Ratzeburger Schloss

Ratzeburger Schloss
Darstellung Ratzeburgs von Georg Braun und Frans Hogenberg, 1588, mit dem Schloss und der dahinter liegenden Stadtinsel samt Dombezirk

Das Ratzeburger Schloss war namensgebend für die heutige Stadt Ratzeburg im südöstlichen Schleswig-Holstein. Das aus einer abodritischen Wehranlage hervorgegangene Schloss war eine der Residenzen des Herzogtums Sachsen-Lauenburg. Es befand sich auf dem westlichen Ausläufer der Ratzeburger Altstadtinsel und wurde am Ende des 17. Jahrhunderts vollständig zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Geschichtlicher Überblick

Das Schloss ging vermutlich auf eine unter dem Polabenfürst Ratse errichtete Ringburg des 11. Jahrhunderts zurück. Die erste urkundliche Erwähnung fand 1062 statt, als die Anlage im Zuge der Christianisierung des slawischen Gebiets an Herzog Ordulf aus dem Stamm der Billunger ging. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen wechselten die Besitzverhältnisse zwischen Wenden und Christen in den folgenden Jahrzehnten mehrfach. Ab 1093 wurden die slawischen Stämme in der Region endgültig besiegt und Ratzeburg ging in sächsischen Besitz über. Unter Heinrich von Badewide wurde die slawische Wallburg zu einer steinernen Festung ausgebaut und war kurze Zeit Mittelpunkt der Grafschaft Ratzeburg. Nach deren Ende 1227 ging Ratzeburg als Lehen an das Geschlecht des Askanier, die das Herzogtum Sachsen-Lauenburg begründeten.

Die Ratzeburg diente zusammen mit dem Lauenburger Schloss als Residenz des Herzogtums. Sie wurde in den folgenden Jahrhunderten nach und nach zum befestigen Schloss aus- und umgebaut. Es handelte sich seit dem späten Mittelalter um eine befestigte Anlage, die aus zahlreichen Einzelbauten zu einem großen, von Wällen, Wassergräben und Palisaden umgebenen Adelssitz ausgeweitet wurde; ähnlich wie das ebenfalls aus einer slawischen Ringburg hervorgegangene Schweriner Schloss. Nach dem Brand des Lauenburger Schlosses zu Beginn des 17. Jahrhunderts war das Ratzeburger Schloss die einzig verbliebene größere Residenz des Herzogtums. Sie war unter anderem der Geburtsort von Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg. Die Askanier gelangten im Zuge des Dreißigjährigen Krieges an die in Böhmen gelegene Herrschaft Schlackenwerth und residierten von da an vorwiegend außerhalb des Herzogtums. Das dortige Schloss wurde mit großem Aufwand errichtet und ausgestattet, während die Bauten im nördlich gelegenen Stammland vernachlässigt wurden. Nach dem Aussterben der Askanier fiel das Herzogtum an das Fürstentum Lüneburg. Ratzeburg wurde nun mit einem modernen Festungsgürtel umgeben, für dessen Bau das Schloss ab 1690 weitgehend niedergelegt wurde. Die Festung am Rande des dänischen Einflussgebiets erregte das Missfallen des dänischen Königs Christian V., der Ratzeburg darauf 1693 durch ein mehrtägiges Bombardement fast vollständig zerstören ließ. Auch die noch verbliebenen Reste des Schlosses fielen dem Beschuss zum Opfer. Die Stadt wurde bis ins 18. Jahrhunderts neu wieder aufgebaut, da das herzogliche Haus jedoch keinen Bedarf mehr an einer dauerhaften Residenz in Ratzeburg hatte, wurde kein Neubau des Schlosses in Angriff genommen.

Gegenwart

Vom Schloss sind heute kaum noch Spuren vorhanden, wenngleich einige Fundamentreste im Erdreich überdauert haben. Der einstige Standort des Schlosses wird bis in die Gegenwart als Schlosswiese bezeichnet, dort im Boden sind auch die Ausmaße eines der früheren Türme markiert. Wenngleich das eigentliche Ratzeburger Schloss seit Jahrhunderten zerstört ist, befindet sich im Dombezirk mit dem Herrenhaus der Herzöge von Mecklenburg ein weiterer schlossähnlicher Bau, der Mitte des 18. Jahrhunderts als Nebenresidenz der Herzöge von Mecklenburg-Strelitz in deren Ratzeburger Exklave errichtet wurde. Dieser Bau beherbergt heute das Kreismuseum, in dem unter anderem auch die Geschichte der Stadt Ratzeburg und ihres zerstörten Schlosses erläutert wird.

Literatur

  • Hans Maresch, Doris Maresch: Schleswig-Holsteins Schlösser, Herrenhäuser und Palais. Husum Verlag, Husum 2006, ISBN 3-89876-278-5.
  • Carsten Porskrog Rasmussen, Elke Imberger, Dieter Lohmeier, Ingwer Momsen (Hrsg.): Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Wachholtz Verlag, Neumünster 2008, ISBN 978-3-529-02606-5.
53.6996710.765454

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schloss Wotersen — Herrenhaus Das adlige Gut Wotersen, das auch als Schloss Wotersen bezeichnet wird, war über fast drei Jahrhunderte im Besitz der Familie Bernstorff, die im 18. Jahrhundert die hannoveranische und dänische Politik maßgeblich mitgestaltete. Das Gut …   Deutsch Wikipedia

  • Lauenburger Schloss — Das Lauenburger Schloss vermutlich um 1600. Die heute noch vorhandenen Bauten sind der mittige Turm und der rechte östliche Flügel Das Lauenburger Schloss über der Stadt Lauenburg in Schleswig Holstein war namensgebend für das Herzogtum Lauenburg …   Deutsch Wikipedia

  • Ratzeburg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der zerstörten Schlösser — Ruine des Schleizer Schlossturms Diese Liste führt Schlösser, Herrenhäuser oder Palais auf, die infolge von Baufälligkeit, Brand, Kriegseinwirkung oder aus ideologischen Gründen zerstört und nicht wieder aufgebaut wurden. Der jeweilige Standort… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste zerstörter Schlösser — Heidelberger Schloss Ruine des Schleizer Schlossturms …   Deutsch Wikipedia

  • Herrenhäuser in Schleswig-Holstein — Die Liste historischer Orte in Schleswig Holstein umfasst neben Burgen, Schlössern, Herrenhäusern und Gütern auch einige weitere Bauobjekte, wie zum Beispiel Klöster. Obwohl einige der Herrenhäuser von Gütern auch als Schloss bezeichnet werden,… …   Deutsch Wikipedia

  • Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg — (* 21. Januar 1675 in Ratzeburg; † 10. Juli 1733 in Ettlingen) war Ehefrau des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden Baden („Türkenlouis“) und nach dessen Tod von 1707 bis 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste historischer Orte in Schleswig-Holstein — Die Liste historischer Orte in Schleswig Holstein umfasst neben Burgen, Schlössern, Herrenhäusern und Gütern auch einige weitere Bauobjekte, wie zum Beispiel Klöster. Obwohl einige der Herrenhäuser von Gütern auch als Schloss bezeichnet werden,… …   Deutsch Wikipedia

  • Hof Ganzow — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Barber-Lyaschenko-Abkommen — Das Barber Ljaschtschenko Abkommen (auch Barber Lyaschenko Abkommen) vom 13. November 1945 war ein sowjetisch britisches Abkommen zur Grenzbereinigung zwischen Mecklenburg und Schleswig Holstein. Inhaltsverzeichnis 1 Abkommen 2 Umsiedlung 3… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”