Falco eleonorae

Falco eleonorae
Eleonorenfalke
Eleonorenfalken (Falco eleonorae)

Eleonorenfalken (Falco eleonorae)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Greifvögel (Falconiformes)
Familie: Falkenartige (Falconidae)
Unterfamilie: Eigentliche Falken (Falconinae)
Gattung: Falken (Falco)
Art: Eleonorenfalke
Wissenschaftlicher Name
Falco eleonorae
Gene, 1839

Der Eleonorenfalke (Falco eleonorae) ist ein mittelgroßer Vertreter der Falken (Falco) innerhalb der Unterfamilie der Eigentlichen Falken (Falconinae). Eleonorenfalken sind obligate Fernzieher mit Überwinterungsgebieten vor allem auf Madagaskar. Ihre Brutzeit ist weitgehend mit dem spätsommerlichen Durchzugsgipfel der paläarktischen Zugvögel synchronisiert, von deren kleineren Vertretern sie sich und ihre Nachkommenschaft während dieser Zeit ausschließlich ernähren. Eleonorenfalken brüten vor allem auf griechischen Inseln sowie verstreut im weiteren Mittelmeerraum, sowie an der marokkanischen Atlantikküste.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Der Eleonorenfalke ist ein langflügeliger, langschwänziger, schlanker Falke, der eine Körpergröße von etwa 36 bis 42 und eine Spannweite von 85 bis 105 Zentimetern erreicht. Er liegt damit in der Größe zwischen Baumfalke und Wanderfalke. Eleonorenfalken kommen in zwei Farbmorphen vor, wobei etwa 70 Prozent der Vögel der hellen Morphe angehören. Vererbungstheoretisch werden drei Morphen unterschieden, doch sind die Vögel mit den Erbanlagen hell/dunkel (28 Prozent) und dunkel/dunkel (2 Prozent) phänotypisch nicht voneinander zu unterscheiden. [1] [2] Die Oberseite ist bei beiden Morphen dunkelgrau oder dunkel braungrau, bei der hellen Morphe ist eine ockerbraune Federrandung deutlich sichtbar, die bei der dunklen nur aus der Nähe feststellbar ist. Bei Vögeln der hellen Morphe sind der untere Wangenabschnitt, Hals und Kehle weiß. Ein markanter, fast schwarzer Bartstreif verläuft vom Unterschnabel zur Halsseite. Bei dunklen Vögeln ist auch das Gesicht einheitlich schwarz. Die Unterseite heller Vögel ist auf rötlichbraunem Untergrund meist deutlich, gelegentlich aber auch nur andeutungsweise, speerspitzenartig schwarz gezeichnet; bei Vögeln der dunklen Morphe ist die Unterseite weitgehend zeichnungslos grauschwarz. Die Gefiederpartien an den Unterschenkeln, die sogenannten Hosen, sind bei hellen Vögeln rötlichbraun, bei dunklen aber wie das übrige Bauchgefieder gefärbt. Der hellgraue Schwanz ist deutlich dunkel gebändert; das Subterminalband ist etwas breiter und dunkler als die übrigen, die Enden der Steuerfedern sind sehr hell, fast weiß. Bei Vögel der dunklen Morphe wirkt der Schwanz oft einheitlich dunkelgrau, Bänderungen sind nur aus der Nähe zu erkennen. Die unbefiederten, nackten Hautstellen um die Augen sind bei Männchen beider Morphen leuchtend orangegelb, bei Weibchen blaugrau; dieselbe Färbung weist die Wachshaut auf. Der Schnabel ist blaugrau, die Läufe und Zehen sind gelb; die Krallen sind schwarz.

