- Afghan National Army
-
Die Afghanische Nationale Armee (kurz ANA) ist die derzeitig noch im Aufbau befindliche Armee des Staates Afghanistan. Sie wurde am 3. April 2002 gegründet[1]. Bis zum Januar 2006 wurden 27.000 Soldaten für die ANA ausgebildet[2], davon sind 14.500 Kampftruppen[3].
Inhaltsverzeichnis
Vorgänger
Ein afghanisches Heer bestand schon seit Mitte des 18. Jahrhunderts nach den Kriegen gegen Persien. Es umfasste einen besoldeten Stamm als Kern, an den sich im Krieg ein Milizaufgebot anschloss. In den Anglo-Afghanische Kriegen konnten sich die Afghanen gegen die militärischen Interventionen des Britischen Empire bis 1880 behaupten. 1880 besetzten die Briten Kabul. Der britische Oberbefehlshaber General Frederick Roberts setzte Abdur Rahman Khan, Sohn des ältesten Sohns von Dost Mohammed Afzul Khan, als neuen Emir ein. Die Briten übernahmen für die folgenden 40 Jahre die Kontrolle über die afghanische Außenpolitik. Organisation wie Bewaffnung des Heeres wurden unter Abdur Rahman Khan europäisch organisiert. Die Armee zählte im Jahr 1884 etwa 50.000 Mann und 123 Feldgeschütze.[4] Aufgrund zahlreicher Aufstände in Afghanistan wurde 1893 das Land durch die Durand-Linie von den Briten geteilt und das süd-östliche Gebiet der indischen Kronkolonie eingegliedert. 1904 wurde die Madrasse-ye Harbi-ye Militärschule gegründet, um die Ausbildung der Offiziere der Armee zu verbessern.
Im dritten Anglo-Afghanischen Krieg im Mai 1919 konnte die afghanische Armee unter Amanullah Khan gegen die Briten Erfolge erzielen, was am 8. August 1919 zur Anerkennung Afghanistans als souveränen und unabhängigen Staat durch Großbritannien führte. 1924 wurde eine erste Luftwaffeneinheit aufgestellt, die bis 1929 existierte. 1925 proklamierte Amanullah Khan ein konstitutionelles Königreich. Unter Zahir Schah erreichte die Armee 1933 eine Mannstärke von 70.000 Mann. Die 1937 erneut aufgestellte afghanische Luftwaffe erhielt ihre ersten modernen Kampfflugzeuge 1957. 1967 waren 32 Maschinen bei den Streitkräften im Einsatz. Die afghanischen Piloten wurden von lokalen Flugschulen ausgebildet.
1972 wurde Zahir Schah durch seinen Cousin und Schwager Mohammed Daoud Khan gestürzt. 1978 kam es dann zu einem prokommunistischen Militärputsch. Mit Einmarsch von Sowjettruppen im Dezember 1979 entwickelte sich der Bürgerkrieg zu einem zehnjährigen Stellvertreterkrieg zwischen der afghanischen Armee und sowjetischer Besatzungsmacht auf der einen Seite und den von den USA, Saudi-Arabien und Pakistan unterstützten Mudschaheddin auf der anderen. In den 1980er Jahren wurden dabei auch die vorhandenen MiG-17, MiG-21 und Iljuschin Il-28 Flugzeuge sowie Mil Mi-24 Helikopter der afghanischen Luftwaffe im Kampf gegen die Mudschahid eingesetzt. Die Moral in der regierungstreuen afghanischen Armee wurde zunehmend geringer. Die afghanische Armee brach von ihrer ursprünglichen Stärke von 105.000 Mann 1978 auf etwa 20.000-30.000 Mann 1987 zusammen. 1989 zogen die sowjetischen Truppen aus Afghanistan ab. Die sowjetisch gestützte Regierung unter Präsident Mohammed Nadschibullah konnte sich noch bis zur Einnahme Kabuls 1992 durch die Mudschaheddin halten. Die bis dahin noch vorhandenen Armeeeinheiten zerfielen oder schlossen sich verschiedenen Lagern an.
Die Taliban konnten mit der Einnahme der Hauptstadt Kabul 1996 und der folgenden Konsolidierung ihrer Macht seit 1997 drei Viertel des Landes kontrollieren. Die verschiedenen Milizen verfügten auch über verbliebene Einheiten der Armee, so hatten gegen Ende der 1990er Jahre sowohl Taliban als auch die Nordallianz Kampfflugzeuge der afghanischen Luftwaffe im Einsatz. Nach den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 griffen am 7. Oktober 2001 die USA Afghanistan an und unterstützten die Vereinigte Islamische Front zur Rettung Afghanistans, um die Taliban und mit ihr deren Führer Mullah Omar zu entmachten (siehe auch Krieg in Afghanistan).
