- Entwicklung der Modelleisenbahn in Europa
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Inhaltsverzeichnis
Von der Kinderspielzeugeisenbahn zur Modelleisenbahn
Von den Anfängen der Modelleisenbahn – oder damals eher Spielzeugeisenbahn – gibt es bis heute eine durchgehende Tendenz zu mehr Orientierung am Vorbild. Da eine Modelleisenbahn jedoch auch heute teilweise als Spielzeug dient, gibt es heute unter den Anhängern eine sich immer weiter verschärfende Lagerbildung in Spielbahner, für die das Ganze ein hochwertiges Spielzeug ist, und „Nietenzähler“, die das Vorbild so exakt wie möglich nachbilden wollen. Obgleich die Grenzen beider Gruppen oft nicht streng gezogen werden können, ist die Toleranz für die jeweils andere Gruppe sehr schwach ausgeprägt.
Die Entwicklung auf den britischen Inseln ist spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg völlig von der in Kontinentaleuropa abgekoppelt und wird daher hier nicht behandelt.
Historische Entwicklung vom Kinderspielzeug zum Modell
Die klassischen Spielzeugeisenbahnen wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts für die großen Baugrößen 1 im Maßstab 1:32 und 0 im Maßstab 1:45 in größerem Umfang gebaut. Bekannte Hersteller waren u. a. Bing und Märklin. Bedingt durch den begrenzten häuslichen Platz, konnten Fahrzeuge, Gebäude und anderes Zubehör aber meist nur vereinfacht nachgeahmt werden. Die Lokomotiven und Wagen wurden in der Regel stark verkürzt und mit vereinfachten Achsfolgen gebaut. Nur vereinzelt wurden Lokomotiven annähernd maßstäblich nachgebaut, diese waren aber sehr teuer und nur einem begrenzten Käuferkreis vorbehalten.
Im Jahr 1926 brachte die Firma Bing die sogenannte Tischeisenbahn in der Nenngröße 00 mit einer Spurweite von zunächst 16 Millimetern (die Hälfte der Spur 0 mit 32 Millimetern) heraus. Neben den Uhrwerks-Lokomotiven gab es wenig später auch bereits elektrisch betriebene Lokomotiven. Obwohl nun die Platzprobleme weitgehend reduziert waren, konnte sich die Bing-Tischeisenbahn nicht zu einer echten Modelleisenbahn entwickeln. Im Jahr 1932 geriet die Firma Bing in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste die Modelleisenbahnproduktion einstellen.
Stephan Bing wechselte mit seinen Ingenieuren zur Firma Vereinigte Spielwarenfabriken Andreas Förtner und J. Haffner's Nachf. KG und schuf dort die Marke Trix. Im Frühjahr 1935 kam es mit der Trix Express genannten Modelleisenbahn zu einer Neuauflage der Spur 00. Märklin folgte im Herbst des gleichen Jahres mit einem ähnlichen, aber zu Trix inkompatiblen Angebot. Beide Firmen fingen zunächst mit vereinfachten Fahrzeugen an, wobei durchaus versucht wurde, den typischen Charakter der Vorbilder nachzuahmen.
Bereits ab 1937 wurden die ersten realistischeren Modelle mit annähernd maßstäblichen Längen und Achsfolgen (z.B. die Pazifik-Lok 20/57 von Trix oder die HR 700 von Märklin) oder real existierende Bahnhofsgebäude (wie der Hauptbahnhof Stuttgart von Märklin) nachgebildet. Trix hatte mit seinem „Handbuch 1:90“ bereits sehr stark den Modelleisenbahngedanken gefördert und für realistische Betriebsabläufe geworben. Entsprechend wurde auch das Zubehör ausgebaut, wie durch vielfältige realitätsnahe Signale mit elektrischen Steuerungen und Zugbeeinflussungen.
