Crash (Film)

Crash (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Crash
Produktionsland Kanada, Großbritannien
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1996
Länge 100 Minuten
Altersfreigabe FSK 18
Stab
Regie David Cronenberg
Drehbuch David Cronenberg
Produktion David Cronenberg
Musik Howard Shore
Kamera Peter Suschitzky
Schnitt Ronald Sanders
Besetzung

Crash ist ein kanadisch-britischer Spielfilm von David Cronenberg aus dem Jahr 1996. Er basiert auf James Graham Ballards gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1973. Der Film porträtiert eine Gruppe von Menschen, die sexuelles Vergnügen aus Autounfällen gewinnen, und löste in Großbritannien eine Kontroverse aus.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Filmproduzent James Ballard und seine Frau Catherine haben sich voneinander entfremdet. Ihre Verbindung hat sich auf eine indifferente Sexualität reduziert, und beide haben offene außereheliche Affären, von denen sie einander im Detail erzählen. Seine Schilderung eines unbefriedigenden Seitensprungs mit einer Kameraassistentin kommentiert sie tröstend mit den Worten, „vielleicht beim nächsten Mal“.

Eines Abends kommt Ballards Wagen wegen einer Unaufmerksamkeit von der Straße ab und kollidiert frontal mit einem anderen Auto. Der Beifahrer wird aus dem Wagen geschleudert und getötet; seine Fahrerin, die im Wrack eingeklemmt ist, entblößt beim Versuch, sich zu befreien, ihren nackten Körper unter ihrem Mantel.

Während er sich im Krankenhaus erholt, erfährt Ballard, dass Helen Remington, die Fahrerin des anderen Wagens, ebenfalls dort untergebracht ist. Er wird von einem Mann namens Vaughan angesprochen, der interessiert die Orthese fotografiert, die Ballards zerschmettertes Bein zusammenhält.

Nach ihrer Entlassung beginnen Ballard und Remington eine Affäre, die von dem geteilten Erlebnis ihres Unfalls angetrieben wird. Sie besuchen ein von Vaughan organisiertes Happening, in dem der tödliche Unfall von James Dean nachgestellt wird, mitsamt originalgetreuen Wagen. Beamte der Verkehrsbehörde lösen das Treffen auf, und Ballard und Remington schließen sich Vaughan und seinem Begleiter Seagrave an.

Ballard und Remington lernen die kleine Gruppe von Unfall-Fetischisten kennen, die Vaughan um sich geschart hat. Für Vaughan kommt ein Autounfall eher einem befruchtenden als einem zerstörenden Ereignis gleich, in dem die befreite sexuelle Energie der Beteiligten eine Verbindung mit der Sexualität derjenigen herstellt, die durch Autounfälle zu Tode kamen. Er und seine Gefolgsleute schauen sich Crashtest-Videos an, fotografieren Plätze, an denen sich Verkehrsunfälle ereignet haben und planen die Nachstellung des Unfalls, in dem Jayne Mansfield umkam. Ballard fährt mit Vaughans Lincoln Convertible durch die Stadt, während Vaughan im Heck des Wagens Sex mit einer Straßenprostitutierten und später auch mit Catherine hat. Ballard hat seinerseits eine Affäre mit einem Mitglied der Gruppe, Gabrielle, deren Beine in Stahlschienen stecken und die eine vulva-ähnliche Narbe auf der Rückseite einer ihrer Schenkel hat. Zudem hat Ballard homosexuellen Sex mit Vaughan.

Gegen Ende des Films verunglückt Vaughan. Ballard übernimmt den Wagen und die Rolle Vaughans und verursacht einen weiteren Unfall, indem er, wie zuvor Vaughan, Catherine in ihrem MX 5 bedrängt. Ihr Wagen kommt von der Straße ab und überschlägt sich, aber Catherine überlebt. Sie und Ballard haben Sex neben dem Autowrack, während er sie mit den Worten tröstet, „vielleicht beim nächsten Mal, vielleicht beim nächsten Mal“.

Hintergrund

Kontroverse

Der Film wurde wegen seinen Darstellungen von Gewalt und sexuellen Handlungen kontrovers diskutiert. Ein Verriss des angesehenen Kritikers Alexander Walker im Londoner Evening Standard („ein Film jenseits der Grenzen der Verkommenheit“) löste eine Pressekampagne gegen den Film aus.[1] Vor allem das Boulevardblatt Daily Mail forderte in Artikeln wiederholt das Verbot des Films und bezeichnete ihn als „verderbt“, „krank“ und „übelkeiterregend“.[2] Dagegen lobte Martin Amis Crash im Independent on Sunday trotz einiger Einwände als „intelligenten und ungewöhnlichen Kunstfilm“.[3]

Obwohl die britische Zensurbehörde BBFC den Film ab 18 Jahren freigab, wurde er von der Bezirksverwaltung von Westminster verboten, was bedeutete, dass der Film in westlichen Stadtteilen Londons nicht gezeigt werden durfte. In den USA wurde der Film von der Motion Picture Association of America in einer ungekürzten („NC-17“) und einer gekürzten Version („R“) freigegeben. Die Kontroverse ist mittlerweile verebbt, der Film ist in den meisten Ländern ungekürzt auf DVD erhältlich.