Die stark gewinkelten, langen, spitz zulaufenden Flügel wirken auf der Oberseite fast einheitlich grauschwarz; nur aus der Nähe betrachtet, ist die leichte Farbabstufung zwischen den dunkleren Deckfedern und den helleren Schwungfedern zu erkennen. Bei Vögeln der dunklen Morphe sind diese Farbabstufungen ebenfalls vorhanden, aber bedeutend undeutlicher. In der Untersicht ist dieser Kontrast bei beiden Morphen auffälliger.

Die Geschlechter unterscheiden sich nur unwesentlich in Größe und Färbung; Männchen erreichen etwa 84 Prozent der Größe und des Gewichts der Weibchen; feldornithologisch ist dieser Unterschied kaum feststellbar. Deutlichste Unterscheidungsmerkmale sind die unterschiedlich gefärbten nackten Hautstellen um die Augen, sowie die Farbunterschiede der Wachshaut.

Jungvögel ähneln adulten Weibchen, doch sind bei ihnen die Unterflügeldecken auf rotbraunen Untergrund deutlich dunkel längsgestreift, Läufe und Zehen weisen eine grünlichgelbe Färbung auf.

Stimme

Außerhalb der Brutzeit sind Eleonorenfalken akustisch nicht sehr auffällig, in den Brutkolonien aber recht laut. Häufigster Ruf ist ein gereihtes, scharf und akzentuiert ausgestoßenes Kjä, wobei die Akzentuierung gegen Ende der Rufreihe zunimmt. Aggressions- und Warnruf ist ein kurzes, spitzes und fast gellendes Kikikiki, sehr ähnlich den Rufen des Baumfalken. Gelegentlich sind auch langgezogene, vibrierende, kläglich anmutende Kjäh-Rufe zu hören.

Verwechslungsmöglichkeiten

In seinem Brutgebiet sollte der Eleonorenfalke bei durchschnittlichen Beobachtungsbedingungen eindeutig bestimmbar sein; im Überwinterungsgebiet könnte die dunkle Morphe des Eleonorenfalken jedoch leicht mit dem etwas kleineren und kurzschwänzigeren Schieferfalken (Falco concolor) verwechselt werden, der die Wintermonate ebenfalls hauptsächlich auf Madagaskar verbringt. Neben der geringeren Größe unterscheidet sich dieser jedoch auch durch ein helleres Grau in der Färbung der Gefiederoberseite. Trotz der wesentlich geringeren Größe des Baumfalken, ähnelt dieser im Flug Vögeln der hellen Morphe des Eleonorenfalken doch sehr, sodass Verwechslungen nicht auszuschließen sind. Beste Kennzeichnung sind neben der langflügeligen, langschwänzigen Flugsilhouette die deutlichen Farbkontraste zwischen Unterflügeldecken und den helleren Schwungfedern. [3] Auch zum Rotfußfalken (Falco vespertinus) bestehen wesentliche Größenunterschiede zugunsten des Eleonorenfalken; zudem weisen Eleonorenfalken keinerlei Rotfärbungen auf. [4]

Verbreitungsgebiet und Lebensraum

Verbreitungsgebiet des Eleonorenfalkens
orange: : Bekannte Brutkolonien
blau: Überwinterungsgebiete

Die Brutkolonien des Eleonorenfalken liegen vor allem im Mittelmeerraum, insbesondere in der Ägäis, wo allein über 80 Prozent, nach neuesten Erkenntnissen wahrscheinlich fast 90 Prozent des Weltbestandes brütet [5]. Ob auf Inseln im Marmarameer, beziehungsweise kleinen, der türkischen Ägäis und Levante vorgelagerten Felseilanden und Inseln Eleonorenfalken brüten, ist unklar.[6] Im Bereich Sardiniens liegen einige Brutkolonien im Nordosten, zum Beispiel im Nationalpark La-Maddalena-Archipel, sowie auf Felsklippen im Süden. Im westlichen Mittelmeer brütet die Art auf Mallorca in der Nähe von Sant Elm, sowie auf der vorgelagerten Felseninsel Sa Dragonera, auf den Islas Columbretes sowie einigen der afrikanischen Mittelmeerküste vorgelagerten Felseilanden, z. B. auf den tunesischen Galite-Inseln. Ebenso kommt die Art auf Linosa vor, und wahrscheinlich auch auf Pantelleria und Lampedusa; kleine Kolonien bestehen auch entlang der Straße von Messina und auf den Liparischen Inseln, sowie auf einigen Eilanden entlang der kroatischen Adria. Unklar sind die Bestandsverhältnisse auf Malta. An der Atlantikküste befinden sich die größten Kolonien auf Mogador, Brutvorkommen bestehen auch auf Lanzarote.

