Rosa Helene Schimpf

Rosa Helene Schimpf

Rosa Helene Schimpf (* 4. Februar 1870 in Esslingen; † 1. September 1949) war eine deutsche Fabrikantengattin, die ein ganzes Haus versetzen ließ, um eine Villa nach ihren Wünschen bauen lassen zu können.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und Ehe

Rosa Helene Schimpf wurde als Rosa Helene Fink geboren. Sie war die älteste Tochter des Komponisten Christian Fink und seiner Ehefrau Rosa Pauline Karoline, geb. Schreiber. Die Familie lebte im Haus Hafenmarkt 7, in dem heute das Esslinger Stadtmuseum untergebracht ist. Rosa Helene Fink erhielt wie ihre jüngeren Schwestern neben dem Schulunterricht Gesangsunterricht bei ihrer Mutter; außerdem hatte sie Klavierunterricht. Nach dem Abschluss der Höheren Töchterschule im Alten Rathaus bildete sie sich musikalisch und künstlerisch weiter und besuchte drei Jahre lang die Frauenarbeitsschule. Ihr Ziel war es, später selbst Haushaltsgehilfinnen auszubilden.

1895 heiratete sie den Handschuhfabrikanten Ernst Schimpf († 1942), der zusammen mit seinem Bruder August die Glacéhandschuhfabrik Bodmer an der Schlachthausbrücke betrieb. In der ersten Wohnstatt des jungen Ehepaares in der Schelztorstraße wurden die Kinder Hans Friedrich Wilhelm (1897-1935) und Elisabeth Eugenie Rosa (* 1898) geboren; später zog die Familie in Rosa Helene Schimpfs Elternhaus und 1907 in die lange geplante Villa Schimpf.

Villa Schimpf

Dieses „altdeutsche“ Haus mit 24 Zimmern hatte Albert Benz nach den Wünschen des Ehepaars Schimpf entworfen; Ernst und Rosa Helene Schimpf waren jedoch an der Ausgestaltung tatkräftig beteiligt. Während Rosa Helene Schimpf ein über zwei Stockwerke reichendes Glasfenster gestaltete, das die Wappen aller Esslinger Bürgermeister zeigte, die Ofen- und Brunnenkacheln selbst bemalte und brannte und riesige Wandbehänge stickte, verzierte Ernst Schimpf Deckenbalken, Türen und seinen Schreibtisch mit Schnitzereien. Im Untergeschoss der Villa befand sich eine Hauskapelle mit einer alten Madonnenfigur. Das Bemerkenswerteste an der Villa Schimpf dürfte allerdings ihre Baugeschichte gewesen sein. Da auf dem in Aussicht genommenen Baugrundstück in der Mettinger Straße 17 ein altes Fachwerkhaus der Familie Bodmer aus dem Jahr 1578 stand, das man nicht einfach abreißen wollte, wurde der Stuttgarter Architekt und Ingenieur Erasmus Rückgauer mit der Translozierung des Gebäudes beauftragt. Er trennte das Fachwerkhaus von seinem Fundament, setzte es auf Schienen und verschob es um 17 Meter auf das Nachbargrundstück.

Die Villa Schimpf existiert nicht mehr. Sie wurde 1952 verkauft und 1956 vom Käufer des Grundstücks G. Boley abgerissen.

Aktivitäten

Die Villa Schimpf bot Rosa Helene Schimpf genügend Platz, um ihre Jugendpläne in die Tat umzusetzen. Sie nahm junge Mädchen in das Haus auf, die bei ihr eine gründliche hauswirtschaftliche Ausbildung erhielten. Ihr Gatte war unterdes nicht nur beruflich, sondern auch im Dienste des Kunst- und Altertumsvereins aktiv. Die Kinder wurden wohl häufig vom zahlreich vorhandenen Personal versorgt.

1914 meldete sich Rosa Helene Schimpf zum „Dienst an der Heimatfront“. Sie arbeitete während des Ersten Weltkriegs und danach unter anderem bei der Feldposthilfe. 1919 kandidierte sie für die DDP bei der Gemeinderatswahl. Im Wahlaufruf wurden ihre Dienste bei der städtischen Kriegshilfe, den Kriegsküchen, der Feldposthilfe, der Kriegerwitwenberatung und dem nationalen Frauendienst aufgezählt. Gewählt wurden jedoch außer Anna Grün von der Württembergischen Bürgerpartei ausschließlich Männer.

1924 wurde Rosa Helene Schimpf zusammen mit Klara Enßlin Nachfolgerin von Lena Mayer-Benz als Vorsitzende des Esslinger Hausfrauenverbandes. 1930 übernahm Prof. Immendörfer dieses Amt. Nachdem der Hausfrauenverband gleichgeschaltet worden war, löste er sich 1935 auf. Die Ansprache hierzu hielt Rosa Helene Schimpf.

Im selben Jahr wurde ihr Sohn Hans, ein ehemaliger Korvettenkapitän, gezwungen, sich „auf höheren Befehl“ selbst zu erschießen. 1942 verlor Rosa Helene Schimpf ihren Mann. Nachdem die Schwiegertochter in Berlin ausgebombt worden war, zog sie mit ihren vier Kindern, darunter dem 1924 geborenen Sohn Rolf Schimpf, zurück in ihr Elternhaus. Hier lebte auch Rosa Maria Schimpfs Tochter samt Ehemann Egon Merz und 1931 geborenem Kind sowie ihre jüngere Schwester Eugenie Fink. Rosa Helene Schimpf arbeitete nun ohne Dienstboten in Haus, Garten und Weinberg. Ferner katalogisierte sie bis 1946 die musikalischen Werke ihres Vaters.

Rosa Helene Schimpf wurde auf dem Ebershaldenfriedhof bestattet.

Literatur

  • Margarete Siegele, Rosa Helene Schimpf geb. Fink (1870-1949). Ein großbürgerliches Leben, in: Frauenbeauftragte der Stadt Esslingen am Neckar (Hg.), Frauen. Schicksale. Karrieren. Berufungen. 1850-1950, Esslingen 2005, ISBN 3-9809328-8-5, S. 22-33

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