Nach dem Krieg, besonders Anfang der 1950er Jahre, setzte sich dieser Trend weiter fort. Die Modelle wurden immer konsequenter maßstabs- und detailgetreuer den Vorbildern nachempfunden. Die Sortimente der Hersteller – inzwischen war auch Fleischmann hinzugekommen – wurden systematisch ausgebaut. Zudem eröffneten in den 1950er Jahre neue Technologien der Kunststoffverarbeitung völlig neue Möglichkeiten der detaillierten Modellnachbildung, die mit der vorher üblichen Herstellungsweise aus lithografiertem Blech nur eingeschränkt möglich gewesen wären.
Bereits in den 1960er Jahren waren so mehr oder weniger maßstäbliche Fahrzeuge in der inzwischen dominierenden Baugröße H0 (1:87) üblich, mit einer Ausnahme: Reisezugwagen wurden weiterhin verkürzt. Zunächst war hier eine Länge von 24 Zentimetern üblich, dieser Wert wurde aber – insbesondere von der Firma Röwa – recht bald auf 26,4 Zentimeter vergrößert, was zum einen einem Längenmaßstab von 1:100 für 26,4-Meter-Wagen des UIC-X-Typs entspricht, zum anderen eine maßstäbliche Nachbildung von UIC-Y-Wagen mit 23 Metern Länge möglich macht. Grundsätzlich werden nur Wagen verkürzt, die einen gewissen Längen-Grenzwert überschreiten, was in gemischten Zügen teilweise zu verzerrten Proportionen führt.
Die ersten maßstäblichen UIC-X-Wagen erschienen im Jahre 1971 bei dem österreichischen Modellbahn-Hersteller Liliput. Kurz darauf folgten der italienische Hersteller Rivarossi und der französische Hersteller Jouef mit Corail-Wagen und Typen der SBB. Mit den ÖBB-Eurofima-Wagen stieg die österreichische Firma Roco ab 1983 in dieses Marktsegment ein. In den weiteren Jahren ist ein umfangreiches Angebot an maßstäblichen Wagen vornehmlich von kleineren Herstellern entstanden. Von den drei Großen des deutschen Marktes traute sich zunächst einzig Fleischmann ab 1990 an etwas längere Wagen – man nutzte einen Längenmaßstab von 1:93 und damit eine Länge von 282 Millimetern. Seit 2006 hat auch Märklin Wagen in diesem Maßstab im Angebot.
Seit einigen Jahren werden die bisherigen 1:100-Modelle von Roco und Piko preisgünstig angeboten und inzwischen praktisch durchweg als Einsteigermodelle eingestuft, wogegen in den höheren Preis- und Detaillierungsklassen nur in den Längenmaßstäben 1:93 oder gleich 1:87 angeboten wird. In einigen europäischen Ländern, insbesondere in Frankreich, gibt es heute überhaupt keine verkürzten Wagen mehr auf dem Markt.
Die wirtschaftliche Entwicklung
Insbesondere im deutschsprachigen Raum war die Modellbahn in den 1960er und 1970er Jahren ein Massen-Hobby bei älteren Kindern; insbesondere Jungen besaßen praktisch immer eine Modellbahn, die sich hierbei über den Hersteller – Märklin, Trix oder Fleischmann – definierte. Die Systeme der drei waren in weiten Teilen zueinander inkompatibel und die Sortimente eher klein.
Im Laufe der Zeit drängten jedoch weitere Anbieter auf den Markt, darunter Jouef, Kleinbahn, Liliput, Lima und Roco. All diese Anbieter übernahmen das Zweileiter-Gleichstromsystem der Firma Fleischmann, das heute international dominiert.
Märklin konnte sein Mittelleiter-Wechselstromsystem in Westeuropa halten. Viele Anbieter boten und bieten ihre Modelle hierfür angepasst an.
Trix passte sich hingegen in den 1970er Jahren selbst an das Zweileiter-Gleichstromsystem an, während ihr eigenes Dreileiter-Gleichstromsystem an Bedeutung verlor. Fremdangebote hierfür blieben bedeutungslos.
