Otto Zoff

Otto Zoff

Otto Zoff (* 9. April 1890 in Prag; † 14. Dezember 1963 in München) war ein österreichischer Schriftsteller, der rund 20 Jahre als Emigrant in den USA verbrachte. Er war zu Lebzeiten vor allem mit Dramen und historischen Monographien erfolgreich, ist heute aber so gut wie vergessen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Der Sohn eines Eisenbahnoberinspektors wächst in Wien auf, wo er auch (ab 1906) Kunst- und Literaturgeschichte studiert. 1914 promoviert er zum Dr. phil. Zu seinen Freunden zählen die Schriftsteller Felix Braun und Max Mell sowie der Kunsthistoriker Leopold Zahn.[1] Während des 1. Weltkrieges geht Zoff nach Berlin, wo er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften schreibt, als Mitarbeiter des "Berliner Tageblattes", des "Börsenkuriers" sowie der Zeitschriften "Neue Rundschau", "März", "Wieland" u.a. Außerdem war er von 1916-1917 Lektor des S. Fischer-Verlages. 1917 holt ihn Otto Falckenberg als Dramaturg an die Münchner Kammerspiele. Nach zwei Jahren wird er dort Stellvertretender Direktor (bis 1923). Sein literarisches Debüt gibt Zoff 1919 mit dem Roman Winterrock. 1923 erzielt er größeren Erfolg mit einer freien Bearbeitung von Eichendorffs Lustspiel "Die Freier", das an beinahe 100 Bühnen gespielt wird.

Glücksspiele

Solche Bearbeitungen bleiben Zoffs Stärke. Er etabliert sich jetzt als Freier Schriftsteller und Regisseur. Ab 1931 lebt Zoff vorwiegend in Italien. 1933 lernt er in Berlin Liselotte Kalischer kennen. Sie ist deutlich jünger als Zoff und wird seine dritte Ehefrau. Beide sind eher links orientiert; zudem ist Zoff Halbjude. Sie beschließen zu flüchten. Sie leben zunächst in Mailand, wo Liselotte mit ihrer Schwester ein Institut für Bewegungstherapie betreibt. In der „Heimat“ werden Zoffs Bücher verbrannt und verboten.[2] 1938 gebärt Liselotte Zoff eine Tochter, genannt Stanzi. „Otto war inzwischen mit dem Roulette beschäftigt. Er und Guido von Kaschnitz, Marie Luises Mann, hatten sich vorgenommen, nur noch ihrer geistigen Berufung zu folgen und keine Brotarbeit mehr zu leisten, sondern das Geld beim Spiel zu verdienen.“[3] Zoff verlor zumeist. Bei Kriegsausbruch sind die drei Zoffs in Nizza. Die deutsche Wehrmacht rückt immer näher. Zoff besucht öfter Walter Benjamin in Sanremo. Liselottes Ex-Gatte Ludwig Köbner gelingt es, in den Staaten ein Danger-Visum zu besorgen. 1941 landen die Zoffs in New York. Zoff kann eine zeitlang in der MacDowell-Kolonie leben, einer Künstlerkolonie in New Hampshire. Die Hauptlast der Ernährung trägt Liselotte durch ihre therapeutische Arbeit. Zwar trifft sich Zoff öfter mit Freunden wie Alfred Neumann, Helene und Kurt Wolff (VerlegerInnen), Hermann Kesten, auch Bertolt Brecht, der in erster Ehe mit Zoffs Schwester Marianne verheiratet war, doch er schließt sich keiner Gruppe an, bleibt Einzelgänger. Liselotte vermutet, er habe Angst vor der Rolle des Unterlegenen gehabt, tat er sich doch zeitlebens mit dem kreativen Schreiben ziemlich schwer. „Er arbeitete viel, hatte ein großes Wissen und eine ungeheure Bildung. Aber ihm fehlte die Spontaneität.“ Vom Frühwerk abgesehen, vermisst sie in Ottos Arbeiten „eine Einheit mit seiner Person“. „Ottos großartige Fähigkeit war, Dichtung im Vorhandenen zu sehen, am Vorhandenen zu arbeiten und sich in das Werk eines Dichters einzufühlen.“[4]

