Zentralbad (Wien)

Zentralbad (Wien)
Kaiserbründl-Sauna in Wien

Das Wiener Zentralbad (früher auch Centralbad oder Central-Bad) war eine exklusive Badeanstalt im Zentrum von Wien. Heute ist darin die Herrensauna[1] Kaiserbründl untergebracht.

Inhaltsverzeichnis

(Vor-)Geschichte

Das Zentralbad gilt zu Recht als ältestes und vornehmstes noch heute bestehendes Bade-Etablissement in Wien. Es liegt zwischen Stephansdom und Stadtpark, in nächster Nähe zur ursprünglichen Stadtbefestigung, der Weihenburg (heute Weihburggasse) und dem Palais Coburg. Der noch heute auf dem Areal befindliche ertragreiche Hausbrunnen – er speiste früher den Wasserbedarf mit einem täglichen Ausstoß von rund 200.000 Litern Frischwasser – soll schon zur Römerzeit für das hier gelegene Brückenkopf-Castell genutzt worden sein. Der Alte Ramhof (ein Zentrum der Textil-Industrie) befand sich seit dem Mittelalter (erste urkundliche Erwähnung 1369) und bis um 1880 auf diesem Grundstück.[2] Das Bad kann als legitime Nachfolge-Institution einer Reihe von nahegelegenen Bädern des Mittelalters gelten. In der näheren Umgebung des Franziskanerplatzes gab es im Mittelalter und der früheren Neuzeit folgende Bäder:

Durch das Auftreten von Seuchen wie Pest und Syphilis wurde aber im 15. und 16. Jahrhundert ein Niedergang der Wiener Badekultur eingeleitet.[6] Seitdem Badegelegenheiten für die Wiener Bürger in der Neuzeit hauptsächlich vor den Stadttoren bestanden (in der Leopoldstadt im Dianabad und auf der Landstraße im Sofienbad), war auch in der Inneren Stadt die Errichtung einer Badeanstalt ein Desideratum.

Gebäude- und Innenarchitektur

Central-Bad-Werbung um etwa 1900

Adolf Endl (1847-1887), der um 1885 die Leitung des Bauunternehmens Honus & Lang[7] übernommen hatte, entschloss sich, in dem Wohn- und Geschäftshaus in der Weihburggasse 18-20 ein repräsentatives Bad zu errichten. Dies wurde zu einem seiner wichtigsten Bauvorhaben, das er noch in der damals üblichen Formensprache des Späthistorismus gestaltete.[8] Hier plante er im Mezzanin, im Parterre und im Souterrain eine großzügig angelegte Badeanstalt, das zunächst als Wiener General-Bad angekündigte spätere Centralbad. Da Endl noch 1887 starb (im selben Jahr, in dem er das Grundstück erwarb und die ersten Pläne erstellte), wurde das Projekt von seinen Partnern (wieder Honus & Lang) weitergeführt,[9] wobei sich aufgrund des Einspruchs der Anrainer – insbesondere der Mönche des Franziskanerklosters – bei der Fertigstellung erhebliche Verzögerungen ergaben.[10]

Mit den weiteren innenarchitektonischen Planungen wurde Albert Constantin Swoboda (1853-1941) betraut. Swoboda hatte nach seinem Studium an der Technischen Hochschule sowie an der Akademie der bildenden Künste Wien in Odessa und im Russischen Reich Erfahrungen im orientalisch-maurischen Stil gesammelt. Er zeichnete in der Folge insbesondere für die Detailplanung und die Innenausstattung des Wiener Bades verantwortlich (das Bad ermöglichte Dampf-, Schwefel- und Moorbäder, Frigidarien und Calarien). Die elektrische Ausstattung übernahm die Firma Siemens & Halske. In der Neuen freien Presse ist die Eröffnung für den 26. Mai 1889 in einer großen Anzeige angekündigt worden.[5] Doch stammt nur ein Teil der architektonischen Entwürfe der heute noch erhaltenen orientalischen Ausstattung von Swoboda (ein Grund- und Aufriss des ursprünglichen Bades ist in dem Artikel von Anton Honus in der Wochenschrift des Österreichischen Ingenieur- u. Architekten-Vereins 1890 abgedruckt).[11]

Das frühere Frauenbad[12] – das erst 1894 von den Gebrüdern Czada[13] in den vorigen Kesselräumlichkeiten eingerichtet wurde[14] und dessen Ausstattung im maurischen Stil in Anlehnung an den Löwenhof der Alhambra in Granada gestaltet wurde – weist heute noch ein kleines Schwimmbecken auf.

