Deutsche Rechtsgeschichte

Deutsche Rechtsgeschichte

Unter deutschem Recht wird rechtshistorisch das auf germanische (zumal sächsische und fränkische) Rechtsvorstellungen zurückgehende Recht verstanden. Als das auf germanischer Grundlage erwachsene Recht deutschsprachiger Länder wird es vom römischen Recht abgegrenzt.

In diesem Sinne ist das deutsche Recht nicht identisch mit dem Recht, das in Deutschland gilt. Der Begriff bezieht sich vielmehr auf eine bestimmte Rechtstradition. Die deutschrechtlichen und römischrechtlichen Traditionen bestehen in Deutschland nebeneinander, die geltende Rechtsordnung speist sich aus beiden Quellen. So sind z. B. im deutschen BGB die Regelungen des Eigentums römischrechtlich beeinflusst, die des Besitzes deutschrechtlich.

Inhaltsverzeichnis

Germanisches bis mittelalterliches Recht

Das ältere germanische Recht war ein mündlich überliefertes Gewohnheitsrecht der Volksgerichte (Thing). In der Völkerwanderungszeit entstand für die Angehörigen der einzelnen Stämme ein Stammesrecht. (germanische Volksrechte). Im Fränkischen Reich trat das auf königlichen Verordnungen (Kapitularien) beruhende Reichsrecht hinzu. In der Zeit des Mittelalters entwickelten sich die Stammesrechte zu Landrechten für die Bevölkerung eines bestimmten Raumes. Daneben bestanden Sonderrechte für bestimmte Berufs- oder Personenkreise (Lehns-, Hof-, Stadtrecht u. a.). Die Reichsgesetzgebung beschränkte sich im Übrigen auf einzelne Verfassungsgesetze, z. B. die Goldene Bulle (1356). Im 13. Jahrhundert entstandene private Rechtsbücher (Sachsenspiegel / Schwabenspiegel), trugen zu größerer Rechtsangleichung bei. Das deutsche Recht des Mittelalters war inhaltlich durch starken sittlichen Gehalt sowie genossenschaftlichen und sozialen Geist geprägt.

Zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts bis heute

Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das deutsche Recht durch das spätrömische Recht des Corpus Iuris Civilis und das in Italien gelehrte zeitgenössische Recht beeinflusst. Das römische Recht galt zwar nur subsidiär zu den Orts- und Landrechten, doch wurden diese vielfach romanisiert. Der Übergang vom mündlichen Verfahren zum geheimen Aktenprozess bewirkte eine Entfremdung zwischen Justiz und Volk. Seit dem 18. Jahrhundert erstarkte besonders unter dem Einfluss des Naturrechts das deutsche Recht wieder. Die neuen Gesetzbücher (Preußisches Allgemeines Landrecht, Österreichisches ABGB) erneuerten eine Reihe germanischer Rechtsgedanken.

Indem sie die gemeinsame Grundlage der deutschen Partikularrechte aufdeckte, erwarb sich im 19. Jahrhundert die deutsche historische Rechtsschule um Friedrich Carl von Savigny große Verdienste um das deutsche Recht. Mit der Reichsgründung von 1871 wurde eine weitgehende Rechtseinheit gewonnen und die Phase der großen Kodifikationen eingeleitet (z. B. StGB, StPO, ZPO, HGB, BGB). Im Prozessrecht kehrte man zum Grundsatz der Öffentlichkeit und Mündlichkeit zurück. Die in Willkür übergehende Herrschaft des Nationalsozialismus bewirkte den Niedergang der deutschen Rechtsstaatlichkeit. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft galten in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR auf weiten Gebieten zunächst noch gemeinsame alte Rechtsvorschriften (BGB, HGB, ZPO, StGB u. a.), doch wurden sie zunehmend verändert und vor allem unterschiedlich gehandhabt. In der BRD erlangte neben dem Bundesrecht das Landesrecht wieder eine verstärkte Bedeutung. In der DDR hingegen wurde das Recht zentralistisch im Sinne des Staatssozialismus umgestaltet (kodifiziert im StGB von 1968, Gesetzbuch der Arbeit von 1961, Zivilgesetzbuch von 1975). Mit der deutschen Vereinigung (3. 10. 1990) wurde die Wirksamkeit des geltenden Rechtes der BRD auf das Gebiet der ehemaligen DDR ausgedehnt. In der Gegenwart wird das nationale Recht zunehmend von supranationalem Recht beeinflusst und zum Teil überlagert (Europarecht).

Literatur

  • Deutschrechtliche Beiträge. Forschungen u. Quellen zur Geschichte des deutschen Rechts, hg. v. K. Beyerle, 4 Bde.
  • H. Coing: Epochen der Rechtsgeschichte in Deutschland (4. Aufl. 1981)
  • H. Hattenhauer: Die geistesgeschichtlichen Grundlagen des deutschen Rechts (3. Aufl. 1983)
  • K. Kroeschell: Deutsche Rechtsgeschichte, 3 Bde.
  • H. Mitteis: Deutsche Rechtsgeschichte (19. Aufl. 1992)
  • R. Hoke: Österreichische u. deutsche Rechtsgeschichte (Wien 2. Aufl. 1996)
  • U. Eisenhardt: Deutsche Rechtsgeschichte (4. Aufl. 2004)
  • Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, begründet v. W. Stammler, hg. v. A. Cordes u. a., 5 Bde.
  • R. Gmür u. A. Roth: Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte (11. Aufl. 2005)
  • G. Köbler: Deutsche Rechtsgeschichte (6. Aufl. 2005)

Weblinks


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