Viele der neuen Anbieter setzten auf sehr niedrige Preise. Insbesondere bei Kleinbahn, Lima oder Jouef wurde diese durch eine schon für die damalige Zeit sehr einfache Detaillierung erreicht; bei Roco durch eine begrenzte Abwärtskompatibilität. Hierdurch leisteten diese Unternehmen vor allem in den 1970er und 1980er Jahren einen heute kaum mehr nachvollziehbaren Beitrag für Einsteiger in das Hobby Modelleisenbahn.
Auf die aufkommende Informationstechnik reagierten die Hersteller in den 1980ern durch die Ankündigung von Systemen, bei denen mehrere Züge, so diese mit einem entsprechenden Baustein ausgestattet sind, unabhängig voneinander gesteuert werden können. Dabei entwickelten diverse Hersteller eigene, zu den anderen Anbietern inkompatible Systeme. Zudem war eine solche Steuerung Anfangs sehr teuer (der Preis einer Lok erhöhte sich anfänglich um bis zu 70 Euro mit dem Baustein, wenn er von Beginn weg eingebaut war. Für die Umrüstung im Fachhandel kamen anfänglich noch etwa 30 Euro dazu; für die Basisgeräte konnte man ursprünglich etwa 700 Euro ansetzen[1] und – systembedingt – nur begrenzt abwärtskompatibel. Eine Steuerung über einen PC war möglich; derartige Systeme spielen jedoch bis heute kaum eine Rolle und verteuern das Ganze nochmals. Im Laufe der Zeit wurden zwar die Kosten geringer (Die Preise für selber einbaubare Lokdecoder fielen auf unter 20 Euro, die Basisgeräte für die Steuerung fielen auf unter 100 Euro)[2] und die Zahl der Systeme schrumpfte, jedoch sind die Decoder in den Loks lange Zeit einzig bei Märklin systembedingt (Ersatz des mechanischen oder elektronischen Umschalters) Serienausstattung. Heute gehören aber, bedingt durch das Aufkommen der Dekoder mit möglichen Zusatzfunktionen (Sound …), diese nun auch zur Grundausstattung anderer Hersteller.
Zu den steigenden Ansprüchen an die Detaillierung kam in den 1970er Jahren auch die Aufteilung nach dem dargestellten Vorbildzeitraum hinzu. War bisher stets das derzeit Aktuelle interessant, blieb der Zeitraum von 1950 bis 1970 für die Zukunft das dominierende Vorbild – die Kindheit der meisten Modellbahner.
Neue Hobby-Modelleisenbahner gab und gibt es jedoch immer weniger. Immer wieder gebrachte Gründe hierfür sind vor allem in den Preisen, die Jahr für Jahr teilweise deutlich über der Inflationsrate stiegen, und der zunehmenden Verbreitung von Spielkonsolen und PCs in Kinderzimmern zu suchen. Diese Gründe sind jedoch nicht belegt. Auch andere Hobbys sind teuer. Entscheidend, auch nicht im eigentlichen Sinne belegt, sind Gründe im Wandel der Berufsbildung und im Benimm der Modelleisenbahner. Gerade der letzte Punkt bezüglich des Benimms wird unterschätzt. Wie soll ein Hobby Erfolg haben, wenn die Grundstimmung der Hobby-Modelleisenbahner ab Mitte der 1980er Jahre eine vielfach negative Stimmung verbreitet.
Eine Werbung für Modelleisenbahnen außerhalb der Fachpresse findet heute fast nicht mehr statt – früher waren dagegen Anzeigen der großen Hersteller in Mickey-Mouse-Heften oder in der Weihnachtszeit gar im Spiegel üblich.
