Namlish

Namlish

Namlish ist ein Kofferwort aus den englischen Wörtern Namibian (dt. Namibisch) und English (dt. Englisch).[1]
Es handelt sich um eine Mischsprache, welche in Namibia von weiten Teilen der schwarzafrikanischen Bevölkerung des Landes, besonders aber von den Owambo und Kavango, gesprochen wird. Namlish ist dabei eine gesonderte Form der englischen Sprache und wird zum Teil als eine Variante des Pidgin betrachtet.[1][2][3][4][5]
Namlish hat sich besonders im Norden Namibias entwickelt, welcher von den Owambo und Kavango dicht besiedelt wird.[1]

Hin und wieder wird, vor allem im deutschsprachigen Raum, auch die Mischung der deutschen Sprache in Namibia mit Englisch als Namlish bezeichnet. Viel öfter wird diese Mischsprache jedoch speziell Südwesterdeutsch genannt.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

In Namibia ist Englisch heute die offizielle Landessprache. Dies gilt seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1990 und obwohl Englisch von keiner größeren ethnischen Gruppe des Landes als Muttersprache gesprochen wird (u. a. wurde Namibia auch nie von einer englischsprachigen Nation kolonisiert)[4]. Vor der Unabhängigkeit des Landes war Englisch zwar als Verkehrssprache neben Afrikaans bereits stark verbreitet, jedoch wurde Afrikaans in der Realität deutlich öfter angewandt.[1][2][4]
Der Hauptgrund, Englisch als offizielle Amtssprache zu wählen, bestand für die neuen Machthaber nach der Erlangung der Unabhängigkeit (die SWAPO-Partei) in der Tatsache, dass Englisch eine Weltsprache ist. Außerdem wollte man sich durch die Nicht-Erhebung einer der namibischen Sprachen zur Amtssprache eventuelle ethnische Spannungen im Vielvölkerstaat Namibia ersparen: Durch die Festlegung auf die englische Sprache wurde so eine Bevormundung einer bestimmten namibischen Volksgruppe von vornherein vermieden. Das nach wie vor weit verbreitete Afrikaans schied als Amtssprache wohl aus, weil die SWAPO und auch weite Teile der schwarzafrikanischen Bevölkerung Namibias diese Sprache als Symbol der Unterdrückung durch das letztendlich gestürzte Apartheid-Regime betrachteten.[4]
Deshalb spielte bei der Entscheidung zur Festlegung der Amtssprache die Tatsache, dass die Anzahl an englischen Muttersprachlern in Namibia zur Zeit der Unabhängigkeit sehr gering war (und bis heute ist), eine eher untergeordnete Rolle. Außerdem vertrat die SWAPO damals die Ansicht, dass, gerade aufgrund der sehr geringen Anzahl an englischen Muttersprachlern, alle Volksgruppen "gleichermaßen benachteiligt" seien.[4]
Dies traf dann aber nur bedingt zu, weil, wie sich bald herausstellte, die weiße Minderheit Namibias generell über gute Englischkenntnisse verfügte. Außerdem hatten sich zahlreiche Exil-Namibier, welche nach der Unabhängigkeit ins Land zurückkehrten, im Ausland teils exzellente Englischkenntnisse angeeignet. Diese beiden Gruppen bildeten fortan eine Art "englischsprachige Elite" im Land, welche bis heute besteht, während die große Mehrheit der Bevölkerung durch die Festlegung auf Englisch als offizielle Amtssprache benachteiligt bleibt.[4]

Im Jahr 2005 waren lediglich 0,8% aller Namibier englische Muttersprachler (laut Tötemeyer aber 1,9% im Jahr 2001[4]).[6][7][3]. Zumindest in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit blieb Afrikaans daher auch die Lingua Franca Namibias, obwohl es seinen offiziellen Status an die englische Sprache verloren hatte.[8][4] So wurden z.B. zu dieser Zeit noch die meisten Strafprozesse vor Gericht auf Afrikaans geführt.[8]

In Namibia gibt es heute 14 Schriftsprachen und weitere 16 Sprachen, welche lediglich in mündlicher Form existieren. Die 13 Schriftsprachen neben Englisch werden in Namibia heute als "Nationalsprachen" anerkannt. Jedoch wird keine dieser Sprachen auf nennenswerte Art und Weise gefördert.[4]
Diese 30 verschiedenen Sprachen und Dialekte, welche in Namibia gesprochen werden, haben heute Einfluss auf die Art und Weise, wie im Land Englisch gesprochen wird.[1][2]

