- Deutsche Verwaltung für Volksbildung
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Die Deutsche Verwaltung für Volksbildung (DVV, offizielle Bezeichnung „Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung“) war eine 1945 gegründete Behörde in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), die nach dem Zweiten Weltkrieg das Bildungswesen im Osten Deutschlands nach sowjetischem Muster neu organisieren sollte. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Säuberung der Lehrerschaft von Nationalsozialisten und der raschen Ausbildung neuer, sozialistisch eingestellter Lehrkräfte an den Schulen und Universitäten. Bei der Gründung der DDR 1949 ging die DVV im Ministerium für Volksbildung auf. Sitz der Behörde war die Wilhelmstraße 68 in Berlin.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Die DVV wurde im August 1945 aufgrund des Befehls Nr. 17 der SMAD vom 27. Juli 1945 gebildet. Die DVV war damit das Gegenstück der Abteilung Volksbildung der SMAD unter Pjotr Wassilewitsch Solotuchin. Der offizielle Name war Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung (DZfV); in der Praxis wurde aber der Name „Deutsche Verwaltung für Volksbildung“ verwendet.
Leiter der DVV war Paul Wandel (KPD). Als erster Stellvertreter wurde Erwin Marquardt (SPD) durch die SMAD ernannt. Der einzige Vertreter einer bürgerlichen Partei, Dr. Emil Menke-Glückert (LDPD) war nominell zweiter Vorsitzender, arbeitete aber ebenso wenig in der DVV mit wie der nominelle dritte Stellvertreter Johannes R. Becher (KPD)[1]
Die DVV fungierte als Propaganda- und Medienbehörde: Seit dem 21. Dezember 1945 unterstand der ganze Rundfunk der SBZ der DVV. Hinzu kam die Verantwortung für die Filmproduktion. Sie war eine Zensurbehörde: Das "Referat für Verlagswesen" im DVV hatte die Aufgabe der Zensur analog des Druckgenehmigungsverfahrens und der Zulassung von Verlagen, die später die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur wahrnahm)[2]. Vor allem aber war die Kernaufgabe die Schulpolitik. Hierzu zählte die Lehrerausbildung, die gerade durch die massive Einarbeitung von Neulehrern Bedeutung hatte und die Steuerung der Schulpolitik über Richtlinien und Lehrpläne. Die DVV war damit ein wichtiges Instrument der Einführung der Einheitsschule in der SBZ.
Konflikte mit den Kultusbehörden der Länder
Formal verfügten die Länder über die Kompetenzen zur Schulpolitik. In der Praxis setzten sich aber die Tendenzen zur Zentralisierung immer mehr durch.
Aufgrund des von der SMAD erlassenen Gesetzes zur Demokratisierung der deutschen Schule war die DVV für die Erstellung zentralen Lehrpläne. Auch konnte sie über Richtlinien auch die Schulaufsicht steuern. Letztlich verantwortlich waren aber die Länder (bzw. die Organisation der SMAD auf Länderebene). Dem Wunsch der DVV formell Weisungsrecht gegenüber den Landesbehörden zu erhalten, folgten die Sowjets nicht.
Am 23. April 1947 wurde zwischen der DVV und den Ländern die "Vereinbarung über die Zusammenarbeit der DVV und den Landes- und Provinzialverwaltungen" abgeschlossen. Die DVV erhielt ein Einspruchsrecht gegen Landesentscheidungen und verpflichtete sich die Länder über zentrale Entscheidungen der SMAD zu informieren)[3].
Kontrolle der SED über das Bildungswesen
Die sowjetische Besatzungsmacht sah im Bildungsressort ein Schlüsselressort zur Schaffung eines sozialistischen Staates. Aus diesem Grund war sowohl die Spitze der DVV als auch die der Länderkultusministerien durchgehend mit KPD-Vertreten besetzt worden. Dies waren Fritz Rücker in Brandenburg, Gottfried Grünberg in Mecklenburg, Wilhelm Schneller in Sachsen, Walter Wolf in Thüringen und Otto Halle in Sachsen-Anhalt.
Auch die Mitarbeiter wurden gezielt aufgrund der Parteizugehörigkeit ausgewählt. Im Herbst 1946 hatte die DVV 261 Mitarbeiter, von denen 129 der SED angehörten. Von den 24 Abteilungsleitern bzw. deren stellvertretern waren 20 Mitglieder der SED. Dies blieb auch in den Folgejahren ähnlich. Am 1. Dezember 1948 waren 436 von 844 Mitarbeitern SED-Mitglieder.[4]
Organisation
Hauptamt Abteilungen Leiter Allgemeine Volksbildung Amt für Verlag und Presse
Amt für Erwachsenenbildung
Amt für Volkskultur
Amt für Jugend und FrauenDr. Wilhelm Heise (SPD/SED) Wissenschaft und Forschung Amt für Forschung
Amt für wissenschaftliche LehreDr. Theodor Brugsch (parteilos) Schulwesen Amt für Lehrerbildung
Amt für Volks-, Mittel-, Sonderschulen
Amt für Höhere Schulen
Amt für Berufs- und Fachschulen
Amt für außerschulische ErziehungErnst Hadermann (KPD/SED) Kunst und Literatur Amt für bildende Kunst und Museen
Amt für Theater, Film, Musik und Kleinkunst
Amt für LiteraturHerbert Volkmann (KPD/SED) Allgemeine Verwaltung Dr. Paul Reichwaldt (SPD/SED) Personalbüro Ernst Hoffmann (KPD/SED)
Ab Oktober 1945:
Schulwesen Allgemeinbildende Schulen
Berufs- und Fachschulen
Lehrerbildung
außerschulische ErziehungDr. Wilhelm Heise (SPD/SED) bis Dezember 1946
Ernst Hadermann (KPD/SED) bis Dezember 1948
Hans Siebert (KPD/SED)Hochschule und Wissenschaft Medizinische, veterinärmedizinische und landwirtschaftliche Fakultäten
Philosophische, theologische und juristische Fakultäten
Wissenschaftliche Archive und Museen
Studentenangelegenheiten
Allgemeine WissenschaftsangelegenheitenDr. Theodor Brugsch (parteilos) bis 1946
Robert Rompe (KPD/SED)Kulturelle Aufklärung Presse und eigene Druckschriften
Rundfunk
Verlagswesen
Volksbildung für Erwachsene
Volkskunst und kulturelle Freizeitgestaltung
Bildpropaganda (bis 1947)
Zentraler Jugendausschuss (bis 1947)
Frauenausschüsse (bis 1947)Dr. Wilhelm Girnus (KPD/SED) bis 1946
Hans Mahle (KPD/SED)Allgemeine Kunst und Literatur Theater, Musik und Kleinkunst
Bildende Kunst, Museen und Denkmalpflege
Filmwesen
LiteraturHerbert Volkmann (KPD/SED)
Herbert Gute (KPD/SED)
Erich Weinert (KPD/SED)Literatur
- Helga A. Welsh: Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung in: Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone, Oldenbourg Wissenschaftsverlag München, 1993, ISBN 978-3486552621, S. 229 ff.
- Gert Geißler: Geschichte des Schulwesens in der Sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik 1945 bis 1962, Frankfurt am Main (u. a.) 2000, ISBN 3-631-36445-8, Seite 65-77 und 144-149.
Einzelnachweise
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