Darüber hinaus teilen sich die Käufer zunehmend in zwei Gruppen auf: einerseits Spielzeugeisenbahner, für die nur der Spielwert der Modelle zählt, Detaillierung hingegen zumeist eher als unnötige Preistreiberei und unnötige Defektquellen kritisieren, und anspruchsvolle Modelleisenbahner, die versuchen, eine Vorbildsituation so genau wie möglich nachzubilden und dabei auch auf kleinste Details achten. Die Hersteller versuchten lange Zeit, beide Gruppen zufriedenzustellen, woraus Modelle entstanden, die teuer, anfällig und kompromissbehaftet sind.
In den letzten Jahren, teilweise beginnend Mitte der 1990er Jahre, verstärkt aber Mitte der 2000er Jahre, änderten sich die Rahmenbedingungen dramatisch. Zunächst gingen die Stückzahlen der produzierten Modelle zurück, was noch durch knappere Gewinne und deutliche Preissteigerungen aufgefangen wurde, zuletzt brachen dann aber bei einigen wichtigen Anbietern die Umsätze zusammen.
Die Hersteller reagierten auf die reduzierten Stückzahlen nahezu ausschließlich durch das Erhöhen der Preise, bei weiterer Auffächerung der Angebote (in der Regel auf Nachfrage durch Kunden, die nicht bereit sind, Modelldetails anzupassen). Einsparpotentiale wie Fertigung in Niedriglohnländern oder Managementreformen innerhalb der Firmen wurden lange Zeit völlig ausgelassen und werden es teilweise heute noch. Einige kleinere Hersteller setzen diese Punkte jedoch wiederum sehr massiv um, wodurch sie in das gewohnte Preisgefüge eingreifen und so Zweifel an gerechtfertigten Preisen aufkommen lassen. Einen ähnlichen Effekt haben Vergleiche mit England oder den USA, wo ebenfalls teilweise höhere Detaillierung und Ausstattung für deutlich geringere Preise angeboten wird. Die Fachpresse begleitet derartige Entwicklungen völlig unkritisch, selbst offensichtliche Umsetzungsfehler werden in den Tests ignoriert, wogegen Selbstverständlichkeiten wie lupenreine Bedruckung immer wieder erwähnt werden.
Manche Konsumenten geben den Kosten für die Entwicklung technischer Eigenschaften, die sie selbst nicht benötigen, die Schuld oder haben kein Interesse, ihre bestehenden Anlagen an neuere Entwicklungen anzupassen, so dass die Abwärtskompatibilität mit teilweise sehr alten Normen, besonders im Bereich der Räder, erhalten bleiben muss; andererseits aber auch Kunden befriedigt werden wollen, die hier auf dem aktuellen Stand der Technik und absoluter Maßstäblichkeit bestehen. Lange Zeit wurde seitens der Hersteller versucht, beide Gruppen durch die gleichen Produkte zu bedienen, was im Endeffekt zu teuren und anfälligen Kompromissmodellen führte, die keinen wirklich zufriedenstellten.
In der Folge dieser Entwicklung stiegen die Umsätze für Modelleisenbahnen zwar zunächst weiterhin, jedoch bei immer geringeren Gewinnen. Zuletzt, vor allem 2005, sanken dann auch die Umsätze einiger etablierter Anbieter massiv. Bereits in den 1990er Jahren übernahm zunächst die italienische Firma Lima eine Reihe von Anbietern, die oftmals durch technisch nicht mehr zeitgemäße Modelle in finanzielle Schieflage geraten waren, wie Arnold, Rivarossi und Jouef. In Folge dessen und aufgrund überhöhter Preisvorstellungen kollabierte jedoch der gesamte Lima-Konzern Anfang des neuen Jahrtausends. Der britische Hornby-Konzern, der die Lima-Gruppe nach ihrer Insolvenz übernommen hat, beginnt erst zögerlich, die nun teils nicht mehr dem Stand der Technik entsprechenden Modelle wieder auf den Markt zu bringen.