Der Eleonorenfalke ist Kolonienbrüter, Einzelbruten scheinen nur in Ausnahmefällen vorzukommen. Während einer großangelegten Bestandserhebung der auf griechischem Staatsgebiet brütenden Eleonorenfalken wurden an einem Brutplatz auf Euböa nur zwei Brutpaare festgestellt, wohingegen in sieben Brutkolonien im Umkreis von Kythira im Durchschnitt über 140 Brutpaare brüteten. Die weltweit individuenstärksten Kolonien liegen auf der bewohnten, etwa 20 Quadratkilometer großen, auf halben Weg zwischen Kythira und der Nordwestspitze Kretas liegenden Insel Antikythira. [7]

Brutgebiete des Eleonorenfalken an der Westküste Mallorcas und auf der vorgelagerten Felsinsel Sa Dragonera

Die Art beansprucht weder während der Brutzeit noch danach Nahrungsreviere; nur der weitere Nistplatzbereich in einem Umkreis von bis zu maximal 50 Metern wird in der Brutsaison verteidigt. [8] Die Brutplätze liegen an abgeschiedenen Stellen an der Küste, vermehrt jedoch auf Inseln und Felsklippen. Während der Brutzeit jagen Eleonorenfalken fast ausschließlich über dem Meer und entfernen sich dabei nur wenige Kilometer vom Brutplatz. Außerhalb der Brutzeit, insbesondere vor der Besetzung der Brutplätze, führt die Art ein nomadisches Leben.

Wanderungen

Eleonorenfalken sind obligate Fernzieher, deren Überwinterungsquartiere vor allem auf Madagaskar und den Maskarenen liegen. Eine geringe Anzahl dürfte auch in den Küstenbereichen Südsomalias und im südlichen Tansania überwintern. Gelegentliche Meldungen von Überwinterern in der Südägäis wurden bislang nicht bestätigt. [9]

Bald nach dem Ausfliegen der letzten Nestlinge verlassen von Mitte Oktober bis Anfang November die Eleonorenfalken ihre Brutgebiete, die spätestausgeflogenen Jungfalken gerade zwei Wochen nach dem Flüggewerden. Die Zugwege, insbesondere die der hauptsächlich auf Madagaskar überwinternden, im westlichen Mittelmeer oder an der Atlantikküste brütenden Vögel, sind noch nicht bekannt. Es wird jedoch angenommen, dass letztere zuerst der Südküste des Mittelmeers nach Osten folgen und dann gemeinsam mit den Vögeln aus der Ägäis entlang des Roten Meeres und der afrikanischen Küstenlinie nach Süden ziehen. Im Winterquartier, das Mitte bis Ende November erreicht wird, führen Eleonorenfalken ein unstetes, nomadisches Leben. In den Jahren 2003 bis 2005 wurden auf Sardinien Alt- und Jungvögel mit Minisendern ausgestattet, um Aufschluss über ihre Zugroute zu erhalten. [10] Dabei wurde festgestellt, dass Alt- und Jungvögel verschieden Routen verfolgen. Während die Altvögel auf direktem Weg über den Tschad und den Sudan Madagaskar in ca. drei Wochen erreichen, fliegen die Jungvögel über Westafrika, wo sie unter anderem in Niger, Kamerun und der Elfenbeinküste Zwischenstopps einlegen. Sie kommen erst nach ca. zwei Monaten in Madagaskar an. Der Heimzug beginnt im Februar. In den Brutgebieten kommen die Falken frühestens Mitte April an, streifen jedoch in den Monaten vor Brutbeginn weit, vor allem im Binnenland umher. Nicht selten werden Eleonorenfalken aus Bulgarien und Südfrankreich gemeldet, gelegentlich auch aus Mitteleuropa und vereinzelt, wie 1997 aus Großbritannien, Polen und Schweden. [11]

