Englisch-Spanischer Krieg (1727-1729)

Englisch-Spanischer Krieg (1727-1729)

Der Englisch-Spanische Krieg von 1727 bis 1729 war der Höhepunkt einer gesamteuropäischen Krise. Es kam nur in relativ geringem Umfang zu Kampfhandlungen zwischen England und Spanien, während ein großer europäischer Krieg vermieden werden konnte. Der Konflikt stellt ein wichtiges, aber wenig beachtetes Beispiel dafür dar, wie sich im 18. Jahrhundert Diplomatie und Krieg ergänzten.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Philipp V. von Spanien (1683–1746)

Spanien hatte im Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714) und dem darauf folgenden Krieg der Quadrupelallianz (1718–1720) alle seine Besitzungen in Italien und den Niederlanden an Österreich, sowie Gibraltar und Menorca an England verloren. Am Ende des letzten Konflikts stand das Land außenpolitisch fast völlig isoliert da und die Feindschaft mit diesen beiden Ländern bestimmte die Politik Philipps V. von Spanien. Hinzu kamen noch handelspolitische Gegensätze zu England in der Karibik (siehe: Asiento).

Karl VI. von Österreich hatte die Eroberung der nunmehr Österreichischen Niederlande dazu genutzt, um eine überseeische Handelskompanie einzurichten. Diese Ostendische Kompanie (auch Ostende-Kompanie) arbeitete seit 1719 in Konkurrenz zu den großen Seemächten, die sich dadurch in ihren ökonomischen Interessen beeinträchtigt sahen. Bereits 1724 kam es in Cambrai zu einem gesamteuropäischen Kongress, auf dem Holland und England erfolglos die Auflösung der Ostendischen Kompanie forderten. Auch wurde bei dieser Gelegenheit die im Vertrag von Den Haag vereinbarte Erbfolge des ältesten Sohnes von Philipp V. in den Herzogtümern Parma, Piacenza und Toskana in Frage gestellt. Somit standen sowohl Österreich als auch Spanien im Gegensatz zu den Seemächten.

Am 30. April 1725 kam es zum Abschluss des Wiener Friedens zwischen Spanien und Österreich, in dem beide Staaten ihre Streitigkeiten beilegten und sich der gegenseitigen Unterstützung versicherten. Spanien erkannte als erstes Land die Pragmatische Sanktion und die Ostendische Kompanie an. In einem geheimen Zusatzabkommen versprach Kaiser Karl VI. im Gegenzug die spanischen Bestrebungen zur Rückeroberung Gibraltars und Menorcas zu unterstützen und im Kriegsfall sogar 30.000 Soldaten zu schicken.

Dieses Abkommen, das nach Ansicht der Zeitgenossen das politische Gleichgewicht in Europa bedrohte, rief eine Gegenreaktion hervor. Am 3. September 1725 schlossen sich England-Hannover, Frankreich und Preußen (das hoffte so Ansprüche auf die Grafschaft Jülich-Berg durchzusetzen) in der Allianz von Herrenhausen zusammen. Zu diesem Bündnis sollten später noch Holland, Schweden und Dänemark stoßen, die ebenfalls wirtschaftliche Nachteile durch eine enge spanisch-österreichische Kooperation fürchteten.

Die Krise

Minister Robert Walpole (1676–1745)

Im Jahr 1726 verschärfte sich die bereits gespannte politischen Lage und hatte die militärische Aufrüstung der beteiligten Staaten zur Folge. Noch am 5. November 1725 hatten Spanien und Österreich ihr Bündnis bekräftigt und sich zu konkreter gegenseitiger Hilfe in einem Krieg gegen Frankreich verpflichtet, wobei Karl VI. für sich das Elsass sowie die Bistümer Metz, Toul und Verdun beanspruchte, während Philipp V. gedachte, die Grafschaft Roussillon zu erobern. Des Weiteren wurde in Aussicht gestellt, dass zwei Töchter Karl VI. die Söhne Philipps V. heiraten könnten. Eine Vereinigung der beiden Dynastien war jedoch dazu geeignet, das politische Gleichgewicht in Europa nachhaltig zu stören und führte zu Gegenmaßnahmen von seiten der Herrenhausener Allianz. Die Situation spitzte sich weiterhin zu, als nun auch Russland am 6. August 1726 dem österreichisch-spanischen Bündnis beitrat. Dem folgten später noch Sachsen-Polen und Bayern.

