Predigerseminar Soest

Predigerseminar Soest

Das Predigerseminar Soest, zuletzt Predigerseminar der Evangelischen Kirche von Westfalen, war ein Predigerseminar für die nachuniversitäre Ausbildung von Pastoren der westfälischen Landeskirche. Es bestand 107 Jahre und befand sich in Soest in direkter Nachbarschaft der Kirche Neu-St. Thomä. Das Seminar wurde zum 31. Januar 1999 geschlossen. Nachfolgeinstitution ist das Seminar im Haus Villigst in Villigst.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens eröffnete das evangelische Predigerseminar in Soest am 26. Februar 1892 in den Gebäuden des 1814 säkularisierten Minoritenklosters. Zwischen 1819 und 1881 befand sich an dieser Stelle das Lehrerseminar für Westfalen. Vorbildlich für die Einrichtung des Predigerseminars sollte das 1817 gegründete Predigerseminar in Wittenberg sein.[2] Die ursprüngliche Zuständigkeit des Predigerseminars erstreckte sich auf die westfälische und die rheinische Kirchenprovinz gemeinsam. Zunächst gehörten auch die evangelisch-reformierten Kandidaten zu den Adressaten der Ausbildung. 1929 wurde für diese ein eigenes evangelisch-reformiertes Kandidatenstift in Wuppertal-Elberfeld gegründet. Für die Kandidaten der rheinischen Kirchenprovinz gibt es seit 1930 ebenfalls ein eigenes Seminar, das sich zunächst in Düsseldorf befand und heute in Bad Kreuznach seinen Sitz hat.

Während des so genannten Dritten Reichs wirkte sich die Spaltung der altpreußischen evangelischen Kirche auch auf die Arbeit des Predigerseminars aus: So war das Soester Seminar 1934–1937 geschlossen. Während dieser Zeit bestand ein Seminar der Bekennenden Kirche in Bielefeld-Sieker. In den folgenden Jahren gab es zeitweise mehrere Ausbildungsorte, so 1937–1941 das Seminar des altpreußischen Evangelischen Oberkirchenrates in Bünde-Dünne sowie 1938–1939 das Seminar der Deutschen Christen in Burgsteinfurt.

Nach schweren Kriegszerstörungen (6. Dezember 1944 sowie 7. März 1945) fand der Seminarbetrieb nicht mehr statt bzw. wurde an anderem Ort (Bielefeld) durchgeführt. Am 23. Juli 1953 entschied sich die Westfälische Landessynode in einer Kampfabstimmung für den Soester Standort. Dies ist auch als eine Reaktion auf den in Soest nach dem Zweiten Weltkrieg erstarkenden Katholizismus zu sehen.[3] Die Neubauten des Seminars wurden am 15. November 1955 bezogen.[4] Zugleich bestand von 1959 bis 1971 ein weiteres Seminar in Dortmund. Frauen waren am Seminar seit 1961 zugelassen.

Seminardirektoren

  • Theodor Nottebohm 1891–1901
  • Gotthold Müller 1901–1909
  • Otto Zänker 1912–1924
  • Carl Winter 1924–1936
  • Friedrich Schauer 1937–1945/47
  • Edmund Schlink, berufen 1945, 1946 jedoch nach Heidelberg gegangen
  • Werner Danielsmeyer 1957–1965
  • Peter Stolt 1971–1982
  • Rolf-Walter Becker 1982–1992
  • Werner M. Ruschke

Weitere Personen, die mit dem Seminar verbunden sind

  • Herbert Grabert (1901–1978), Gründer und langjährige Leiter des rechtsextremen Grabert-Verlages, 1928 im Seminar
  • Reinhard Mumm (1916–1986), Theologe, hatte einen Lehrauftrag am Seminar
  • Paul Robert Schneider (1897–1939), Pfarrer, Mitglied der Bekennenden Kirche und Opfer des Nationalsozialismus, Vikar am Predigerseminar
  • Antje Vollmer (* 1943), ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, war Vikarin am Predigerseminar
  • Hermann Werdermann (1888–1954), Theologe und Hochschullehrer für Religionswissenschaft und Religionspädagogik und NSDAP-Mitglied, Studieninspektor am Predigerseminar

Literatur

  • Ulrich Rottschäfer: 100 Jahre Predigerseminar in Westfalen 1892-1992. Bielefeld 1992.
  • Werner M. Ruschke: Predigerseminar in Soest 1892–1999 – ein Stück Stadtgeschichte geht zu Ende! In: Soester Zeitschrift. 11/1999, S. 116–134.
  • Peter Stolt: Die Geschichte des Predigerseminars der Evangelischen Kirche von Westfalen. In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 75 (1982), S. 69–95.

