, 1988, S. 60–71, nebst einer Karte.
  • Max Rehberg: Die Muhre-Landschaft und ihre Geschichte. In: Edener Mitteilungen. Jahrgang 26, 1931, Nr. 6 (S. 82–84) und 7 (S. 102–105).

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