- Die Rabe
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Die Rabe ist ein Märchen (AaTh 400, 401, 518). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 93 (KHM 93).
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Eine Königstochter wird von ihrer Mutter im Ärger in eine Rabe verwünscht und fliegt von ihrem Arm in einen dunklen Wald. Sie erklärt einem Mann, wie er sie erlösen kann: In einem Haus in dem Wald sitzt eine alte Frau, deren Essen und Trinken soll er nicht nehmen, sondern auf der Lohhucke im Garten auf sie warten. Sie komme am ersten Tag in einem Wagen mit vier weißen Hengsten, am zweiten mit vier roten und am dritten mit vier schwarzen. Er nimmt aber jedes Mal einen Zug vom Wein der Alten und schläft ein. Die Rabe gibt ihm ein Brot, ein Stück Fleisch und eine Flasche Wein, die sich nie aufbrauchen, einen goldenen Ring und einen Brief, dass er sie erlösen kann, wenn er zum Schloss Stromberg kommt. Auf seinem Weg begegnet er zwei Riesen in einem dunklen Wald. Weil er das unerschöpfliche Essen hat, fressen sie ihn nicht, sondern suchen für ihn das Schloss und tragen ihn den weiten Weg. Es steht auf einem Glasberg. Er sieht die Königstochter, kann aber nicht zu ihr hinauf, und lebt ein Jahr in einer Hütte unten. Er nimmt drei Räubern einen magischen Stock, einen Tarnmantel und ein Pferd ab. Damit reitet er hoch, schlägt das Tor mit dem Stock auf und wirft unsichtbar den Ring in den goldenen, mit Wein gefüllten Kelch der Jungfrau. Sie findet ihren Erlöser vor dem Schloss auf dem Pferd. Als sie ihn begrüßt, steigt er ab, und sie heiraten.
Motivbezüge
Ähnliche Märchen sind Der Trommler sowie Die zwölf Brüder und Die sieben Raben, die ebenfalls in großer Höhe bzw. in einem Glasberg auf ihre Erlösung warten. In Der König vom goldenen Berg nimmt der Held drei Riesen einen Degen, einen Tarnmantel und magische Schuhe ab. In den genannten Märchen spielt teilweise auch ein Ring eine Rolle (auch: Der Bärenhäuter). Vergleiche auch Märchen von der Jungfrau im Turm, wie Rapunzel, oder die Anmerkung zu Der treue Johannes. Das Haus im Wald und die Beschreibung aus dem Text, der Mann schlief so fest, als wäre er ein Stein erinnern auch an Jorinde und Joringel, Die Alte im Wald oder Das Waldhaus. Zum ausgeschlagenen Wein der Hexe auch Das Rätsel. Vgl. Hirsedieb in Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch.
Der Brief des Helden setzt in dieser Verwendung allgemeine Lesefähigkeit voraus, scheint also eine jüngere Einfügung. Er enthält sonst oft als Uriasbrief sein Todesurteil (KHM 29, 31). Die episodenhafte Erlösungsthematik hätte ansonsten Entsprechungen in spätmittelalterlicher Literatur. Erlösung ist hier Rückverwandlung zu menschlichem Leben und Partnerschaft. Alle Erotik ist aber sublimiert zu Hochzeitskuss und Ring im Weinkelch (s.a. KHM 25, 65, 101, AaTh 947).
Herkunft
Das Märchen ist in den Kinder- und Hausmärchen seit dem zweiten Teil der Erstauflage (1815, da Nr. 7) an Stelle 93 enthalten. Nach Notizen der Grimms vom 7. April 1813 stammt das Märchen aus der Leinegegend. Es wurde ihnen wohl von Georg August Friedrich Goldmann aus Hannover zugetragen (wie Der junge Riese). In ihren Anmerkungen erwähnen sie Parallelen zu skandinavischen Sagen und Liedern sowie neben einer Erzählung bei Zingerle und Die sieben Raben zu einem Märchen aus der Braunschweiger Sammlung, dem auch Der König vom goldenen Berg ähnelt. Ein Fragmenttext aus Grimms Nachlass vom Königssohn, der sich nicht fürchtet enthält ebenfalls das Kutschenmotiv.[1]
Literatur
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 470-475. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag, ISBN 3-538-06943-3
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe, Stuttgart 1994. S. 181-182 und S. 483. (Reclam-Verlag; ISBN 3-15-003193-1)
- Werner Bies: Rabe. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 11, Berlin/New York 2004, S. 119-131
- Uther, Hans-Jörg: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Berlin 2008. S. 213-215. (de Gruyter; ISBN 978-3-11-019441-8)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Rölleke, Heinz (Hg.): Märchen aus dem Nachlass der Brüder Grimm. 5. verbesserte und ergänzte Auflage. Trier 2001. S. 35-37, 107-108. (WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier; ISBN 3-88476-471-3)
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