- Philharmonisches Orchester Erfurt
-
Das Philharmonische Orchester Erfurt ist ein 1894 gegründetes deutsches Theater- und Sinfonieorchester mit Sitz in Erfurt. Den Namen "Philharmonisches Orchester Erfurt" führt es seit 1981.
Inhaltsverzeichnis
Profil
Das Orchester ist historisch und organisatorisch eng mit dem Theater Erfurt verbunden, das von der Stadt Erfurt als stadteigener Regiebetrieb geführt wird. Es hat 59 Planstellen und gehört in die TVK-Kategorie B/F. Neben der Mitwirkung bei Opern, Operetten, Musicals und den Domstufen-Festspielen gestaltet es pro Saison zehn Sinfoniekonzerte und eine Open-Air-Veranstaltung beim Krämerbrückenfest. Musiker des Orchesters wirken zudem bei jährlich acht "Philharmonischen Kammerkonzerten", die vom Erfurter Kammermusikverein im Erfurter Rathaussaal veranstaltet werden, sowie bei Konzerten des Erfurter Salonorchesters mit.
Geschichte
Das organisierte bürgerliche Musikleben in Erfurt begann 1826 mit der Gründung eines Musikvereins, aus dem sich nach und nach ein Gesangsverein, ein Liebhaberorchester und ein Streichquartett entwickelte.
Als professionelles Unternehmen wurde das Erfurter Orchester 1894 im Zusammenhang mit der Einrichtung eines ständigen und selbstständig wirtschaftendes Dreispartentheaters, dem „Stadttheater“ in Erfurt gegründet. Zwei Jahre zuvor hatte die Stadt das 1877 zunächst als privates Gastspieltheater betriebene Erfurter Opernhaus übernommen und als Musiktheater mit 1025 Plätzen umgebaut.
Nach dem 1. Weltkrieg und der Inflation 1923 übernahm die Stadt die finanzielle Absicherung des Opernhauses und damit auch des Orchesters. Die Bühne wurde in den Folgejahren baulich erweitert und es wurden zusätzliche Probenräume geschaffen. Im Februar 1933 wirkte das Orchester bei der Uraufführung von Kurt Weills Bühnenstück Der Silbersee mit.
Nach der Machtergreifung wurde das Stadttheater in „Deutsches Volks-Theater“ umbenannt. Noch im Gedächtnis der Stadt ist das am 14. Dezember 1944 erfolgte Todesurteil für den Orchestermusiker Ernst Fink wegen "Wehrkraftzersetzung", da er zwei Bilder des „Führers“ zerschnitten haben soll.
Im 2. Weltkrieg blieb das Opernhaus unzerstört und nahm bereits 1945 den Spielbetrieb wieder auf. Ein Jahr später wurde aus dem Orchester heraus die Kammermusikvereinigung Erfurt mit Kurt Kunert als Vorsitzenden gegründet. Der Auszug des Schauspiels in ein eigenes Gebäude ermöglichte eine Umbenennung des Stadttheaters in „Opernhaus“ und eine Vergrößerung des "Orchesters der städtischen Bühnen Erfurt".
1958 kam Ude Nissen aus Leipzig zunächst als musikalischer Oberleiter nach Erfurt und wurde im Folgejahr Generalmusikdirektor. Schwerpunkt blieb das Musiktheater, neben klassischen Opern und Operetten kamen die Mitwirkung bei Musicals wie Porgy and Bess, West Side Story und Cabaret hinzu. Zudem gab es regelmäßige Sinfonie- und Kammerkonzerte. 1969 wurde aus dem Orchester heraus zudem das Erfurter Kammerorchester gegründet und von der Geigerin Margit Börner geführt. Im April 1981 wurde das vormalige "Orchester der städtischen Bühnen Erfurt" in einem Festakt "Philharmonisches Orchester Erfurt" umbenannt.
Wolfgang Rögner wurde 1988 Nachfolger Nissens. Das Orchester hatte zu der Zeit ca. 80 Planstellen. Nach der Wende 1989/90 gastierte das Orchester u. a. in Konstanz, München, Bregenz, Linz und mehrfach in der Tonhalle Zürich. 1992 wurden anlässlich der 1250-Jahrfeider der Stadt Erfurt die Philharmonischen Festtage ins Leben gerufen. 1994 beteiligt sich das Orchester erstmals an den neu gegründeten Domstufen-Festspielen. Gleichzeit erfolgte eine Reduzierung der Planstellen von 80 auf 59 und eine Umwandlung in eine GmbH, die jedoch 1998 wieder rückgängig gemacht wurde. Einen Schwerpunkt Konzertplanung bildete die Chorsinfonik durch Aufführungen von Joseph Haydns Schöpfung, Ralph Vaughan Williams' A Sea Symphony und Andrew Lloyd Webbers Requiem. Zu den Solisten der Sinfoniekonzerte gehörte u. a. Giora Feidman.
2000 wurde Walter Gugerbauer als neuer Generalmusikdirektor berufen. Durch Pflege insbesondere des traditionellen klassischen und romantisches Repertoires konnte er die Qualität des Orchesters steigern. 2003 zog das Orchester in das neuerbaute Theater im Brühl um. Dort wurde unter Führung des Intendanten Guy Montavon ein neuer Schwerpunkt in der Inszenierung großer Opern von der Barockzeit bis zur Modernen gelegt. Am 21. Dezember 2010 teilte Gugerbauer mit, dass er seinen Vertrag in Erfurt nicht verlängern werde.
