- Dorfkirche Kirchdorf auf Poel
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Die Dorfkirche Kirchdorf auf der Ostseeinsel Poel ist die Kirche der Evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Kirchdorf im Landkreis Nordwestmecklenburg. Die Gemeinde gehört zum Kirchenkreis Wismar der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Zuge der Aufsiedlung der Insel Poel mit deutschen Bauern durch Fürst Heinrich Borwin I. zum Anfang des 13. Jahrhunderts begann man mit dem Bau der Poeler Kirche. Wahrscheinlich ist die Kirche in vier oder fünf Etappen in der Zeit von 1210 bis etwa 1350 gebaut worden. Es gibt mehrere Indizien dafür, dass der im romanischen Stil gebaute Turm der älteste Teil der Kirche ist. Im Erdgeschoss befand sich der erste Gottesdienstraum. Die darüber liegenden Etagen dienten als Zufluchtsort, Speicher, Aussichts- und Glockenturm. An den Turm wurde das erste Langhaus wahrscheinlich um 1230/40 im romanischen Stil gebaut. Etwa fünfzig Jahre später wurde der Chor der Kirche im gotischen Stil gebaut. Das Langhaus wurde um den Anfang des 14. Jahrhunderts erhöht und dem Chor der Kirche angepasst. Beim Neubau setzte man dem Langhaus Strebepfeiler und Dienste an. Die Wände wurden erhöht. Ein Gewölbe wurde eingespannt, und die alten Schlitzfenster wurden in Spitzbogenfenster umgewandelt. Der obere Teil des Turms wurde auch in dieser Zeit oder wenig später umgebaut. Er wurde etwa sechs Meter erhöht und mit einem achtseitigen für die Gegend typischen Helm (eine so genannte „Bischofsmütze“) versehen. Dieser Turm ist mit seinen 47 Metern Höhe ein weithin sichtbarer Punkt der Insel.
Wegen der politischen Verhältnisse von 1933 bis 1989 konnten dringend notwendige Sanierungs- und Renovierungsarbeiten nur sehr bedingt durchgeführt werden. Diese werden heute nach den Möglichkeiten der Kirchgemeinde und mit Hilfe von Fördermitteln und Spenden nachgeholt. 1995 wurde der Turm weitgehend saniert. Seit 2001 wird das Kirchengebäude Abschnitt für Abschnitt wieder instand gesetzt.
Ausstattung
Grabplatte mit Scheibenkreuz
Im Chor ist eine für Deutschland äußerst seltene gotische Grabplatte vermutlich dänischer Herkunft zu sehen. Sie stammt aus der Zeit der Christianisierung der Insel zwischen 1150 und 1250. Das Scheibenkreuz symbolisiert mit den konvexförmigen Armen die Aufverstehungsverherrlichung Jesu mit dem Kreuzsymbol verbinden.
Altar Madonna mit den Strahlenkreuz
Ein kleiner Marienaltar aus der Zeit um 1470 befindet sich an der Nordwand. Rings um den Schrein sind Szenen aus dem Leben Mariens zu sehen. Zentral enthält der Schrein die Darstellung einer Madonna im Strahlenkranz. Dieses Motiv war zu damaligen sehr verbreitet. Die gekrönte Maria, umgeben von einem goldenen Kranz (Himmlischen Glanz darstellend), steht auf einer nach unten gedrehten Mondsichel (als Symbol des Mann im Mondes). Diese Darstellung geht auf das Kapitel 12 der Offenbarung des Johannes zurück. Auf dem linken Arm hält Maria das Jesuskind mit einem Apfel. Dieser symbolisiert Jesus als Zweiten Adam. In der anderen Hand hält sie eine nicht näher bestimmbare Blume (vermutlich Lilie, Tulpe oder Rose). Vier Engel in den Ecken umringen sie. Einer der Engel trägt eine kleine tragbare Orgel, ein Portativ. Um den Zentralaltar sind an den Seitenflügeln vier Szenen aus dem Leben der Marie angeordnet. Rechts oben ist die Weihnachtsgeschichte dargestellt. Drunter ist die Huldigung Christi durch die Heiligen Drei Könige angeordnet, allerdings durch drei die Darstellung der drei Lebensalter (junger Mann, Mann mittleren Alters und Greis). Diese Art der Darstellung ist im Mittelalter häufiger zu finden. Links oben ist die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel Darunter findet man die Beschneidungsszene Jesu im Tempel von Jerusalem.
