- Vorerzgebirgs-Senke
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Als Vorerzgebirgs-Senke, auch Werdau-Hainicher Trog, Erzgebirgisches Becken oder Erzgebirge-Becken wird in der Geologie ein intramontanes Sedimentbecken in Sachsen und Thüringen bezeichnet, das im Karbon und Perm nördlich des variskisch konsolidierten Erzgebirge entstanden ist. Es enthält diskontinuierlich Ablagerungen des höchsten Unterkarbon bis zum Oberrotliegend II.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Die Vorerzgebirgs-Senke ist ein NW-SO-streichendes, ca. 70 x 30 km großes Ablagerungsbecken, das etwa begrenzt wird durch die Orte Hainichen im Osten, Oelsnitz und Zwickau im Süden, Werdau und Crimmitschau im Westen sowie Hohenstein-Ernstthal, Glauchau und Altenburg im Norden. Es liegt damit zum größten Teil im Freistaat Sachsen und zieht sich im Westen in kleinen Teilen bis nach Thüringen hinein.
Geologie
Die Vorerzgebirgs-Senke in ihrer Gesamtheit ist ein im Unterperm angelegtes intramontanes Ablagerungsbecken, das Erosionsrelikte von vier älteren, unter- bis oberkarbonisch angelegten, kleineren Senken enthält (Hainichen-, Flöha-, Zwickau- und Oelsnitz-Teilsenke), wobei die unterkarbonisch angelegte Hainichen-Teilsenke eine Sonderstellung einnimmt. Die oberkarbonischen Senken innerhalb der Vorerzgebirgs-Senke tieften sich postorogen in die variskischen Decken ein und wurden im Stefanium z.T. wieder abgetragen, bevor sich im Unterperm die eigentliche, größere Vorerzgebirgs-Senke eintiefte.. Die Rotliegendsedimente liegen damit nicht nur auf diesen älteren unter- und oberkarbonischen Erosionsrelikten, sondern greifen auch auf die älteren Schichten des variskisch konsolidierten Untergrunds über. Die Sedimentation endet mit marinem und nichtmarinem Zechstein, je nach Position innerhalb des Beckens. Tektonisch gesehen handelt es sich um ein asymmetrisches Becken, das entlang einer Störung am Nordrand seine größte Mächtigkeit im nördlichen Teil hat. Das Becken bildet heute eine sehr flache Muldenstrukur.
Hainichen-Teilsenke
Die Hainichen-Teilsenke im Nordosten der Vorerzgebirgs-Senke enthält "molassoides" Unterkarbon (Hainichen-Subgruppe) mit früher abgebauten Steinkohleflözen und Sand- und Tonvorkommen (Sandgruben und Ziegeleien). In der Literatur wird sie z.T. auch noch weiter in Borna-Ebersdorf- und Berthelsdorf-Hainichen-Teilsenken untergliedert. Die Basis der Hainichen-Subgruppe (Viseum) ist, da wo sie aufgeschlossen oder erbohrt ist, im tektonischen Kontakt zum variskisch konsolidierten Untergrund. Die Gesamtmächtigkeit ist nicht genau bekannt, da die tiefste Bohrung noch in der unteren Ortelsdorf-Formation beendet wurde. Sie beträgt jedoch über 1000 m. Der Top der karbonischen Sedimente ist erosiv abgeschnitten und von jüngeren Sedimenten des Westfalium oder Rotliegend überlagert. Lithostratigraphisch werden innerhalb der Hainichen-Subgruppe zwei Formationen ausgehalten:
- Hainichen-Subgruppe
- Berthelsdorf-Formation
- Ortelsdorf-Formation
Flöha-Teilsenke
Die Flöha-Teilsenke ist ein etwa 11 x 3 km großes, störungsbegrenztes Becken, das im Kreuzungsbereich der NW-SO streichenden Flöha-Zone und der NO-SW verlaufenden Detachment-Zone zwischen Erzgebirge und Granulitgebirge entstanden ist. Im Nordwesten des Teilbeckens liegt die basale Flöha-Formation winkeldiskordant auf Ablagerungen der unterkarbonischen Hainichen-Subgruppe. Die Flöha-Formation ist erosiv gekappt, darüber lagern winkeldiskordant die Ablagerungen der unterpermischen Härtensdorf-Formation.