Weil die große Mehrheit der Namibier Englisch lediglich als zweite oder dritte Sprache spricht, werden, wenn Englisch gesprochen wird, viele Wörter und Redewendungen aus den eigentlichen Muttersprachen ins Englische übernommen. Im Vokabular des Namlish finden sich heute zahlreiche wörtliche Übersetzungen von Wörtern und Redewendungen aus den namibischen Stammessprachen Oshiwambo und Kavango ins Englische. Außerdem werden generell viele Wörter und Redewendungen aus dem Afrikaans in direkter oder wörtlich übersetzter Form verwendet. Es kommen aber auch Worte und Redewendungen aus dem Damara, dem Herero und anderen namibischen Stammessprachen vor. Vereinzelt finden, aufgrund der deutschen Kolonialvergangenheit, auch deutsche Wörter Anwendung. Die dadurch entstandene Mischsprache ist mit dem Englisch, welches von der schwarzafrikanischen Bevölkerung in Südafrika gesprochen wird, durchaus vergleichbar.[6][7]

Beispiele

Wörter

Baas

Afrikaans für Boss (dt. Chef). Baas wird aber in vielen Fällen auch generell für männliche Weiße angewandt (als ein Überbleibsel der Apartheid).[2]

Babelaas

Hangover (engl. für einen Kater haben). Das Wort entstammt dem Afrikaans.[2]

Bakkie

Ein Pick Up bzw. Kleinlaster (entlehnt aus dem Afrikaans).[2][9][10]

Braai

Barbeque bzw. Grillparty (entlehnt aus dem Afrikaans)[2]

Broetchen

Ein Brötchen (entlehnt aus dem Deutschen)[2]

Cherrie

Ein hübsches Mädchen bzw. eine hübsche Freundin.[2]

Cuca Shop
Eine Bar. Die Bezeichnung wird vor allem im von den Owambo bewohnten Norden Namibias verwendet und leitet sich von einer portugiesischen Biermarke ab, welche früher im Nachbarland Angola verkauft wurde als dieses noch portugiesische Kolonie war.[2][9][10]

Dankie

Danke (aus dem Afrikaans entlehnt).[2]

Lapa

Überdachter Bereich vor dem Haus, welcher meist mit einem Grill und einer Bar ausgestattet ist (aus dem Oshiwambo entlehnt).[2]

Meme

Höfliche Anrede für eine ältere Frau (aus dem Oshiwambo entlehnt).[2]

Nawa

Gut oder schön (aus dem Oshiwambo entlehnt).[2]

Tate

höfliche Anrede für einen älteren Mann (aus dem Oshiwambo entlehnt).[2]

Robot

Eine Ampel.[2][9][10]

Shebeen

Eine Bar. Ursprünglich wurden nicht lizenzierte Bars als „Shebeen“ bezeichnet. Mittlerweile verfügen aber die meisten von ihnen über offizielle Shebeen-Lizenzen.[2][10]

Botsotso

Ein Krimineller (dem Oshiwambo entlehnt).

Wors

Eine Wurst (dem Afrikaans entlehnt).[2]

Footing

Zu Fuß gehen (in korrektem Englisch würde man sagen: To go on foot bzw. to walk. Footing bedeutet im Englischen hingegen „Fundament“ oder „Basis“).[10]

Mos

Füllwort aus dem Afrikaans ohne wirkliche Bedeutung, in etwa wie das deutsche „ne“ oder „gell“. Mos wird im Namlish sehr regelmäßig angewandt und dabei vor allem ans Satzende gestellt, wie z. B. bei I like this place mos! (dt. Ich mag es hier!).[11]

Toilet

Badezimmer (im Namlish wird das Wort Bathroom (engl. für Badezimmer) nicht bzw. kaum angewandt).[9]

Learner

Ein Schüler oder Student (in korrektem Englisch würde das Wort Student Anwendung finden).[12][9][10]

Cool drink

Ein Soft-Drink (z.B. Cola oder Sprite). In korrektem Englisch werden u. a. die Formulierungen Pop oder Soda verwendet.[12]

Redewendungen

„Too“ und „very“

Im Namlish sind die englischen Steigerungsformen too und very generell frei substituierbar. Wenn ein Sprecher z.B. eine andere Person als too fat (dt. zu fett) bezeichnet, dann kann hier durchaus gemeint sein, dass die betreffende Person nicht zu sondern sehr (engl. very) fett ist.[9]

It's paining

Es tut weh bzw. es schmerzt (in korrektem Englisch würde man sagen: It hurts).[2]

How is the condition on your side?

