Sicherungsübereignung von Kraftfahrzeugen

Sicherungsübereignung von Kraftfahrzeugen

Die Sicherungsübereignung von Kraftfahrzeugen ist im Kreditwesen eine Kreditsicherung, die bei der Finanzierung von Kraftfahrzeugen üblich ist. Sie ist wirtschaftlich in Deutschland die wichtigste Form der Einzelsicherungsübereignung und gehört neben dem Leasing zu den beiden Formen der Fahrzeugfinanzierung.

Hierbei sind spezifische Bestimmungen zu beachten, die im Zusammenhang mit der Zulassungsbescheinigung Teil II – dem früheren Fahrzeugbrief - stehen. Die Rechtsverhältnisse zum früheren Kfz-Brief waren in den §§ 24 ff. StVZO geregelt, die mit Einführung der Zulassungsbescheinigung im Jahre 2005 aufgehoben wurden. Diese Bestimmungen regelten jedoch mehr die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse und nicht die zivilrechtlichen Eigentumsfragen. Das gilt auch für die Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (VZF), die unter anderem die Rechtsverhältnisse der Zulassungsbescheinigung regelt.

Inhaltsverzeichnis

Zulassungsbescheinigung Teil II

Deshalb bestehen weiterhin erhebliche Lücken im Hinblick auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse am Kraftfahrzeug. Für die Schließung dieser Lücken und die zivilrechtliche Einordnung des früheren Kfz-Briefs hat daher die BGH-Rechtsprechung in einer Vielzahl von Urteilen sorgen müssen. Die nachfolgende Rechtsprechung des BGH zum früheren Kfz-Brief ist auf die Zulassungsbescheinigung Teil II weitgehend analog anwendbar, weil sich der Rechtscharakter dieser Urkunde nicht geändert hat.

Rechtscharakter der Urkunde

Die Kfz-Zulassungsbescheinigung ist eine fälschungsgesicherte amtliche Urkunde zur Klärung der Verfügungsberechtigung an einem Kfz und der Erfüllung der technischen Betriebsvoraussetzungen. Die Verfügungsberechtigung bezieht sich hier lediglich auf die öffentlich-rechtliche Verantwortung für ein Kfz. Die Kfz-Zulassungsbescheinigung ist weder Wert- noch Traditionspapier[1] und auch keine Beweisurkunde, sondern nur ein „hinkendes Beweiszeichen“. Die Zulassungsbescheinigung ist ein bloßes Hilfspapier.[2] Daher ist die Eintragung in der Kfz-Zulassungsbescheinigung kein Beweis für das Eigentum am Kfz.[3] Der Besitz des Kfz mit Zulassungsbescheinigung gibt jedoch den Rechtsschein der Verfügungsgewalt über ein (gebrauchtes) Kfz. Die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung bildet lediglich ein Indiz, das bei der Würdigung der gesamten Umstände zu berücksichtigen ist. Gegenüber dem Besitzer des Kraftfahrzeugs, zu dessen Gunsten die Vermutung des § 1006 BGB durchgreift, hat daher auch die Person, die die Kfz-Zulassungsbescheinigung besitzt und dort als Halter eingetragen ist, den Nachweis ihres Eigentums zu führen.[4]

Grundlagen

Bereits 1953 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Kfz-Brief den Eigentümer oder sonst dinglich am Kraftfahrzeug Berechtigten schützen soll.[5] Zudem ist nach der Verkehrsauffassung zu vermuten, dass demjenigen, der nicht im Besitz der Zulassungsbescheinigung ist, das Fahrzeug nicht gehört.[6] Die Zulassungsbescheinigung gibt zwar keinen Aufschluss über die Eigentumsverhältnisse am Kfz, weil nicht der Eigentümer, sondern der Halter des Kraftwagens eingetragen ist. Jedoch pflegen Vorbehaltseigentümer oder Sicherungsnehmer die Zulassungsbescheinigung zurückzubehalten oder sich übergeben zu lassen, so dass der Besitz der Zulassungsbescheinigung zwar keine rechtliche Bestätigung des Eigentums am Kfz bedeutet, aber tatsächlich dafür spricht, dass der Besitzer der Zulassungsbescheinigung auch Eigentümer des Kraftwagens ist.[7] Zu den Mindesterfordernissen des gutgläubigen Erwerbs eines Kraftfahrzeugs gehört es regelmäßig,[8] dass sich der Käufer die Zulassungsbescheinigung vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers prüfen zu können.[9]