Geschichte
Nach dem Ende des Afghanistankrieges formulierte der afghanische Präsident Hamid Karzai als Ziel, bis 2009 eine Armee mit 70.000 Soldaten aufzustellen. Dies wurde zuletzt Ende Januar 2006 im Afghanistan-Vertrag als Zielvorstellung bekräftigt. Bis 2010 soll demnach eine national respektierte, professionelle und ethnisch ausgeglichene Afghanische Nationalarmee (ANA) mit bis zu 70 000 Soldaten voll funktionsfähig sein.[5]
Im Januar 2003 wurden die ersten 1.700 Freiwilligen in fünf kandaks (Pashto. für Bataillon) aufgenommen. Dort wurden diese in einer zehnwöchigen Grundausbildung, durchgeführt von Soldaten der ISAF, geschult. Im Juni 2003 waren bereits 4.000 Soldaten ausgebildet worden. Ihnen standen allerdings regionale Armeen der sogenannten Warlords in einer Stärke von schätzungsweise 40.000 Mann gegenüber. [6].
Die Quote der Abgänge, die anfangs bei 50 Prozent lag, ging Mitte 2003 auf 30 Prozent zurück. Neuen Einheiten fehlten zu diesem Zeitpunkt Waffen und Kommunikationssysteme. [7]. Im Sommer 2003 verzeichnete man schließlich zehn Prozent an Deserteuren pro Monat. [8] Diese Zahl ging im Jahr 2004 auf 1,2 Prozent pro Monat zurück. [9]
In der Anfangsphase waren die Tadschiken in der ANA deutlich überrepräsentiert, mittlerweile versucht man, durch die Einführung von Quoten einen angemessenen Anteil von Paschtunen, Usbeken und Hazara in der ANA zu bekommen.[9]
Probleme bei der Aufstellung bereitete auch die nur langsam anlaufende Unterstützung durch die auf der Afghanistan-Konferenz zugesagten Mittel. Die große Fluktuation unter den Soldaten behinderte den Aufbau. Ungeachtet dessen konnten im Juli 2003 die ersten 1000 Soldaten unter Kommando US-geführter Truppen am sogenannten Kampf gegen den Terror teilnehmen. Im Februar 2005 hatte die ANA schließlich 21.200 Soldaten, davon 17.800 Ausgebildete und 3.400 in Ausbildung.[10]
Organisation
Struktur
Die ANA wird zunächst auf Heeresaufgaben beschränkt bleiben. Da der Aufbau und Unterhalt einer einsatzfähigen Luftwaffe die Mittel der Armee übersteigt, übernehmen die USA die Sicherung des afghanischen Luftraums. Der Aufbau der Kommandostruktur ist von den USA beeinflusst. So soll Afghanistan unter militärisch sinnvollen Regionalkommandos aufgeteilt werden, ähnlich der Organisation der US-Streitkräfte. Die Armee ist in 31 (2005) Bataillone (kandaks) von je 600 Mann gegliedert, von denen 28 im Jahr 2005 einsatzfähig waren. Insgesamt war geplant, bis Ende des Jahres 2006 neun Brigaden mit jeweils sechs Bataillone einsatzbereit zu haben. Diese sollen dann auf fünf Korps über das Land verteilt werden. Bereits ins Leben gerufen wurden:
- 201. Korps, stationiert in Kabul
- 203. Korps, stationiert in Gardez
- 205. Korps, stationiert in Kandahar
- 207. Korps, stationiert in Herat
- 209. Korps, stationiert in Mazar-e Scharif
Das Problem der ANA beim Aufbau gefestigter Strukturen liegt in der großen Fluktuation unter den Soldaten. Es wird geschätzt, dass 10% der Soldaten bereits nach kurzer Zeit die Armee wieder verlassen. Der Anfangssold liegt in der ANA bei $30, gestaffelt steigt er für ausgebildete Soldaten auf bis zu $70. Viele der Rekruten sind unter 18 Jahren und können weder lesen noch schreiben. Somit entstehen große Probleme in der Kommunikation. Durch die inhomogene ethnische und sprachliche Struktur Afghanistans und somit auch der Armee ist eine problemlose Verständigung somit weder verbal noch in schriftlicher Form möglich. Die ANA beschäftigt 2006 insgesamt etwa 35.000 Personen davon etwa 27.000 einsatzfähige Soldaten.
