Forderungszession

Forderungszession

Factoring (deutsch: Forderungszession) ist eine Finanzdienstleistung, die der kurzfristigen Umsatzfinanzierung dient. Der Factor erwirbt die Forderungen seines Factoring-Kunden gegen dessen Abnehmer (Debitor). Als Gegenleistung für die Abtretung der Forderung zahlt der Factor an den Factoring-Kunden umgehend den Forderungskaufpreis. Dieser Kaufpreis entspricht dem Betrag der – tatsächlich bestehenden – Forderung abzüglich eines Diskonts für die Leistungen des Factors (Finanzierung, Delkredere, Debitorenmanagement). Einen Teil des Kaufpreises behält der Factor auf einem Sperrkonto ein, um das Veritätsrisiko bis zur endgültigen Zahlung durch den Debitor abzusichern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Factoring ist eine Art der Unternehmensfinanzierung, deren moderne Form ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten hat. Vorläufer dieses Systems gab es bereits im alten Babylonien und auch die Fugger praktizierten schon eine Art Factoring.

Factoring-Formen nach dem Leistungsumfang

Echtes und unechtes Factoring

Als echtes Factoring wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem der Factor das Delkredererisiko übernimmt. Dagegen wird Factoring ohne Übernahme dieses Risikos als unechtes Factoring bezeichnet. Das unechte Factoring wird in der Rechtsprechung und Literatur überwiegend als Darlehen angesehen, die Abtretung der Forderung erfolgt zur Sicherung des Kredits (also der bezahlten Summe für die Forderung) und zugleich erfüllungshalber (sofern die Forderung tatsächlich eingezogen werden kann). In Deutschland wird überwiegend echtes Factoring praktiziert. Probleme, insbesondere des unechten Factorings, ergeben sich häufig beim Zusammentreffen mit anderen Sicherungsmitteln. Nach der Rechtsprechung des BGH kann dies zu einer Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) des Factorings führen. Der BGH wendet in diesem Zusammenhang seine für die Globalzession entwickelte Vertragsbruchtheorie entsprechend an, wenn das unechte Factoring mit einer Forderung eines Lieferanten kollidiert, der unter branchenüblichem verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert hat. Anders als beim echten Factoring erlangt der Vorbehaltsverkäufer dann nicht den Wert der Forderung gegenüber seinem Kunden abzüglich der Factorprovision, was faktisch der Situation entsprechen würde, als hätte er Bargeld durch einen echten Abnehmer erhalten, sondern er muss den möglichen Forderungsausfall vollständig selbst tragen. Dies bringt den Factoring-Kunden in die Situation, entweder dem Vorbehaltsverkäufer (also seinem Lieferanten) das Factoring mitzuteilen, da dessen verlängerter Eigentumsvorbehalt in diesem Falle ins Leere gehen würde (daher der Vertragsbruch), und dadurch dem Risiko ausgesetzt zu sein, nicht beliefert zu werden, oder sich wegen Betrugs nach § 263 StGB strafbar zu machen, da er konkludent über die Tatsache getäuscht hätte, dass ihm die Forderung aufgrund des Factorings nicht mehr zusteht. Diese Situation wird durch die Rechtsprechung als nicht hinnehmbar und infolgedessen sittenwidrig empfunden. Beim Zusammentreffen von Globalzession oder unechtem Factoring mit verlängertem Eigentumsvorbehalt sind die beiden erstgenannten Sicherungsmittel daher ungeachtet des Prioritätsprinzips unwirksam.

Fälligkeits-Factoring (Maturity Factoring)

Factoring-Variante, bei der der Factoring-Kunde die Vorteile der vollständigen Risikoabsicherung und der Entlastung beim Debitorenmanagement nutzt, aber auf die sofortige Regulierung des Kaufpreises verzichtet.

Eigenservice-Factoring (auch Bulk Factoring oder Inhouse Factoring)

Der Factor übernimmt zwar das Delkredererisiko, schränkt seine Dienstleistungen aber stark ein. Die Debitorenbuchhaltung einschl. Mahnwesen verbleibt beim Kunden. Lediglich nach Abschluss des außergerichtlichen Mahnverfahrens wird der Factor mit dem Einzug der Forderung beauftragt.

Factoring-Formen nach der Art der Forderungsabtretung

Offenes Factoring (Notification Factoring)

Beim offenen Factoring wird der Schuldner über die Abtretung der Forderung informiert. Zahlungen auf die Forderung sind dann mit schuldbefreiender Wirkung i. d. R. nur an das Factoring-Unternehmen möglich.

Stilles Factoring

Beim stillen Factoring wird der Debitor nicht über die Abtretung der Forderung informiert, sie bleibt für ihn unsichtbar. Das Risiko für den Factor liegt hier in der fehlenden Möglichkeit zur Verifizierung der Forderung, so dass ein Kunde in betrügerischer Absicht nicht existente Forderungen zum Ankauf andienen könnte. Folglich wird ein Factoring-Unternehmen beim stillen Verfahren nur mit einwandfreien Adressen zusammenarbeiten. Bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse dürfte dann eine Verstärkung der Sicherheiten die Folge sein.

Halb-offenes Factoring

Beim halb-offenen Factoring wird der Debitor nicht über die Forderungsabtretung informiert, man nennt ihm aber ein Zahlkonto bzw. eine Bankverbindung, an die er zu zahlen hat, die dem Factor gehört. So wird sichergestellt, dass der Zahlungsrückfluss möglichst direkt den Forderungsinhaber erreicht.