Im Jahre 1996 wurde die Firma Trix durch Märklin übernommen, auch hier war man nicht mehr auf dem Stand der aktuellen Technik. Ab 2005 gerieten die Anbieter Märklin, Roco, LGB, Klein Modellbahn, Mehano und Fleischmann in finanzielle Schieflage. Märklin wurde von Finanzinvestoren übernommen, übernahm dann selbst LGB, musste jedoch Anfang 2009 Insolvenz anmelden. Roco und später Fleischmann gingen in der neu gegründeten Modelleisenbahn Holding auf. Klein Modellbahn stellte den Betrieb ein, und Mehano verlagerte die Produktion aus Slowenien nach China.
Im traditionellen Spielwarenfachhandel führt die Modelleisenbahn häufig nur noch eine bescheidene Randexistenz, viele Kunden werden in spezialisierten Fachgeschäften bedient, deren Angebot größer ist und als qualitativ besser gilt.
Gebrauchtware
Um 1970 erwachte das Interesse an gebrauchten Modellbahn-Artikeln, so dass in Deutschland ein Gebrauchtwarenhandel sowohl in neu entstandenen kleinen Geschäften als auch auf speziellen Modellbahnbörsen entstand. Die Gebrauchtwaren-Läden nahmen später meist auch Neuware auf, insbesondere auch von anderen Firmen als den üblichen großen Drei (Märklin, Fleischmann und Trix), die traditionell bei Spielwaren- und Schreibwarengeläden gehandelt wurden, und verbreiteten so die für Deutschland neuen Artikel (insbesondere auch Roco). Die Modellbahnbörsen erreichten gegen Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre vor dem Aufkommen von Internet-Auktionsplattformen wie beispielsweise eBay ihren Höhepunkt. Gerade auf eBay hat sich in diesem Zusammenhang ein Angebot entwickelt, in dem nahezu jeder auch ältere Artikel immer verfügbar ist. Dies führt zu deutlich gesunkenen Preisen sowohl bei der Gebrauchtware wie auch bei der sich nur zögerlich weiterentwickelnden Neuware.
Die Modelleisenbahn, vielfach Modelle der Firma Märklin, haben somit ihren Ruf als Wertanlage verloren. Nur wenige und seltene Modelle (zumeist aus der Zeit vor oder unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg) erzielen einen hohen Preis. Die meisten neueren Modelle kommen nun, wie bei jedem anderen Sammelgegenstand wie beispielsweise Briefmarken oder Waffen, kaum mehr auf den ursprünglichen Preis. Die in Sammlerkatalogen genannten Preise sind vielfach mehr oder weniger Wunschvorstellungen bei neuwertigem Zustand. Als realistischer wird heute der durchschnittliche Preis auf Online-Auktionsplattformen oder Auktionen angesehen. Als weiterer Grund wird in Fachkreisen eine Neuheitenflutpolitik des Herstellers gesehen, die viele Sammler, die zuvor auf Vollständigkeit setzten, aus finanziellen Gründen zu Einschränkungen gezwungen hatte.
Gegenwärtige Entwicklung
Seit der Insolvenz des damals drittgrößten Anbieters Roco im Sommer 2005 ist in der gesamten Branche ein Umdenken zu erkennen. Die Hersteller fangen wieder an, über die Preise miteinander zu konkurrieren, anstatt jede Lücke im Sortiment mit einem exklusiven aber oftmals kompromissbehafteten Modell zu füllen. In den meisten westeuropäischen Ländern hat diese Entwicklung bereits dazu geführt, dass die Hersteller ihre Modelle erst dann wieder ankündigen, wenn diese nahezu serienreif sind, anderenfalls würde die Konkurrenz das gleiche Modell sofort ebenfalls minimal günstiger anbieten. Dies führt zu einigen interessanten Veränderungen, so verzichtet selbst Märklin hier auf größere Kompromisse, die für die sonst in den Vordergrund gestellte Abwärtskompatibilität zu alten Gleissystemen und Gewohnheiten erforderlich wären.
