Die drei Raben

Die drei Raben

Die sieben Raben ist ein Märchen (Typ 451 nach Aarne und Thompson). Es ist in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 25 enthalten (KHM 25). In der Erstauflage hieß es Die drei Raben.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Einem Vater wird nach sieben Jungen endlich ein Mädchen geboren. Der Vater schickt seine Söhne Taufwasser für das Töchterchen zu holen. Da diesen jedoch der Krug in den Brunnen fällt und sie nicht zurückkommen, spricht er in seiner Angst: „Ich wollte, dass die Jungen alle zu Raben würden.“ Der gedankenlose Wunsch wird umgehend erfüllt – der Vater sieht sieben Raben durch die Lüfte flattern.

Das Töchterchen wächst auf, ohne zu wissen, dass es Brüder gehabt hat, denn die Eltern verschweigen ihr deren Schicksal. Endlich erfährt es durch andere Leute was geschehen ist, und dass diese ihr die Schuld an dem Vorgefallenen geben. Obwohl die Eltern ihr erklären, sie könne nichts für das Verhängnis, fühlt es sich weiter schuldig und macht sich allein auf den Weg, die Brüder zu erlösen.

Das Mädchen durchwandert die ganze Welt, kann ihre Brüder aber nicht finden. Endlich, die Welt ist zu Ende. Sie kommt zur Sonne, dann zum Mond, die ihr aber mit ihrer Hitze und Kälte beide feindlich gesinnt sind. Die Sterne jedoch sind ihr freundlich gesinnt, und der Morgenstern gibt ihr ein Hinkelbeinchen, mit dem es den Glasberg aufschließen könne – dort seien die Brüder zu finden. Am Glasberg angekommen, hat das Mädchen das Beinchen, den Schlüssel, verloren. In ihrer Not schneidet es sich einen Finger ab, steckt ihn in das Schloss, und das Tor öffnet sich. Drinnen trifft es auf einen Zwerg, der sagt ihr, die sieben Raben seien nicht zu Haus, aber es deckt ihr den Tisch mit sieben Tellern und Bechern. Das Mädchen nimmt von jedem etwas, und in den letzten aber lässt sie ihren Ring fallen. Als die Raben zurückkehren, wollen sie essen, bemerken aber,dass jemand ihnen zuvor gekommen ist. Sie sprechen: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen.“ Der siebente Rabe findet auf dem Grund seines Bechers den Ring, erkennt ihn und wünscht sich die Schwester herbei. Sie tritt hervor, und die Brüder sind erlöst.

Interpretation

Mit seiner schwarzen Farbe verkörpert der Rabe die Trauer. Er steht bis heute sprichwörtlich für den Winter (i.Ggs. zur Schwalbe, Sommer). Laut der Enzyklopädie des Märchens erscheint der Rabe im Märchen oft im Kontext der Motive Seelenreise und Höllenfahrt. Er trägt die Seelen der Verdammnis fort. Andererseits gehört der Rabe zu verschiedenen Licht- oder Sonnengottheiten (Odin, Lugh, Apollon). Raben kreisen u.a. um den Berg des Barbarossa. Nach Friedel Lenz sind die Raben Sinnbild für die göttlichen Eingebungen des Geistes.

Sowohl das Glas als auch der Zwerg oder die Alte können ebenfalls als Symbole einer gefühlsarmen, distanzierten Weisheit verstanden werden (siehe auch Glasberg, in KHM 127 Der Eisenofen, 193 Der Trommler, 196 Oll Rinkrank). Die Zahl Sieben kommt in vielen Märchen in Zusammenhang mit der Zeit vor. Mit den Sternen sind hier offenbar die sieben Planeten gemeint: Das Kind bekommt den Schlüssel vom Morgenstern, also der Venus. Der Planet Venus heißt auch Abendstern, er erscheint bei Dämmerung (s. Interpretation Die zwölf Brüder). Venus ist in der römischen Mythologie die Göttin der Liebe. Indem der Ring in den Becher gelegt wird, wird der Geist (männlich) mit der Seele (weiblich) vereint (vgl. KHM 65 Allerleirauh, KHM 93 Die Rabe, KHM 101 Der Bärenhäuter, Märchentyp AaTh 947 Heimkehr des Gatten).

Der Ausspruch der sieben Raben „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen“ klingt wie die sieben Zwerge bei Schneewittchen. Es existiert auch eine Variante von Schneewittchen, bei der die sieben Zwerge im Glasberg wohnen.

Rezeptionen

Georg Büchner lässt in seinem Drama Woyzeck die Großmutter ein ähnliches, aber sehr pessimistisches, nihilistisch gefärbtes Märchen erzählen. Darin wandert das Mädchen erst zum Mond, dann zur Sonne und dann zu den Sternen, die sich aber als ein faules Stück Holz, eine welke Sonnenblume und aufgespießte Mücken herausstellen, so dass sich das Mädchen schließlich allein auf einen Stein setzt (vgl. Die Sterntaler).

Ludwig Hirsch zitiert das Märchen neben anderen in seinem Lied Die Omama: „Die sieben Raben, es warn nur sechs...“.

Die Band Saltatio Mortis greift u.a. diese Geschichte im Lied Sieben Raben auf.

Quellen

In der Erstauflage von 1812 heißt das Märchen Die drei Raben, nach Jacob Grimms Handschrift (vielleicht von Familie Hassenpflug mündlich übermittelt): Die Mutter verflucht ihre drei Söhne, weil sie während der Kirche kartenspielen. In der zweiten Auflage (1819) wurde dieser Anfang durch eine Fassung aus dem Wiener Raum ersetzt. Die genaue Quelle hierfür ist nicht bekannt. Die Grimms verweisen in ihren Anmerkungen auf zahlreiche verwandte Stoffe aus der germanischen und nordischen Mythologie.

Verfilmungen

  • Ferdinand Diehl: Die sieben Raben, Puppentrickfilm, Deutschland 1937
  • Die sieben Raben, Tschechische Republik, 1993 (leicht veränderte Handlung)

Theaterbearbeitungen

Literatur

  • Grimm, Brüder. Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 172-174. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. (Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag; ISBN 3-538-06943-3)
  • Grimm, Brüder: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. S. 56-59, S. 453-454. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. (Reclam-Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1)
  • Rölleke, Heinz (Hrsg.): Die älteste Märchensammlung der Brüder Grimm. Synopse der handschriftlichen Urfassung von 1810 und der Erstdrucke von 1812. Herausgegeben und erläutert von Heinz Rölleke. S. 226-233, 377-378. Cologny-Geneve 1975. (Fondation Martin Bodmer; Printed in Switzerland)
  • Bies, Werner: Rabe. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 11. S. 119-131. Berlin/New York 2004.

Weblinks


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