Wie geht es Dir? In korrektem Englisch würde man sagen: How are you doing?[9]

Even me

In etwa gleichbedeutend mit dem englischen me, too oder me neither ( dt. ich auch), aber grammatikalisch falsch.[13]

To dirtify something

Etwas schmutzig machen (in korrektem Englisch würde man sagen: To make something dirty. Das Verb To dirtify gibt es im englischen Vokabular nicht).

Is it?

Wirklich? (in korrektem Englisch würde man sagen: Really?)[12][13]

Are we on the same page?

Ist das klar? bzw. verstehst Du mich? (in korrektem Englisch würde man sagen: Is it clear? bzw. Do you understand me?).

I'm coming now now

Ich komme sofort (in korrektem Englisch würde man sagen: I'm coming right now). Die Wiederholung des Wortes now (dt. jetzt) soll dabei das unmittelbare Bevorstehen der auszuführenden Handlung besonders unterstreichen. Ein einmalig verwendetes Now bedeutet im Namlish lediglich, dass ein Ereignis bald bevor steht, jedoch nicht unmittelbar wie beim Gebrauch von Now Now.[12][9]

... and what what

...und so weiter bzw. etc. (in korrektem Englisch würde man sagen: etc. oder ...and so on).[12]

The time is going

Die Zeit wird knapp (in korrektem Englisch würde man sagen: Time is running out).[9]

What's up?

Wie geht's? (in korrektem Englisch würde man sagen: How are you?).

Can I go with it?

Kann ich es ausleihen? (in korrektem Englisch würde man sagen: Can I borrow it?).[9]

Help me 20 Dollar

Bitte gib mir 20 Dollar (im Namlish ist die Formulierung help me die höfliche Art um etwas zu bitten. In korrektem Englisch würde man aber viel mehr sagen: Could you please give me 20 Dollar?).[9]

Weitere Besonderheiten

Wie im Oben aufgeführten Beispiel I'm coming now now wenden Namlish-Sprecher oft die Wiederholung von Wörtern an, um eine besondere Betonung eines Zustandes zu erzielen. Hier zu nennen wären z.B. Formulierungen wie Fine Fine (dt. gut, gut) für sehr gut oder Hi, hi! für eine besonders freudige Begrüßung.
Wenn man einen Namlish-Sprecher mit How are you? (dt. wie geht's?) grüßt, dann wird man in den meisten Fällen die Antwort yes oder yebo erhalten, obwohl im Englischen keine Antwort auf diesen Satz notwendig ist, da er lediglich eine Grußform darstellt. Das yebo stammt dabei aus der Sprache der Zulu und bedeutet ein starkes ja. Es wird im südlichen Afrika weit verbreitet genutzt.

Des öfteren weist das Namlish hinsichtlich des Plural und Singular grammatikalische Merkwürdigkeiten im Vergleich zum "echten" Englisch auf: So ist im Namlish z.B. die Formulierung "She is having black hairs" (dt. Sie hat schwarzes Haar) gebräuchlich, obwohl man in korrektem Englisch den Haaren (engl. Hair) trotz eigentlicher Mehrzahl kein "S" anhängt .[9] Dieses fälschlicherweise angehängte "S" findet sich z. B. auch beim Namlish-Wort "Musics" wieder, wenn die Mehrzahl von Musikstücken bzw. Musikrichtungen deutlich gemacht werden soll. Über Geld (engl. Money) wird im Namlish vielfach im Plural (engl. them) anstatt im eigentlich gebräuchlichen Singular (engl. it) gesprochen.[9]

Aussprache

Im Namlish spiegeln sich die ihm zugrunde liegenden Spracheinflüsse auch im Dialekt wieder, so dass viele englische Wörter nicht wie gewohnt ausgesprochen werden. Das englische Wort Clothes (dt. Kleidung) wird z.B. fast immer auf zwei Silben betont, während im britischen Englisch lediglich die erste Silbe betont wird. Ein weiteres Beispiel für eine derart veränderte Silbenbetonung ist z.B. das englische Wort kissed (dt. geküsst).[1]

Zu Verständnisproblemen kann es außerdem kommen, weil eine Vielzahl der Muttersprachler des Oshiwambo die Buchstaben „L“ und „R“ vertauschen, wenn sie Namlish sprechen.
Dies liegt unter anderem daran, dass der Buchstabe "R" im Oshiwambo nicht vorkommt. Als Resultat dieser Tatsache sprechen selbst viele Englisch-Lehrer, welche etwa in Gegenden mit unregelmäßigem Gebrauch der englischen Sprache, also vor allem in ländlichen Regionen, aufgewachsen sind, englische Worte falsch aus und bringen, im Vergleich zu korrektem Englisch, falsche Formulierungen und Redewendungen an den Tag.
Damit tragen sie dann direkt zur weiteren Ausbreitung des Namlish bei.[1][4]

Das „R“ wird im Namlish meist sehr weich ausgesprochen, so dass z.B. das Wort Car (dt. Auto) mehr oder weniger zu Ca wird. Für Zuhörer, welche die Aussprache englischer Wörter im Namlish nicht gewohnt sind, können sich daher z.B. die Wörter Bird (dt. Vogel) und Bed (dt. Bett) durchaus identisch anhören.

