Die Gezeichneten (1922)

Die Gezeichneten (1922)
Filmdaten
Originaltitel Die Gezeichneten
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1922
Länge 95 Minuten
Stab
Regie Carl Theodor Dreyer
Drehbuch Carl Theodor Dreyer
Produktion Otto Schmidt
Kamera Friedrich Weinmann
Besetzung
  • Polina Piechowska: Hanne-Liebe Segal
  • Wladimir Gaidarow: Jakow Segal
  • Adele Reuter-Eichberg: Frau Segal
  • Johannes Meyer: Rylowitsch
  • Thorleif Reiss: Alexander Krasnow (Sascha), ein Student
  • Richard Boleslawski: Gawrik Suchowerski (Fedja)
  • Duwan-Torzow: Vater Suchowerski, russischer Kaufmann
  • Sylvia Torf: Zipe
  • Hugo Döblin: Abraham, Zipes Mann
  • Iwan Bulatoff: alter Bauer
  • Elisabeth Pinajeff: Manja, Hannas Mitschülerin
  • Emmy Wyda: Anna Arkadjewna, Schulvorsteherin
  • Tatjana Tarydina: Natalia Petrowna, Lehrerin
  • Friedrich Kühne: Polizeichef
  • W. Tschernoff: Machlers, jüdische Heiratsvermittlerin
  • M. Hoch-Pinnova: Nastja, Dienstmädchen bei Frau Segal

Die Gezeichneten ist ein deutscher Spielfilm von Carl Theodor Dreyer aus dem Jahr 1922. Er entstand nach dem 1912 erschienenen Roman Elsker hverandre von Aage Madelung.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Die Geschichte spielt um 1900 in einer russischen Kleinstadt am Dnepr, in einer Zeit politischer Unruhen in Russland. Das jüdische Mädchen Hanne-Liebe erhält eine Ausbildung an einem christlich-russischen Gymnasium. Von diesem wird sie verwiesen, als sie von ihrem ehemaligen Kinderfreund und Taugenichts Fedja Suchowerski, dem Sohn eines russischen Kaufmanns, denunziert wird. Über ihre angebliche Affäre mit dem angehenden Studenten Sascha redet der ganze Ort. Der Versuch ihrer Familie, Hanne-Liebe schnell zu verheiraten, scheitert. Sie fährt zu ihrem Bruder Jakow nach Sankt Petersburg, der dort als Anwalt arbeitet und mit einer Aristokratin verheiratet ist. Er selbst ist, um den Beruf ausüben zu können, zum christlich-orthodoxen Glauben übergetreten. Die Aufnahme seiner Schwester lehnt seine Frau jedoch ab. Er bringt sie deshalb im Haushalt des Gelehrten Florow unter.

Dort trifft Hanne-Liebe den Studenten Sascha wieder, der - von einem gewissen Rylowitsch angeworben - in oppositionell-revolutionären Studentenkreisen verkehrt. Zufällig entlarvt Jakow Rylowitsch auf einem Treffen intellektueller Oppositioneller im Hause Florows als Agenten der Ochrana. Eine Verhaftung Saschas und die Ausweisung Hannas in ihren Heimatort kann er aber nicht mehr verhindern. Rylowitsch zieht in mönchischer Tracht durch das Land und verbreitet antijüdische Hetze, die bei der Bevölkerung ankommt.

Mit der Zeit erstarkte auch die revolutionäre Bewegung und erzwang die Freilassung politischer Gefangener, darunter Sascha. Jakow fährt zu seiner todkranken Mutter in die Kleinstadt und trifft dort auf eine von Suchowerski und Rylowitsch geschürte Pogromstimmung gegen die jüdische Bevölkerung. Der von Rylowitschs beeinflusste Fedja stiftet den Pogrom gegen „die Ungläubigen“ an. Nach einer Prozession zu Ehren des Zaren stürmt die Bevölkerung das jüdische Viertel. Jakow wird beim Sturm auf das Ghetto von Rylowitsch erschossen. Fedja versucht unterdessen sich Hanne-Liebe gefügig zu machen. Sascha rettet sie und erschießt Fedja. Beide fliehen gemeinsam mit anderen Juden aus der Gegend.

Anmerkungen

Die Gezeichneten ist eine Produktion der Primus-Film, Berlin. Nach Die Pfarrerswitwe (1920) war es Dreyers zweiter im Ausland produzierter Film. Für die in Groß Lichterfelde Ost bei Berlin errichteten Bauten des Films war Jens G. Lind verantwortlich, die Kostüme stammen von Leopold Verch, Willi Ernst und Karl Töpfer. Neben den russischen Theaterschauspielern Polina Piekowskaja, Wladimir Gaidarow und Richard Boleslawski – die beiden letztgenannten von Stanislawskis Moskauer Künstlertheater kommend – wurden auch russische und jüdische Komparsen eingesetzt. Der Film hatte am 7. Februar 1922 in Kopenhagen und am 23. Februar 1922 im Berliner Primuspalast Premiere.

Unter den Werken Dreyers nimmt Die Gezeichneten einen wenig beachteten Platz ein. Die deutsche Originalfassung ist nicht erhalten. 1960 wurde eine russische Fassung des Films mit dem Titel Pogrom im sowjetischen Filmarchiv „Gosfilmofond“ wiederentdeckt. Als besonders gelungen fanden sowjetische Filmhistoriker die Darstellung der russischen Atmosphäre in den jüdischen und den großbürgerlichen Haushalten der Kleinstadt, die Einbettung in die historische Situation des Antisemitismus der Zeit Nikolai II., sowie den Verlauf des Pogroms.[1] Diese russische Fassung in Moskau war ebenfalls eine Kopie, ihr Original wurde später in der Cinémathèque de Toulouse aufgefunden.[2]

Literatur

  • Günther Dahlke, Günther Karl: Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. Henschel Verlag, Berlin 1988 ISBN 3-89487-009-5
  • Siegfried Salomon Prawer: Between Two Worlds : The Jewish Presence in German and Austrian Film, 1919-1933, New York 2005, S. 29 ff.

Einzelnachweise

  1. so Klaus Lippert in Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933, S. 64 f.
  2. http://osiris22.pi-consult.de/userdata/l_7/p_72/library/data/die_gezeichneten.pdf

Weblinks


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