Zwischen England, Frankreich und Preußen wurden erste Kriegspläne verabredet. Preußische Truppen sollten zusammen mit einer hannoverschen Brigade in Schlesien einrücken, während Frankreich entweder in Italien oder am Rhein angreifen sollte. Der Beitritt Russlands zum österreichisch-spanischen Bündnis verhinderte jedoch eine Ausführung des Plans, da König Friedrich Wilhelm I. von Preußen sich außerstande sah, auch gegen die Zarin Katharina I. Krieg zu führen.

Trotzdem verstärkten alle beteiligten Staaten ihre militärischen Vorbereitungen. Truppen wurden an den Grenzen zusammengezogen und schon seit dem August 1725 wurden die Werke der Festung Gibraltar unter der Leitung des englischen Gouverneurs Richard Kane ausgebessert. Im Laufe des Jahres 1726 entsandte England drei Flotten. Ein Geschwader kreuzte in der Ostsee, um die russische Zarin einzuschüchtern. Ein weiteres sicherte das Mittelmeer, während ein drittes Geschwader den Auftrag erhielt, in der Karibik den spanischen Handel vor Portobelo zu blockieren. So hoffte man Philipp V. die englische Seemacht zu demonstrieren. Im Gegenzug entsandte Russland einige Schiffe in den Atlantik, die im spanischen Hafen von San Andrea überwinterten.

Die Kampfhandlungen

Zeitgenössische Darstellung der Belagerung Gibraltars im Jahre 1727

Schon seit 1726 befanden sich Spanien und England faktisch im Kriegszustand. Da man den Konflikt aber nicht weiter eskalieren lassen wollte, hatte das englische Geschwader vor Portobelo vom leitenden Minister Robert Walpole (1676–1745) den Auftrag erhalten, die Stadt nicht anzugreifen, sondern lediglich zu blockieren, um den spanischen Handel zu unterbinden. In dem tropischen Klima kam es auf den Schiffen jedoch zu zahlreichen Krankheiten, die mehrere tausend Soldaten und Matrosen einschließlich des Admirals das Leben kosteten. Dies führte in England zu einem Skandal, der später in Walpoles Entlassung mündete. Danach beschränkte sich der Konflikt in der Karibik auf einen ausgedehnten Handels- und Kaperkrieg, in dem beide Seiten Freibeuter einsetzten.

Die einzige größere geschlossene Kampfhandlung des Konfliktes bildete die Belagerung Gibraltars. Philipp V. zog eine Armee von 12.000 Soldaten (nach anderen Angaben bis zu 25.000) zusammen, die vom Marquis de Villadrias befehligt werden sollte, der bereits im Jahre 1704 eine Belagerung der Stadt versucht hatte. Dieser lehnte das Kommando allerdings ab, da er nicht an einen Erfolg glaubte. Stattdessen übernahm General Conde de la Torres den Oberbefehl. Am 11. Februar 1727 begannen die Spanier mit der Belagerung der Festung, die von etwa 1.500 englischen Soldaten verteidigt wurde. Da das englische Mittelmeergeschwader die Verbindung zur Festung aufrechterhalten konnte, gelang den Spaniern keine vollständige Einschließung der Stadt. Die Besatzung konnte auf 5.000 Mann verstärkt und die Versorgung gewährleistet werden. Nach einigen Monaten kam durch Vermittlung des französischen Kardinals Fleury (1653-1743) am 31. Mai in Paris ein Präliminarfrieden zustande. Daraufhin hoben die Spanier am 12. Juni die Belagerung auf. Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits etwa 300 englische und 1.500 spanische Soldaten gefallen.