Buch und Film

Cronenberg hielt sich in seiner Umsetzung eng an Ballards Romanvorlage, von den identischen Namen von Buchautor und Hauptfigur bis hin zur Übernahme ganzer Dialoge im Wortlaut. Jedoch entfernte er alle Verweise auf Vaughans Obsession, bei einem Frontalzusammenstoß mit Elizabeth Taylors Wagen ums Leben zu kommen. Im Buch misslingt der Versuch, und Vaughans Wagen stürzt auf das Dach eines Touristenbusses. Nur dieses letzte Detail wurde im Film beibehalten. Hinzugefügt wurde von Cronenberg wiederum eine Szene, in der sich Vaughan den Abdruck eines Lenkrades auf die Brust tätowieren lässt, die so im Buch nicht vorkommt.

Kritiken

  • Thomas Willmann auf artechock: „Cronenberg hat einen Film geschaffen, der zugleich Kälte ausstrahlt und dennoch sehr sinnlich ist – so wie die dargestellte Auto-Erotik. Er läßt […] vieles begreifen, ohne daß man es rational in Worte fassen könnte, und er ist stimmig, ohne geschlossen zu sein.“ [4]
  • Roger Ebert nannte den Film in der Chicago Sun-Times „seltsam und einsichtig“ („strange and insightful“) und „herausfordernd, mutig und originell“ („challenging, courageous and original“). [5]
  • Cinema bezeichnete den Film als „Erotik-Groteske“ und „genialen Crashkurs in Sachen Perversität“[6]
  • Georg Seeßlen besprach in epd Film 11/96 Crash als einen „eher schwächeren Cronenberg“, aber immer noch „weit überdurchschnittlichen Film“[7]
  • Das Lexikon des Internationalen Films urteilte: „Ein Exkurs über die morbide Pervertierung des Lustbegriffs durch die ad absurdum geführten Werte des Konsumzwangs, distanziert inszeniert als sinnentleertes Ritual. Ein radikaler Autorenfilm, der sich der Fetischierung versagt, aber die psychologischen Ursachen des Verhaltens seiner Figuren auch nicht tiefergehend erkundet.“ [8]
  • Obgleich Martin Amis, entgegen dem in Großbritannien vorherrschenden Tenor, Crash verteidigte, hielt er die Romanvorlage für zeitloser als die Verfilmung: „1973 konnte ein Automobil noch als etwas Erotisches betrachtet werden, das Freiheit und Stärke heraufbeschwor. 1996 sind die Assoziationen weitaus banaler: Fahrgemeinschaften, bleifreies Benzin und Asthma. […] auch die Automobilkultur ist zum Ende des Jahrtausends hin langweilig geworden.“ [9]

Auszeichnungen

  • Beim Filmfestival von Cannes 1996 war Cronenberg mit Crash im Wettbewerb um die Goldene Palme vertreten. Schließlich erhielt er den Spezialpreis der Jury.
  • Der Film gewann 1996 den Genie Award der Academy of Canadian Cinema & Television in sechs Kategorien, darunter für David Cronenberg als Regisseur und Drehbuchautor. Außerdem wurde der Film in zwei weiteren Kategorien für den Genie Award nominiert, darunter für Cronenberg als Filmproduzenten.
  • Im Jahr 1998 wurde der Film für den US-amerikanischen Motion Picture Sound Editors Award nominiert.
  • 1998 gewann der Film den AVN Award bei den Adult Video News Awards.

Weblinks

Quellen

  1. Alexander Walker: „A movie beyond the bounds of depravity“, Evening Standard, 3. Juni 1996.
  2. „Depraved“, „sick“, „revolting“. – Daily Mail-Schlagzeile und Editorial vom 19. März 1997, Filmkritik vom 21. November 1996.
  3. „[…] an intelligent and unusual art movie.“ – Martin Amis: „Cronenberg's Monster“, Independent on Sunday, 10. November 1996.
  4. Besprechung auf Artechock.de, abgerufen am 6. November 2011.
  5. Besprechung von Roger Ebert in der Chicago Sun-Times vom 21. März 1997, abgerufen 06. November 2011.
  6. Besprechung auf Cinema.de, abgerufen am 6. November 2011.
  7. Besprechung in der epd Film 11/96 auf Filmzentrale.com, abgerufen am 6. November 2011.
  8. Besprechung im Lexikon des Internationalen Films auf Zweitausendeins.de, abgerufen am 6. November 2011.
  9. „In 1973 the automobile could be seen as something erotic, conjuring up freedom and power. In 1996 the associations point the other way, towards banality: car pools, leadless fuel and asthma. […] car culture feels pedestrian, too, as the millennium nears.“ – Martin Amis: „Cronenberg's Monster“, a.a.O.

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