Die Brutortstreue ist vor allem bei Männchen sehr groß. Weibchen wechseln häufiger die Brutkolonien oder dismigrieren gelegentlich auch in weiter entfernte Gebiete. Junge Nichtbrüter verbleiben häufig während ihres ersten Lebensjahres, gelegentlich sogar noch ein zweites Jahr im Überwinterungsgebiet und treten erst mit Eintritt der Brutreife den ersten Heimzug an.

Nahrung und Nahrungserwerb

Grauschnäpper sind häufige Beutetiere des Eleonorenfalken

Während des Spätsommers und Frühherbstes ernähren Eleonorenfalken sich und ihre Brut fast ausschließlich von Vögeln, insbesondere von durchziehenden Singvögeln. Eine umfangreiche Analyse von über 6000 Rupfungen aus einer südägäischen Kolonie stellte den Fitis als häufigstes Beutetier fest, gefolgt von Neuntöter, Grauschnäpper und Braunkehlchen. [12] In den westlichen Kolonien im Mittelmeer können verschiedene Seglerarten, an der Atlantikküste Rotkopfwürger häufige Beutetiere sein. Insgesamt wurden über 100 verschiedene Vogelarten als Beute des Eleonorenfalken festgestellt; zu den größten zählte der Wiedehopf. Ob noch größere und schwerere Vögel wie Tauben oder Rebhühner regelmäßig von Eleonorenfalken geschlagen werden, bedarf noch einer genaueren Überprüfung. [13]

Außerhalb der Vogelzugzeiten bilden große Fluginsekten die Hauptnahrung des Eleonorenfalken. In der Insektennahrung überwiegen Schmetterlinge, Käfer, Zikaden, Springschrecken, Libellen und schwärmende Ameisen. Gelegentlich werden auch Fledermäuse, Eidechsen, Skorpione und Tausendfüßer erbeutet. Vögel spielen außerhalb der Brutzeit nur eine untergeordnete Rolle.

Eleonorenfalken sind fast ausschließlich Luftjäger. Nur ein sehr geringer Anteil der Beutetiere wird am Boden gegriffen. Insekten werden in der Luft gefangen und verspeist, Vögel zu einem Ruheplatz getragen und dort gerupft. Eleonorenfalken sind flexible Jäger, die ihre Fangstrategien dem herrschenden Angebot anpassen. Sie können bis in die späte Dämmerung jagen, in hellen Mondnächten auch noch in der Nacht. In der Vogelzugzeit werden schon bei Tagesgrauen Nachtzieher abgefangen, bevor sie zur Tagesrast niedergehen. Oft jagen Eleonorenfalken in kleinen Gruppen. Dabei stehen sie in recht großer Höhe von 1000 Metern und mehr über dem Meer und stoßen beim Anblick durchziehender Vogelschwärme auf diese herab. Sie patrouillieren aber auch im wassernahen Suchflug über dem Meer, wenn die Wetterbedingungen die Zugvögel zu niedrigerem Fliegen zwingen. Bei großem Nahrungsangebot werden nicht alle geschlagenen Beutetiere verwertet. [14]


