Emily Ruete

Emily Ruete
Prinzessin Salme mit Ehemann

Emily Ruete (* 30. August 1844 in Beit il Mtoni bei Sansibar-Stadt als Sayyida Salme Prinzessin von Oman und Sansibar; † 29. Februar 1924 in Jena) war eine omanisch-sansibarische Prinzessin, die nach der Heirat mit dem deutschen Kaufmann Rudolph Heinrich Ruete als Schriftstellerin und Lehrerin in Deutschland lebte.

Inhaltsverzeichnis

Leben in Sansibar

Prinzessin Salme wurde als Tochter von Sayyid Said, dem regierenden Sultan von Oman und Sansibar, und einer als Sklavin verschleppten tscherkessischen Nebenfrau geboren. Sie wuchs im Palast Beit il Mtoni bei Sansibar-Stadt auf. Sie verlebte eine unbeschwerte Kindheit in luxuriöser Umgebung und brachte sich selbst Lesen und Schreiben bei. Mit ihrem Halbbruder Majid verband sie ein besonderes Vertrauensverhältnis; er brachte ihr Reiten und Schießen bei. Ab 1851 wohnte sie in seinem Haus.

Nach dem Tod des Vaters wurde Majid 1856 Sultan von Sansibar. Salme wurde für volljährig erklärt und erhielt ihr väterliches Erbteil, eine Plantage mit Wohnhaus und 5.429 Pfund. Ihre Mutter starb 1859 bei einer Choleraepidemie, aus deren Erbteil erhielt Salme drei Plantagen und mehrere Wohnhäuser. Danach wurde Salme zunehmend in Intrigen am Hofe des Sultans hineingezogen. Ihre Halbschwester Khwala und ihr Halbbruder Bargash überredeten sie, sich an dem Versuch zu beteiligen, Majid zu stürzen. Da sie am besten lesen und schreiben konnte, übernahm sie im Alter von fünfzehn Jahren die Funktion einer Sekretärin für Bargash. Der Putschversuch schlug fehl; sie wurde für einige Monate unter Hausarrest gestellt. Danach söhnte sie sich mit Majid aus. Bargash, der für zwei Jahre des Landes verwiesen wurde, betrachtete dies als Verrat und lehnte zeitlebens jeden weiteren Kontakt mit ihr ab.

1866 lernte Prinzessin Salme den Kaufmann Heinrich Ruete aus Hamburg kennen, der in einem dem Sultanspalast benachbarten Gebäude wohnte. Der Familie war ihre Beziehung zu Ruete bekannt, eine Heirat mit einem Christen jedoch undenkbar. Am 24. August 1866 floh sie, im vierten Monat schwanger, unter Mithilfe des britischen Vize-Konsuls an Bord des Kriegsschiffes Highflier aus Sansibar, um der dort drohenden Steinigung zu entgehen. Majid ließ dem Britischen Konsul ein formelles Protestschreiben übermitteln; ihre Brüder waren jedoch mit der gefundenen Lösung zufrieden. Salme reiste nach Aden, wo am 7. Dezember 1866 ihr Sohn Heinrich jr. geboren wurde. Am 1. April 1867 ließ sie sich taufen und nahm den Namen Emily an. Ihr erster Sohn starb, noch bevor sein Vater in Aden eintraf.

Leben in Deutschland

Noch in Aden heirateten Emily und Rudolph Heinrich am 30. Mai 1867 und gingen danach nach Hamburg. Am 24. März 1868 wurde ihre Tochter Antonie Thawka Ruete geboren (die spätere Ehefrau des Kolonialbeamten Eugen Brandeis), am 13. April 1869 ihr Sohn Rudolph Said-Ruete und am 16. April 1870 ihre Tochter Rosalie Guza Ruete. Am 6. August 1870 starb ihr Mann, als er beim Abspringen von einer Pferdebahn auf der Uhlenhorst überfahren wurde.

