Das neue Frankfurt

Das neue Frankfurt

Das Neue Frankfurt (1925–1930) war ein Wohnungsbauprogramm, das die akute Wohnungsnot im Frankfurt am Main der 1920er Jahre beseitigen sollte. Zugleich war es der Name einer Zeitschrift, die von 1926 bis 1931 erschien und internationale Tendenzen des Neuen Bauens, aber auch die Erneuerung von Kunst, Wohnung und Bildung thematisierte.

Der Frankfurter Oberbürgermeister Ludwig Landmann ernannte den Architekten Ernst May zum Stadtbaurat, der fortan alle Aktivitäten leitete und sich mit einem Stab junger Architekten und Techniker, Künstler und Designer umgab, um sein Bauprojekt nachhaltig in der Stadt zu verankern. Gerade dieser umfassende Gestaltungsanspruch, der im Alltag der Gestaltung städtischen Lebens auch an vielen Stellen sichtbar wurde, unterscheidet das "Neue Frankfurt" von parallelen Projekten an anderen Orten.

Unter Mays Regie entstanden 12.000 Wohnungen (2000 mehr als geplant). Die Wohnungen erfüllten nicht nur das Grundbedürfnis nach Wohnung, sie setzten Standards im Wohnungs- und Siedlungsbau. Als letztes Kapitel des Neuen Frankfurt werden die unter Ferdinand Kramer geplanten und gebauten Nachkriegsbauten der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt-Bockenheim bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Gestaltung

Die Architektur des Neuen Frankfurt brach mit traditionellen Methoden des Wohnungs- und Städtebaus, zugleich finden sich Elemente aus der englischen Gartenstadt wieder. Ernst May und seine Mitarbeiter setzen auf Standardisierung und Normung von Bauteilen. So sind einige der Siedlungen bereits Plattenbauten, doch im Gegensatz zu Mays Nachkriegsbauten greifen sie auf kleinteilige räumliche Strukturen zurück, die bei aller Normung viel Gewicht auf ästhetische Details und ortsspezifische Gestaltung setzen. Mit vergleichsweise geringen Kosten entsteht so ein hoher Wohnkomfort. So wird etwa bei Türen auf eine aufwendige Kassettierung verzichtet, die Frankfurter Küche nutzt nicht nur den vorhandenen Raum optimal, sie wird ohne Rückwand millimetergenau eingepasst. Auch andere Bauteile bis hin zu Einrichtungsgegenständen werden katalogisiert (sog. Frankfurter Register), standardisiert und teilweise in städtischen Werkstätten hergestellt.

Alle Wohnungen waren mit der eigens entwickelten Frankfurter Küche ausgestattet, der ersten Einbauküche überhaupt.

Die Siedlungen des Neuen Frankfurt sind ein bedeutendes Beispiel der klassischen Moderne und des Funktionalismus, wie er in der Architektur und im Design von 1920 bis 1968 prägend war.

Die wichtigsten Realisierungen

Name der Siedlung Stadtteil Bauzeit Wohneinheiten Fläche
Siedlung Bruchfeldstraße (auch „Zickzackhausen“) Niederrad 1926–1927 000000000000643.0000000000643 04,9 ha
Siedlung Praunheim Praunheim 1926–1929 000000000001500.00000000001.500 29,9 ha
Siedlung Bornheimer Hang Bornheim 1926–1930 000000000001234.00000000001.234 15,4 ha
Siedlung Römerstadt Heddernheim 1927–1929 000000000001220.00000000001.220 28,0 ha
Heimatsiedlung Sachsenhausen 1927–1934 000000000001072.00000000001.072 10,4 ha
Siedlung Westhausen Praunheim 1929–1931 000000000001116.00000000001.116 20,1 ha
Hellerhofsiedlung Gallus 1929–1932 000000000001200.00000000001.200 15,6 ha

Einige Architekten des neuen Frankfurt

Siehe auch

Neues Bauen

Literatur

  • May-Siedlungen, Ausstellungskatalog, Dreysse, DW. Verlag der Buchhandlung Walter König Köln 1986, erw. Auflage 1994
  • Ernst May und das Neue Frankfurt 1925-1930, Ausstellungskatalog, Hrsg. von Heinrich Klotz. Ernst und Sohn Berlin 1986
  • Neues Bauen Neues Gestalten – Das Neue Frankfurt/die neue stadt, Eine Zeitschrift zwischen 1926 und 1933, ausgew. und eingeleitet von Heinz Hirdina, Dresden/Berlin 1984
  • Die Siedlung. Monatsschrift für Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungswirtschaft (1929-1939). Mitteilungsblatt der Baugenossenschaften und Baugesellschaften von Groß-Frankfurt. Reprint. Ronald Kunze (Hg.). Institut für Wohnpolitik und Stadtökologie e. V., Hannover 1986
  • Kunze, Ronald: Mieterbeteiligung im Sozialen Wohnungsbau. Entstehung und Entwicklung der Mietervertretungen in den Siedlungen der Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Kassel 1992
  • Kuhn,Gerd: Wohnkultur und kommunale Wohnungspolitik in Frankfurt am Main. 1880 bis 1930. (Diss. TU Berlin). Bonn 1998.

Weblinks


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