Brutbiologie

Weibliche Eleonorenfalken werden im zweiten Lebensjahr geschlechtsreif, die Männchen ein Jahr später. Aber auch die Mehrzahl der Weibchen schreitet erst im dritten Lebensjahr zur ersten Brut. Über dem Brutplatz zeigen Eleonorenfalken eindrucksvolle Schauflüge, während der das Männchen wiederholt auf das Weibchen herabstößt, dieses leicht berührt und danach wieder aufsteigt; gelegentlich dreht sich das Weibchen während dieses Kontakts auch auf den Rücken. Die Paarbindung währt eine Brutsaison, Wiederverpaarungen letztjähriger Brutpartner dürften auf Grund der großen Brutortstreue der Art jedoch häufig sein. Eine überproportionale Häufigkeit gleichmorphiger Brutpartner wurde nicht festgestellt.

Nistplatz

Die besten Nistplätze sind geräumig, eben und im Idealfall während der heißesten Tagesstunden beschattet; oft liegen die Niststellen in Halbhöhlen. Auffallend ist eine deutliche Bevorzugung von Brutplätzen, die stark windexponiert, in der Ägäis vor allem dem Meltémi ausgesetzt sind. [15] Auch eine leichte Präferenz für eine Ausrichtung nach Osten wurde festgestellt. [16] Häufig wird eine natürliche Mulde ausgenutzt, oder, wenn es der Untergrund erlaubt, eine solche ausgescharrt. Nistmaterial wird wie bei den meisten Falken nicht eingetragen. Häufig befindet sich die Niststelle im vegetationslosen Terrain, doch werden auch bewachsene Felsnischen gewählt, sofern sie freien An- und Abflug ermöglichen. Der Mindestabstand zum nächsten Brutplatz kann mit etwa zwei Metern sehr gering sein[17], beträgt aber nach Möglichkeit doch meist 10 Meter und mehr; dieser Bereich wird auch gegenüber Artgenossen verteidigt. Revierstreitigkeiten werden jedoch nur selten festgestellt. Erstbrüter müssen oft mit suboptimalen Niststellen vorlieb nehmen; insbesondere sehr starke Sonneneinstrahlung kann den Bruterfolg stark negativ beeinflussen. [18] Selten werden Nester von Krähen und Krähenscharben als Nistplatz gewählt.

Gelege und Brut

Die Brutphänologie ist dem Herbstdurchzug der Singvögel angepasst. Die Eiablage beginnt erst Mitte Juli und erreicht ihren Gipfel Anfang August. Meist besteht ein Gelege aus zwei bis drei (max. vier) längsovalen, auf hellem Untergrund dicht rötlichbraun gefleckten Eiern, die bei einem Gewicht von durchschnittlich 26 Gramm etwa 43 x 34 Millimeter messen. Die Gelegegröße dürfte vom Nahrungsangebot und vom Jagderfolg des Männchens abhängen. Das Gelege wird vor allem vom Weibchen etwa 29 Tage bebrütet; in dieser Zeit und während der ersten Hälfte der zwischen 37 bis 43 Tagen dauernden Nestlingszeit versorgt allein das Männchen die Küken und das Weibchen; erst mit dem steigenden Futterbedarf der heranwachsenenden Nestlinge beteiligt sich auch das Weibchen an der Nahrungsbeschaffung. Die Küken und Nestlinge werden ausschließlich mit Vögeln gefüttert. Über die Führungszeit und die Dismigrationsstrategien ist wenig bekannt; Männchen kehren meist in die Brutkolonie zurück, in der sie aufgewachsen sind und versuchen sich oft in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Brutplatz wieder anzusiedeln, bei Weibchen ist die Ortstreue etwas schwächer ausgeprägt.

