Stotzingen-Mission

Stotzingen-Mission
Erster Weltkrieg im orientalischen Raum – beteiligte Staaten
  • Entente und Alliierte
  • Mittelmächte

Die Stotzingen-Mission war ein Fernmelde- und Propaganda-Vorhaben des Deutschen Kaiserreiches während des Ersten Weltkrieges. Im Südwesten der Arabischen Halbinsel, etwa bei Sanaa, sollte ein Nachrichtenstützpunkt samt Funkstation entstehen, womit unter anderem die Funkstellen der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika erreichbar gewesen wären. Aufgrund von diplomatischen, logistischen und militärischen Schwierigkeiten der Mittelmächte am südlichen Ausläufer des Osmanischen Reiches scheiterte das Vorhaben.

Ihren Namen erhielt die Mission durch den deutschen Adeligen Othmar Freiherr von Stotzingen, der eine nachrichtentechnische Expedition in den Nahen Osten leitete.

Inhaltsverzeichnis

Funktelegrafische Lage

Die Funkstation Kamina fiel schon bald als Übermittlungspunkt aus.

Das deutsche Kolonialfunknetz befand sich beim Beginn des Ersten Weltkrieges noch im Aufbau. Mit der Zerstörung der transkontinentalen Funkstation Kamina in Togo ging die direkte, gegenseitige Nachrichtenverbindung zwischen Deutsch-Ostafrika und Deutschland verloren.

Die in Deutsch-Ostafrika bestehenden Klein- und Küstenfunkstellen bei Bukoba, Daressalam und Mwanza besaßen nicht die notwendige Reichweite, um bis nach Deutschland zu funken. Eine geplante Großfunkstation bei Tabora kam aufgrund des Krieges nicht zustande.

Mit dem Kriegseintritt des Osmanischen Reiches erstreckte sich der Einflussbereich der Mittelmächte über Land bis nach Sanaa im heutigen Jemen. Von hier aus betrug die Entfernung zur Nordgrenze Deutsch-Ostafrikas nur etwa ein Drittel der Luftlinie BerlinVictoriasee. Eine entsprechende Zwischenstation hätte den Funkverkehr, ausgehend von der Großfunkstelle Nauen, bis nach Afrika und zurück vermitteln können.

Allerdings erschwerten arabisch-osmanische Konflikte sowie die britische Kontrolle des angrenzenden Südjemen die Erreichbarkeit erheblich. Zudem konnten sich Christen im Umkreis der heiligen Stätten des Islam, Medina und Mekka, nicht frei bewegen.

Planungen

Deutsche Nachrichtentruppe, 1914

Deutsch-Ostafrika wurde 1916, nach der deutschen Niederlage in Kamerun, der letzte koloniale Kriegsschauplatz in den „Schutzgebieten“. Daher wuchs das Interesse an einer Wiederherstellung der Verbindung. Im deutschen Admiralstab entstand der Plan, die Region um Sanaa zum Nachrichtenstützpunkt zu machen. Das Reichskolonialamt begrüßte den Plan, da man hoffte, auf diesem Wege mit der Station Muansa am Victoriasee in Kontakt zu treten. Dem Kolonialamt lagen bereits Erfahrungsberichte vor, denen zufolge Funksignale zwischen Deutsch-Ostafrika und Schiffen im Indischen Ozean oder Roten Meer ausgetauscht werden konnten. Das Kolonialamt richtete die Bitte an den stellvertretenden Reichskriegsminister, eine Funkanlage bei Sanaa zu finanzieren. Sei die Errichtung so weit südlich zu schwierig, könne stattdessen eine größere Anlage bei Mekka in Erwägung gezogen werden.[1]

Bei einer Besprechung im Reichspostamt am 14. April 1916 kam man jedoch zu dem Schluss, der Transport einer entsprechenden Funkausrüstung sei aufgrund der ungünstigen Verkehrswege kaum zu bewerkstelligen. Zudem sei die Sicherheit einer solchen Anlage in der umkämpften Grenzregion des Osmanischen Reiches schwer zu gewährleisten. Es bestehe keine Aussicht auf eine Fertigstellung bis zum Kriegsende.[2]

Verlauf der Mission

Trotz der Schwierigkeiten entsandte die Oberste Heeresleitung eine deutsche Sondermission nach Südarabien. Das Unternehmen leitete der Major der Reserve Othmar Freiherr von Stotzingen, der die arabische Sprache beherrschte. Ihm unterstanden vier Personen, darunter der Orientfahrer Karl Neufeld. Ihr Ziel war die Errichtung eines Nachrichten- und Propagandazentrums im Jemen. Auch funktelegrafische Anlagen führte die Expedition mit, die für eine Station in al-Hudaida vorgesehen waren. Die Funkverbindung mit Deutsch-Ostafrika war jedoch nur ein Teilaspekt. Daneben sollten Volksstämme im Sudan sowie am Horn von Afrika zum Krieg gegen die britische, französische und italienische Kolonialherrschaft veranlasst werden. Das neutrale Abessinien sollte die Expedition für den Kriegseintritt auf Seiten der Mittelmächte gewinnen.

Am 15. März 1916 verließ die Expedition Berlin. Nach der Zwischenstation Konstantinopel erreichte die Gruppe von Stotzingen am 26. März 1916 Damaskus. Der dortige Gouverneur Cemal Pascha verbot zunächst die Weiterreise, bis er sie schließlich in Verbindung mit einer osmanischen Truppenverlegung nach Süden doch gestattete. Während der erzwungenen Reisepause traf von Stotzingen mit Emir Faisal zusammen. Faisal zeigte sich den Deutschen gegenüber hilfsbereit, berichtete aber den arabischen Separatisten unter seinem Vater Hussein ibn Ali von dem bevorstehenden Unternehmen. Dies verstärkte die politischen Spannungen in der Region auf verhängnisvolle Weise. Alarmiert durch den deutsch-osmanischen Vorstoß wurde der Beginn des Aufstandes vorverlegt. Die Expeditionsgruppe gelangte zwar noch bis nach Yanbu am Roten Meer, wurde hier aber im Juni 1916 vom Ausbruch der Arabischen Revolte überrascht. Die deutsche Expedition musste sich eilig nach Norden zurückziehen, ohne Sanaa jemals zu erreichen.

Die Funkausrüstung gelangte währenddessen mit der Hedschasbahn nach Medina.[3] Über ihren weiteren Verbleib ist nichts bekannt.

Siehe auch

Literatur

  • Reinhard Klein-Arendt: „Kamina ruft Nauen!“ – Die Funktstellen in den deutschen Kolonien 1904–1918. 3. Aufl., Wilhelm Herbst Verlag, Köln 1999, ISBN 3-923925-58-1, S. 318f.
  • Hans Werner Neulen: Feldgrau in Jerusalem – Das Levantekorps des kaiserlichen Deutschland. 2. Aufl., Universitas, München 2002, ISBN 3-8004-1437-6, S. 165ff.

Einzelbelege

  1. Siehe Klein-Arendt 1999: S. 318
  2. Siehe Klein-Arendt 1999: S. 318
  3. Siehe Neulen 2002: S. 178

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