Entweichung

Entweichung

Ein Gefängnisausbruch (amtliche Bezeichnung: Entweichung von Gefangenen) ist die Flucht eines Gefangenen aus hoheitlicher Verwahrung (militärisch oder zivil), z. B. aus einem Gefängnis oder aus einem Gefangenenlager.

Eine Flucht ist selbst oder mit anderen Gefangenen denkbar. Zumeist wird die Flucht durch Außenstehende unterstützt (Fluchthelfer).

Die Flucht erfolgt durch Überwindung der Einfriedungen, z. B. Tunnelgraben, Hubschrauber, Geiselnahme, Klettern oder Einschleichen in ausfahrende Fahrzeuge.

Inhaltsverzeichnis

Sicherheitsmaßnahmen

Die Gefängnisse haben zahlreiche Vorkehrungsmaßnahmen getroffen, um Gefangene am Ausbrechen zu hindern:

Baulich-technische Einrichtungen

Zäune und Stacheldraht als bauliche Sicherungen
  • Hohe Mauer und mehrere Zäune mit Stacheldraht
  • Gitter über dem Gefängnisgelände um Flucht mit z. B. Helikopter zu verhindern
  • Ausleuchtung
  • Wachtürme
  • Mehrfachschleusen
  • Videoüberwachung inkl. Videografie
  • tiefreichende Mauerfundamente
  • Durchsuchung der ein- und ausfahrenden Fahrzeuge

Personelle Vorkehrungsmaßnahmen

Bewachung eines Gefangenentransportes durch U.S. Marshals

Sonstige Sicherheitsvorkehrungen

  • Visuelle Überwachung des Geländes und der Bauten
  • Bewaffnung der Wachposten
  • Überprüfung von Kassibern
  • Durchsicht von Postsendungen
  • Abnahme aller Mobiltelefone (einschließlich der von Besuchern)
  • Einheitliche, typische Kleidung („Sträflingskleidung“ meist in einer grellen Farbe z. B. orange oder gelb), vor allem in den USA üblich
  • Historisch waren Eisenkugeln üblich, um das Fortkommen des Gefangenen zu verhindern
  • Aneinanderketten von Gefangenen war in den USA auch in den Gefängniszellen üblich (in Deutschland nicht mehr üblich)

Geografische Lage

Je abgelegener das Gefängnis liegt, umso schlechter stehen die Chancen, dass die Flucht gelingt. Das berühmteste Beispiel sind Gefängnisinseln wie Alcatraz oder Strafkolonien.

Risiken

Entweichung bedeutet im Amtsdeutsch, dass der Gefangene aus einem Gewahrsam entweicht, und bezeichnet den klassischen Ausbruch. Der sogenannte Lockerungsmissbrauch, d. h. die missbräuchliche Nutzung einer gewährten Vollzugslockerung wie beispielsweise Ausgang wird daher nicht als Entweichung definiert, sondern als Nichtrückkehr.

Ausbrecher dürfen in Deutschland auf der Flucht gemäß § 100 Strafvollzugsgesetz angeschossen werden, daher kann es durchaus sein, dass diese auch unbeabsichtigt tödlich getroffen werden. Davon ausgenommen sind jedoch Zivilgefangene; sowie der Vollzug von Jugend- und Strafarrest. Hier ist der Schusswaffengebrauch ausgeschlossen, § 178 Abs. 3 StVollzG.

Sollte der Entwichene gefasst werden, so werden erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angewandt; der Gefangene ist zum Beispiel bis auf weiteres von Vollzugslockerungen ausgeschlossen.

Es sind nur sehr wenige Fälle bekannt, dass Ausbrecher dauerhaft flüchten konnten. Gefangene, denen das Entweichen des Öfteren gelungen ist, werden umgangssprachlich auch „Ausbrecherkönig“ genannt. Üblicherweise werden diese Personen bei der nächsten Verwahrung besonders bewacht; möglicherweise in einem Hochsicherheitstrakt.

Recht

In Deutschland ist die Flucht als solche straffrei, die Hilfe zur Flucht jedoch straf- bzw. bußgeldbewehrt (§ 120 StGB Gefangenenbefreiung, § 115 OWiG). Es ist jedoch zu beachten, dass in den meisten Fällen des Gefängnisausbruchs hierfür Straftaten (z. B. Sachbeschädigung (Gitterstäbe durchsägen), Körperverletzung (Anwendung von Gewalt gegen einen oder mehrere Strafvollzugsbedienstete)) oder Bestechung begangen werden. Ein Gefängnisausbruch bleibt daher selten straffrei. Überdies kann ein gemeinsamer, gewalttätig durchgeführter Ausbruch nach § 121 StGB als Gefangenenmeuterei bestraft werden.

Nach Artikel 8 der Haager Landkriegsordnung darf die Flucht Kriegsgefangener nur dann disziplinarisch bestraft werden, wenn der Flüchtige ergriffen wird, bevor es ihm gelingt, sein Heer zu erreichen oder das vom Feind besetzte Gebiet zu verlassen.

Bedeutende versuchte und vollendete Entweichungen

Während des Sezessionskrieges gelang mittels eines Tunnels 109 Kriegsgefangen der Ausbruch aus dem konföderierten Libby-Gefängnis. Der bislang wahrscheinlich zahlenmäßig größte Gefangenenausbruch fand im Zweiten Weltkrieg in Australien statt. Im POW Camp Cowra (New South Wales) gelang es 545 kriegsgefangenen Japanern am 5. August 1944 aus dem Internierungslager zu flüchten.

In Belgien brach ein Marokkaner namens Ben Allal aus 4 verschiedenen Gefängnissen aus und gilt damit als "Der Ausbrecherkönig"

Es gab 14 Ausbruchsversuche vom Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz; siehe Fluchtversuche aus Alcatraz.

In den achtziger Jahren erlangte der Ein- und Ausbrecher Walter Stürm einige Berühmtheit und wurde von linken Kreisen unterstützt, bis hin zur Hilfe zum Ausbruch.

Dem griechischen Gangster Vasilis Paleokostas gelang 2006 und 2009 gleich zwei Mal eine filmreife Flucht aus dem größten griechischen Gefängnis Korydallos mit Hilfe von Hubschraubern.

Filme und Literatur


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