Es gibt auch weitere Verfahrensweisen im halb-offenen Factoring, zum Beispiel dann, wenn die Debitoren mit Scheck zahlen.

Sonderformen

Einzelfactoring

Mittlerweile sind Finanzdienstleister auf dem Markt, die den Unternehmen die Möglichkeit bieten, durch den Verkauf einzelner Forderungen ihren kurzfristigen Kapitalbedarf zu decken.

Beim Einzelfactoring oder Einzelforderungsverkauf ist die Geschäftsgrundlage ein unverbindlicher und kostenfreier Kooperationsvertrag. Es entstehen keine Fixkosten, das Unternehmen entscheidet selbst, welche Forderung es verkaufen möchte. Innerhalb kürzester Zeit wird der fällige Betrag überwiesen und verbessert sofort die Liquidität des Unternehmens. Wie beim klassischen Factoring sind das Delkredererisiko (Forderungsausfallrisiko) und die Übernahme des Inkassos in den Gebühren des Finanzdienstleisters enthalten. Das Einzelfactoring ist deshalb eine flexible und kostengünstige Finanzierungsalternative bei gleichzeitig größtmöglicher Unabhängigkeit von Dritten. Das vorher in Forderungen gebundene Eigenkapital steht dem Unternehmen völlig frei und verwendungsunabhängig zur Verfügung. Im Einzelfactoring wird darüber hinaus die Möglichkeit angeboten, Verbindlichkeiten mit den eigenen Forderungen zu verrechnen.

Mietfactoring

Eine spezielle Form des Einzelfactorings ist Mietfactoring bei Mietausfällen. Der Vermieter erhält dadurch die Möglichkeit, rückständige oder ausbleibende Mietforderungen unter definierten Bedingungen an die Factoringgesellschaft abzutreten. Als Gegenleistung erhält der Vermieter den Kaufpreis der Forderungen. Dieser Kaufpreis entspricht dem Betrag der tatsächlich bestehenden, offenen Mietforderung. Das Risiko, dass die Forderung mangels Masse nicht mehr realisiert werden kann, geht komplett auf das Factoringunternehmen über.

Anwaltsfactoring

Durch die Änderung der Berufsordnung für Anwälte (BRAO) wurde Rechtsanwälten ausdrücklich die Möglichkeit des Factoring ermöglicht. In Folge dieser Änderung wurden konkurrierende Anbieter für die Zielgruppen Anwälte und Steuerberater gegründet.

Reverse-Factoring

Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um ein quasi „umgekehrtes“ Factoring. Im Gegensatz zum klassischen Verfahren, bei dem der Factor von seinen Kunden Forderungen gegenüber deren Abnehmern ankauft und vorfinanziert, zielt Reverse-Factoring auf die Lieferantenseite. Initiator ist in diesem Fall der Abnehmer, der auf diese Weise in den Genuss längerer Zahlungsziele gelangt. Er schließt mit der Factoringgesellschaft einen Rahmenvertrag ab, in dem sich der Factor verpflichtet, die Forderungen des Lieferanten vorzufinanzieren. Lieferant und Factoringgesellschaft unterzeichnen daraufhin ihrerseits einen ergänzenden Vertrag, der lediglich die Forderungen gegenüber dem Initiator umfasst. Die Factoringgesellschaft überweist den entsprechenden Betrag sofort bei Erhalt oder bei Fälligkeit der Rechnung an den Lieferanten.

Auch beim umgekehrten Factoring besteht die Möglichkeit, dass der Factor das Delkredererisiko übernimmt. In diesem Fall nennt man das Modell häufig auch „Confirming“, ein Ausdruck, der allerdings mittlerweile von der Santander-Bank in Beschlag genommen worden ist und als Markenname für ein entsprechendes Eigenprodukt genutzt wird.

Umgekehrtes Factoring hilft vor allem kleinen und mittleren Unternehmen bei der im Einkauf strategisch wichtigen Gestaltung flexibler Zahlungsziele. Internationales Reverse-Factoring hat sich mittlerweile zu einem bedeutenden Zahlungsinstrument im Außenhandel entwickelt, das teilweise an die Stelle des Akkreditivs (Letter of Credit) getreten ist, weil es sich einfacher und zeitsparender handhaben lässt und (im Falle des Confirming) ähnliche Sicherheiten bietet.

Das Modell des Reverse-Factoring ist vor ca. 20 Jahren in Spanien unter der Bezeichnung Pago Certificado („zertifizierte Zahlung“) entstanden und hat sich mit der starken internationalen Expansion der spanischen Großbanken in den letzten Jahrzehnten weltweit, besonders in Lateinamerika und im südeuropäischen Raum verbreitet. Es ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Initiator (Importeur) aus einem Land kommt, in dem üblicherweise sehr lange Zahlungsziele eingeräumt werden (üblich sind etwa in Spanien 3 bis 6 Monate), die der Lieferant (etwa ein deutsches Unternehmen) aufgrund der in seinem Land üblichen Geschäftsgebräuche schwerlich akzeptieren kann. Beim klassischen Confirming kann der Lieferant häufig wählen, ob er der Zahlungszusage des in der Regel im Ausland (Einfuhrland) angesiedelten Bank- oder Factoringinstituts vertrauen möchte oder es vorzieht, ein auf den Factor bezogenes abstraktes Wertpapier zu erhalten, das er bei einer beliebigen Bank im eigenen Land einlösen kann.

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