Wilhelm Sander (SA-Führer)

Wilhelm Sander (SA-Führer)
Wilhelm Sander (1934).

Wilhelm Sander (* 14. Juni 1895 in Aurich; † 1. Juli 1934 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher SA-Führer und eines der Opfer des sogenannten „Röhm-Putsches“.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Deutsches Kaiserreich und Weimarer Republik (1895 bis 1933)

Nach dem Schulbesuch nahm Wilhelm Sander am Ersten Weltkrieg teil. Zu seinen Kriegskameraden gehörte unter anderem der spätere Katholikenführer Erich Klausener. Nach dem Krieg gehörte Sander der Preußischen Polizei an, aus der er nach einem Vorfall im Jahr 1922 entlassen wurde.

Ende der 1920er Jahre schloss Sander sich der NS-Bewegung an: Er wurde Mitglied der NSDAP und der SA. Spätestens 1932 führte er eine SA-Standarte in Berlin.

NS-Zeit

Als Karl Ernst im März 1933, wenige Wochen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten, zum Führer der SA-Gruppe Berlin-Brandenburg ernannt wurde, wurde Sander zum Stabschef der Gruppe Berlin-Brandenburg ernannt. Im selben Jahr wurde Sander auch wieder in die Preußische Polizei aufgenommen, allerdings gleichzeitig mit seiner Wiederaufnahme aufgrund seiner Aufgaben im Stab von Ernst beurlaubt. Außerdem übernahm er die Funktion des Verbindungsmannes der SA-Gruppe Berlin-Brandenburg zur Preußischen Polizei.

Tod

Am 1. Juli starb Sander im Zuge der als Röhm-Putsch bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle der Nationalsozialisten vom Frühsommer 1934: am frühen Morgen des 30. Junis 1934 war er anlässlich einer für diesen Tag in Bad Wiessee bei München angesetzten SA-Führertagung, bei der er Karl Ernst – der aufgrund seiner Hochzeitsreise beurlaubt war – als Vertreter der Gruppe Berlin-Brandenburg vertreten sollte, nach München gereist. Am Mittag des 30. Junis nahm er an einer von Hitler kurzfristig einberufenen Sitzung aller nach München gekommenen höheren SA-Führer, die zu diesem Zeitpunkt nicht verhaftet waren, im Senatssaal des Braunen Hauses teil, bei der Hitler in einer Rede die Absetzung Ernst Röhms als Stabschef der SA und die Verhaftung aller in Röhms angeblichen Putsch verwickelten SA-Führer bekanntgab. Heinrich Bennecke gibt an, dass er selbst miterlebt hätte, wie Sander kurz nach dem Ende von Hitlers Vortrag beim Verlassen des Braunen Hauses verhaftet worden sei. Kurz zuvor will er, Bennecke, bei einem Anruf in Berlin noch gefragt worden sein, wer die Gruppe Berlin-Brandenburg auf der geplanten Führertagung vertreten würde. Bennecke schlussfolgerte später, dass er mit der Nennung von Sanders Namen wahrscheinlich unwissentlich die Veranlassung dafür gegeben hätte, dass in Berlin der Befehl zur Verhaftung Sanders erteilt worden sei, der kurze Zeit später in München eingegangen sei und zur Festnahme Sanders geführt habe.[1]

Einer anderen Quelle zufolge soll Sander die Ereignisse des 30. Junis in Berlin erlebt haben und geglaubt haben, die dortigen Verhaftungen wären eine Sonderaktion Görings, der wahnsinnig geworden sei. Daraufhin erst soll er versucht haben nach München zu reisen, um Adolf Hitler von den Berliner Ereignissen zu verständigen.

Wohl in den frühen Morgenstunden des 1. Julis wurde Sander nach Berlin gebracht, wo er im Laufe des 1. Julis auf dem Gelände der Kadettenanstalt Lichterfelde von einem SS-Kommando erschossen wurde. Einem Bericht der Sopade zufolge soll Sander sich bei der Erschießung „außerordentlich feige“ benommen haben: Er habe sich im Angesicht des Exekutionskommandos immer wieder auf die Erde geworfen, so dass er immer aufs neue aufgerichtet hatte werden müssen, bis man ihm schließlich am Boden liegend ins Gesicht geschossen habe.[2]

Hauptgrund für die Exekution Sanders dürfte seiner Zugehörigkeit zum Stab von Karl Ernst gewesen sein, dessen Umfeld besonders stark von der Säuberungsaktion des 1. Julis betroffen war: so wurden außer Sander auch Ernsts Adjutant Walter von Mohrenschildt, sein Rechtsberater Gerd Voss, sein Referent Daniel Gerth sowie sein Freund Erwin Villain erschossen.

Später wurde Sander, wie auch andere Mitglieder des Stabes von Karl Ernst, die beim Röhm-Putsch erschossen wurden, verschiedentlich mit dem Reichstagsbrand vom Februar 1933 in Verbindung gebracht. So wurde etwa behauptet, er habe Marinus van der Lubbe zum Reichstagsgebäude gebracht und van der Lubbes Eindringen in das Gebäude als „Aufpasser“ aus einiger Entfernung beobachtet. Die meisten Behauptungen dieser Art konnten von der Forschung jedoch als Fälschungen oder unbelegtes Hörensagen entlarvt werden.

Quellen

  • SA-Unterlagen zu Wilhelm Sander, SA 4000, Bundesarchiv Lichterfelde.

Einzelnachweise

  1. Bennecke: Die Reichswehr und der Röhm-Putsch.
  2. Sozialdemokratische Partei Deutschlands: Deutschland-Bericht der Sopade. Jg. 1, 1934, S. 193.

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