Eigentum an der Zulassungsbescheinigung

Das Eigentum an der Zulassungsbescheinigung steht nach § 952 Abs. 2 BGB dem Kfz-Eigentümer zu[10], Kfz und Zulassungsbescheinigung sind untrennbar verbunden.[11] Ein gutgläubiger Erwerb des Kfz ohne Kfz-Zulassungsbescheinigung ist deshalb nicht möglich (§ 932 Abs. 2 BGB). Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen des gutgläubigen Erwerbs eines Kfz, dass sich der Käufer die Zulassungsbescheinigung vorlegen lässt, um die Berechtigung des Verkäufers prüfen zu können.[9] Daher muss der Umstand, dass der Verkäufer die Zulassungsbescheinigung nicht vorlegen kann, beim Käufer Argwohn erwecken und Anlass zu weiteren Nachforschungen geben.[12]

Eigentum am Kraftfahrzeug

Die Verfügungsberechtigung über ein Fahrzeug ist nicht notwendig mit Eigentum verbunden, denn den Antrag auf Zulassung kann jeder Halter stellen, ohne dass er rechtlicher Eigentümer sein muss. Verfügungsberechtigung bezieht sich hier lediglich auf die öffentlich-rechtliche Verantwortung für ein Kfz. In C.4c der Zulassungsbescheinigung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „der Inhaber der Zulassungsbescheinigung nicht als Eigentümer des Fahrzeuges ausgewiesen wird". Der rechtliche Eigentümer hat lediglich einen Anspruch auf Aushändigung der Zulassungsbescheinigung und auf Eintragung seines Namens hierin. Eigentümer eines Kraftfahrzeuges ist vielmehr regelmäßig derjenige, dem das Fahrzeug übereignet wurde.

Zivilrechtlich wird deshalb nur derjenige Eigentümer eines Kraftfahrzeuges, der sich mit dem früheren Eigentümer über die Übertragung des Eigentums geeinigt hat und dem zusätzlich das Kraftfahrzeug übergeben wurde. Die Zulassungsbescheinigung hat in diesem Zusammenhang keine unmittelbare Funktion im Veräußerungsvorgang; eine Übergabe der Zulassungsbescheinigung ersetzt deshalb nicht die tatsächliche Übergabe des Fahrzeuges. Umgekehrt ist auch eine Eigentumsübertragung am Kraftfahrzeug ohne eine Übergabe der Zulassungsbescheinigung möglich, denn sie ist kein Traditionspapier.[1] Dies allerdings ermöglicht nach der zitierten BGH-Rechtsprechung und der Gesetzeslage keinen gutgläubigen Eigentumserwerb am Fahrzeug.

Nach der ständigen Rechtsprechung, die der BGH in einer Reihe von Entscheidungen entwickelt hat, begründet beim Kauf gebrauchter Kraftfahrzeuge der Besitz der Zulassungsbescheinigung jedoch allein nicht den für den gutgläubigen Erwerb nach § 932 BGB bzw. § 366 HGB erforderlichen Rechtsschein.[12] Unterlässt der Käufer schon die Prüfung der Zulassungsbescheinigung, so ist nach gefestigter Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis begründet.[13] Nach ständiger Rechtsprechung besteht beim Gebrauchtwagenkauf immer dann Anlass zu weitergehenden Nachforschungen („Verdachtssituation“), wenn Veräußerer und in den Papieren verzeichneter Eigentümer nicht identisch sind.[14]