Hauptaltar
Im Schrein des Hauptaltars aus der Zeit um 1420 ist die Krönung der Maria zu sehen. Der Schrein ist von beiden Seiten von Schnitzfiguren umgeben – rechts neben Christus ein Bischof (wahrscheinlich Nikolaus), Paulus und fünf Jünger Jesu; links neben Maria Johannes der Täufer, Petrus und fünf weitere Jünger Jesu. Unter diesen Figuren sind sechzehn weibliche Heilige in halber Gestalt zu sehen.
Kruzifix
Vor der Reformation befand sich an der Stelle, wo sich heute die Kanzel befand sich der sogenannte Lettner, eine Trennwand. Diese trennte das Langhaus vom Chor. Über dieser Trennwand, war ein Triumphkreuz angebracht. Neben Jesus waren auch Maria und Johannes dargestellt. Nach der Reformation wurde diese Gruppe entfernt und der Kruzifix an der Nordwand des Chores angebracht. Die Darstellung des gekreuzigten mit kurzem, faltenreichen um die Hüften geschlungenen Leichentuch spricht für eine Entstehungszeit um 1450. Der Balken, über dem sich das Triumphkreuz befand, ist heute noch vorhanden. Über den Verbleib der anderen beiden Figuren ist nichts bekannt.
Sonstiges
Die Reformation wurde hier wahrscheinlich schon um 1535 eingeführt. Dennoch verfuhr man hier wie in weiten Teilen Norddeutschlands nach Wittenberger Vorbild konservativ, so dass es zu keinen Bilderstürmen kam. Die Altäre wie auch das Triumphkreuz aus dem 15. Jahrhundert sind daher der Poeler Kirche erhalten geblieben. Allerdings sind die Altäre im 19. Jahrhundert mit dunkelgrüner Farbe überstrichen worden und um 1960/61 nochmals neu bemalt worden, so dass die ursprüngliche Bemalung heute nicht zu sehen ist. Die Orgel der Kirche wurde ursprünglich für die Kirche in Neukloster erbaut und um 1704 nach Poel umgesetzt. Ihr Prospekt stammt aus dem 17. Jahrhundert und ist dem Umfeld von Henning Kröger (Wismar) zuzuschreiben. 1875 stellte der Orgelbauer Friedrich Albert Mehmel ein neues romantisches Werk in den Barockprospekt. Dieses wurde von 1969 bis 1982 barockisierend umgebaut. Allein der Prospekt ist heute noch original barock. Kanzel, Kirchenbänke und die neogotischen Wandmalereien stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. 1936 baute Gustav Schwartz das Modell eines Zeesboots, das seitdem an der Nordwand der Kirche steht. Der in der Kirche befindliche Kronleuchter stammt aus der Zeit unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg. Er wurde vom Poeler Bauern Peter Ever aus Brandenhusen im Jahr 1656 gestiftet.
Gemeinde
Die Kirchgemeinde gehört zur Propstei Bukow im Kirchenkreis Wismar. In der Kirche finden neben den sonntäglichen Gottesdiensten im Sommer auch einige Konzerte statt.
Siehe auch
Liste der Kirchen im Kirchenkreis Wismar
Weblinks
Commons: Dorfkirche Kirchdorf auf Poel – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienQuellen
- Friedrich Schlie: Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogthums Mecklenburg-Schwerin, 1898, Bd. 2, S. 222ff.
- Saegebarth, Joachim: Insel Poel – Beiträge über Landschaft und Geschichte, Koch & Raum Wismar 2007, 188ff.
- Chronik der Kirchgemeinde Poel
53.99429811.43782Koordinaten: 53° 59′ 39″ N, 11° 26′ 16″ OKategorien:- Kirchengebäude im Landkreis Nordwestmecklenburg
- Insel Poel
- Kirchengebäude des Kirchenkreises Wismar
- Kirchengebäude der Backsteingotik in Mecklenburg-Vorpommern
- Baudenkmal im Landkreis Nordwestmecklenburg
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