Piko, ein Anbieter aus Thüringen, hat einen Schwerpunkt auf einfache und moderne Lokomotivmodelle zu Preisen von etwa einem Drittel vergleichbarer „Hochpreismodelle“ und andere „Hobbyartikel“ gelegt, die zu minimalen Herstellungskosten in China gefertigt werden und damit das bekannte Preisgefüge völlig verändern. In diesem Hobbybereich macht Piko inzwischen ein Großteil des Umsatzes. Ähnliche Modelle werden inzwischen von Märklin, dem slowenischen Hersteller Mehano und Roco angeboten, wobei die Abstände zu den "normalen" Modellen in Preis und Detaillierung auch innerhalb eines Herstellers stark differieren. Diese Hersteller bieten zudem wieder vermehrt Startsets in Sicht- und Reichweite von Kindern, insbesondere bei Discountern an.
Den Herstellern kommt entgegen, dass im Zeitalter des Wettbewerbs auf der Schiene und der Deregulierung der europäischen Bahnen viele mögliche Farbvarianten ein und desselben Fahrzeugtyps möglich sind. Das rührt daher, dass inzwischen die meisten Bahngesellschaften nur noch „Material von der Stange“ kaufen, statt eigene Fahrzeugtypen konstruieren zu lassen. Somit lassen sich oftmals aus einer Form dutzende von Farbvarianten erzeugen und die gleiche Form europaweit nutzen. Entsprechend bestehen diese Hobby-Sortimente auch fast ausschließlich aus solchen modernen Fahrzeugen oder aus Fahrzeugtypen, die von den ehemaligen Staatsbahnen an diverse Mitbewerber verkauft wurden.
Parallel dazu sind einige neue Kleinanbieter wie Heris, L.S.Models, Railtop, ACME und Alphatrain auf dem Markt erschienen, die ihre Modelle konsequent im Niedriglohnland China fertigen und auf einen Großteil der Strukturen traditioneller Anbieter verzichten. Auf ein gleichbleibendes Katalogprogramm wird weitgehend verzichtet, Modelle werden nur begrenzt aufgelegt. Damit entfällt das Problem der so genannten Altlasten traditioneller Hersteller. Außerdem kann damit ein größerer Variantenreichtum angeboten werden, was den Wünschen spezialisierter Kunden entgegenkommt. Nachteil ist, dass bestimmte Modelle nach dem Produktionszeitraum oft schwierig zu finden sind und für den Hobbyeinsteiger nicht mehr zur Verfügung stehen. Gerade bei Reisezugwagen hat sich hier bei einer weitgehend konstanten Preisgrenze von etwa 50 Euro ein Wettbewerb über die Detaillierung im Wageninneren und am Wagenboden entwickelt. Waren so noch vor wenigen Jahren einteilige, nur angedeutete Inneneinrichtungen in den Wagenmodellen völlig normal, ist man inzwischen teilweise zu mehrteiligen, eingesetzten Sitzen, bedruckten Abteiltüren und dargestellten Gepäcknetzen übergegangen. Auch Kleinteile zur Zurüstung von Pufferbohlen der Vitrinenmodelle sind inzwischen Standard.
Wandel im Vertrieb von Modelleisenbahnen
Spielwarenfachgeschäfte
Lange Zeit, das heißt bereits vor den 1930er Jahren und auch noch danach, bis zum Aufkommen der Warenhäuser und Kaufhäuser in den 1970er Jahren, wurden Modelleisenbahnen in darauf spezialisierten Fachgeschäften vertrieben, die sich damit primär ihr Angebot in Ihrem bestehenden Umfeld erweiterten und damit ihre Fachausbildung und ihr Fachwissen im Verkauf der Modelleisenbahnprodukte einfließen lassen konnten. Damals war es nicht unüblich, dass Optikergeschäfte auch Modelleisenbahnen und andere technische Spielwaren verkauften. Selbstverständlich fand sich auch ein Angebot an Modelleisenbahnen in den damaligen Spielwarenfachgeschäften sowie in den dementsprechend ausgerüsteten Spielwarenabteilungen großer Warenhäuser.