Zulassungsbescheinigung und Sicherungsübereignung

Ein wesentlicher Teil der BGH-Rechtsprechung befasst sich mit Rechtsfragen zur Sicherungsübereignung von Fahrzeugen und dem Schicksal der Zulassungsbescheinigung II. Der Sicherungsgeber bestätigt im Sicherungsvertrag, dass er als Eigentümer über das zu übereignende Kraftfahrzeug verfügungsbefugt ist und wird zudem im Sicherungsvertrag verpflichtet, der Bank die Zulassungsbescheinigung II im Original zu übergeben. Eine finanzierende Bank handelt nämlich grob fahrlässig, wenn sie sich nicht die Zulassungsbescheinigung bei einer Sicherungsübereignung des Kfz aushändigen lässt.[15] Zudem ist die finanzierende Bank bösgläubig, wenn sie sich nicht aufgrund der Eintragung in der Zulassungsbescheinigung davon überzeugt, dass der Sicherungsgeber verfügungsbefugt ist.[16] Wie bei jeder Sicherungsübereignung hat das sicherungsnehmende Kreditinstitut anhand geeigneter Dokumente die Eigentumsverhältnisse zu klären, um überhaupt Eigentümerin des Sicherungsgutes werden zu können; regelmäßig ist der Kaufvertrag vorzulegen. Der gute Glaube einer Bank ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn in der Zulassungsbescheinigung eine andere Person als der Sicherungsgeber vermerkt ist[9] oder die Zulassungsbescheinigung keine Haltereintragung ausweist.[17] Bei importierten Fahrzeugen werden den Banken im Rahmen der Sicherungsübereignung besondere Prüfungspflichten auferlegt.[18] Diese gefestigte Rechtsprechung wird von der Erwägung getragen, dass bei gebrauchten Kraftfahrzeugen jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr, auch wenn er keine genaue Kenntnis von den rechtlichen Voraussetzungen und Folgen einer Sicherungsübereignung hat, wissen muss, dass Kraftfahrzeuge oftmals als Sicherheit für einen bei ihrer Anschaffung gewährten Kredit dienen.[19]

Wertermittlung bei der Sicherungsübereignung

Bei der Neuwagenfinanzierung dient der im Kaufvertrag enthaltene Kaufpreis als Grundlage für die Ermittlung des Beleihungswerts. Dieser und die Festlegung der Beleihungsgrenze werden in den einzelnen Gruppen der Kreditinstitute (Sparkassen, Raiffeisenbanken, Privatbanken) unterschiedlich behandelt, sodass allgemein gültige Aussagen nicht gemacht werden können. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Beleihungsgrenzen bei der Beleihung von gängigen Kraftfahrzeugen maximal 50 % des Kaufpreises nicht überschreiten. Bei Gebrauchtwagen wird als Wertmaßstab die Schwacke-Liste (oder Eurotax) herangezogen, deren ausgewiesene Zeitwerte ebenfalls mit maximal 50 % beliehen werden können. Dabei passt sich die Kreditlaufzeit an die gewerbliche Abschreibungsdauer der Fahrzeuge an, überschreitet also allgemein nicht die Dauer von fünf Jahren.

Wirtschaftliche Bedeutung

Der Inlandsumsatz von Kraftfahrzeugen (Mitglieder des Verbandes der Automobilindustrie) betrug im Jahre 2008 in Deutschland € 106 Mrd.[20], Verkäufe ausländischer Fahrzeuge sind hierin nicht enthalten. Dem ADAC zufolge werden 70 % aller Neuwagenkäufe durch Sicherungsübereignung oder Leasing finanziert[21], sodass mindestens € 70 Mrd. als Finanzierungsvolumen auf Leasing und Sicherungsübereignung entfallen. Damit gehören die Sicherungsübereigung oder das Leasing von Kraftfahrzeugen zu den bedeutendsten Finanzierungsformen im Rahmen der Konsumfinanzierung.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b BGH NJW 1978, 1854
  2. BGH NJW 1978, a.a.O.
  3. BGH NJW 1976, 239
  4. BGH NJW 2004, 217
  5. BGH NJW 1953, 1347
  6. BGH WM 1967, 448
  7. BGH NJW 1977, 1240
  8. BGH NJW 1975, 735
  9. a b c BGH NJW 1991, 1415
  10. BGH NJW 1960, 397
  11. BGH NJW 1964, 1413
  12. a b BGH NJW 1994, 2022
  13. BGH WM 1975, 362; „Gebrauchtwagenhändler-Fall“
  14. BGH WM 1987, 1282
  15. BGH WM 1970, 658
  16. BGH NJW 1975, 735
  17. BGH WM 1996, 172
  18. BGH WM 1994, 1296
  19. BGH WM 1996, 1384
  20. VDA Auto-Jahresbericht 2008, S. 265
  21. Spiegel Online vom 26. Februar 2004; Süddeutsche Zeitung vom 22. April 2004, Leasing oder Finanzierung?
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