Das Herz streikt

Nach dem 2. Weltkrieg ist Zoff als New Yorker Korrespondent des Südwestfunks Baden-Baden und des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tätig. Europareisen scheitern zunächst am Argwohn des Joseph McCarthy (keine Pässe), dann an Geldmangel. „Erst 1953 konnten wir fahren, als uns ein reicher Freund das Geld gab“, berichtet Liselotte. Ihre beste deutsche Freundin lebt in München: Lonja Stehelin-Holzing, die Schwester von Marie Luise Kaschnitz. „Seitensprünge“ ihres Mannes kränken Liselotte nur wegen der Heimlichkeit, in der sie erfolgen. [5] Zoff hat in diesen späten Jahren noch einmal Erfolg mit einigen Dramen, voran der König Hirsch. 1961 bleiben Zoffs in Deutschland, weil Otto herzkrank ist. Er stirbt in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 1963 im Schlaf. Liselotte betont, sie bereue nichts und würde Otto im nächsten Leben wieder heiraten.[6] Dessen Bücher sind, wenn überhaupt, nur noch antiquarisch zu bekommen. Der Nachlass befindet sich im Marbacher Literaturarchiv.

Werke

  • Das Haus am Wege, Roman, Frankfurt/Main 1913
  • Kerker und Erlösung, Trauerspiel, München 1918
  • Der Schneesturm, Trauerspiel, München 1919
  • Der Winterrock, Roman, München 1919
  • Gedichte, Leipzig 1920
  • Das Leben des Peter Paul Rubens, München 1922
  • Die Freier, Lustspiel, nach Joseph von Eichendorff, Leipzig 1923
  • Die Andacht zum Kreuze, Schauspiel, nach Pedro Calderón de la Barca, Potsdam 1925
  • Die Liebenden, Roman, Berlin 1929
  • Die weißen Handschuhe, Komödie, Berlin 1930
  • Rosen und Vergißmeinnicht, Komödie, Berlin 1933
  • Die Hugenotten, Monographie, Leipzig 1937, Konstanz 1948, Weimar 1949 (auch mehrere Übersetzungen)
  • Franz Schubert, Biographie, Salzburg 1939
  • They Shall Inherit the Earth, über Kinder im Faschismus, New York 1943
  • Die großen Komponisten: Gesehen von ihren Zeitgenossen, Bern 1952, Düsseldorf 1960, Zürich 1965 (schwedisch 1966)
  • König Hirsch, Komödie, nach Carlo Gozzi, Wien 1959
  • Die Glocken von London, Traumspiel, nach Charles Dickens, Wien 1960
  • Tagebücher aus der Emigration: 1939-1944, mit einem Nachwort von Hermann Kesten, aus dem Nachlass hrsg. von Liselotte Zoff und Hans-Joachim Pavel (Leiter des Münchener Drei-Masken-Verlages), Heidelberg 1968, 293 Seiten[7]

Zoff verfasste auch Hörspiele; zudem gab er Anthologien heraus

Literatur

  • Ulrike Keller: Otto Zoffs dramatische Werke: vom Theater zum Hörspiel, München 1988
  • Ulrike Edschmid: Diesseits des Schreibtischs. Lebensgeschichten von Frauen schreibender Männer, Frankfurt/Main 1990, ISBN 3-630-61908-8, darin Seite 149-187: Liselotte Zoff. Eine kleine Öffnung zum Licht

Einzelnachweise

  1. Ulrike Edschmid 1990, Seite 175
  2. writers-block, abgerufen am 1. März 2011
  3. Ulrike Edschmid 1990, Seite 168
  4. Ulrike Edschmid 1990, Seite 177
  5. Ulrike Edschmid 1990, Seite 179-184
  6. Ulrike Edschmid 1990, Seite 181-182
  7. Laut Liselotte Zoff (Ulrike Edschmid 1990, Seite 184) offenbaren sie wenig vom „Wesen“ des Autors

Weblinks


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