In der Folge verweigerten die Behörden Emily Ruete das Erbe ihres Mannes; sie lebte jeweils kurze Zeit in Dresden, Berlin, Rudolstadt und Köln. 1875 versuchte sie in London vergeblich, mit ihrem Bruder Bargash, der sich dort zu einem Staatsbesuch aufhielt, in Kontakt zu kommen. Sie erhob öffentlich Ansprüche auf ihre nach der Flucht enteigneten Besitzungen in Sansibar, die von Bargash abgelehnt wurden. Im Rahmen der Zuspitzung der deutsch-britischen Gebietsauseinandersetzungen in Ostafrika versuchte Bismarck, sie für seine Kolonialinteressen zu benutzen, indem er sie zweimal, 1885 und 1888, in Begleitung deutscher Beamter nach Sansibar reisen ließ. Wieder wurden jedoch alle Ansprüche durch Bargash abgelehnt, und er weigerte sich erneut, seine Schwester überhaupt zu empfangen. Nachdem im Rahmen der Kongokonferenz und danach im Helgoland-Sansibar-Vertrag die deutsch-britischen Auseinandersetzungen geklärt worden waren, interessierten sich die deutschen Behörden nicht mehr für sie.

1886 veröffentlicht Emily Ruete ihr erstes Buch. Neben den daraus erzielten Einkünften verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt als Lehrerin für Arabisch. 1898 reiste sie nach Beirut, wo ihr Sohn Rudolph als Beamter am deutschen Konsulat arbeitete. Bis 1914 unternahm sie weitere längere Reisen in den Nahen Osten. 1922, nach dem Tod aller ihrer Halbgeschwister, setzte ihr Neffe Sultan Khalifa bin Bargash ihr eine kleine Rente aus. Von 1920 an lebte sie in Jena bei den Schwiegereltern einer ihrer beiden Töchter. Emily Ruete starb 1924 in Jena und wurde auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf begraben; die Grabstätte wird als Prominentengrab bewahrt.[1]

Schriftstellerische Tätigkeit

Emily Ruete veröffentlichte zwei Bücher, Memoiren einer arabischen Prinzessin und später Briefe nach der Heimat, wobei das erste ein beachtlicher Publikumserfolg wurde. In mehreren zeitgenössische Zeitschriften wurden ausführliche Berichte über sie gedruckt. Ihr erstes Buch war die erste Autobiographie einer Araberin in der Literaturgeschichte.

Museum in Sansibar-Stadt

Im Palastmuseum in Sansibar-Stadt ist ein Zimmer ihrem Andenken gewidmet und mit zeitgenössischem Mobiliar aus den 1860er Jahren eingerichtet. Die Flucht aus dem Sultanspalast wird hierbei besonders betont und didaktisch in das Konzept einer kritischen Würdigung der vorrevolutionären Zustände auf Sansibar eingebunden.

Literatur

  • Ruete, Emily: Leben im Sultanspalast: Memoiren aus dem 19. Jahrhundert. Europäische Verlagsanstalt 2006, ISBN 978-3-931705-34-3
  • Waldschmidt, Julius: Kaiser, Kanzler und Prinzessin. Ein Frauenschicksal zwischen Orient und Okzident. trafo verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89626-131-2
  • Rudolph Said-Ruete: Eine auto-biographische Teilskizze. Die Al-bu-Said Dynastie in Arabien und Ostafrika. Luzern, 1932.

Dokumentarfilm

  • Die Prinzessin von Sansibar“ (Deutschland 2007) von Tink Diaz

Als Romanfigur

In dem 1963 erschienenen Roman Trade Winds (deutsche Übersetzung unter dem Titel: Insel im Sturm) von Mary M. Kaye wird die versuchte Revolution in Sansibar beschrieben. Emily Ruete spielt darin eine Nebenrolle.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedhof Ohlsdorf, Hamburg: Grabstätten bekannter Persönlichkeiten – Grab U27 (78-89).

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