Quellen

  1. Das Predigerseminer Soest ist bzw. war nicht identisch mit dem Kirchlichen Auslandsseminar in Soest.
  2. Werner M. Ruschke: Predigerseminar in Soest 1892–1999 – ein Stück Stadtgeschichte geht zu Ende! In: Soester Zeitschrift. 11 1999, S. 118 sowie 122, hier unter Verweis auf Theodor Nottebohm.
  3. Werner M. Ruschke: Predigerseminar in Soest 1892-1999 – ein Stück Stadtgeschichte geht zu Ende! In: Soester Zeitschrift. 11 1999, S. 130.
  4. Werner M. Ruschke: Predigerseminar in Soest 1892-1999 – ein Stück Stadtgeschichte geht zu Ende! In: Soester Zeitschrift. 11 1999, S. 131.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Soest — Soest, 1) (spr. sōst) Kreisstadt im preuß. Regbez. Arnsberg, in einer fruchtbaren Ebene (Soester Börde), Knotenpunkt der Staatsbahnlinien S. Seesen Börßum, Düsseldorf Hagen S., Hamm S. u. a., 98 m ü. M., hat 6 evang. Kirchen (darunter die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Predigerseminar — Predigerseminar, evangelisch kirchliche Anstalt, in der Kandidaten (s. d.) des geistlichen Amtes in den Pastoralwissenschaften weiter ausgebildet und in deren praktischer Anwendung geübt werden. Zwar empfangen die jungen Theologen auch in diesen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Franziskanerkloster Soest — Das Franziskanerkloster beziehungsweise Minoritenkloster in Soest (auch „graues Kloster“ genannt) wurde 1233 gegründet und bestand bis zur Aufhebung 1814. Die gotische Klosterkirche Neu St. Thomas (in Abgrenzung zur nahe gelegenen Kirche Alt St.… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Soest — Die folgende Übersicht enthält bedeutende Persönlichkeiten der Stadt Soest. Sie ist sortiert in Ehrenbürger, Personen, die in Soest geboren wurden, und Personen mit anderem Bezug zur Stadt. Inhaltsverzeichnis 1 Ehrenbürger 2 Söhne und Töchter der …   Deutsch Wikipedia

  • Prediger von Buchenwald — Paul Robert Schneider (* 29. August 1897 in Pferdsfeld, heute zu Bad Sobernheim; † 18. Juli 1939 im KZ Buchenwald bei Weimar) war ein deutscher evangelischer Pfarrer, Mitglied der Bekennenden Kirche und Opfer des Nationalsozialismus. Er wird der… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Friedrich Stellbrink — (* 28. Oktober 1894 in Münster; † 10. November 1943 in Hamburg) war ein evangelisch lutherischer Pastor. Er wurde als einer der Lübecker Märtyrer hingerichtet …   Deutsch Wikipedia

  • Herbert Grabert — (* 17. Januar 1901 in Lichtenberg bei Berlin[1]; † 2. August 1978[2] in Tübingen; Pseudonym: Hugo Backhaus[2]) war der Gründer und langjährige Leiter des rechtsextremen Grabert Verlages. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Schneider (Pfarrer) — Paul Robert Schneider (* 29. August 1897 in Pferdsfeld, heute zu Bad Sobernheim; † 18. Juli 1939 im KZ Buchenwald bei Weimar) war ein deutscher evangelischer Pfarrer, Mitglied der Bekennenden Kirche und Opfer des Nationalsozialismus. Er wird der… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Büchsel — (* 2. Juli 1883 in Stücken; † 5. Mai 1945 in Rostock) war ein evangelischer Theologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke und Veröffentlichungen 3 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Bördetag — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”