Simon Baruch, der berühmte Pionier auf dem Gebiet der Hydrotherapie und Gründer des Öffentlichen Badewesens von New York bezeichnete die von den medizinischen Kapazitäten Josef Hertzka (Badearzt in Ischl) und Wilhelm Sperber beratene Bade-Institution als "the most substantial, elegant and complete bath in the world."[15] Um 1900 gehörte es für gehobene Schichten dazu, das Wiener Centralbad zu besuchen, und es wird auch in Reiseführern empfohlen.[16] Prominenteste Stammgäste des Etablissements waren – nach Auskunft der Fürstin Nora Fugger – um 1900 beispielsweise der jüngere Bruder des Kaisers Erzherzog Ludwig Viktor sowie in den 1920er Jahren Eduard, Prince of Wales (später Herzog von Windsor). Die Popularität in gehobenen Kreisen geht auch aus literarischen Schilderungen hervor, in denen Besuche des Bades erwähnt werden.[17]

Nutzung als Saunabetrieb

Bis 1975 war das Bad mit getrennter Frauen- und Männerabteilung teilweise schon als Clubsauna in Betrieb, dann übernahmen Johann Merkader, Peter Jansky (vom Operncafé Hartauer) und Gottfried Gindl als Pächter das Bad und renovierten es unter denkmalgerechten Aspekten (teils auch aus Mitteln der Stadt Wien) unter der Leitung des Architekten Josef Freisling. Der Badebetrieb für Frauen wurde dann eingestellt, aber zunächst blieben für die männlichen Gäste nur die Teile des ehemaligen Frauenbades geöffnet.[18] Anlässlich der Neuwidmung des Etablissements seit Ende der 1970er bzw. zu Beginn der 1980er Jahre – als das Bad unter dem Namen Kaiserbründl als Herrensauna weitergeführt wurde – wurden eine Reihe von historisch bemerkenswerten oder auch recht spektakulären Vorkommnissen in Wiener Bädern stellvertretend der Institutionsgeschichte des Zentralbads einverleibt.[19] Zum Beleg, dass diese Badeanstalt mit dem eigentlichen Ursprung Wiens in Verbindung zu bringen sei, ist auch die Entlehnung des Namens der gefassten Wienfluss-Quelle (Kaiserbründl) herangezogen worden, die am 23. April 1884 von der Kaiserin Sisi besucht worden war.[20]

Seit der Renovierung in den 1990er-Jahren weisen die Räumlichkeiten des Bades freizügige Wand- und Deckenmalereien des Künstlers und Bühnenbildners Stefan Riedl auf, teilweise sind sie von bekannten Mythen (etwa Zeus und Ganymed) oder auch berühmten Gemälden inspiriert. Die Decke des heute zu einem Tempel umgestalteten Saals des früheren Kalten Bassins im Herrenbad, das erst seit 1999 wieder zugänglich ist, zeigt Merkmale des Jugendstils, das dort bis in die 1970er Jahre befindliche Wasserbecken wurde abgedeckt. Noch heute weist das Bad Keramik der Firma Milton[21] aus Stoke-on-Trent[22] auf. Nur zu bestimmten seltenen Anlässen – für Club-Events oder Präsentationen – ist es auch Frauen zugänglich. Es diente für eine ganze Reihe von Filmaufnahmen als Kulisse, darunter Comedian Harmonists, Tatort und eine Folge von Kommissar Rex. Auch namhafte Schauspieler, wie etwa Klaus-Maria Brandauer oder Hollywood-Star Mickey Rourke drehten hier und George Michael war zu Gast.

