- Deutsches Ausland-Institut
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Das Deutsche Ausland-Institut (DAI) wurde 1917 als „Museum und Institut zur Kunde des Auslandsdeutschtums“ vom Unternehmer Theodor Wanner in Stuttgart gegründet. Neben seiner Hauptaufgabe – der umfassenden Dokumentation aller deutschen Volkstumsgruppen im Ausland – widmete es sich der Beratung und Betreuung Auswanderwilliger. Es wurde überwiegend vom Reichsinnenministerium finanziert, daneben vom Außenministerium, zu kleineren Teilen vom Land Württemberg und der Stadt Stuttgart. Beim DAI wurde die Zeitschrift „Der Auslanddeutsche. Halbmonatsschrift für Auslanddeutschtum und Auslandkunde“[1] herausgegeben sowie die „Schriftenreihe des deutschen Auslandsinstituts“.
Im März 1933 begann der organisatorische und personelle Umbau des DAIs. Der österreichische Nationalsozialist und VDA-Führer Hans Steinacher und Schutzbundführer Robert Ernst sorgten im Auftrag des Reichsinnenministers Wilhelm Frick für die Gleichschaltung. Das DAI wurde dem „Führerprinzip“ angepasst, der langjährige Geschäftsführer Fritz Wertheimer als Jude aus dem Amt gejagt, der altliberale Wanner aus dem Vorstand gedrängt. Sie wurden abgelöst durch den „im Volkstumskampf bewährten“ Siebenbürger Sachsen Richard Csaki und den neuen Stuttgarter Oberbürgermeister und überzeugten Nationalsozialisten Karl Strölin, der der Stadt Stuttgart 1936 den NS-Ehrentitel Stadt der Auslandsdeutschen holte.
Die Tätigkeitsfelder des DAIs veränderten sich. Die Auswandererberatung nahm ab. Die Kontakte zu Organisationen und Einzelpersonen unter den „Volksdeutschen“ im Ausland wurden intensiviert. Der Etat des DAIs stieg vor allem 1933 bis 1938 stark an, dann schloss sich das DAI enger an die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften bzw. die Volksdeutsche Mittelstelle an, die im Nationalsozialismus eine zentrale Rolle in der Abstimmung der Volkstumsforschung spielten.
1941 übernahm der Nationalsozialist Hermann Rüdiger die Leitung, der schon vorher die Schriftleitung des „Auslandsdeutschen“ hatte. Zwei Jahre später, 1943 wurde das DAI, wie die gesamte Volkstumsforschung, formell der Volksdeutschen Mittelstelle unterstellt; hiermit stellte sich das DAI endgültig unter den direkten Einfluss der SS.
Das DAI war während der Zeit des Nationalsozialismus in zahlreiche problematische Tätigkeiten verwickelt. Es beteiligte sich an revisionistischer Propaganda, leitete Informationen über das Ausland an Nazistellen weiter, beteiligte sich an der „ethnischen Neuordnung“ Osteuropas und war engagiert in der sogenannten Sippenkunde. Das DAI vergab für Verdienste um das Auslandsdeutschtum großzügig Ehrungen, so den „Deutschen Ring“, zuletzt 1934 an Adolf Hitler, und goldene und silberne „Ehrenplaketten“.
Nach dem Krieg wurde das DAI zwar von den amerikanischen Besatzern als „belastet“ eingestuft, was aber weder einer Wiedereröffnung als Institut für Auslandsbeziehungen noch einer weiteren Karriere der beim DAI beschäftigten Volkstumswissenschaftler im Wege stand.
Literatur
- Katja Gesche: Kultur als Instrument der Außenpolitik totalitärer Staaten. Das Deutsche Ausland-Institut 1933–1945. Dissertation. Universität Stuttgart. Böhlau, Köln u. a. 2006, ISBN 3-412-01206-8.
- Grant Grams: German Emigration to Canada and the Support of its Deutschtum during the Weimar Republik. The Role of the Deutsches Ausland-Institut, Verein für das Deutschtum im Ausland and German-Canadian Organisations. Dissertation. Universität Marburg. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-631-37345-7 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 889).
- Ernst Ritter: Das Deutsche Ausland-Institut in Stuttgart 1917–1945. Ein Beispiel deutscher Volkstumsarbeit zwischen den Weltkriegen. Steiner, Wiesbaden 1976, ISBN 3-515-02361-5 (Frankfurter historische Abhandlungen; 14).
- Martin Seckendorf: Kulturelle Deutschtumspflege im Übergang von Weimar zu Hitler am Beispiel des deutschen Ausland-Institutes (DAI). Eine Fallstudie. In: Wolfgang Jacobeit, Hannjost Lixfeld, Olaf Bochkorn (Hrsg.): Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien u. a. 1994, ISBN 3-205-98208-8, S. 115–135.
Weblinks
- Literatur von und über Deutsches Ausland-Institut im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Berichte zur Umsiedlung 1940–1941 (ED 16) im Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (PDF-Datei; 43 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Der Auslanddeutsche. Mitteilungen des Deutschen Ausland-Instituts. Stuttgart 1919–1938.
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