- Facharbeitermangel
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Als Fachkräftemangel bezeichnet man den Zustand einer Wirtschaft, in dem eine signifikante Anzahl von Arbeitsplätzen für Mitarbeiter mit bestimmten Fähigkeiten nicht besetzt werden kann, weil auf dem Arbeitsmarkt keine entsprechend qualifizierten Mitarbeiter (Fachkräfte) zur Verfügung stehen.
Ein Fachkräftemangel schwächt das Wachstum einer Wirtschaft. Insbesondere in Ländern der Dritten Welt und Sozialistischen Staaten stellt er auch ein Problem für die Entwicklung der Gesellschaft dar, weil wesentliche Funktionen der Gesellschaft nicht besetzt werden können. In diesen Ländern führt die Auswanderung qualifizierter Arbeitnehmer zu einem Fachkräftemangel. Hauptartikel hierzu: Braindrain.
In westlichen Industrienationen ist der Begriff des Fachkräftemangels primär ein politisches Schlagwort, jedoch bestehen in Teilbereichen tatsächliche Engpässe bezüglich der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitnehmern.
Inhaltsverzeichnis
Fachkräftemangel als ökonomisches Problem
Die Bildung von Humankapital, also die Bildung von wirtschaftlich nutzbaren Fähigkeiten und Kenntnissen, entspricht nicht immer dem gesellschaftlichen Bedarf.
Ausbildungszyklen
Ausbildungen benötigen eine gewisse Ausbildungsdauer. Ein Fachkräftemangel führt daher erst mit einer zeitlichen Verzögerung zu einer Erhöhung der Zahl den Arbeitnehmer mit geforderter Qualifikation. Beispielsweise stieg im Vorfeld der Dotcom-Blase die Zahl der benötigten IT-Spezialisten mit Internet-Know-How kurzfristig massiv an. Dieser Fachkräftemangel führte zu politischem Aktionismus wie dem Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftebedarfs. Dieser Fachkräftemangel löste sich jedoch mit dem Platzen der Blase auf.
Auch im Bereich der Berufsausbildung bestehen Konjunkturzyklen. Die subjektive Wahrnehmung eines Fachkräftemangels führt zu einer verstärkten Ausbildungsleistung in den nachgefragten Bereichen. So führte der genannte Internet-Hype zu einer deutlich steigenden Zahl von Informatikern mit Spezialisierung auf Internet-Technologien. Daher verwandelte sich der Fachkräftemangel schnell in einen Überschuss so qualifizierter Informatiker.
Fehlqualifikation
Nicht jede Ausbildung ist ökonomisch sinnvoll. Durch die unterschiedliche Kostenbeteiligung der Auszubildenden und Studenten an den Kosten der Ausbildung werden Anreize geschaffen, Ausbildungsgänge zu beschreiten, die nicht den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen. Während Piloten die Kosten der Ausbildung vollständig tragen müssen, müssen die Kosten der Weiterbildung zum Meister zu einem erheblichen Teil vom Gesellen getragen, während die Kosten des Studiums (selbst nach Einführung von Studiengebühren) weitgehend von der Allgemeinheit getragen werden. Hinzu kommt, dass eine Reihe von Studiengängen und Ausbildungen als schwierig und arbeitsintensiv gilt. Hierdurch kommt es zu einem Mangel in bestimmten Berufszweigen (z. B. Ingenieure[1]) und einem Überschuss in anderen.
Fachkräftemangel als politisches Schlagwort
Ein Fachkräftemangel wird gerne als politisches Schlagwort verwendet. Themenbereiche sind hier unter anderem:
- Schulausbildung: Aufgrund des „Fachkräftemangels“ wird eine „praxisnahe“ Ausbildung gefordert
- Berufsausbildung: Aufgrund des „Fachkräftemangels“ wird eine Erhöhung der Ausbildungsquote gefordert
- Einwanderung: Aufgrund des „Fachkräftemangels“ wird
- eine Liberalisierung der Einwanderungspolitik gefordert oder
- eine Begrenzung der Zuwanderung auf qualifizierte Einwanderer gefordert
- Weiterbildung: Aufgrund des „Fachkräftemangels“ wird eine Verstärkung der innerbetrieblichen Weiterbildung gefordert
Fachkräftemangel und Arbeitsmarkt
Wie in jedem anderen Markt wird auch auf dem Arbeitsmarkt die Preisbildung durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Bei einem Fachkräftemangel müssten also die Gehälter der entsprechenden Fachkräfte ansteigen. Laut Spiegel [1] liegt für 2006 das Einstiegsgehalt pro Jahr von Ingenieuren zwischen 40.000 und 45.000 Euro. Dies entspricht ungefähr dem Durschnittsgehalt von männlichen Vollzeitbeschäftigten (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg [2]). Der oftmals genannte Ingenieurmangel ist deshalb nur ein politisches Schlagwort und entspricht nicht der Realität.
Ursachen
Für einen Fachkräftemangel kommen mehrere Ursachen in Frage
- Unerwartetes Wachstum, wie z. B. beim Aufkommen neuer Technologien (Informationstechnologie, Nanotechnologie, usw.)
- Mangelnde Ausbildung, wie z. B. bei unpopulären Handwerksberufen
- Abwanderung von Fachkräften z. B. ins Ausland oder andere Branchen
- Wegbrechen einer Bevölkerungsgruppe, wie z. B. durch Verrentung, oder Krieg
Maßnahmen
Einem Fachkräftemangel kann - je nach erwarteter Dauer – mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnet werden:
- kurzfristige Maßnahmen
- Anwerben von fachlich qualifizierten Mitarbeitern aus anderen Wirtschaftsbereichen oder Staaten
- Umschulung von fachlich ähnlich qualifizierten Mitarbeitern vom eigenen Arbeitsmarkt
- mittelfristige Maßnahmen
- Positive Anreize zur Qualifizierung/Ausbildung im benötigten Bereich
- langfristige Maßnahmen
- Schaffung von speziellen Berufsbildern und entsprechenden Ausbildungsgängen
- Vorausschauende Planung der Bevölkerungs- und Mitarbeiterentwicklung
Politische Diskussion
Bestimmte Gruppen in Deutschland stellen im Jahr 2007 einen Fachkräftemangel fest, wie z. B. die Bundeszentrale für politische Bildung. Andere Gruppen, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind der Meinung, dass von einem Fachkräftemangel nicht die Rede sein könne.
Siehe auch
Quellen
Weblinks
- Fachartikel bei der Bundeszentrale für politische Bildung
- http://www.match-ing.org Vom VDMA initiiertes und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt zum Thema Fachkräftemangel in kleinen und mittleren Unternehmen.
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