Franz Kempner

Franz Kempner

Franz Kempner (* 19. Oktober 1879 in Bromberg[1]; † 5. März 1945 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Staatsbeamter und Widerstandskämpfer. Kempner wurde vor allem als Staatssekretär der Reichskanzlei (1925–1926) und als Angehöriger des Widerstandes gegen das NS-Regime bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Schulbesuch studierte Kempner Rechtswissenschaften. 1902 promovierte er in Rostock zum Dr. jur. Freundschaftliche Bande verband Kempner in dieser Zeit mit dem Maler Max Beckmann, der unter anderem ein ganzfiguriges Bildnis Kempners schuf (1906).[2] Ab 1906 war er zehn Jahre lang im Reichskolonialamt und als höherer Beamter (Bezirkshauptmann) in der Verwaltung des kaiserlichen Gouvernements in Deutsch-Ostafrika tätig. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Hauptmann d.R. bei der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika im Stab des Generals Lettow-Vorbeck eingesetzt.

1919 trat Kempner als Regierungsrat in die Reichskanzlei ein, in der er nacheinander zum Ministerialrat und am 14. November 1923 zum Ministerialdirektor befördert wurde. Anlässlich der Bildung der Regierung Luther wurde Kempner am 16. Januar 1925 zum Staatssekretär in der Reichskanzlei ernannt. In diesem Amt, das er bis zur Demission der Regierung Luther am 17. Mai 1926 innehatte, oblag ihm die Leitung der Reichskanzlei im administrativen Sinne. Politisch gehörte Kempner der rechtskonservativ ausgerichteten Deutschen Volkspartei (DNVP) an.

Anlässlich der Reichspräsidentenwahl 1932 wurde Kempner mit der Leitung der Hauptgeschäftsstelle der sogenannten Hindenburg-Ausschüsse, d. h. mit der Leitung der Wahlkampagne des Präsidentschaftskandidaten Paul von Hindenburg beauftragt.[3]

Während der Zeit des Nationalsozialismus zog Kempner sich weitgehend als Pensionär ins Privatleben zurück. Den Behörden fiel er allerdings durch seine kritische Haltung zur Kirchen- und Judenpolitik des Regimes wie durch seine Ablehnung der Beschränkung der persönlichen Freiheiten auf.[4] Spätestens seitdem der Zweite Weltkrieg 1943 in die für das Deutsche Reich kritische Phase eintrat erneuerte Kempner seine Kontakte zu ehemaligen politischen Weggefährten wie Otto Kiep, Erwin Planck und Arthur Zarden. Im September 1943 stellte er sich dem Verschwörerkreis um Fritz Goerdeler für den Fall eines erfolgreichen Staatsstreiches gegen die Hitler-Regierung als Staatssekretär in der Reichskanzlei zur Verfügung. Aus diesem Grund und aufgrund seiner Verbindungen zum Solf-Kreis geriet er nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 ins Visier der Gestapo geriet. Im Zuge der Verhaftungswelle nach dem 20. Juli wurde Kempner festgenommen und wegen Hochverrats angeklagt. Am 12. Januar 1945 wurde er schließlich vom Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler für schuldig befunden und zum Tod verurteilt. Am 5. März 1945 wurde er in Plötzensee zusammen mit Hasso von Boehmer und Ernst von Harnack durch das Fallbeil hingerichtet.

Schriften

  • Der rechtliche Charakter des Straßenbahnbillets, Berlin 1902. (Dissertation)

Literatur

  • Bengt von zur Mühlen [Hrsg.]: Die Angeklagten des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof, Chronos Film GmbH, Berlin 2001. ISBN 3-931054-06-3,

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gedenkstätte Deutscher Widerstand:Mitverschworene
  2. Dietrich Schubert: Max Beckmann. Auferstehung und Erscheinung der Toten, 1985, S. 16.
  3. Nr. 680 Vermerk des Ministerialrats Wienstein über die Finanzierung des Wahlkampfes für die Wahl des Reichspräsidenten vom 18. Februar 1932 „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik”
  4. Hans Adolf Jacobsen: Spiegelbild einer Verschwörung, 1984, S. 420.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kempner — ist der Familienname folgender Personen: Aubrey J. Kempner, US amerikanischer Mathematiker Franz Kempner (1879–1945), Staatssekretär und NS Widerstandskämpfer Friederike Kempner (1828–1904), schlesische Dichterin Lydia Rabinowitsch Kempner… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Rademacher — (* 20. Februar 1906 in Neustrelitz; † 17. März 1973 in Bonn) war ein deutscher NS Diplomat. Er war als Leiter des „Judenreferates“ des Auswärtigen Amtes mitverantwortlich für Planung und Realisierung des Holocausts. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Ke — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Persönlichkeiten des 20. Juli 1944 — Würdigung der Widerstandskämpfer: Block 3 der Deutschen Bundespost von 1964 zum 20. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler Die Liste der Persönlichkeiten des 20. Juli 1944 umfasst die Beteiligten, Mitwisser und Fluchthelfer beim gescheiterten… …   Deutsch Wikipedia

  • List of members of the 20 July plot — This is a list of members of the 20 July plot, a coup d état which involved a failed attempt to assassinate Adolf Hitler. At least 7,000 persons were arrested by the Gestapo [ William Shirer, The Rise and Fall of the Third Reich ,pp 1393 ] .… …   Wikipedia

  • Liste der Hinrichtungsopfer in Berlin-Plötzensee während der Zeit des Nationalsozialismus — Dies ist eine Liste von Personen, die im Strafgefängnis Plötzensee während der Zeit des Nationalsozialismus hingerichtet wurden. Zwischen 1933 und 1945 wurden im Gefängnis Plötzensee 2.891 Todesurteile vollstreckt,[1] unter anderem an Mitgliedern …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Bydgoszcz — Die Liste von Persönlichkeiten der Stadt Bydgoszcz (dt. Bromberg) umfasst die von der Stadt zu Ehrenbürgern ernannten Persönlichkeiten, die Söhne und Töchter der Stadt sowie die mit der Stadt verbundenen Persönlichkeiten. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Personen des 20. Juli 1944 — Würdigung der Widerstandskämpfer: Block 3 der Deutschen Bundespost von 1964 zum 20. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler Die Liste der Personen des 20. Juli 1944 umfasst die Beteiligten, Mitwisser und Fluchthelfer beim gescheiterten Attentat… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Staatssekretäre der Reichskanzlei — Der folgende Artikel bietet einen Überblick über die Inhaber des Amtes des Staatssekretärs in der Reichskanzlei, das heißt des Leiters der Reichskanzlei im behördenmäßigen Sinne, in der Zeit von 1918 bis 1945. Curt Baake: 9. November 1918 bis 2.… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Schmitt-Dorotic — Carl Schmitt (eigentlich Karl Schmitt, zeitweise auch Carl Schmitt Dorotic[1]; * 11. Juli 1888 in Plettenberg, Sauerland; † 7. April 1985 ebendort) war ein deutscher Staatsrechtler und politischer Philosoph. Der Jurist ist einer der bekanntesten …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”