Siehe auch

Literatur

  • Die moderne Zinshaus-Architektur. In: Wiener Bauindustrie-Zeitung/Österreichische Bauzeitung, Jahrgang 1888, S. 48 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/wbz
  • Ein neues Bade-Etablissement in Wien. In: Wiener Bauindustrie-Zeitung/Österreichische Bauzeitung, Jahrgang 1888, S. 69 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/wbz
  • Anonym: Wiener Central-Bad, I. Bez., Weihburggasse 18 u. 20. In: Der Bautechniker 9 (1889), S. 379ff.
  • Anton Honus: Das Wiener Zentralbad. In: Wochenschrift des Österreichischen Ingenieur- u. Architekten-Vereins 1890, Nr. 1, S. 1-3.
  • Anonym: Wiener Zentralbad. In: Gesundheits-Ingenieur: Zeitschrift für die gesamte Städtehygiene, Band 13, Nr. 11, R. Oldenbourg 1890, S. 371.
  • Victor Höfert: Die Neuanlagen im "Wiener Centralbad. In: Wiener Bauindustrie-Zeitung/Österreichische Bauzeitung, Jahrgang 1894, S. 613 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/wbz
  • Architektonische Details von ausgeführten modernen Wiener Wohn- und Geschäftshäusern, Villen etc. Wien 1896, Bl. 22.
  • Paul Kortz: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts, Wien 1905-1906, Bd. 2, S. 279.
  • Gunther Martin: Das Dampfbad aus 1001 Nacht. In: Wien Aktuell 6, 1976, S. 27ff. (Hier auch noch Farbabbildungen des heutigen “Tempels” als Schwimmbecken sowie der neobarock gestalteten ursprünglichen Herrengarderoben.)