Der bei Koloniebrütern nicht selten auftretende intraspezifische Brutparasitismus wurde in Kolonien des Eleonorenfalken nicht festgestellt, auch Kopulationen von Brutpartern mit einem anderen Koloniemitglied (extra pair copulation) scheinen nicht vorzukommen. Auf Grund der hohen Brutortstreue des Eleonorenfalken ist ein relativ hoher Prozentsatz der Paare nahe miteinander verwandt, was sich möglicherweise negativ auf den Bruterfolg auswirken kann. [19] Insgesamt schwankt die Reproduktion sowohl regional als auch saisonal beträchtlich und liegt zwischen 1,2 und 2,6 ausgeflogenen Jungvögeln pro Paar. Die Ursachen der Unterschiede zwischen der signifikant hohen Ausfliegerate auf Mogador an der marokkanischen Atlantikküste und der bemerkenswert niedrigen in einigen griechischen Kolonien ist bislang unbekannt [20] Die Sterblichkeit im ersten Halbjahr ist bedingt durch die Gefährdungen auf dem ersten Zug sehr hoch. Insgesamt dürften weniger als 25 Prozent eines Brutjahrganges die Brutreife erreichen. Danach flacht die Mortalitätskurve deutlich ab.

Als Höchstalter eines beringten Vogels geben Mebs&Schmidt 16 Jahre an; [21] EURING [22] verzeichnet 11 Jahre und 2 Monate bei einem erlegten Vogel.

Systematik

Trotz der in zum Teil isolierte Kolonien fragmentierten Brutverbreitung werden keine Subspezies unterschieden. Genetische Analysen bestätigten die auch auf Grund morphologischer und verhaltensbiologischer Ähnlichkeiten vermutete nahe Verwandtschaft der Art mit dem Baumfalken und dem Schieferfalken. Mit diesen bildet der Eleonorenfalke die monophyletische Untergattung Hypotriorchis innerhalb der Falconinae. [23] [24] Inwieweit noch andere Falken, wie der Afrikanische Baumfalke (Falco cuvieri) oder der Malaienbaumfalke (Falco serverus) dieser Gruppe zuzuzählen sind, ist noch Gegenstand der Forschung.

Bestandssituation

Die IUCN sieht die Bestände des Eleonorenfalken nicht als gefährdet an und schätzt den europäischen Gesamtbestand auf ungefähr 6000 Brutpaare.[25] Vor allem in Griechenland abnehmende Bestandszahlen stellt Birdlife Europe fest, und stuft die Gesamtsituation mit D (declining, abnehmend) ein.[26] Mebs und Schmid [27] gehen ebenfalls von einem Gesamtbestand von etwa 6500 Brutpaaren aus. Zum Teil erheblichen Bestandszunahmen in vielen Westkolonien stehen nach dieser Quelle erhebliche Bestandsrückgänge an einigen griechischen Brutplätzen gegenüber. Besonders betroffen von Bestandseinbrüchen sind Brutplätze an der kretischen Ostküste, sowie den vorgelagerten Eilanden und Klippen. Diese Rückgänge werden vor allem auf Vergiftungen mit Methomyl [28] zurückgeführt, das von den Bauern der Region in Trinkschalen ausgebracht wird, um die Weintraubenkulturen vor Ernteverlusten, verursacht von Vögeln und Ratten, zu schützen. Eleonorenfalken scheinen besonders an heißen, windstillen Tagen, wenn ihr Wasserbedarf besonders groß ist, ebenfalls aus diesen Trinkschalen zu trinken und verenden dann.