Zwickau-Teilsenke
Die zusammen eine Größe von 6 x 30 km einnehmenden Teilsenken von Zwickau und Oelsnitz entstanden im Westfalium C/D im Kreuzungsbereich von größeren Störungszonen, der NW-SO verlaufenden Gera-Jáchymov-Zone, der SW-NO-verlaufenden Detachment-Zone von Erzgebirge und Granulitgebirge und der Nord-Süd-verlaufenden Plauen-Leipzig-Dessau-Zone. In der Zwickau-Teilsenke liegen die Westfalium-Sedimente diskordant auf variskisch konsolidiertem Grundgebirge. Die karbonischen Sedimente werden wiederum erosionsdiskordant, unter Fehlen des gesamten Stefaniums, durch Sedimente des Unterrotliegend überlagert. Lithostratigraphisch wird eine Formation mit drei Subformationen unterschieden:
- Zwickau-Formation
- Oberhohndorf-Subformation
- Marienthal-Pöhlau-Subformation
- Schedewitz-Subformation
Die karbonischen Schichten der Zwickau-Teilsenke sind insgesamt ca. 350 m mächtig und enthalten 20 Kohleflöze.
Oelsnitz-Teilsenke
Die ca. 200 m mächtige Sedimentabfolge in der Oelsnitz-Teilsenke wird in Berger et al. (2010)[1] formell lithostratigraphisch zu einer Formation mit vier Subformationen gegliedert:
- Oelsnitz-Formation
- Neuflöz-Subformation
- Hoffnungflöz-Subformation
- Hauptflöz-Subformation
- Lugau-Subformation
Die Westfalium-Ablagerungen in der Oelsnitz-Teilsenke enthalten 13 Kohleflöze.
Gliederung der Schichten des Rotliegend
Die Rotliegend-Abfolge ist dominiert von vulkanischen pyroklastischen Ablagerungen und untergeordnet auch Laven. Die zwischengeschalteten terrestrischen Sedimente zeigen den Wechsel von feuchten humiden Verhältnissen im Unterrotliegend zu einem trocken ariden Klima im Oberrotliegend.
- Rotliegend (von unten nach oben entsprechend der stratigraphischen Lagerung)
- Mülsen-Formation
- Leukersdorf-Formation
- Planitz-Formation
- Härtensdorf-Formation
Die Rotliegend-Sedimente besitzen eine additive Mächtigkeit von über 2000 m.
Wirtschaftliche Bedeutung und diesbezügliche Forschungen
Die Vorerzgebirgssenke hatte vor allem wegen der in den Zwickau- und Oelsnitzer-Teilsenken enthaltenen Steinkohlenflöze große wirtschaftliche Bedeutung. Verstärkter Bergbau wurde in der Zwickauer Teilsenke ab 1830 betrieben (bis 1978), in der Oelsnitzer Teilsenke von 1844 bis 1971. Insgesamt wurden aus den beiden Teilsenken ca. 350 mio t Steinkohle gewonnen. Der Kohleabbau in der Zwickauer Teilsenke ist seit dem 14. Jahrhundert dokumenti ert.