Einzelnachweise

  1. So lautet die Bezeichnung des Etablissements auf der eigenen Homepage und dem Facebook-Profil.
  2. Auf der Abbildung der Franziskanerkirche (Wien) ist rechts als gedrungener Bau vermutlich der Alte Ramhof sichtbar (möglicherweise war der Ramhof aber dessen ähnlich gestalteter Nachbarbau dahinter). Vgl. den Kupferstich Die Kirche und Closter St. Hieronymi (Alter Ramhof – drittes Gebäude von rechts – um 1724). Tafel 13/Teil 1: Kirchen und Cloester. 1724. In: Salomon Kleiner: Vera et accurata delineatio oe Wahrhaffte und genaue Abbildung Aller Kirchen und Cloester der Keysserl. Burg und anderer Fuerstl. und Graeffl. Pallaeste und schoener Prospecte. Welche sowohl in der Keysserl. Residenz-Statt Wien, als auch in denen umliegenden Vorstaetten sich befinden. J. A. Pfeffel: Augsburg 1724 bis 1737. Seit Errichtung des neuen Zinshauses (1887-89) weicht die Baulinie bei Nr. 18-20 zurück.
  3. Es befand sich bis ins 18. Jahrhundert gut 100m entfernt in der Himmelpfortgasse 6 (rechts neben dem Palais des Prinzen Eugen) auf der der Weihburggasse nicht zugewandten Straßenseite), also nicht auf dem eigentlichen Areal des Bürgerspitals.
  4. In der Wollzeile 11, Ecke Essiggasse 1 (heute ist dort die Buchhandlung Morawa) befand sich bis Mitte des 18. Jahrhunderts die letzte bereits im Mittelalter zugängliche Badestube dieser Gegend. In der Wollzeile Nr. 24 befand sich 1818-1898 das sogenannte “erste Wiener Dampfbad” Vgl. Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, 2004, Bd. 5, S. 676).
  5. Ein Verzeichnis der wichtigsten Bäder des Mittelalters und der frühen Neuzeit in Wien findet sich bei Leopold Senfelder in dem Beitrag “Öffentliche Gesundheitspflege und Heilkunde”. In: Vgl. Anton Mayer, Hrsg.: Geschichte der Stadt Wien, Vom Ausgange des Mittelalters bis zum Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia. Wien 1918, S. 242-249.
  6. Die Wiener Badehäuser wurden in den Jahren 1521, 1554, 1562 und 1691 zeitweise wegen Seuchengefahr geschlossen.
  7. Josef Honus (* um 1850, †1913) war Stadtbaumeister; Endls Stiefsohn Anton Lang (1860-1940) war wiederum Vater des berühmten Filmregisseurs Fritz Lang (M – Eine Stadt sucht einen Mörder).
  8. Dass der persische Botschafter Sam Ir Cha Kek Mitte der 1880er Jahre einen Neubau angeregt und diesen seinem Schwiegersohn geschenkt haben soll, gehört in den Bereich der Legenden, die sich um das Etablissement seit Jahrzehnten ranken.
  9. Anton Honus berichtete in einem Vortrag vom 7. Dezember 1889 davon, dass ursprünglich geplant war, das Architektenteam Fellner & Helmer mit einem Umbau des im Mittelalter errichteten Vorgängerbaus Alter Ramhof zu beauftragen und hier schon die Idee entstand, aufgrund der “äußerst günstigen Wasserverhältnisse” eine Badeanstalt einzurichten, zumal sich zu diesem Zeitpunkt im Zentrum Wiens keine befand. A. Honus, Das Wiener Zentralbad. In: Wochenschrift des Österreichischen Ingenieur- u. Architekten-Vereins 1890, Nr. 1, S. 1.
  10. Wiener Bauindustrie-Zeitung 1888, S. 69.
  11. Als Spezialist für Badeanlagen errichtete Swoboda dann noch weitere Einrichtungen dieser Art u. a. im (heute slowenischen) Marburg und in Pressburg. Alle diese Anlagen sind jedoch – bis auf das Wiener Bad – im Laufe der Zeit abgerissen worden.
  12. Frauenbad
  13. Der Baumeister Edmund Czada (1861-1920)[1] realisierte Entwürfe seines jüngeren Bruders Franz Czada (1872-1903).[2]
  14. Bericht vom 17. Mai 1894 in der Wiener Bauindustrie-Zeitung, Nr. 33, Jg. 11, 1894 [3] Ab 14. Juni 1894 inserierte das Bad die Eröffnung der neuen Damen-Abteilung täglich[4] in der Neuen freien Presse.
  15. Patricia Spain Ward: Simon Baruch: rebel in the ranks of medicine, 1840-1921, University of Alabama Press, 1994, S. 168.
  16. Hier heißt es, das Bad sei “nach Art des römischen Bades großartig [1912, S. 43: “sehr vornehm”] eingerichtet, in allen Räumen elektrisch beleuchtet, bietet den größten Luxus und enthält Dampf-, Wannen- und Heilbäder für Damen und Herren. Badezeit von 7 Uhr früh bis 6 Uhr abends, an Feiertagen Kassenschluß 2 Uhr nachmittags, an Sonntagen geschlossen. Wien und Umgebung. Griebens Reiseführer, 68 (1907, S. 27). Über das Römische Bad heißt es ebenda “Gehört unstreitig zu den schönsten Bädern” und sei “Elegant, komfortabel und billig.” 1941 erfolgt hier dagegen vom Zentralbad keine Erwähnung mehr. Zwischen 1937 und 1940 hatten auch die Pächter(innen) des Bades und der in diesem befindlichen Gastwirtschaft gewechselt: Zunächst waren es eine G.m.b.H., Martha Hernried und Auguste Jurak (Jb. Wiener Gastwirte, 1937, S. 31), dann Maria Steininger (1940, S. 24).
  17. Richard von Schaukals Protagonist Heinrich Dietmann (Synonym für Schaukal selbst in seinem Roman Intérieurs aus dem Leben eines Zwanzigjährigen, Leipzig 1901, S. 94f.), besucht das Centralbad aus Langeweile.
  18. Gunther Martin, in: Wien Aktuell, Heft 6 (Juni 1976), S. 27-29.
  19. Demnach sollen in den 1870er-Jahren, längere Zeit bevor das heutige Gebäude an dieser Stelle errichtet wurde, gekrönte Häupter das Bad besucht haben, nämlich Kaiser Franz Joseph (12. August 1873), Dom Pedro II. (13. März 1877) und der persische Schah Nāser al-Dīn (13. Juli 1878). Für diese Persönlichkeiten (und in den relevanten Jahren) ist allerdings nur der Besuch des 1873 eröffneten, in der Nähe des Pratersterns gelegenen Römischen Bades belegt. Vgl. F. Czeike, Historisches Lexikon Wien, 2004, Bd. 4, S. 690.
  20. Vgl. F. Czeike, Historisches Lexikon Wien, 2004, Bd. 3, S. 420.
  21. Vgl. F. Czeike, Historisches Lexikon Wien, 2004, Bd. 5, S. 696.
  22. Geburtsstadt des Titanic-Kapitäns und von Robbie Williams.

Weblinks

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