Alle diese Angaben beruhten auf kleinräumigen Zählungen und darauf basierenden Hochrechnungen. Seit Jänner 2008 liegen die Ergebnisse der griechenlandweiten Bestandserfassung vor. [29] Insgesamt wurden während der Brutsaisonen von 2004–2006 fast 18 000 Individuen gezählt; die Verfasser schätzen den Brutbestand auf etwa 13 000 Paare, also auf die doppelte der bisher angenommenen Anzahl. Möglicherweise beherbergt Griechenland somit fast 90 Prozent des Weltbestandes. In sechs Kernzonen wurden nur im ostkretischen Küsten- und Inselgebiet Bestandsrückgänge festgestellt, in allen anderen untersuchten Gebieten zeigten sich zum Teil sehr deutliche Bestandszunahmen. Da frühere Angaben aber weitgehend auf Schätzungen beruhten, sind Aussagen über die tatsächliche Populationsdynamik unsicher. Bis auf die Inseln des Saronischen Golfes, Euböa und die Ionischen Inseln, wo der Eleonorenfalke nur selten und in geringer Zahl brütet, scheint die Art in der übrigen Ägäis ein regelmäßiger und stellenweise häufiger Brutvogel zu sein. Sichere Aussagen zur Bestandsentwicklung sind aber erst nach dem nächsten Zensus, der in 10 Jahren durchgeführt werden soll, möglich. [30]

Als Gefährdungsursachen zählen neben den schon erwähnten Vergiftungen vor allem vielfältige Störungen am Brutplatz, in letzter Zeit auch durch meist illegales Klippenklettern in Brutgebieten, Eiersammeln und direkter Abschuss. Auch im Winterquartier werden Eleonorenfalken gejagt und leiden weiters unter Lebensraumverlusten und dem Pestizideintrag in der Landwirtschaft.

Namensherleitung

Der in der Lombardei geborene und hauptsächlich in Turin wirkende Erstbeschreiber Giuseppe Gené benannte die Art nach der sardischen Regentin Eleonora di Arborea, die in der von ihr initiierten Gesetzessammlung Carta de Lógu gegen Ende des 14. Jh auch Bestimmungen zum Schutze von Greifvögeln festschrieb.

Literatur

  • Mark Beaman und Steven Madge: Handbuch der Vogelbestimmung. Europa und Westpaläarktis. Stuttgart 1998, S. 208-209 und 248, ISBN 3-8001-3471-3
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  • James Ferguson-Lees and David A. Christie: Raptors of the World. Boston/New York 2001, S. 869-872; Plate 100 (S. 277), ISBN 0-618-12762-3
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  • Jim J. Groombridge, Carl G. Jones, Michelle K. Bayes, 2, Anthony J. van Zyl, José Carrillo, Richard A. Nichols and Michael W. Bruford: A molecular phylogeny of African kestrels with reference to divergence across the Indian Ocean. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Volume 25, Issue 2, October 2002, Pages 267-277.
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  • Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas. Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen. Wiebelsheim 2005, S. 66 ISBN 3-89104-678-2
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  • Michael Wink, I.Seibold, F. Lotfikhah und W. Bednarek: Molecular systematics of holarctic raptors (Order Falconiformes). In: Chancellor, R.D., Meyburg, B.-U. & Ferrero, J.J. (Hrsg.): Holarctic Birds of Prey. 29-48. (1998) Adenex & WWGBP.

Quellen

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  4. Ferguson-Lees&Christie (2001) S. 871
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  7. Dimalexis et al.(2008) S.
  8. Mebs (2006) S. 403
  9. Ferguson-Lees&Christie (2001) S. 870
  10. M.Geschweng et al., Proc. R. Soc. B: Biological Letters, 2008
  11. Ferguson-Lees&Christie (2001) S. 870
  12. Mebs (2006) S. 404
  13. Ferguson-Lees&Christie (2001) S. 871
  14. Ferguson-Lees&Christie (2001) S. 871
  15. Dimalexis et al. S. 27
  16. Urios et. al (2006) S. 22
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  18. Wink et.al (1982)- Biol. 10
  19. Swatschek (1993) et.al
  20. Mebs (2006) S. 406
  21. Mebs (2006) S. 406
  22. EURING Datenblatt
  23. Helbig et al. (1994) S. 593.
  24. Wink & Seibold et al. (1998)
  25. Falco eleonorae in der in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008
  26. Datenblatt (2004)
  27. Mebs (2006) S. 402
  28. Datenblatt Methomyl
  29. Dimalexis et al. S. 23 - 30
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Weblinks


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