Warenhäuser und Discounter
Im Verlauf der 1970er Jahre entstanden dann die ersten reinen Modelleisenbahnfachgeschäfte. Zeitgleich rüsteten mehrere damalige Discounter ihr Angebot auf den Modelleisenbahnmarkt aus. Während die Modelleisenbahnfachgeschäfte eher auf die kaufkräftige vorbildorientierte Käuferschaft und schon damals auf Kleinserienhersteller setzten, setzten die Discounter auf die kostengünstigen Massenprodukte der Modelleisenbahnbranche sowie auf eher den Spielzeugeisenbahnen zuzuschreibenden Marken.
Typisch, und dies zum Teil bis heute, sind für den Verkauf in den großen Fachgeschäften, Warenhäusern und den Spielwarenhausketten, dass die entsprechenden Angebote mit Demonstrations-Modelleisenbahnanlagen untermauert sind. In den kleinen Fachgeschäften war dies eher die Ausnahme.
Bis weit in die 1990er Jahre und zum Teil noch heute werden in der vorweihnachtlichen Zeit die Demonstrations-Modelleisenbahn ins Zentrum gerückt. An diesen Anlagen, mit meist etwas überladenen Landschaften und mehreren im Kreise herumfahrenden Zügen, haben sich viele Kinder nicht nur die Nase an den Schutzgläsern gedrückt, sondern den ersten Eindruck einer Modelleisenbahnanlage geholt und sind bis heute beim Hobby Modelleisenbahn geblieben.
Versandhandel
Bereits Mitte der 1990er Jahre war die Modelleisenbahn, abgesehen von einigen Aktionsangeboten, wieder aus den Discount-Geschäften verschwunden. Seither ist die Modelleisenbahn für den Kunden meistens nur noch in den spezialisierten Fachgeschäften sowie speziell eingerichteten Abteilungen in den Spielwarenhausketten (in Deutschland auch in den großen Kaufhäusern) erhältlich. Seit den 2000er Jahren hat zudem das Angebot im Versandhandel, bedingt durch das Internet, sprunghaft zugenommen, dies auf der Grundlage eines bestehenden Angebotes von Versandhandelsunternehmen, die sich auf fremdländische Produkte spezialisiert oder aber inländische Produkte unter den Marktpreisen vertrieben haben.
Auch dies führte dazu, dass einzelne Hersteller damit begonnen haben, Produkte auch zur Direktbestellung anzubieten. Ebenso haben Hersteller damit begonnen, Anforderungen an die Grundausstattung der Händler zu stellen, ähnlich wie dies bei anderen Markenprodukten, beispielsweise in der Mode- oder Uhrenbranche, in den Warenhäusern längst üblich ist.
Spielzeugeisenbahnen
Ganz anders sieht es in den 2000er Jahren bei den so genannten Spielzeugeisenbahnen aus. Während, wie im Kapitel Versandhandel erwähnt, die Modelleisenbahnen aus den Discount-Geschäften wieder weitgehend verschwunden sind, buhlen die Produkte der Spielzeugeisenbahnen nach wie vor mit ihrem umfangreichen Zubehör in allerbester Lage um die Kundschaft. Neben den traditionellen, in den Kreisen der Modelleisenbahner nicht genormten Systemeisenbahnen der Firmen Brio und LEGO dominieren auch die Produkte der Firma Playmobil in der Nenngröße IIm die Regale. Da die Produkte teilweise bereits für Kinder ab circa 3 Jahren ausgelegt sind, sind die Voraussetzungen für einen Einstieg in das Hobby Modelleisenbahn eigentlich in einer nach wie vor äußerst günstigen Form gegeben. Die erwähnten großen Drei, wie auch viele Mitbewerber, setzen aber weniger auf maßstäbliche Modelleisenbahnen, sondern auf eine Nachahmung des Vorbildes unter Beachtung möglichst großen Spielwertes.
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