Die Tuffsteinbrüche des Zeisigwaldes und anderer Aufschlüsse (Leukersdorf-Formation) in Chemnitz sowie am Gückelsberg in Flöha lieferten über mehrere Jahrhundert in die nähere und weitere Region von Chemnitz große Mengen an Werksteinprodukte. Die historische Bausubstanz der Stadt Chemnitz ist in besonderer Weise davon geprägt worden und es bildet dort das dominante Architekturgestein. Das denkmaltopographisch und künstlerisch bekannteste Objekt aus dem Hilbersdorfer Porphyrtuff der Lagerstätte bei Chemnitz-Hilbersdorf ist jedoch die Tulpenkanzel im Freiberger Dom.[2][3][4]
Der industriell geprägten Kohleförderung ging die erste systematische geologische Kartierung Sachsens voraus. Abraham Gottlob Werner hatte 1786 auf die Vorteilhaftigkeit einer landesweiten Rohstoffprospektion verwiesen. Der sächsische Kurfürst beauftragte Werner im Jahre 1791 mit der Ausführung dieser Aufnahmearbeiten, da das Oberbergamt bereits 1788 zur Suche nach Steinkohlenvorkommen aufgefordert worden war. Werner weitete den Untersuchungsauftrag zur landesweiten geologischen Kartierung auf der Grundlage von 107 Sektionen aus, konnte sie jedoch zusammen mit seinen Schülern bis zu seinem Tode im Jahr 1817 nicht vollständig ausführen. Diese erste moderne geologische Landesaufnahme widmete sich den Kohlelagerstätten in besonderer Weise und hatte auf die Entwicklung des neuzeitlichen Kohlebergbaus in der Region der Vorerzgebirgssenke einen maßgeblich fördernden Einfluss ausgeübt. Im Rahmen der erneuten geologischen Kartierung ab 1835 durch Bernhard Cotta und Carl Friedrich Naumann vertieften sich die wirtschaftlich verwertbaren Kenntnisse über die Kohlelagerstätten.[5][6]
Von lokalem Interesse waren auch die Sand- und Tonstein-Vorkommen in der Berthelsdorf-Formation der Hainichen-Teilsenke, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts abgebaut wurden.
Quellen
Literatur
- Werner Pälchen und Harald Walter (Hrsg.): Geologie von Sachsen Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermüller), Stuttgart 2008.
- Jörg W. Schneider, Ronny Rössler, Klaus Hoth, Peter Wolf, Matthias Lobin, Birgit G. Gaitzsch, Harald Walter und Erhard-A. Koch: Vorerzgebirgs-Senke und Erzgebirge. Courier Forschungsinstitut Senckenberg (Stratigraphie von Deutschland V - Das Oberkarbon (Pennsylvanium) in Deutschland), 254: 369-394, Frankfurt 2005 ISBN 3-510-61380-5
Einzelnachweise
- ↑ H.-J. Berger, H. Steinborn, S. Görne und C. Junghans: Stratigraphie und Tektonik im Steinkohlerevier Lugau/Oelsnitz. Geoprofil, 13: 15-44, Dresden 2010.
- ↑ Frieder Jentsch: Sächsische Gesteine in der Architektur. In: Veröffentlichungen Museum für Naturkunde Chemnitz, Jg. 28 (2005), S. 5-20
- ↑ H. Siedel: Materialien der Kanzel und des Fundamentes. In: A. Kiesewetter, H. Siedel, H. & M. Stuhr: Die Tulpenkanzel im Dom zu Freiberg. Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalplege Sachsen Jg. 2 (1995), S. 68-74
- ↑ A. Sauer, Th. Siegert, A. Rothpletz et al.: Geologische Specialkarte des Königreichs Sachsen. Section Augustusbrg-Flöha. Nr. 97. 2. Auflage, Leipzig 1905
- ↑ Otfried Wagenbreth: Geschichte der Geologie in Deutschland. Enke, Stuttgart 1999, S. 34 ISBN 3-13-118361-6
- ↑ Otfried Wagenbreth: Der sächsische Mineraloge und Geologe Carl Friedrich Naumann (1797-1873). In: Abhandlungen des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden. Bd. 29 Geologen der Goethezeit. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1979 S. 358
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