Kommandeure
- Bismillah Khan, Befehlshaber des Generalstabs,
- Mohammad Eshaq Noori, stellv. Befehlshaber des Generalstabs
- Abdul Abdullah, stellv. Befehlshaber des Generalstabs
- Abdul Khaliq Faryad, stellv. Befehlshaber des Generalstabs
- Shir Mohammad Karimi, stellv. Befehlshaber des Generalstabs
Westliche Hilfe
Ausrüstung und Infrastruktur
Die USA sehen den Aufbau einer nationalen afghanischen Armee als Alternative zur dauerhaften Stationierung von US-Streitkräften in Afghanistan. [11] Seit 2001 haben sie militärische Ausrüstung und Dienstleistungen im Wert von mehr als 2 Milliarden USD für die ANA zur Verfügung gestellt. Ein weiteres Programm im Wert von 2 Milliarden USD wurde 2006 verkündet und ist für 2007 geplant. Es beinhaltet 2500 Humvees und 10.000 M16-Sturmgewehre. Außerdem soll eine nationale Befehlszentrale errichtet werden.[12] Dennoch sind afghanische Einheiten immer noch zum größten Teil mit alten Waffen, Ausrüstung und Fahrzeugen nach sowjetischem Muster ausgestattet.
Mittlerweile (2006) sind alle afghanischen Bataillone, wenn auch behelfsmäßig, ausreichend mechanisiert. In Kabul wurde eine militärische Hochschule eingerichtet, die in vierjähriger Ausbildung die Führungselite der Armee ausbilden soll. Die Hochschule wird von der amerikanischen und türkischen Armee unterstützt.
Ausbildung
Die Armee wird durch die Koalitionsstreitkräfte der ISAF ausgebildet, um zukünftig selbstständig für die Sicherheit des Landes zu sorgen. Die verschiedenen Mitglieder der ISAF haben unterschiedliche Verantwortlichkeiten in der Ausbildung der ANA übernommen. Alle diese verschiedenen Bemühungen werden auf Koalitionseite durch das kombinierte Kommando Afghanistan (CSTC-A) gehandhabt und von der ISAF-Zentrale in Kabul koordiniert. Seit Juli 2006 besteht nachfolgend das afghanische nationale Armee-Trainings Kommando (ANATC), welches eine enge Zusammenarbeit der ISAF mit dem Generalstab der ANA vorsieht.
Die Ausbildung unter Leitung des ANATC-Hauptquartiers sieht eine Grundausbildung durch mittlerweile geschulte afghanische Militärausbilder vor. Die amerikanischen Streitkräfte übernehmen die fortgeschrittene Ausbildung. Großbritannien und Frankreich leiten die Ausbildung von Offiziersanwärtern, welche sich vornehmlich aus erfahrenen Bürgerkriegsveteranen zusammensetzen.
Galerie
ANA Truppen bereiten eine D-30 Haubitze vor
Ein ANA-Soldat feuert eine RPG-7 auf Taliban
Weblinks
Quellen
- ↑ Afghanistan seit dem Ende der Monarchie In: derstandard.at vom 1. Juni 2006.
- ↑ Akram Gizabi: Questions Surround Continued U.S. Presence in Afghanistan In: afghannews.net vom 12. Januar 2006
- ↑ Afghanistan National Security Forces Fact sheet des US-Außenministeriums vom 31. Januar 2006
- ↑ Meyers Konversationslexikon von 1888: Afghanistan
- ↑ Eckpunkte des "Afghanistan-Pakts" In: tagesspiegel.de vom 31. Januar 2006
- ↑ Karsai: Afghanistan braucht weiterhin internationale Hilfe in Deutschlandradio vom 19. November 2004
- ↑ Disamarment and Reintegration in Afghanistan International Crisis Group Asia report Nr. 65 30. September 2003 S.5
- ↑ Elections in Afghanistan Asia Briefing der international Crisis Group vom, 30. März 2004
- ↑ a b Afghanistan: Getting Disarmament Back on Track Update briefing der International Crisis Group vom 23. Februar 2005 S.4
- ↑ Afghanistan: Getting Disarmament Back on Track Update briefing der International Crisis Group vom 23. Februar 2005 S.3
- ↑ Thomas Withington: Army Plan Fraught With Problems Reporting Central Asia Nr. 110 des Institute for War and Peace Reporting vom 21. März 2002
- ↑ Tini Tran (Associated Press): Afghanistan to get $2 billion in U.S. gear In: agfhannews.net vom 4. Juli 2006
Wikimedia Foundation.