Die Einigung

Don Carlos, später Karl III. von Spanien (1716–1788)

Der Pariser Präliminarfrieden beendete zunächst die Kampfhandlungen (mit Ausnahme des Kaperkrieges in der Karibik). Ihm sollte binnen vier Monaten ein großer Kongress folgen, auf dem die Gegensätze aller Parteien diplomatisch gelöst werden sollten. Doch erst am 14. Juni 1728 begannen in Soissons Verhandlungen, die bis ins folgende Jahr andauerten und ergebnislos blieben. Doch am 23. Dezember 1728 löste sich Preußen im Vertrag von Berlin aus der Herrenhausener Allianz, nachdem ihm von Kaiser Karl VI. der Erwerb der Grafschaft Jülich-Berg garantiert worden war (im Gegenzug erkannte Friedrich Wilhelm I. die Pragmatische Sanktion an.)

Im Jahre 1729 zog Karl VI. das Angebot zurück, seine Töchter mit den Söhnen Philipps V. zu vermählen. Der Grund dafür lag darin, dass der englische Minister Walpole signalisiert hatte, die Pragmatische Sanktion anzuerkennen, wenn die Ehemänner der Töchter des Kaisers keine eigene politische Macht in die Ehe einbringen würden. Da allerdings gerade in der Aussicht auf diese Heirat das wichtigste Motiv der spanischen Bourbonen gelegen hatte, lösten sie sich ohne weitere Rücksprache mit Wien aus dem Bündnis und schlossen am 9. November 1729 den Vertrag von Sevilla mit Frankreich, Holland und England. Dieser Vertrag änderte die Mächtekonstellation in Europa erneut. Spanien verpflichtete sich darin, sich ebenfalls für die Auflösung der Ostendischen Kompanie einzusetzen. Im Gegenzug garantierten die anderen Mächte die Einsetzung von Don Carlos in die Herzogtümer Parma, Piacenza und Toskana (nach dem Aussterben der männlichen Farnese-Fürsten) auch mit Waffengewalt durchzusetzen.

Folgen des Konfliktes

Spanien erkannte den englischen Besitz Gibraltars im Vertrag von Sevilla an, doch das Konfliktpotential in Übersee, vor allem in der Karibik, blieb bestehen. Dies führte 1739 schließlich zum offenen Krieg zwischen Spanien und England, der als War of Jenkins’ Ear (1739–1742) bekannt wurde. Bei der Belagerung Gibraltars hatte sich gezeigt, dass das spanische Militär reformiert werden musste. Noch im Jahre 1728 wurden in Spanien vier neue Artillerieschulen eingerichtet. Don Carlos trat 1731 tatsächlich das Erbe der Farnese in Italien an.

Am 16. März 1731 einigten sich auch Österreich und England in einem Vertrag. Karl VI. löste die Ostendische Kompanie auf. Dafür garantierte England die Pragmatische Sanktion. Österreich musste des Weiteren die spanische Präsenz in den italienischen Herzogtümern anerkennen. Die unterschiedlichen Interessen dort waren kurze Zeit später ein wichtiger Grund für die Eskalation des Polnischen Thronfolgekrieges (1733–1738). Damit hatte sich das „alte System“ in Europa wieder herausgebildet, indem Spanien und Frankreich auf der einen und England und Österreich auf der anderen Seite standen, um das allgemeine Machtgleichgewicht zu bewahren.

Weblinks

Literatur

  • Kurt Kluxen: Geschichte Englands. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1991.
  • Franz Herre: Prinz Eugen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1997.
  • Friedrich II. von Preußen: Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg. Verlag Lothar Borowsky, München 1995.
  • Alfred T. Mahan: Der Einfluss der Seemacht auf die Geschichte. Koehlers verlagsgesellschaft, Herford 1967.

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