Walter von Mohrenschildt

Walter von Mohrenschildt

Walter Erich von Mohrenschildt (* 12. Dezember 1910 in Dresden; † 1. Juli 1934 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher SA-Führer.

Leben und Wirken

Walter von Mohrenschildt entstammte einer alten baltischen Adelsfamilie. Sein Vater war der Landwirt Walter Constantin von Mohrenschildt. Sein älterer Bruder war der Journalist Udo von Mohrenschildt. Nach dem Schulbesuch wurde Mohrenschildt zum Diplomkolonialwirt ausgebildet.

1930 trat Mohrenschildt in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein (Mitgliedsnummer 193.868). Bis Anfang 1932 gehörte er der Ortsgruppe Witzenhausen im Parteigau Hessen Nord an. Aufgrund von politischen Vergehen setzte Mohrenschildt sich zu dieser Zeit einige Monate lang nach Brasilien ab. Obwohl er nach seiner Rückkehr bei verschiedenen NSDAP-Ortsgruppen als Mitglied geführt wurde, wurde seine durch die Flucht nach Brasilien bedingte Streichung als Parteimitglied erst im Januar 1934 zurückgenommen. Mohrenschildt wurde seit dieser Zeit beim Groß-Gau Berlin als Mitglied geführt.[1]

Sein politisches Hauptbetätigungsfeld fand Mohrenschildt in der Sturmabteilung (SA) der NSDAP. In dieser stieg er nach seiner Rückkehr aus Brasilien bis zum persönlichen Adjutanten des Gruppenführers der SA in Berlin und Brandenburg Karl Ernst auf. Aufgrund der bekannten homosexuellen Neigungen Ernsts stand Mohrenschildt – den der erste Chef der Gestapo, Rudolf Diels, als „jung, hübsch und rotwangig“ beschrieb[2] – in dem Ruf, homosexuelle Beziehungen zu seinem Chef zu unterhalten.

Als Hitler die SA im Zuge der als „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen Säuberungswelle vom Frühsommer 1934 politisch entmachtete, wurde Walter von Mohrenschildt zusammen mit den meisten anderen engen Mitarbeitern Karl Ernsts, wie Wilhelm Sander, Daniel Gerth, Gerd Voß und Veit Ulrich von Beulwitz von der SS verhaftet. Am 1. Juli 1934 wurde er in der als Kaserne der SS-Leibstandarte Adolf Hitler genutzten Hauptkadettenanstalt Lichterfelde von einem SS-Kommando erschossen.

Mohrenschildts Urne wurde am 21. Juli 1934 auf dem Waldfriedhof Niesky beigesetzt.

Mohrenschildt und der Reichstagsbrand

In der ausländischen Presse kam beinahe sofort nach der Erschießung von Mohrenschildts die Behauptung auf, dass er als Adjutant Karl Ernsts an der Inbrandsetzung des Berliner Reichstages am 28. Februar 1933 beteiligt gewesen sei.[3] Als Beleg für diese Behauptung diente jahrelang das später als Fälschung entlarvte „Ernst-Testament“, ein vorgeblich aus der Feder von Karl Ernst stammendes Dokument, in dem dieser sich scheinbar dazu bekannte, den Reichstag angezündet zu haben. Mohrenschildt wurde in diesem Schriftstück als einer der Beteiligten der vermeintlichen Brandstiftung im Reichstagsgebäude durch die SA bezeichnet. Außerdem wurde ihm die Rolle eines von mehreren Treuhändern des Testaments zugewiesen, die das Testament im Falle eines gewaltsamen Todes von Ernst der ausländischen Presse zur Veröffentlichung zuspielen sollten. Dass das Dokument trotz des Todes von Mohrenschildt ins Ausland gelangte, wurde damit erklärt, dass Kopien desselben bereits vor der Erschießung der Gruppe um Karl Ernst im Ausland hinterlegt worden seien.

Obwohl die historische Forschung das „Ernst-Testament“ bereits in den 1960er Jahren als Fälschung identifizieren konnte, wurde Mohrenschildt in der Literatur zum Reichstagsbrand noch jahrzehntelang mit dem Ereignis in Verbindung gebracht. Die Behauptung, dass er einem angeblichen Stoßtrupp angehört habe, der in das Reichstagsgebäude eingedrungen und den Brand gelegt habe, oder dass er zumindest durch seinen Chef Ernst von einem solchen Vorgang unterrichtet gewesen sei, wurde zumal in Veröffentlichungen von Walther Hofer, Edouard Calic und des „Internationalen Komitees zur wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkrieges“ noch bis in die 1980er Jahre ohne stichhaltige Quellen weiterbehauptet.[4]

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv Lichterfelde: Parteikorrespondenz (PK) I 0123, Bild 482 ff.
  2. Rudolf Diels: Lucifer ante Portas. Zwischen Severing und Heydrich, 1949, S. 232.
  3. Pierre Grégoire: Der Reichstagsbrand. die Provokation des 20. Jahrhunderts, Luxemburg 1978, S. 150.
  4. Siehe dazu beispielhaft Walther Hofer: Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation‎, 1978 oder Edouard Calic: Reinhard Heydrich. Schlüsselfigur des Dritten Reiches, 1982.

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