Franz Maria Feldhaus

Franz Maria Feldhaus
Ehrendoktorurkunde der RWTH Aachen 1924, die Ehrendoktorwürde wurde in der NS-Zeit wieder entzogen

Franz Maria Feldhaus, auch Franz Feldhaus (* 26. April 1874 in Neuss; † 22. Mai 1957 in Wilhelmshaven; Pseudonym: Franz Marius) war ein deutscher Technikhistoriker und wissenschaftlicher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ohne Abitur schlug sich Feldhaus zunächst mit Erfindungen und Gelegenheitsjobs durch und begann sich für Technikgeschichte zu interessieren. In seiner Mannheimer Werkstätte für Feinmechanik bezeichnete er sich als Ingenieur - diese Bezeichnung war damals noch ungeschützt. Als Gast hörte er später Vorlesungen bei Theodor Beck in Darmstadt, der über die Geschichte des Maschinenbaus publizierte und Feldhaus seinen Nachlass vererbte. In Heidelberg und später in Berlin baute er ein Privatinstitut mit dem Namen „Quellenforschungen zur Geschichte der Technik und der Naturwissenschaften“ auf. Seine Firma Historia-Foto GmbH dürfte das erste kommerzielle Bildarchiv in Deutschland gewesen sein. Unmittelbar nach Kriegsende war Feldhaus 1945-1946 Leiter des Landesmuseums Neustrelitz.[1]

Wirken

Feldhaus hat systematisch Quellen ausgewertet und viele Bücher zur Technikgeschichte geschrieben, wovon er zu leben versuchte. Er hat sich auch als Kritiker seiner zeitgenössischen Mitstreiter in der Technikgeschichte hervorgetan. Dass er sich mit dem mächtigen VDI-Direktor Conrad Matschoß anlegte, war zwar inhaltlich begründet, hat ihm aber schwer geschadet. 1924 verlieh ihm anlässlich seines 50. Geburtstages die RWTH Aachen die Ehrendoktorwürde. Bereits wenige Jahre später begannen Versuche, die Hochschule zur Rücknahme der Ehrung zu bewegen. Vor allem Kurt Wiesinger (1879-1965), Professor an der ETH Zürich und NSDAP-Mitglied, setzte alles daran, den Titel aberkennen zu lassen. Denn Wiesinger war in seinem gerichtlichen Prioritätenstreit mit Franz Kruckenberg um den Schienenzeppelin infolge einer Expertise von Feldhaus unterlegen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Promotionsordnung entsprechend geändert und die seitens Matschoß und Wiesinger vom Berliner NS-Ministerium gewünschte Aberkennung durch einen Ausschuss 1936 ausgesprochen. Man hatte ein umfangreiches Schmutz-Dossier über seine moralischen und juristischen Verfehlungen angelegt, das im Hochschularchiv der RWTH Aachen erhalten geblieben ist. Nach dem Krieg hielt die RWTH aufgrund des Votums des seinerzeitigen Berichterstatters Franz Krauss an der Aberkennung fest und sprach sich auch vehement gegen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes aus. Als der Senat 2005 Dr.-Ing. Herbert Simons rehabilitierte, dem als emigrierten Juden der akademische Titel entzogen wurde, wurde Feldhaus wieder einmal übergangen.

Beurteilung

Der wissenschaftliche Wert der technikhistorischen Arbeit von Feldhaus wird heute verkannt - einige seiner populärwissenschaftliche Publikationen sind mittlerweile auch umstritten, weil offenkundig irrtümlich. Ein Beispiel dazu ist seine unrühmliche Rolle in der Forschung über Leben und Werk des deutsch-österreichischen Automobilpioniers Siegfried Marcus. Seine Angaben zu Marcus in Ruhmesblätter der Technik (1910), Deutsche Techniker und Ingenieure (1912) usw. sind anders als sonst ohne Quellenangaben, an vielen wichtigen Stellen unrichtig und haben viel zu der Verwirrung über den Anteil von Siegfried Marcus an der „Erfindung“ des Automobils beigetragen.

Nachwirken

Postum erhielt Feldhaus, der seit 1948 in Wilhelmshaven lebte, vom Deutschen Erfinderverband die Diesel-Medaille in Gold verliehen. Im Jahr 1938 brachte Feldhaus seine Sammlungen in das damalige „Landesamt für Kulturgeschichte der Technik“ in Kassel ein, forderte sie aber später erfolgreich wieder zurück. Heute befindet sich das Feldhaus-Archiv (60.000 Karteikarten, davon 18.000 als Personenverzeichnis mit Namen von Erfindern, Ingenieuren etc., 16.000 mit Tageserereignissen, sowie eine Kartei mit technischen Sprüchen, sowie eine Fotosammlung und 9.000 Akten, Briefe, Berichte) im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und ist jetzt Teil des Historischen Archivs im Deutschen Technikmuseum Berlin. Die Bibliothek (ursprünglich 10.000 Bände, heute 8.000) blieb in Kassel und wird als „Sammlung Feldhaus“ seit 1976 an der Universitätsbibliothek Kassel geführt.

Die Verdienste von Feldhaus, der trotz aller Kritik als Pionier der Technikgeschichte gesehen werden muss, werden heute zunehmend auf dem Gebiet der Informationsorganisation gesehen, bei der er damals fortschrittlichste Techniken anwandte.

Die Schriftstellerin Eva Zeller ist eine Tochter.

Veröffentlichungen in Auswahl

  • Feldhaus' Buch der Erfindungen. Unterhaltende Belehrungen aus der Geschichte der Technik, Oestergaard, Berlin 1907
  • Die Technik der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und der Naturvölker. Ein Handbuch für Archäologen und Historiker, Museen und Sammler, Kunsthändler und Antiquare, Engelmann, Leipzig und Berlin 1914 (Digitalisat)
  • Die Kinderschuhe der neuen Verkehrsmittel, Leipzig 1927
  • Die Technik der Antike und des Mittelalters, Athenaion, Potsdam 1931
  • Männer deutscher Tat, Steinhaus, München, wahrscheinlich 1934
  • Der Weg in die Technik. Ein Buch zum Schauen und Denken, Leipzig 1935

Postume Ausgaben:

  • Geschichte des technischen Zeichnens. 2. erweiterte und verb. Auflage, bearbeitet von E. Schruff, Wilhelmshaven 1959
  • Die Technik, ein Lexikon, der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und der Naturvölker, Reprint der 1914er Ausgabe, Wiesbaden 1970
  • Die Technik der Antike und des Mittelalters, Reprint der 1931er Ausgabe, Hildesheim 1971
  • Kulturgeschichte der Technik I und II, Reprint der 1928er Ausgabe, Hildesheim 1980

Literatur

  • Markus Krajewski: Restlosigkeit. Weltprojekte um 1900. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2006
  • Hans-Erhard Lessing: Franz Maria Feldhaus. Kann man von Technikgeschichte leben?. In: Peter Blum (Hrsg.): Pioniere aus Technik und Wirtschaft in Heidelberg. Shaker, Aachen 2000, ISBN 3-8265-6544-4, S. 80–93
  • Marcus Popplow: Franz Maria Feldhaus. Die Weltgeschichte der Technik auf Karteikarten. In: cut und paste um 1900 (= Kaleidoskopien 2002; H. 4), S. 100–114

Weblinks

 Wikisource: Franz Maria Feldhaus – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Damals eine Nebenstelle des Staatlichen Museums Schwerin; nach fast vollständigem Verlust der Sammlung durch Brand bei Kriegsende später aufgelöst.

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