Rezeption

Gegner der voranschreitenden Verbreitung des Namlish führen dies auf die sich ihrer Ansicht nach über die Jahre kontinuierlich verschlechternde Qualität des nationalen Bildungssystems zurück.[1]
Die plötzliche Umstellung des von Afrikaans geprägten Bildungssystems brachte Anfangs erhebliche Probleme mit sich, welche bis heute andauern. Bis heute wird diese "überhastete" Umstellung des gesamten Bildungsapparates auf die englische Sprache von Kritikern beanstandet. [4]

Eine Studie der Florida State University kam 1993, also drei Jahre nach der Unabhängigkeit und der damit verbundenen "Sprachumstellung", zu dem Ergebnis, dass etwa 60% der namibischen Lehrer nur über ein sehr schlechtes Englisch verfügten. Dementsprechend waren die Prüfungsergebnisse des Jahres 1993 mehr oder weniger schockierend. Dennoch hielt die Regierung an ihrer eingeschlagenen Linie fest und suchte die Schuld bei den Lehrern. [4]

Bereits im Jahr 2000 warnte die damalige Bildungsministerin von Namibia, Dr. Becky Ndjoze-Ojo, davor, die namibischen Sprachen in Zukunft zu Gunsten von Englisch zu vernachlässigen.[4]

2009, also 19 Jahre nach der Etablierung der englischen Sprache als Amtssprache, sieht Tötemeyer die weiterhin allgemein schlechte Kenntnis der englischen Sprache als Hauptgrund für die große Zahl an schlechten Schulabschlüssen im Land. Laut Tötemeyer konnten im Jahr 2009 etwa zwei Drittel der namibischen Sechstklässler nicht lesen.[4]

Das Namlish Tolerierende bzw. dem Namlish Zugewandte heben dessen Eigendynamik und stetige Weiterentwicklung hervor. Darüber hinaus wird Namlish von Befürwortern als eine Begleiterscheinung der Entwicklung einer nationalen Identität betrachtet, "weil man eben doch namibisch und weder englisch noch amerikanisch ist".[1]

Sonstiges

Auch der amtierende Präsident von Namibia, Hifikepunye Pohamba, kann bei öffentlichen Anlässen sein Namlish kaum verbergen.
Es gibt ein namibisches Online-Magazin namens Namlish.com.[14]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Namlish - A language for Northern Namibia. auf informanté.web.na 2. April 2009. (englisch)
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Communication in Namibia: A glossary of some important Namibian words. auf: namibian.org (englisch)
  3. a b Päivi Lahti: Sustainable Development - Case: Energy production in Namibia (englisch)
  4. a b c d e f g h i j k l m n Andree-Jeanne Tötemeyer: Multilingualism/Multiculturalism in Africa and its impact on reading culture: The namibian experience (englisch)
  5. No pidgin please. auf: pidgin.wordpress.com (englisch)
  6. a b Namibia: 'Namlish' Goes Wiki. auf: allafrica.com (englisch)
  7. a b Dolores Wolfaardt: Namibia: A Case for a Gradual Transitional Bilingual Language Programme. (englisch)
  8. a b Stephan du Toit SC: Speaking in tongues - A Namibian experience (englisch)
  9. a b c d e f g h i j k l m Guide to Namlish. auf: serasphere.net (englisch)
  10. a b c d e f Namlish. auf: tamaraswebb.blogspot.com 25. Mai 2009. (englisch)
  11. List of South African slang words. in der engl. Wikipedia
  12. a b c d e Melissa Yisak: The Diversity of English. In: Perspectives from Africa. Ausgabe 3, Frühjahr 2010 (englisch) (Kellogg Institute for International Studies)
  13. a b Johanna Wilkie: Namlish (englisch)
  14. General: Namlish Rag 2010. auf: namlish.com 13. Januar 2011. (englisch) ]

Weblinks


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  • so.. otherwise? — Namlish (Namibian English) Apart from the obvious, how are you? Used as a greeting/to fill a gap in a conversation …   English dialects glossary

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