Aufnahmen
- Alceste, Oper von Anton Schweitzer, Leitung: Stephan E. Wehr, Naxos Opera Classics 2001
- Meisterwerke der Klassik, mit Mozarts Haffner-Sinfonie und Schuberts Großer Sinfonie in C-Dur (Live-Aufnahme von 1997), Erfurt 2005
Auszeichnungen
- Preis des Deutschen Musikverleger-Verbandes für das "Beste Konzertprogramm der Saison 1993/94"
Generalmusikdirektoren
- 1894–1904: Balduin Zimmermann
- 1905: Friedrich Munter
- 1909–1910: Camillo Hildebrand
- 1911: Paul Wolff
- 1912: Toni Hoff
- 1913: Paul Weißleder
- 1915–1919: Richard Fitsch
- 1920–1923: Gustav Großmann
- 1924–1952: Franz Jung
- 1953–1956: Wilhelm Hübner
- 1957: Walter König
- 1958–1988: Ude Nissen
- 1989–1999: Wolfgang Rögner
- 2000–2011: Walter Gugerbauer
Quellen und Weblinks
- Geschichte des Theaters Erfurt
- Theater Erfurt: Theater Erfurt 1991-2002 Generalintendant Dietrich Taube, Erfurt 2002
- Frauke Adrians: Rückzug, in: Thüringer Allgemeine vom 21. Dezember 2010
Theater und Orchester in öffentlicher Trägerschaft in ThüringenTheater: Altenburg/Gera | Arnstadt | Eisenach | Erfurt • Waidspeicher | Greiz | Jena | Meiningen | Nordhausen | Rudolstadt | Weimar
Orchester: Landeskapelle Eisenach | Philharmonisches Orchester Erfurt | Thüringen Philharmonie Gotha | Vogtlandphilharmonie Greiz/Reichenbach | Jenaer Philharmonie | Meininger Hofkapelle | Thüringer Sinfoniker Rudolstadt-Saalfeld | Loh-Orchester Sondershausen | Staatskapelle Weimar
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Erfurt — Ẹr|furt: Landeshauptstadt von Thüringen. * * * Ẹrfurt, 1) Hauptstadt und größte Stadt des Landes Thüringen, kreisfreie Stadt, liegt in einer Höhe von 158 430 m über dem Meeresspiegel inmitten des Thüringer Beckens, in einer weiten Talmulde… … Universal-Lexikon
Liste der Orchester — Auf dieser Liste stehen bekannte Sinfonieorchester und Kammerorchester der klassischen Musik. Für Orchester im Bereich der Alten Musik siehe Liste von Barockinterpreten. Für Unterhaltungsorchester siehe Big Band. Inhaltsverzeichnis A B C D E F G… … Deutsch Wikipedia
Theater Erfurt — Neubau im Brühl Das Theater Erfurt ist ein Theater in öffentlicher Trägerschaft der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Hauptspielstätte ist der im September 2003 fertiggestellte Neubau im Stadtteil Brühlervorstadt, gelegen zwischen dem… … Deutsch Wikipedia
Loh-Orchester Sondershausen — Das Loh Orchester Sondershausen ist ein Orchester aus Sondershausen. Es beeinflusste das Musikgeschehen in Deutschland im 19. Jahrhundert, indem es der Musik von Richard Wagner und Franz Liszt zum Durchbruch verhalf. Seit 1991 ist das Loh… … Deutsch Wikipedia
Liste der öffentlich getragenen Repertoiretheater Deutschlands — Die Liste der öffentlich getragenen Repertoiretheater Deutschlands versammelt diejenigen Theaterbetriebe und gebäude, die ganz oder überwiegend in öffentlicher Trägerschaft mit dauernd beschäftigten Ensembles ganzjährig Theateraufführungen… … Deutsch Wikipedia
Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar — Deutsches Nationaltheater, Großes Haus Das Deutsche Nationaltheater und die Staatskapelle Weimar (kurz: DNT) ist der bedeutendste Bühnenbetrieb Weimars. Die Institution vereint die Sprechbühne Deutsches Nationaltheater und das Orchester… … Deutsch Wikipedia
Wolfgang Rögner — (* 1951 in Thüringen) ist ein deutscher Dirigent und Intendant. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Aufnahmen 3 Auszeichnungen und Ehrenämter 4 … Deutsch Wikipedia
Das Meininger Theater — ist ein Vier Sparten Theater in der thüringischen Kreisstadt Meiningen. Das Ensemble des Theaters bietet Musiktheater (Oper, Operette, Musical), Schauspiel, Konzert und Puppentheater. Darüber hinaus wird das Angebot von den Sparten Ballett und… … Deutsch Wikipedia
Theater Waidspeicher — Das Theater Waidspeicher ist ein Puppentheater und Kabarett am Domplatz in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt. Das Theatergebäude ist ein ehemaliges Speicherhaus für Färberwaid, das im 16. Jahrhundert erbaut, Mitte der 1980er Jahre grundlegend … Deutsch Wikipedia
Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt — Die Thüringer Symphoniker Saalfeld Rudolstadt sind Teil der Thüringer Landestheater Rudolstadt Thüringer Symphoniker Saalfeld Rudolstadt GmbH. Geschichte Das Orchester der einstigen schwarzburgischen Fürstenresidenz Rudolstadt ist eines der… … Deutsch Wikipedia